Wombat schrieb:...Auch dein Ansatz der Verbalinspiration trifft auf mein Verständnis, denn ich erachte nichts als gefährlicher und dümmer, als jeden Satz dieses Buches als verbindliches Dogma zu betrachten. Hast du zu diesem Thema noch mehr Informationen?Der Ansatz der Verbalinspiration, lieber Wombat,
ist doch der erzkonservative (Presbyter sagt "offenbarungstheologische"), der verlangt, die Bibel wörtlich zu nehmen, weil sie wörtlich (verbal) inspiriert worden ist. Da ist der Schritt zum "verbindlichen Dogma" nicht weit.
Kritische Theologen von heute
lehnen gerade diese Verbalinspiration ab,
weil die vielen Widersprüche, die du in der Bibel findest, offensichtlich dagegen sprechen. Siehe (auch hier bitte kritisch!) die Beispiele unter der folgenden URL, auch wenn die dortige Überschrift und die Erklärung der Widersprüche Unsinn sind: http://www.theologe.de/theologe8.htm
Nach Paulus haben wir "einen Schatz in irdenen Gefäßen", d.h. den Geist Gottes in menschlichen Worten, und die können sich, je nachdem, wie der Geist verstanden worden ist, unterscheiden oder sogar widersprechen. Die Bibel ist schließlich eine Bibliothek von Bekenntnisschriften der unterschiedlichsten Autoren.
Deshalb lohnt es sich immer, die Umstände der Entstehung eines Textes, seine Autoren, Adressaten, sein Gesellschaftsbild und seine kulturelle Umgebung in Sprache und Bilder- oder Symbolwelt zu berücksichtigen, wenn man den Bibeltext einer bestimmten Zeit verstehen will.
Verbal inspiriert wurde da gar nichts.
Gott ist Geist und vermittelt sich über seinen Geist der Liebe und Gerechtigkeit. Die Autoren, die ihn darüber erfahren haben, schreiben ihre Erfahrungen in der Sprache ihrer Zeit. Paulus sagt dazu: "Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig" (2. Kor. 3,6).
Wir müssen also den Geist aus den Texten herauslesen, um ihn in unsere Sprache zu übertragen. Absolute Wörtlichnahme hilft da nicht weiter.
Wenn du nach weiterer Literatur suchst,
empfehle ich dir Bücher zur Entstehung der Bibel und ihrer Auslegung, z.B.:
Theissen, Gerd: Das Neue Testament. Beck Wissen 2002, ISBN 3406479928
Roloff, Jürgen: Einführung in das Neue Testament. Reclam, Ditzingen 1995
Kreuzer, Siegfried: Proseminar I: Altes Testament. Ein Arbeitsbuch. Kohlhammer: Stuttgart, 1999
Smend, R., Die Entstehung des Alten Testaments, 5.A. 1995.
Bleibt schön kritisch! Das ist auch für euer Abi ein guter Weg.
Ich wünsche dir und Janina viel Erfolg!
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)