(07-10-2008, 17:10)Presbyter schrieb: Die Theologiegeschichte der abrahamitischen Religionen arbeitet sich ab an diesem Skandalon des Sohnesopfers. Neuzeitliche Philosophie ringt um sein Verständnis.
Hallo Presbyter,
ich will den fruchtlosen Meinungsaustausch, was Gott will, denkt, fordert und verabscheut, nicht weiter fortführen und versuche mich mit ein paar Worten zum eigentlichen Thema.
Wer Texte heiliger Schriften, als "Gottes Wort" versteht, wird Mühe haben, Ungereimtheiten, ethisch verwerfliche Anweisungen (ein Menschenopfer zu bringen, den Bann an besiegten Völkern zu vollziehen u. dgl.) zu verstehen und mit seinem moralischen Empfinden in Einklang zu bringen. Daher ist es nötig, eines zu erkennen: Es sind Mythen, die zu Erzählungen verwoben wurden, nicht weniger faszinierend und blutig als die griechisch-römischen.
Am Beispiel von Gen 22 will ich meine Position dazu kurz erläutern.
Es liegt ein Text vor, der (zumindest) drei Traditionen vermengt. Es sind elohistische, jahwistische und priesterliche Elemente ineinander verwoben und nicht leicht zu entwirren.
Der jahwistischen Tradition nach gibt Abraham sein Leben als Nomade auf und wird in dem Land, das Jahwe ihm zuweist, sesshaft. Dort ist Abraham Fürst, ihm ist man Gehorsam schuldig. Dieser Mythos aus dem 10. Jh hat sich im biblischen Abraham erhalten. Abraham ist der Äneas der biblischen Mythologie. Äneas verlässt auf göttliche Anweisung das zerstörte Troja, Abraham das wirtschaftlich daniederliegende Ur. Sowohl bei Äneas als auch bei Abraham läuten die (mythologischen) Helden aus der Fremde die neue Epoche ein. Wie die Julier ihren Herrschaftsanspruch von Äneas ableiten, tut dies Israel in Kanaan mit dem Hinweis auf Abraham.
Was macht so sicher, dass Isaak dem Urmythos nach nicht geopfert wurde? In der elohistischen Abrahamsgeschichte wurde Isaak offenbar geopfert! In 1Mose 22,19 heißt es: Darauf kehrte Abraham zurück zu seinen Dienern, sie brachen auf und zogen gemeinsam nach Beer-Seba, und Abraham blieb in Beer-Seba wohnen. Die elohistische Tradition setzt erst mit der Jakobsgeschichte fort. Von Isaak erfahren wir (vom elohistischen Erzähler) nichts mehr. Im jahwistischen Beitrag zum Mythos erst verhindert Jahwes Engel die Tötung Isaaks.
Vorerst nicht mehr dazu!
MfG E.
MfG B.

