14-12-2024, 16:52
(14-12-2024, 15:49)subdil schrieb: Dieses Spiel kann man allerdings in beide Richtungen spielen. Einmal angenommen, du hast recht damit, dass alle transzendenten Vorstellungen nur Hirngespinste sind: Dann haben solche Hirngespinste auch mindestens genau so oft dazu geführt, dass jemand gute Taten vollbracht hat, wie etwa den Armen und Kranken zu helfen, oder schlechte Taten eben gerade aufgrund seiner transzendenten Hirngespinste unterlassen hat. Andersrum könnte man genau so postulieren, dass schon unzählige Leute schlechte Taten nur deshalb ausgeführt haben, weil sie eben gerade nicht an metaphysische Konsequenzen geglaubt haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich das so in etwa die Waage hält, wenn nicht eher sogar mehr positive als negative Konsequenzen aus den von dir so betitelten transzendenten Hirngespinsten hervorgegangen sind.
Das hoert sich jetzt genauso an wie, dass es ohne Religion keine Moral gaebe, was uns hier Christen immer so gerne erzaehlen. Es braucht fuer ethisches oder moralisches Verhalten keinerlei transzendente Ueberlegungen, da es bei sozialen Spezies fuer so etwas immer ein Regulativ aus der jeweiligen Gemeinschaft gibt. Ideologie dient dann oft eher dazu, dieses natuerliche Regulativ auszuhebeln. Um ethisches Verhalten an und fuer sich ging es hier also gar nicht, sondern um Motive und Folgen.
Wenn jemand einen Mitmenschen umbringt, weil er etwas haben wollte, was dieser Mitmensch besass, dann ist das zumindest ein handfestes Motiv. Dieser Jemand wird dann von der Gesellschaft bestraft. Und Helfen tun die meisten von uns wenigstens Mitmenschen, die uns irgendwie nahestehen, nicht aus transzendenten Motiven, sondern weil das unserem angeborenen Altruismus entspricht - der halt auch einen Gutteil von Erwartung enthaelt, dass einem umgekehrt in einer Notsituation ebenfalls geholfen werden wird.
Es geht also, ganz gemaess dem Threadtitel, um aus transzendentem Denken geborenes irrationales Verhalten, das unnoetiges Leid verursacht. Die Hoellenangst hat ganze Gesellschaften in eine Psychose getrieben.
(14-12-2024, 15:49)subdil schrieb: Natürlich kann man immer Diagnosen und Ferndiagnosen durchführen, um damit individuelle Überzeugungen und Verhaltensweisen zu analysieren. Wer ein melancholisches Gemüt hat, wird heutzutage schnell als depressiv abgestempelt. Wer aufgrund realer negativer Erfahrungen in bestimmten Bereichen übervorsichtig ist, hat eine Phobie. Und wer Visionen oder geistige Tagträume hat, wie etwa ein C.G. Jung, der leidet eben unter Schizophrenie. Das ist allerdings auch eine Art von argumentativer Immunisierung, welche hier von eurer Seite aus angewandt wird. Denn mit solchen Diagnosen kann man wirklich alles erklären, was irgendwie von der (langweiligen) Norm abweicht.
Ach Quatsch! Ich rede ausdruecklich von "Diagnosen" mit ausreichenden Indizien, nicht davon, dass heutzutage angeblich die Haelfte der Jugend an ADHD leidet, was ja eine Wertung ist, nicht die Indizien selbst. Individuelle Eigenerfahrungen wie die, auf die Du Deine Ansichten stuetzt, sind halt notorisch unzuverlaessig. Die Studien, auf die Du Dich stuetzt, sind methodisch nicht korrekt. Insofern immunisiere ich micht hier vor gar nichts. Diese Studiendaten selbst sind ja trotzdem interessant, naemlich dafuer, wie unser Hirn funktioniert. Fuer irgendeine bedeutung in Richtung "Transzendenz" fehlen uns die Hinweise.

