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Wie kann man jemandem wie Paulus glauben?
#85
Ahriman schrieb:Betreibt doch keine Haarspaltereien.

Keiner splatet hier Haare, sondern wir differnzieren nur etwas genauer deine ungenauern Pauschalisierungen!

Ahriman schrieb:Frauen taten mal etwas, was seit Paulus in der katholischen Kirche nur noch Männer durften und dürfen. Punktum. Ist doch wurscht, ob man sie "Priesterinnen" genannt hat, oder?

Der von mit unterstrichene Satz dieses Zitates macht vorallem einses klar! Du hast dir deine Meinung schon gebildet und lässt sie dir auch nicht von historischen Tatsachen ändern. Faktum ist nämlich, dass das Amt des Priesters in der Kirche etwas anderes meint als religöse Texte lesen oder sie in Katechesen zu lehren. Diese Aufgabe stand und steht in erster Linie dem Lektor zu. Insofern ist die willkürliche Verwendung des Begriffes Priesters von dir nichts anderes als historische Pfuscherei!


Ahriman schrieb:Warum geht euch das so quer runter, daß Frauen einmal priesterliche Funktionen bei den Urchristen ausübten?

Weil sie es nicht taten!
Anderen Falls würde ich dich doch bitten uns zu erläutern welcher ur- oder altkirchliche Text, sei es ein Brief einer Gemeinde, eines Kirchenvaters, eine Gemeinderegel oder "sonst was" zu zeigen in dem eindeutig von einer Frau als Priesterin oder Bischöfin die Rede ist! Und vor allem welche Bezeichnung sie haben soll, denn die Begriffe presbyteroi und episkopoi haben keine feminine Form!

Ahriman schrieb:Die heutige christliche Kirche ist eben nicht von Jesus, sondern von Paulus, ich sagte es schon.


Achso ist das!
Sicher kennst du andere uns noch nicht bekannte Quellen, die zeitnah das Leben Jesu von Nazareth beschreiben und uns genau erklären was er für eine Kirche will, abgesehen von den apostlischen Briefen, ihrer Pseudoepigraphen oder den Evangelien! Ansonsten müssen wir wohl doch auf eben genau diese Schriften zurrückgreifen, die insgesamt das Neue Testament bilden.

Ahriman schrieb:Du kannst dich drehn und winden: Die zölibatäre Kirche hat Jesus nicht gewollt, ganz im Gegenteil.

Erstaunt müssen wir feststellen, dass dies auch nie jemand behauptet hat. Die sich gegenwärtig findende Form des Zölibates in der Kirche ist eine rein historische Entwicklung, die in kirchlichen Fachjargon Tradition genannt wird.




Hier eine Darstellung der Entwicklung des Zölibates zu der ich mich an anderer Stelle habe hinreißen lassen:

"Ich halte es hier für notwendig einige geschichtliche Ereignisse des Zölibates hier darzustellen und ihn einerseit als christliche Tugend zu erörtern und andereseits im Zusammenhang als Zulassungsvoraussetzung für das römische-katholische Priesteramt.

1. Der christliche Zölibat (biblische Bezeugung)

Es erstaunt die meisten Leser der Hl. Schrift, dass der Zölibat nirgends als Bedingung oder gar als Vorraussetung geschildert wird. Weder für ein Leben als normaler Christ, noch als "Amtsträger" (Episkopus, Presbyter, Diakon). Warum dies?
In der Urkirche war der Zölibat eine charmismatische Tugend. Sie war eine vom Heiligen Geist geschenkte Tugend, eine Gnade Gottes, nicht eine lässtige Pflicht. Christen die ein Leben in Ehelosigkeit um des Himmelreiches Willen führten waren hochangesehen, sie verzichteten um der Liebe Christi Willen und in der eschatologischen Naherwartung auf einen immanenten Teil des menschlichen Lebens.
Sie folgten dem Vorbild Jesu in einem ehelosen Lebenswandel und dem Vorbild der Apostel, die ihre Familie und ihr Hab und Gut verließen.

"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." (Mt 16, 24)

"Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen."
(Mt 19, 12)

"Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein." (Lk 14, 26)

Sowohl die beiden Matthäus- , als auch die Lukasperikope sind bedeutend um den altkirchlichen Drang nach einem ehelosen zu verstehen. Seine grösste Entfaltung hat diese Bewegung im Mönchtum und Eremitentum gefunden. Der Zölibat um des Himmelreicheswillen gepaart mit seelisch-körperlicher Aszese, unbedingter Besitzlosigkeit und striktem Gehorsam gegenüber dem himmlischen Vater (die 3 evangelischen Räte) waren die höchsten Tugenden frühchristlicher Jesusnachfolge. Auf ihnen fußt bis heute jeder katholischer und orthodoxer Orden. So sind die regulae des hll. Basilius und Benedikt zum Fundament des kirchlichen Eremitentums geworden und sie bewahren durch die Jahrtausende die urchristliche und urkirchliche Tradition der Ehelosigkeit.

Wichtig zu ergänzen ist vieleicht noch, dass die Ehelosigkeit nicht als kleriker Tugend angesehn wurde, sondern im Gegenteil eine allgemeine, eher unklerikale Tugend war. Die Ordensregel des hl. Benedikt hat zum Beispiel nie vorgesehen, dass die Brüder und Mönche auch Priester seien, sondern eher, dass Weltpriester sich in regelmäßigen Abständen um das sakramentale Leben kümmern und dann wieder gehen.

Dies führt uns zum zweiten Punkt.

2. Der priesterliche Zölibat.

Am Beginn des kirchlichen, gemeinschaftlichen Lebens der frühen Gemeinden in Korinth, Ephesus, Phillipi, Rom usw. und später auch über all sonst bestand für keinen Christen die Zölibatspflicht. Dies macht besonders das Pauluswort aus dem 1. Korintherbrief deutlich.

"Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat.
Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine. Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, sündigt auch sie nicht.
(1 Kor 7, 25.27f.)

Paulus lässt die Frage nach der Ehelosigkeit offen für jeden Christen, wenngleich er mit Nachdruck bezeugt, dass der Zölibat um Christi Willen der "bessere" Weg ist.
Nach dieser Weisung leben so ziemlich ausnahmslos alle urkirchlichen Gemeinden. So verwundert es auch nicht, wenn in 1 Tim 3,1-7 und Tit 1,6 davon gesprochen wird, dass die Episkopoi (Bischöfe) und die Diakonoi (Diener; Diakone) einen anständigen und sittlichen Lebenswandel führen sollen, sowohl öffentlich, als auch privat und ehelich. Sie werden ermahnt, ihre Frauen zu ehren und ihre Kinder in festen Glauben zu erziehen und dabei stets glaubwürdig und unbescholten zu bleiben. Von einer Zölibatspflicht für die Amtsträger der ecclesia (Gemeinde) wissen sie nichts.
Von einer urchristlichen oder urkichlichen Verpflichtung kann also niemals die Reden sein.

Dennoch, die Tugend des Zölibates ist so hoch angesehen, dass besonders syrische und alexandrinische Presbyter (Priester) immerwieder Auseinandersetzungen mit Mönchen, Eremiten und Äbten haben.
So bezeugt schon die Synode von Elvira 303 (in Spanien), dass sich verheiratete Kleriker zumindest in den Zeiten ihres Dienstes keusch und rein halten sollen (in Anlehnung an das aaronitische Priestertum des Alten Bundes). Ebenso ist die Stimmung zu erkennen, dass ehelose Priester ein höheres Ansehen haben und es setzt sich grundsätzlich in den Canones der Synoden durch, dass das Ehesakrament nur vor der Weihe gültig vollzogen wird, nach der Weihe aber ungültig ist und der Kleriker seines Standes enthoben wird.
Während sich in der Ostkirche die Tradition durchsetzst, dass (Welt-)Diakone und Priester, im Gegensatz zu Ordensklerikern, vor der Weihe heiraten können, während die Bischöfe ehelos leben müssen, setze sich in der lateinischen-westkirchlichen Tradition der hohe Status des Zölibats durch. So werden zwar weiterhin Verheiratete ordiniert, doch zölibatäre Anwärter werden oft vorgezogen. Weiterhin werden alle Misstände und Verfehlungen verheirtateter Kleriker schwer geahndet. So wird Ehebruch mit Suspension und später mit Exkommunikation gebannt, Nepotismus mit Entzug des Benefiziums und schwerer und langer Bußzeit bestraft.

Und dennoch, erst die gregronianische Kirchenreform, die der katholischen Kirche eine monastische Prägung verleihen will, beendet die 1000 jährige Tradition verheirateter Priester in der römisch-katholischen Kirche.
Die cluniazensischen Reformer (benannt nach dem franz. Kloster Cluny) wenden sich mit der Forderung des Zölibates gegen Priesterhurerei und Konkubinat, Nepotismus und Simonie. Sie wollen durch die Einführung der priesterlichen Enthaltsamkeit einerseits die hohe Tugend des Zölibats ausweiten, als auch die Abhänigkeit vieler armer, verheirateter Priester von ihren Landesherren beenden und somit die Bewegung der libertas ecclesiae (Freiheit der Kirche) von weltlich-kaiserlicher Beeinflussung vorantreiben.
Und so scheint es nur konsequent, wenn das I. Laterankonzil (1123) die Enthaltsamkeit für alle, auch Verheiratete fordert und das II. Lateranum (1139) den Zölibat zur Pflicht macht und somit alle Verheirateten von den heiligen Weihen ab der Subdiakonsstufe ausschließst.
Sowohl das Tridentinum (1545-1563), als auch das II. Vaticanum (1962-1965) bestätigen die Pflicht des preisterlichen Zölibats und Papst Paul VI. räumt spätestens 1967 mit der Enzyklika sacerdotalis coelibatus die Gedanken an eine Aufhebung des priesterlichen Zölibats aus den Weg und somit aus den Vorstellungen vieler Reformtheologen.

Ergänzend sollte man nach anmerken, dass der priesterliche Zölibat nur in der lateinischen Rituskirche der römisch-katholischen Kirche gilt, die mit Rom unierten Ostkirchen (z.B. die gr.-kath., die syrisch-kath., die chaldäische Kirche usw.) und alle Bereiche ihrer Rituskirche dürfen weiterhin Verheiratete zu Diakonen und Priestern weihen."
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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RE: Wie kann man jemandem wie Paulus glauben? - von Micha - 10-05-2007, 14:05
RE: Wie kann man jemandem wie Paulus glauben? - von Lea - 22-08-2007, 18:31
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RE: Wie kann man jemandem wie Paulus glauben? - von carlos - 19-11-2007, 13:42
Glauben Sie jeder Legende ... - von Keiner - 28-11-2007, 15:40
RE: Wie kann man jemandem wie Paulus glauben? - von meinelpl - 27-12-2008, 15:11

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