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Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch?
#45
(26-10-2008, 08:42)Petrus schrieb: chrieben von Petrus - Heute 13:56
Ich habe im Beitrag Nummer 4, erste Seite, eine Idee "zu Papier" gebracht, worauf kaum bzw. gar nicht reagiert wurde. Kann man das so sehen, wie ich es dort versuchte, in Worte zu fassen? Das interessiert mich wirklich[:]


Wäre ich gläubig, so könnte ich das Trinitätsproblem nur derart denken,

- dass "Gottvater" der Ausdruck für Gott in seiner ganzen Unverstehbarkeit sei;

- dass "Gottsohn" der Ausdruck für die menschliche Seite dieses Gottes sei und

- dass "Gottgeist" der Ausdruck für das sei, was der Mensch von diesem Gott "erfahren" kann?

Also: Dass "Trinität" nur eine Metapher für all diese Aspekte EINES Gottes sei.

Schönen Sonntag und ein herzliches Willkommen für die Neuen

Petrus



Aus dogmatischer Sicht nein!
Die klassicher, dogmatischer Lehre der Trinität fällt ganz klar in der Bereich der Gotteslehre. Die kürzeste Aussage dazu ist 1 Gott in 3 Personen. Diese Personae sind nach klassicher Auffassung nicht nur menschliche Aussagekategorien, sondern eine Wesensbestimmung.

Für viele beginnt hier schon das Prolem, weil sie einen falschen Personenbegriff haben. Grundlegend für die Spätantike und das Mittelalter (und damit maßgeblich für die lateinische Theologie) ist der Personenbegriff des Boethius:

Persona est rationalis naturae individua substantia.
Die Person ist eine ungeteilte [d.h. eigenständige] Wesenheit vernünftiger Natur.

D.h. alles ist Person was für sich selbst ist und gleichzeitig eine vernünftige Natur hat. Das trifft auf Gott und den Menschen zu.
Soweit gibt es keine Probleme, denn auch der strenge Monotheismus des Volkes Israel geht von der Personalität Gottes aus.

Die Frage wurde erst problemtatisch, als man mit unterschiedlichen Lehren bzgl. der Person Jesu konfrontiert war. (Man könnte also sagen mit der ersten Stunde der apostolischen Zeit, also nach Jesu). Schon Paulus ermahnt seine Gemeinden nur dem von ihm verkündeten Evangelium, dass er in Übereinstimmung mit den "12" (ausdrücklich nennt er die 3 Säulen Kephas, Johannes und Jakobus) gelehrt hat, zu folgen. Die ersten Auseinandersetzung mit der Frage der Gottheit Jesu beginnen daher interessanter Weise mit der Frage um seine Menschheit. Denn die "christliche" Gnosis bestreitet die Menschheit Jesu bzw. sieht in Christus entweder einen untergeordneten Heilsmittler (Subordinatianismus) oder eine Erscheinung des Guten Gottes (man bedenke, die Gnostik ist Dualistisch). In dieser Kontroverse entstehen erste Apologien der Menschheit Jesu und auch der Gottheit Jesu (vgl. Irenäus v. Lyon, Tertullian, Clemens v. Alexandrien). Eskalieren wird die Frage erst als der Presbyter Arius diesen Gedanken der Subordination Jesu unter den Vater, d.h. er ist nicht Gott, sondern ein vornehmstes Wesen, in die Kirche hineinträgt. Das 1. Konzil v Nicäa und das 1. Konzil v. Konstantinopel betonen hingegen die Wesenseinheit (consubstantia) von Gott Vater und Jesus Christus, als dessen "eingeborenen Sohn". Nach dieser Entscheidung gab es noch eine Auseinandersetzung wie diese Wesenseinheit zuverstehen sein (s. Konzil v. Ephesus und Chalkedon).
Auf dem 1. Konzil von Konstantinopel wurde ebenfalls die Frage danach ob der Heilige Geist eine eigene Hypostase, d.h. eine eigene göttliche Person sei, geklärt. Nach den Aussagen des Nicänums war nämlich unklar wie die Aussagen Jesu über den Heiligen Geist zu verstehen sind. Ist es der Geist Jesu oder der des Vaters, ist er selbständig oder identisch mit einen der beiden?


Für den heutigen Glaubenden mag sich die Frage stellen, was soll das 1 Gott und 3 Personen? Es hängt auch damit zusammen, dass Gott als vollkommene Beziehung gedacht und geglaubt wird. Denn Gott ist Liebe und Liebe ist immer bezogen auf etwas oder jemanden. Daher sind die 3 Personen vlt. am einfachsten als Liebesbeziehung zu verstehen. Sie sind in allem eins (eine Einheit), außer da wo ihnen ihre Bezogenheit (ihre Person) entgegensteht. Eine schwache Analogie zum Menschen ist, dass zwei Liebende in der Liebe eins sind, aber als aufeinander in Liebe Bezogene dennoch verschieden sind.


Azad hat dazu sehr passend geschrieben:
"Was dabei herauskommt, ist ein Paradox. Was ich an Paradoxen so mag, ist ihre Bescheidenheit. Es wird einfach nur ein Problem mit einem Begriff benannt. Das Paradox überwindet die Widersprüche nicht. Es läßt sie stehen, und oft ist das genau der Punkt, an dem Sprache in Dichtung übergeht: Das Paradox ist ein beliebtes Stilmittel in den Hymnen der griechisch-orthodoxen Kirche. Die Bescheidenheit, die in den Paradoxen liegt, macht es mir möglich, zu einem Gott in Beziehung zu treten, dem seine Souveränität in der Beziehung mit uns nicht viel zu bedeuten scheint, der aber trotzdem Gott ist und bleibt.

Zugleich bekenne ich, indem ich ein Paradox ausspreche, die Grenzen meiner Erkenntnis.




Klar ist, dass die trinitarischen Aussagen der Theologie schwer zu verstehen sind. Andererseits kann man die Frage stellen, was ist an Gott überhaupt und wenn einfach zu verstehen? Das Reden über Gott hat die menschliche Vernunft immer herausgefordert und geht damit auch an die Grenzen ihrer sprachlichen Möglichkeiten. Für den christlichen Glauben bedeutet dies, und das gehört auch zu diesem Bekenntnis dazu, dass der Glaube dieser Welt Stückwerk ist und bleibt, aber auch, dass er an der von Gott selbstgeoffenbarten Wahrheit anteil hat, d.h. nicht einfach nur leeres Reden ist.
Die Bejahung dieser Aussagen (z.B. der Trinität) ist nur möglich, wenn man die verschieden Grundvoraussetzung akzeptiert. 1. Die Akzeptanz der Offenbarung Gottes, die die Grundlage für den Glauben und die Glaubensaussagen ist und 2. Die Anerkennung der verschiedenen Geisteshaltungen (oder Philosophien), die die Grundlage dieses Glaubens sind.
Anders ist dieser Glaube nicht zu verstehen. Eine Geisteshaltung die von vornherein meint, dass man über Gott keine wahren Aussagen machen kann, wird schon am Begriff Gott zerbrechen, dazu bedarf es keiner Trinität. Diese wird erst begreiflich, wenn man zugestehen will oder kann, dass Rede von Gott ein Weg, nicht nur über die Nicht-Aussage (Negativität), sondern auch der wahren Aussage sein kann.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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RE: Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch? - von Alanus ab Insulis - 02-11-2008, 16:31
RE: Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch? - von Pravoslav_Bonn - 03-10-2011, 11:27
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RE: Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch? - von Richard Bastian - 21-09-2012, 23:14
RE: Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch? - von Richard Bastian - 28-09-2012, 22:56
RE: Ist das Christentum durch die Trinität polytheistisch? - von Richard Bastian - 22-09-2012, 01:24

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