21-08-2024, 21:26
(16-08-2024, 13:43)petronius schrieb:(16-08-2024, 11:49)Reklov schrieb: Zunächst aber solltest Du lernen, dass ein ARGUMENT noch lange kein Beweis ist
warum sollte ich das erst lernen müssen? außerdem gehts darum doch gar nicht, ondern darum, daß du argumente versprochen, aber nicht einmal die geliefert hast. von beweisen redet außer dir erst mal eh noch keiner
@ petronius,
da sich z.Z. die Hälfte meiner Gitarrenschüler noch im Sommerurlaub befindet, habe ich etwas Zeit, um zumindest auf eines meiner "Argumente" einzugehen: DAS ARGUMENT DES BEWUSSTSEINS.
Dieses nimmt (nicht nur in der Philosophie!) eine zentrale Stellung zugunsten der Existenz einer sog. Schöpferwesenheit ein.
Wenn sich menschliche Gehirne vorstellen, es müsse etwas EWIGES geben, so will jeder wissen, zu welcher Art von Seiendem es denn gehören müsse. Keine menschliche Vernunft wird sich sträuben, zu denken, dass es sich um ein denkendes Wesen handeln muss. Denn keiner wird denken, dass jemals die nicht denkende Materie ein denkendes, verständiges Wesen hervorbringt. Ebenso kann ein NICHTS aus sich heraus keine Materie erzeugen. Die Materie kann nicht einmal aus eigener Kraft Bewegung in sich erzeugen.
Die Bewegung, die sie hat, muss entweder gleichfalls von Ewigkeit her bestehen, oder aber von einer anderen Wesenheit, die mächtiger als die Materie ist, ihr als Information "mitgeteilt" sein, erzeugt sein.
Wenn nun jemand annimmt, dass auch die Bewegung ewig sei, dann könnte doch die Materie nie (die nicht denkende Materie und Bewegung) niemals das Denken erzeugen. Jeder Vernunftbegabte kann ebenso gut damit rechnen, Sinnesempfindungen, Wissen und Denken zu erzeugen, indem er Materie-Stücke zu bestimmter Form und Bewegung zusammenfügt, als indem man das mit den winzigsten Teilchen macht, die überhaupt existieren.
Die Teilchen stoßen und treiben sich an und leisten einander Widerstand - genau wie die größeren. Das ist aber auch alles, wozu sie imstande sind!
Ob nun also ein Gläubiger oder Atheist das NICHTS als ewig oder primär ansehen, so kann die MATERIE niemals anfangen zu sein. Und auch wenn wir sie ohne Bewegung als ewig voraussetzen, so kann die Bewegung niemals zu sein "beginnen".
Wenn also jemand nur Materie und Bewegung als erstes und ewiges annimmt, so kann das Denken niemals zu sein "beginnen".
Es bleibt also der Gedanke (als Argument, nicht als Beweis!), ob nicht eine uns unbekannte Wesenheit gewissen, entsprechend eingerichteten Systemen die Fähigkeiten von Wahrnehmen und Denken verliehen hat. Das heißt, es bleibt die Frage offen, ob nicht auch ein rein materielles Wesen denken könnte, denn es sei nicht unmöglich, sich vorzustellen, dass eine "Schöpferwesenheit" der Materie selbst die Fähigkeit des Denkens verleihen könne.
Man steht also u.a. vor der Frage, ob das reine NICHTS, die völlige Abwesenheit alles Seienden jemals eine reale Existenz erzeugen könne? Dazu können auch Fortschritte in der Physik und Computertechnologie nichts Prüfbares auf den Tisch legen. Es bleibt lediglich der Gedanke, dass aufgrund eines uns unbekannten Eingriffs materielle Strukturen möglicherweise doch denken könnten.
Wenn aber einige materielle Strukturen BEWUSSTSEIN haben könnten, woher will man dann von vornherein wissen, dass materielle Strukturen BEWUSSTSEIN nicht aus sich heraus entstehen lassen können?
Wenn wir aber, statt der erwähnten Dinge annähmen, dass es mit unseren Körpern verbundene immaterielle Substanzen wie Geist oder Seele gibt, müssten wir auch sagen, dass die Materie gelegentlich (etwa bei Wahrnehmung) auf diese immateriellen Dinge einwirkt. Ob aber damit materiellen Dingen schon ein Bewusstsein zugesprochen werden kann, bleibt als mehrdeutige Frage stehen.
Keiner kann sagen, ob materielle Strukturen nicht aus sich heraus BEWUSSTSEIN entstehen lassen könnten, sondern es gibt keine zufrieden stellende Erklärung, wie dies geschehen sein sollte. Daher ist der Gedanke an ein planvoll handelndes Vernunftwesen wahrscheinlicher. Diese Annahme wird dem Phänomen des BEWUSSTSEINS eher gerecht und wird auch durch ihr unbestreitbares Vorkommen bestätigt.
Um aber Bewusstseinsereignisse auch wissenschaftlich zu erläutern, stehen dem Materialisten 3 unterschiedliche Schritte zur Verfügung.
1.) Er muss jede Art von Bewusstseinsereignis einem oder mehreren Gehirnzuständen zuordnen.
2.) Diese Beziehung muss kausal interpretiert werden können.
3.) Müsste gezeigt werden können, dass es sich bei der Art und Weise, in der Gehirnzustände Bewusstseinsereignisse verursachen, um Naturgesetze handelt, die einfach genug sind, um als Erklärungen gelten zu können.
Jeder der 3 Schritte ist ein Problem, da Bewusstseinsereignisse nicht der Außenbeobachtung zugänglich sind! Und so bleibt die Zuordnung zu bestimmten Gehirnzuständen sehr zweifelhaft!
Es bleibt also ein Grundgedanke stehen:
Aussagen über unser Bewusstsein (auch das transzendente!) oder psychologische Beschreibungen haben völlig andere Begrenzungen als physikalische Sätze. Beschreibungen und Erklärungsschemata, die psychische und physische Tatsachen betreffen, beziehen sich auf völlig unterschiedliche Zusammenhänge. So können all unsere Wünsche und Hoffnungen, Befürchtungen und Absichten nicht in einen einzigen geistigen "Gesamtrahmen" gesteckt, oder gar wissenschaftlich "erklärt" werden.
Gehirnzustände (auch unter den Forum usern) sind nun mal unterschiedlich und qualitativ andersartig im Vergleich zu Absichten, Erfahrungen, Überzeugungen etc., dass eine "natürliche" Beziehung zwischen ihnen fast unmöglich scheint.
Denn Gehirnzustände verändern sich in ihrer chem. Zusammensetzung und der Geschwindigkeit und Richtung ihrer elektro-chemischen Wechselwirkung.
Und so gibt es keine natürliche Beziehung (kein gleichgestelltes Bewusstsein) zwischen Veränderungen dieser Art und solchen, in denen sich Absichten voneinander unterscheiden - z.B. einen Vertrag zu unterschreiben oder der, einen Besuch um zwei Stunden zu verlängern.
Es ist noch nicht einmal der Ansatz einer einfachen wissenschaftlichen Theorie dieser Art möglich. Und damit ist auch keine Formulierung von Gesetzmäßigkeiten for die Leib-Geist-Wechselwirkung statt der einer Vielzahl verschiedenartiger Beziehungen in Sichtweite, denn es lässt sich keine umfassende universale Theorie zusammenfassen.
Die Aufgabe des Materialismus, Absichten, Überzeugungen, Bewusstseinsereignisse und andere geistige Fähigkeiten zu erklären, ist jedenfalls vorläufig gescheitert. Denn eine detaillierte materialistische Theorie könnte niemals so einfach sein, dass sie vom Menschen vernünftigerweise für wahr gehalten werden könnte.
Es geht also nicht um die Frage, ob es den Materialisten gelingt, eine Theorie aufzustellen, welche die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist erklärt, sondern um die Frage, ob der Materialist vernünftigerweise annehmen kann, dass es Gesetzmäßigkeiten gibt, welche diese Wechselwirkungen "erklären".
Keiner kann also die Bewusstseinsvorgänge bei einem Individuum genau erklären, und zwar einfach deswegen, weil es ihm unmöglich wäre, alle relevanten Ausgangsbedingungen festzustellen.
Nicht ohne Grund klagte z.B. Sigmund Freud, dass er bei jedem seiner Patienten bei Null beginnen müsse, weil ihm die bereits gemachten Erfahrungen mit anderen Patienten überhaupt nichts nützen ...
Vielleicht kann dies, zumindest als Denkanstoß, dienen, und zwar nicht nur zum Argument des Bewusstseins über den Begriff "Gott"?
Gruß von Reklov