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Vernunft als Prinzip des Glaubens?
#3
Zitat:Anders wäre auch die gemeinsame Übersetzung eines philosophischen Traktats eines arabisch-muslimischen Autors zusammen mit einem philosophisch hochgebildeten Achidiakon der spanischen Kirche nicht zu erklären.
Ist Abraham ibn Daud nicht ein sephardischer Jude gewesen? Die waren damals am ehesten zu Uebersetzungen imstande, weil man dazu beide Sprachen gut kennen muss.
Zitat:Die philosophische und durch die Vernunft geleitete Reflexion des Glaubens wird hier zum Mittel eines Dialogs.
Ist diese These Wunschdenken oder rational fundiert?
Es trug dazu bei, was Du auch erwaehntest, dass sich eine ueberkonfessionelle "Gesellschaft" der rechtlich Anerkennbaren bildete und daher eine Epoche der Koexistenz eingeleitet wurde, in der man die andern nicht gleich in der eigenen "Hoelle" ansiedelte, sondern sich vergewisserte, dass vom Selben 1 G0TT das Recht und die Wahrheit sowie die Wahrheitsfindung ausgeht.
Zitat:Historisch gesehen muss man leider sagen, dass den sefardischen Juden die Integration verwehrt wurde. Die Politik der spanische Könige verhinderte dies. Ist aber der Vernunft in der Religion das selbe Schicksal gewiss, dies möchte ich gern zur Diskussion stellen.
Es sind im Grunde erschreckend wenige Menschen gewesen, an denen diese Perspektiven fuer Spanien tragisch scheiterten, und betraf nicht nur die "porentiefe" Vertreibung der Juden von dort, was jedoch deutlich spaeter stattfand (Muslime wurden ebenso ganz aus Spanien entfernt), es ging da um ein nicht-theologisches Kriterium der "Kronen" und "Nationen", welche Einheitlichkeit setzen und nur 1 Konfession brauchen konnten - egal welche, uebrigens -

- Spanier hatten ebenso eine der hochstehendsten und fairsten und laengsten Dispute zwischen Judentum und Christentum veranstaltet, an der sich viele eine Scheibe abschneiden koennten, das leitete aber der (1415 abgesetzte) Gegenpapst Pedro de Luna

- dennoch lief zur selben Zeit dieses Disputes 1 eigenmaechtiger Prediger mit Militaerbedeckung durch die jued.Gemeinden Spaniens und presste sie nach Leibeskraeften ins Christentum hinein, was mehrmals ausdruecklich kirchlich verboten worden war und wieder verboten wurde, er hoerte aber erst sehr spaet damit auf - dem kann man nur zugute halten, dass er damit Pogrome verhindern wollte
- das noch traurigere Ergebnis seines "erfolgreichen Wirkens" war dann noch jahrhundertelang immer wieder die Nach-Forschung, ob es Spanier gebe, die man als "heinloch rueckfaelligen" Nachkommen eines damals getauften Juden bezeichnen koennte, um den zugunsten der Krone "legitim" zu enteignen - wirtschaftlich bekam dieses dem Land ueberhaupt nicht

Andererseits kann man die diversen Judenvertreibungen ab dem Ende des 12.Jds nicht als Fehlschlag dieser theologisch-philosophischen Bemuehungen der Hoch-Scholastik betrachten, denn es sicherte letztlich immer wieder juristisch die den Pogromen folgenden Chancen, irgendwo dann doch wieder leben zu koennen.
Nationale Landesverbote gab es dann auch immer wieder, aber die fragten nicht nach Logik oder Richtigkeit, da ging es "nur" um eine geistige Landestracht, sozusagen, auch noch im Russland des 19.Jhds, wo ebenfalls Muslime, Protestanten und Katholiken sowie Alt-Orthodoxe dieselben Probleme kriegten.

Dennoch haben diese "alten" Ergebnisse des mittelalterlichen Disputes immer wieder erbracht, dass man von solchen Extrem-Zustaenden wieder in ein machbares Miteinander der erlaubterweise von ihren Konfessionen ueberzeugten Verschieden-Glaeubigen kam. Trug das mal nicht eine der Religions-Institutionen im Zuge einer philosophisch messenden Selbstkritik, dann war es mal der Staat oder mal der Handel - bis hin zu dem Absurdum einer militant atheistischen Sowjet-Verfassung, die allen einzeln gestattete, zu glauben und bekennen, welcher Religion sie sind - aber es nicht gemeinsam zu praktizieren ... .

Man muss bei alledem bedenken, dass die Beweislogik ein sehr duenner Faden ist, und ehe der Mensch einen logischen Satz als solchen zu kreieren imstande ist, hat er schon Jahre innerhalb der Mutter und ausserhalb ihrer verbracht und Wahrnehmungen und Erfahrungen gesammelt. Dies wortlose "Kennen" holt keine Erkenntnis-Methode spaeter auf, es bleibt naemlich die Mehrheit aller Wahrnehmungen, weil es sich permanent fortsetzt, auch wenn unser abstrakt "kritisches" (Unterscheidungen machen koennende) Wort-Denken einsetzt und waehrt. Immer spielt eine Portion Temperament und Unlogisches mit hinein.

Nicht verwechseln darf man das Un-Logische mit dem Un-Wahren oder Un-Wirklichen. Die Logik hat eben den Schwachpunkt, dass sie nur mit duennen Gedankenketten arbeiten kann, Beweis an Beweis ankettelnd, und maximal schafft sie ein Netz, in dem unter anderm auch die gesuchte "Denk-Beute" fangbar ist.

Das hatte es aber auch an Negativem fuer die Toleranz mit sich gebracht, dass ab der Scholastik der "Wahrheits-Beweis" ein inflationaeres Mittel zur Volks-Missionierung durch jedermann wurde. Es kam dann bald zur Spaltung der Religionen aus mehr als nationalen Ursachen. Es fuehrte im Endeffekt zum Niveau unserer Foren, die doch auch religioese Themen allzu oft und zu einfach mit nur der Logik umfassend behandelt finden.

mfG WiT ;.)
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RE: Vernunft als Prinzip des Glaubens? - von WiTaimre - 12-03-2008, 22:19
RE: Vernunft als Prinzip des Glaubens? - von Lea - 13-03-2008, 07:53
RE: Vernunft als Prinzip des Glaubens? - von Lea - 14-03-2008, 07:50
RE: Vernunft als Prinzip des Glaubens? - von t.logemann - 14-03-2008, 18:32
RE: Vernunft als Prinzip des Glaubens? - von Lea - 20-03-2008, 07:54

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