13-06-2009, 00:40
(12-06-2009, 22:13)kolozz90 schrieb: "Mythen handeln oft von dem, was niemals war und immer ist."Ich rede nur über die "jahwistische Schöpfungserzählungen" (1. Mose 1 und 2) - ich kenne keine andere. Man spricht auch von "Schöpfungsmythen". Der Grund ist ganz einfach: Niemand war dabei außer Gott selbst. Der Erzähler ist aber offensichtlich nicht Gott, denn sonst müsste es heißen: "Am Anfang schuf ICH Himmel und Erde".
wie soll man diesen satz anhand der jahwistischen Schöpfungserzählung erläutern?
Damit sind wir bei dem, was niemals war: Den Berichterstatter, den Zeugen gibt es nicht. Deshalb kann man mit vollem Recht behaupten: Die Schöpfung hat sich so nicht abgespielt.
Die alten israelitischen Priester werden ihrem Gott ja kaum Lügen untergeschoben haben?
Aber was schildern die Schöpfungsgeschichten stattdessen?
Schauen wir den Text einmal genauer an:
(1. Mo 1, 1) Da ist von Himmel und Erde die Rede. Stelle dir einen normalen sonnigen Tag vor mit Wölkchen am Himmel, unter dir der Erdboden. Himmel oben, Erde unten - seit Milliarden Jahren. Wir erwarten auch morgen nichts anderes! Nach menschlichen Zeitmaßen: immer!
(1. Mo 1, 2) Wenn wir uns den Anfang vorstellen, dann herrschen Chaos, Finsternis und Abgrund, alles Zustände, von denen wir hoffen, dass sie uns nie überwältigen.
(1. Mo 1, 3-4) Was löst das Wort "Licht" im Gegensatz zur chaotischen Finsternis über den Abgründen aus? Ich sag' mal: Orientierung, Trost, Vertrautheit - etwas Gutes!
(1. Mo 1, 5) Festes Land - Wasser. Unsere Welt gewinnt vertraute Strukturen. Dort das feste Land, hier das Wasser. So war es schon immer, so ist uns die Welt vertraut zumal wenn wir Seen und Flüsse um uns haben, den Regen und die Trockenheit, sprich das Wetter.
Ab 1. Mo 1, 11 folgen Pflanzen die wir essen können.
(1. Mo 1, 14) Nicht ganz logisch "werden" Sonne, Mond und Sterne. Noch deutlicher kann man den mythischen Chrarakter der Erzählung kaum machen. Denn von der Logik des Werdens her müssten die Sterne zuerst geschaffen werden. Also handelt es sich hier um etwas anderes, uns sehr Vertrautes: der Zeitenlauf.
Danach werden die Tiere (geschaffen) und schließlich (am 6. Tag) der Mensch.
Am siebten Tag ruhte Gott.
Alles was Menschen täglich erleben, unser ganzes Dasein einschließlich der wichtigsten Traditionen finden wir in dieser Erzählung: die Erde, ihre Wasser, Pflanzen, Tiere, Tag und Nacht, die Woche und den Sonntag und darinnen wir selbst. Niemals ist die Schöpfung so abgelaufen. Sie hätte so nicht einmal "funktionieren" können. Dennoch ist das Geschilderte unsere immerwährende Lebenssituation in ihren Grundzügen. Natürlich hat der Jahwist (dehalb heißt er so) unser Dasein auf Gott JHWH ausgerichtet - ein sprachlich wunderbares Bekenntnis!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard


