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Examensarbeit
#13
(13-09-2008, 00:03)wojciech schrieb: Was mich noch interessieren würde ist ob diese Farben noch original sind oder schon restauriert und nachgemalt.

Ich kenn die Geschichte dieses Bildes nicht. Vielleicht weiß lillifer was dazu.

(13-09-2008, 00:03)wojciech schrieb: Ist es so, dass im Mittelalter die Menschen ihren christlichen Glauben durch diese Art Bilder erklärt bekommen haben?
Und dass sich das bis heute noch in etwa so verhält?
Erklärung des Glaubens durch Bilder?
Oder war so etwas eher als Verehrung oder Andenken gedacht?

Die Fragen sind hier kaum umfassend zu beantworten. Ich will einen Versuch wagen:

Das frühe Christentum lehnte das Bild ebenso ab wie das Judentum und später der Islam. Götter- und Kaiserbilder waren der Inbegriff der Götzenverehrung. Erst für das 3. Jh sind Bilder in gottesdienstlichen Räumen nachweisbar (Hauskirche von Dura Europos, um 235). Übrigens auch in der Synagoge von Dura Europos. Möglicherweise liegt gegenseitige Einflussnahme vor. Fassbar wird die Ausbildung eines christlichen Bilderkreises erstmals mit der Ausmalung der Katakomben und der Entwicklung einer Sarkophagkunst (3. Jh). Thema ist das Leben Jesu. Nichtchristliche Motive werden christianisiert (Guter Hirte, Orpheus, etc.). Die ersten theologisch-philosophischen Gedanken zur bildlichen Darstellung von Christus und den Heiligen äußerte Dionysius Areopagita. Die (erste) theologische Rechtfertigung für den Bilderkult stammt von Johannes von Damaskus.

Die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern (Ikonodulen) und Gegnern (Ikonoklasten) des Bilderkultes stehen in Zusammenhang mit der Inkarnationslehre (aber nicht ausschließlich). Lehnten die Ikonoklasten die Abbildung Christi wegen seiner Göttlichkeit ab, meinten die Ikonodulen, dass, wer die Abbildung Christi ablehnt, sein Menschsein leugnet.

Im Westen wurden sakrale Bilder durch die "Libri Carolini" (ca. 790 im Auftrag v. Karl d. Großen entstanden) gerechtfertigt. Es wird argumentiert, dass sakrale Bilder "Gefäße des Heiligen" seien, die zur Belehrung jener dienen, die nicht lesen konnten. Solche Bilder seien zu verehren, aber nicht anzubeten.

In diesem Sinne wurden Kirchen mit Bildern (Skulpturen) ausgestattet, und es entwickelte sich eine Symbolik, deren Bedeutung, insbesondere jene des Früh- und Hochmittelalters, teilweise verloren gegangen und somit zum guten Teil spekulativ ist.

Eine bestimmte Typologie der Darstellungen entwickelte sich vom bayrisch-österreichischen Raum ausgehend (insbesondere in Dorfkirchen), wo Szenen aus dem Leben Christi und der Heiligen in Zyklen dargestellt und der Belehrung des einfachen (armen, des Lesens unkundigen) Volks dienten und daher als "biblia pauperum" (Armenbibel) bezeichnet wurden.

In der Volkskunst ist die Deutung religiöser Abbildungen einerseits einfach, weil relativ wenige ikonografische Elemente (sich wiederholend) in den Darstellungen vorkommen, die Künstler aber andererseits (mangels Bildung und Ausbildung) Attribute vermengen, so dass es zu regional unterschiedlichen Interpretationen kommt, was (für mich) übrigens den besonderen Reiz der Beschäftigung mit dieser Kunst ausmacht. Auch diese Kunst (Wegkreuze, Bildsäulen, Marterln, etc.) hatte u.a. den Sinn der Erinnerung an die Allgegenwärtigkeit Gottes.

In den großen europäischen Malschulen waren Menschen tätig, die neben ihrem überragenden Talent auch die Bereitschaft mitzubringen hatten, alles Wissen, das zur (möglichst) fehlerlosen Komposition eines Bildes aus ikonografischer Sicht benötigt wurde, zu erwerben. Das umfasste nicht allein die Kenntnis der Heiligen Schrift (dazu der Apokryphen, der Legenda aurea, u. dgl.), sondern auch der antiken Autoren, insbesondere deren Berichte zur griechisch-römischen Mythologie.

Übrigens kann es außerordentlich reizvoll sein, die verborgenen religiösen Inhalte auch in vordergründig profaner Kunst (selbst im Biedermeier) zu entdecken.

MfG E.
MfG B.
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