03-10-2023, 17:35
(03-10-2023, 13:54)petronius schrieb:(02-10-2023, 23:03)Sinai schrieb: Wie hätte denn der liebende Gott wollen sollen, dass wir leiden sollen ?
nun - da es leid gibt, gibt es ganz offensichtlich keinen "liebenden gott"
was jetzt eine keineswegs neue erkenntnis darstellt
Hallo Sinai,
mit dem Leid ist es, wie mit vielen anderen Dingen in der Welt. Gegensätze sind nun mal das Kennzeichen von all dem, was wir sehen und erleben. Ohne Freude würden wir auch kein Leid "begreifen/erkennen", ohne Kälte nicht die Wärme, ohne Dunkelheit nicht das Licht ... etc.
Die Frage nach dem Leid wurde/wird oft gestellt.: Warum ist es so, wie es ist? Warum sind wir der Zerrüttung, der Verwahrlosung, dem Abfallen ausgeliefert?
Die GENESIS deutet dies als Folge eines "Ereignisses im Garten Eden". Die moderne Psychoanalyse sieht auf entsprechende Bewusstseinszustände, welche die Menschen zu dieser oder jener Handlung (an)treiben. Im Grund der Dinge aber ist etwas "geschehen", das man nicht nur als Notwendigkeit nach einem allgemeinen Gesetz begreifen kann, sondern als hinzunehmenden Fakt. Aus dem gegenwärtigen Bestand der Welt kann man dazu leider nicht alles erschließen.
Leid, als Gegensatz zur Freude, könnte man nur richtig beurteilen, einschätzen, wenn man über die zeitlich und räumlich begrenzte Situation der Menschheit hinausblicken könnte.
Eine von vielen Erzählungen kam mir mal unter die Augen:
>Die Schöpferkraft (die wir als "Gott" bezeichnen) ließ zu, dass die Welt geschaffen wurde durch einen gefallenen Engel, einen bösen Geist, der die Welt seinem Wesen gemäß als etwas schuf, das ständig im Ruin ist.<
Man erkennt deutlich, dass hier versucht wurde, den "lieben Gott" sprachlich aus der Schusslinie zu nehmen und das Böse einem anderen Wesen aufzuladen. Alle Erzählungen sind aber Gebilde der Fantasie, in denen Wahrheit durch Gleichnis spricht. Die Chiffern solcher Mythen stellen uns vor die Frage, ob sie etwas fühlbar machen können - oder ob sie verschleiern und ihre Worte vergessen und zur Seite gelegt werden können, da sie lediglich nur gnostisches Denken darstellen.

Man kann auch mutmaßen, ob die Welt nach Ideen hervorgebracht wurde, als ein Keim, aus dem ALLES sich "entwickelt", oder als eine Substanz, in deren Modifikationen eben ALLES erscheint, so auch das Leid; oder als ein Weltgesetz, nach dem ALLES geschieht = Kausalität, oder als der GEIST, der hervorbringt und gestaltet (als logische Vernunft, als Wille, als Fantasie) - oder als Summe letzter Teile, aus dem ALLES sich zusammensetzt (Atome, Monaden), oder als die absolute Widersprüchlichkeit, welche von Anbeginn her alles bewegt und in Bewegung hält.
ALLES, was da ist, wird also vom Menschen abgeleitet als Plan nach den Musterbildern der Ideen, als Schematik aller kategorialen Möglichkeiten, als endlose Folge zufälliger Kombinationen, als Kreislauf ewiger Wiederkehr, als Stammbaum einer Entwicklungsfolge, - als geistiger dialektisch sich vollziehender Prozess.
Schon in jungen Jahren begegnete mir ein Satz aus dem Buddhismus: >Leid erhöht das Bewusstsein.< (In jedem Fall nicht ganz so falsch! Bei uns sagt man: "Durch Schaden wird man klug!")

Gruß von Reklov