04-01-2008, 20:20
Presbyter schrieb:Also bei aller Liebe Fritz, dieses Projekt war wohl eher lächerlich als theologisch wertvoll. Du kannst dir nicht vorstellen welche Wellen des Spotts durch die Exegese-Lehrstühle beider Konfessionen gegangen sind. In dieser Bibelsprache wurde die authentische Überlieferung der Gotteserfahrung des Volkes Israel und der Apostel dem Zeitgeist geopfert und entstellt. Diese Überzetzung ist nichts weiter als Ideologie!Ich kann da Fritz in seinem Widerspruch gegenüber dem Presbyter-Text nur voll zustimmen.
Ideologisch kann doch wohl kaum eine Übersetzungsvielfalt, wie sie die "Bibel in gerechter Sprache" bietet, sein.
Die 66 verschiedenen biblischen Bücher sind von 42 Frauen und 10 Männern übersetzt worden, ohne dass eine einheitliche Glättung der Stile und Eigenheiten vorgenommen wurde.
So hat man die Chance, bekannte Texte in interessanten Varianten neu zu hören. Keine der vertrauten Übersetzungen ist eine Norm, Bibeltexte lassen sich nun vergleichen und neu reflektieren. Verfremdungen regen zur Suche nach dem Geist in den Buchstaben, zur eigenen Position an.
Der von Laien immer schnell vermuteten Willkür
sind dabei enge Grenzen gesetzt. Alle ÜbersetzerInnen sind wissenschaftlich qualifiziert, zu Begründungen und Nachweisen verpflichtet, die sie aus der Zeitgeschichte der Texte, der Kenntnis der Autoren und gesellschaftlichen Hintergründe entnehmen.
Mit dieser Gründlichkeit und unideologischen Ehrlichkeit
versuchen die neuen Übersetzungstexte den theologischen Einsichten der letzten Jahre gerecht zu werden, der sachgerechten Berücksichtigung von Frauen und Männern, der christlich-jüdischen Verwandtschaft statt Gegnerschaft einschließlich der Zurechtrückung des Gottesnamens im ursprünglichen Sinne und der historischen Gerechtigkeit bei der Darstellung sozialer Verhältnisse.
Dass man da über vieles anderer Meinung sein kann,
ergibt sich von selbst.
Aber das ist doch das Normalste, wenn es keine autorisierte Bibelübersetzung gibt. Eine autoritäre Verdammung bestimmter Positionen, wie sie vom Vatikan aus möglich ist, geht am sachgemäßen Umgang mit Büchern dieses Alters vorbei.
Ebenso der Spott von Theologen beider Kirchen, die sich keine Gedanken darüber machen, wie bestimmte alte sprachliche Einseitigkeiten Menschen irritieren oder wichtige Appelle verpuffen lassen.
Wenn Paulus "seine Brüder" zur Bescheidenheit im Behaupten ihrer Standpunkte aufruft, dann ist eine Erweiterung der Anrede auf "Brüder und Schwestern" nun einmal logisch und wichtig.
Auch wer die Bibel in gerechter Sprache nicht für die Lesung im Gottesdienst verwenden will, kann für die Auslegung wertvolle Hilfen erhalten.
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)