05-11-2008, 13:02
(05-11-2008, 10:18)Petrus schrieb: mich würde interessieren, warum es "unangemessen" sein könnte, sich Gott gegenüber nicht als Dreieinen verbal zu verhalten?
Momeeent!!! Nicht so schnell!! Diese Logik ist - bei allem Respekt! - zum Haareausraufen! Wenn A Element von B ist, folgt daraus noch lange nicht, daß Nicht-A nicht Element von B ist. Wenn also die Trinitätslehre ein angemessener Versuch ist (selbst das hatte ich, genau genommen, nicht behauptet. Gesagt hatte ich, sie sei der Versuch, sich angemessen zu verhalten. Aber wie auch immer), folgt daraus nicht, daß alle anderen Versuche unangemessen seien. Got it? Und es mangelt ja auch nicht an faszinierenden und brauchbaren Versuchen, Trinität heute theologisch zu deuten. Da braucht man doch bloß mal eine Dogmatik seiner Wahl aufzuschlagen. Nur versuchen alle diese Entwürfe nicht, die Trinitätslehre einfach mal eben über Bord zu werfen, sondern konstruktiv mit ihr umzugehen.
Zitat:(wobei ich den Begriff "sich verbal verhalten" nicht ganz verstehe? Meinst Du "über Gott sprechen" oder "zu Gott sprechen"?).Entschuldige, daß ich mich selbst zitiere. Weiter oben hatte ich geschrieben, Theologie habe ihre Wurzeln in Lobpreis und Gebet. Das sind zu einem nicht unwesentlichen Teil verbale Handlungen. Die Gesprächsteilnehmer können dabei verschieden sein. Wir können zu Gott über uns oder über Gott reden, mit anderen über Gott, vielleicht auch mit anderen zu Gott (das ist sehr mehrdeutig!) usw. Außerdem ist Sprache eines der wichtigsten zwischenmenschlichen Kommunikationsmittel. Vielleicht hätte ich besser geschrieben "sich sprachlich verhalten". Das hört sich mehr nach einem umfassenden System von Zeichen an als "verbal". Und um dieses System geht es ja. Es stellt Beziehungen zwischen uns und Gott her und beschreibt zudem diese Beziehungen, wodurch diese Beziehungen wiederum kritisch beleuchtet und erneuert werden.
Gerade durch letzteres begründet sich die Forderung, althergebrachte Begriffe nicht kritiklos zu übernehmen und nachzubeten. Dadurch würde das, was andere sich einmal ausgedacht und mit Leben gefüllt haben, zur bloßen Buchstabenklauberei verkommen. Insofern ist es legitim und nötig, die Trinitätslehre infrage zu stellen. Aber dazu gehört auch, daß man zu begreifen versucht, was sie denjenigen bedeutet, denen etwas an ihr liegt.
(05-11-2008, 11:00)Karla schrieb: um eben den Polytheismus zu verhindern. Da man ja unbedingt Jesus als Gott sehen wollte, zu ihm auch beten wollte, musste man Gehirnakrobatik anstellen, um nicht dem Vorwurf der Vielgötterei ausgesetzt zu sein.Historisch war es eigentlich genau andersherum: Zeitgleich mit der Trinitätslehre kam der sog. Monarchianismus auf. Dessen Vertreter bestritten gerade die personale Erweiterung des Gottesbegriffs durch die Logoschristologie. Die Bewegung zerfällt in die Adoptianer, die lehrten, Jesus sei durch die Taufe zu Gott erhoben worden (was auch immer das letztlich für die Gottheit des Sohnes bedeutet), und die Modalisten, die lehrten, Sohn und Geist seien lediglich Erscheinungsmodi des einen Gottes.
Gegen diese Lehren wandten sich Theologen wie z.B. Irenäus von Lyon. Ihnen ging es also gerade nicht um die Vermeidung eines Polytheismus, sondern einer als häretisch empfundenen Form des Monotheismus. Die Logoschristologen haben sich aus heutiger Sicht viel stärker dem Verdacht des Polytheismus ausgesetzt als die Monarchianer.
Gruß
Matthias