06-02-2009, 23:45
(06-02-2009, 13:25)qilin schrieb: 'Wahrheit' würde ich ganz simpel als Übereinstimmung mit der Wirklichkeit verstehen.Da, worauf Presbyter hinwies, "wahr" ein Urteil ist, ist diese simple Formulierung unvollständig. Denn, um wahr zu sein, muss diese Übereinstimmung geprüft und für korrekt befunden worden sein. Die behauptete Übereinstimmung könnte immerhin unzutreffend sein.
Aber ich denke, das ist ein Nebenschauplatz. Die wichtigste Erkenntnis ist die zeitliche Komponente, die ich übersehen hatte.
qilin schrieb:Wenn sich die Landschaft verändert, muss eine neue Karte gedruckt werden, damit die wahr ist...Diese These führt sogar noch einen Schritt weiter: es gibt ein 'mehr oder weniger wahr' vielleicht sogar eine Zeitreihe zwischen vollständig wahr bis vollständig falsch.
Aber ist die allmählich ablaufende Korrektheit der Karte überhaupt das richtige Objekt?
"Wahr" ist hieran (immer, bis es die Menschheit nicht mehr gibt), dass eine Karte allmählich an Wert verliert, weil sich die dargestellte Landschaft langsam ändert.
Dennoch, die von 'qilin' (Danke!) angestoßene Erweiterung des Urteils "wahr" auf die Beschränkung in der Zeit ist zumindest für die "empirische Wahrheit" evident, so wie 'Der Einsiedler' dies auch nochmals bestätigt.
Für die 'logische Wahrheit' (z. B. eines Lehrsatzes der Mathematik) gilt dessen Wahrheitsgehalt scheinbar zeitunabhängig. Tatsächlich besitzt er die Lebensdauer derjenigen Spezies, denen die Voraussetzungen und die Logik dazu wichtig sind. Das ist mir beim ersten Durchgang nicht aufgefallen.
marlene schrieb:was ich für wahr erachte, braucht für den anderen nicht notwendigerweise wahr sein. ... Wo es hin und wieder schwierig wird, sehen wir in den Bereichen der Politik, der Philosophie, den Religionen bzw. auf den entsprechenden Ebenen, wo dann über Wahrheit kommuniziert wird - im Dialog, jeder für sich oder auf gesellschaftlicher Ebene.Noch ein guter Gesichtspunkt: Die Gültigkeit eines "wahr"-Urteils für ein oder mehrere Individuen, eine intersubjektive Wahrheit also! Ich vermute assoziiert durch 'qilins' Definition (Übereinstimmung mit der Wirklichkeit).
Dieser Gesichtspunkt führt allerdings auf einige Fragen:
Wie unterscheidet sich ein individuelles Urteil "wahr" von einer Zufriedenheit mit der Plausibilität?
Welcher Prüfung hält die Tatsachenbehauptung, die ich als Individuum mit wahr akzeptiere stand? (Vermutlich "einigen", aber nicht allen).
Oder ist für das wahr-Urteil nicht doch eine überindividuelle, also objektive Prüfung Voraussetzung?
marlene schrieb:Letztlich wird für jeden das Wirklichkeit, was er/sie für wahr erachtet bzw. wahrnimmt. Ein statischer Zustand braucht das nicht bleiben, denn Wahrheit kann sich verändern, wie das Bewusstsein einem beständigen Wandel folgt.Hierbei steht mir die 'Wirklichkeit' zu sehr im Vordergrund. Ich stimme zu: Wirklichkeit ist das, was wir wahrnehmen. Aber dieses 'wahr' (in 'wahrnehmen') kann durchaus eine der bekannten Sinnestäuschungen sein. Gleichwohl wird sie wahrgenommen, obwohl wir wissen, dass das Wahrgenommene falsch ist - in dem Sinne, dass es einer messtechnischen (überindividuellen) Prüfung nicht standhält.
Danke für eure interessanten Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard

