03-08-2022, 14:04
(03-08-2022, 11:55)Rosenzweig schrieb: Wie die Umstände gewesen sind, nicht nur aus dem Heiligen Geist eine Person zu machen, denn es gibt derweil ja noch ganz andere Götzen, dürfte in dem aufkommenden Materialismus gelegen haben.
Na das mit Sicherheit nicht, da die Entwicklung zu der Zeit, als solche dogmatischen Fragen geklaert wurden, in die entgegengesetzte Richtung ging. Das Trinitaetsdogma ist durch die platonische Ideenlehre gepraegt (eine Substanz, drei Aspekte), aber der aufkommende Neuplatonismus lehnte die reale Welt als unwichtig ab und hatte als solcher eine zerstoererische Wirkung, da diese Haltung auch im Christentum gut ankam und zu Buecherverbrennungen durch Christen fuehrte.
Der Verfasser der Apg war recht aberglaeubisch, aber letztlich war die Trinitaetsentscheidung eine politische. Man hatte sich geeinigt, dass die vier Evangelien, die seit Irenaeus als "orthodox" galten, im Glaubensbekenntnis einen Widerhall finden wuerde. Die Apostelgeschichte galt als das Werk des Lukas, also musste auch das dortige Gottesbild bedient werden. Ausserdem hatte die Fraktion im Christentum gewonnen, die die Evangelien als woertlich wahr verstanden wissen wollten, und wichtige Kirchenlenker wie Origenes, der darauf hingewiesen hatte, dass die Text unvereinbar waren und deshalb allegorisch verstanden werden sollten, entgingen unter Verwerfung eines Gutteils ihrer Lehre nur knapp der Verurteilung als Ketzer.