(10-10-2023, 09:23)Sinai schrieb: Viele Katholiken fragen sich, wenn der Englische König als Oberhaupt der Anglikan Church in Westminster Abbey gekrönt wurde, warum dann nicht der gewählte Monarch der Katholiken?
Tun sie das? Darf man das mal wieder uebersetzen als "das ist ein Gedanke, der mir persoenlich gerade in den Sinn kam?"
Die Frage hat zwei ganz praktische Antworten:
1. Die heutige RKK moechte sich volksnah geben, sich vom traditionellen Pomp verabschieden und mehr betonen, dass der Papst als Nachfolger von Petrus in die Fussstapfen von Jesus tritt, der bekanntermassen - sprich laut Bibeltext - von Pomp nichts hielt. Hier versucht die RKK also, sozusagen Jesus wiederzuentdecken.
2. Die Rolle des Papstes als Staatsoberhaupt ist ein zweischneidiges Schwert. Im Mittelalter versuchten die Paepste im Rom, sich rangmaessig ueber die Koenige etc. zu stellen, was ihnen zwar nie so recht praktisch, aber zum Teil wenigstens ideell gelang. Die Tiara ist Ausdruck dieses Anspruchs, und der kommt in unserer heutigen Welt noch schlechter als damals. Das Amt soll also durch solch einen Schritt entpolitisiert werden, um Gespraechskanaele offen zu halten, die ansonsten zu Unstimmigkeiten ueber eigentlich unwichtige Angelegenheiten fuehren.
Als Teil dieses Punktes kann man noch erwaehnen, dass in einigen Laendern, z.B. historisch in England oder heutzutage in China, katholische Priester oder sogar Katholiken allgemein als Agenten eines auslaendischen Staates angesehen werden, was ja im Prinzip vom Selbstverstaendnis der RKK her stimmt. Auch aus dieser Sicht wird die Betonung des paepstlichen Machtanspruchs auf der weltlichen Buehne von einigen Paepsten als problematisch gesehen.