(16-06-2009, 03:13)Saldo schrieb:Fast alle Christen, mit denen ich spreche, distanzieren sich von der Bibel, wenn ich ihnen erzähle was wirklich drinne steht. Trotzdem benutzen sie auswendig gelernte Bibelzitate in ihren "Arhgumentationen", und obwohl sich alle Christen persönlich von der Bibel distanzieren, ist es immer noch das meistverkaufte Buch.(15-06-2009, 21:20)Mattheist schrieb: Da es bereits gefragt wurde. Ja, ich war Gläubig. Durch den Einfluss des Films "Jesus von Nazareth", und eine Kinderbibel. Damals war ich zehn Jahre alt. Während fast meiner gesamten Jugend war ich begeistert und euphorisch dabei. In R$eligion hatte ich eine 1. Ich wollte Pfarrer werden, Ich war für eine Veranstaltung mal so etwas wie ein Messdiener.
Meine Zweifel begannen mit dem Lesen der Lutherbibel. Dann kamen kritische Fragen von mir, und die Antworten darauf waren so unbefriegend. Am Ende war es nur noch die Angst vor der Hölle, die meinen Glauben auffrecht erhielt.
Erst einmal danke für diesen Bericht - das hilft zumindest mir, die Zusammenhänge etwas deutlicher zu sehen.
Jedenfalls scheinst Du in das Christentum nicht reinerzogen worden zu sein, nicht durch Deine Familie, sondern von Dir selber aus.
Diese Angst vor der Hölle ist mir in Internetforen relativ häufig begegnet. Auch wenn meine Eltern mir diese Angst nicht regelrecht eingehämmert haben, so ertappe ich mich noch heute manchmal dabei, dass diese irrationale Angst irgendwie unauslöschliche Spuren hinterlassen hat. Sie flammt manchmal auf, wenn in evangelikalen Foren mir direkt persönlich gesagt wird, dass ich für ewig brennen werde. Dann bricht für Sekunden Panik auf - und nur meine ratio kann mich dann wieder beruhigen.
Es ist eine entsetzliche Waffe, Mattheist, ich kann nicht anders als Dir Recht geben. Die Waffe ist so tückisch, weil man mit ihr eben schon Kleinkinder bearbeitet, sie ihnen beim Gutenachtgebet ins Ohr flüstert ("Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm" - ja, und wenn man nicht dahin kommt, dann eben unauslöschliche Qualen).
Zitat:Dann hatte ich mich in einem jahrelangen Prozess endlich von meiner Angst befreien können. Später dann Lektüre über die Entstehung und Motivation der Religionen reingezogen. Vielleicht würde ich heute noch an Gott glauben, wenn ich nicht die Bibel gelesen hätte.
Das ist ein Punkt, der mich ebenfalls sehr beschäftigt. Die Bibel hat nichts als Unheil angerichtet, ich sehe es längst genauso. Jedes Buch, das man als "heilig" betrachtet, wird irgendwann zum Mordinstrument - auf physischer und psychischer Ebene.
Da immer wieder Menschen nachwachsen - was ich nie geglaubt hätte -, die dieser Bibel glauben. Die da nicht hineingewachsen sind, sondern aus eigenem Antrieb sich dieser Bibel mit Haut und Haar unterwerfen.
Zitat:Ich verstehe heute immer noch nicht, wieso dieses Buch eine Ethik vermitteln soll.
Ich ebenfalls nicht. Denn es geht immer mit "Du sollst" und mit Drohung einher.
Zitat:Schneidet doch mal alle Stellen aus der Bibel heraus, die Ihr persönlich ethisch für falsch haltet.
dann schneidet die Stellen heraus, in denen Gott sich in Strafandrohungen verausgabt.
Das eben geht nicht. Wenn es nach mir ginge, würde ich alle heiligen Bücher wegzaubern. Die Geschichte noch einmal von vorne anfangen lassen, wo keine schriftlichen heiligen Bücher geschrieben oder zusammengestellt werden.
Ich habe aber diese Macht nicht, Menschen von Grund auf zu ändern. Ich kann es ja nicht einmal bei mir selbst.
Diese "tödlichen Bomben" werden nun einmal von Jahrtausend zu Jahrtausend von den Kirchen mitgeschleppt, werden für heilig erklärt, und bestimmte Menschen verfallen diesen Büchern.
Aber die Kirchen reagieren darauf nicht.
Andererseits würde es nichts nützen, wenn sie darauf reagierten. Denn die, die der Bibel verfallen sind und nur durch sie ihr Leben lenken lassen, sind ja alle aus der Kirche ausgetreten. Sie sehen in den Kirchen ja den Satan. Diese würden die Bibel verraten durch ihre historischen Untersuchungen.
Zitat:Jesus`hatte niemals göttliche Motive benutzt sondern rein humanistische. Darum haben Atheisten auch kein Problem mit dem historischen Jesus im Gegensatz zu dem Biblichen Jesus.
Alles, was wir über Jesus wissen, wissen wir aus der Bibel. Wir haben keine andere Überlieferung als die biblische.
Aber die Forschung kann bis zu einem gewissen Grad den historischen Jesus rekonstruieren.
Und es ist richtig, was Du sagst: auch die Atheisten akzeptieren diesen konkreten Menschen - so wie er überliefert wurde. Erst die Erhöhung ins Göttliche scheidet die Geister, und sie ist hoher Wahrscheinlichkeit nach erst nachträglich den Schriften zugefügt - die Texte um den wiederauferstandenen Jesus herum.
Zitat:Man kann ihn auch zu den humanistischen Philosophen zählen.
Aber ist es nicht krank? Obwohl Jesus zu Lebzeiten großartige Denkanstösse gegeben hatte, wird ihm als größter Verdienst angerechnet, am Kreuz gehangen zu haben.
Auch diese Blut- und Leidenstheologie ist eine nachträgliche.
Aber die moderne Theologie beruft sich ja doch in großen Teilen darauf nicht mehr. Auch nicht auf die Göttlichkeit des Jesus.
Es ist bekannt, dass dieser Mythos "Geborenwerden - Sterben - Wiederauferstehen" ein uralter Mythos ist, zum Beispiel der Osiris-Mythos.
Selbst die alten Zeichnungen von Isis (Schwester und Gattin von Osiris) mit ihrem Kind wurden vom Christentum nachgeahmt. Nun aber war es Maria mit dem Kind. Die Grundidee war die gleiche.
Und jetzt komme ich zu einem für mich wirklich wichtigen Punkt:
Ein Theologe sagte mir einmal:
das Christentum ist eigentlich keine Schriftreligion. Sie basiert auf Mündlichem.
Ich habe den Verdacht - und es auch oft beobachtet -, dass religiöse Menschen sich nicht groß um die Bibel und den ganzen theologischen Überbau scheren.
Ihre "Grundfrommigkeit" basiert auf ganz anderem als dem Buchstabengetreuen. Mag sein, dass sie die Sprache des Christentums benutzen - sie haben ihre eigenen Erkenntnisse halt immer in dieser Sprache formuliert.
Aber wenn sie in einer anderen Religion aufgewachsen wären, hätten sie es vermutlich in deren Sprache formuliert.
Mein Ansatz ist: sie meinen innerlich gar nicht unbedingt das, was sie in Sprache bringen.
Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine. Du hast das ja quasi auch gesagt: Vielleicht würdest Du noch immer an Gott glauben, wenn Du die Bibel nicht gelesen hättest.
Aber was hat eine innere Gottesvorstellung mit dem zu tun, was man sich in den biblischen Schriften unter Gott vorgestellt hat? Genaugenommen gar nichts.
Darum denke ich tatsächlich, dass im Grunde das Christentum noch immer eine mündliche Religion ist. Irgendein Funke zündet - so hast Du es ja auch beschrieben, mit dem Film etc. -, und irgendwas hat man kapiert.
Das, was in solchen Momenten "zündet" - davon bin ich eigentlich überzeugt -, ist nicht etwas, was nur in der Bibel oder "sonstwo nur" zu finden ist. Es ist etwas, was unabhängig von jeder Religion zünden kann - weil es zu dem Menschen gehört.
Es zündet aber oft mittels der Religion, weil diese das hauptberuflich sozusagen thematisiert. Aber es ist nicht an die Religion gebunden. Und es ist wahrscheinlich noch nicht einmal die Religion gemeint.
Was ich damit sagen will:
Es kommt oft vor - vielleicht sogar sehr oft -, dass die Menschen, die sich einer Konfession oder einem Glauben anschließen, innerlich Motive dafür haben, die vielleicht formal - also sprachlich - mit der Sprache der Religion zusammenfallen, aber trotzdem ganz ihre Eigenart und persönliche Wahl hat.
Wenn man die einmal gedanklich ausschließt, die auf dem Buchstaben beharren und alle anderen als "verdammt" ansehen:
dann würden sich religiöse Menschen sämtlicher Religionen untereinander mühelos verständigen können.
Das wäre dann fast nur der Unterschied, dass die einen zu dem Ding, auf dem ich gerade sitze, "Stuhl" sagen, andere "chair".
Darum denke ich, dass viele - und ich kenne solche - den Auferstehungsmythos - der ja viel älter ist als das Christentum - so für sich nutzen, dass sie sich als eingebettet in den Rhythmus der Natur fühlen:
Osiris war ja ursprünglich ein Gott der Vegetation.
Da schwingen uralte Weisheiten mit, die manchen etwas bedeuten, und sie haben nichts dagegen, dass der Christusmythos das ausdrückt.
Denn andere Mythen drücken das ja auch aus.
Und wenn man die Theologen liest, die in all den Jahrhunderten ihre spezifische Sicht des Christentums aufgeschrieben haben - dann sieht man doch, wie indivduell das ist, und wie frei letztlich.
Man nehme nur mal Paul Tillich ("In der Tiefe ist Wahrheit") oder "Gott ist anders" von John A. T. Robinson. Gerade letzteres ist ganz frei von christlicher Sprache.
Für mich alles reine Augenwischerei.Ich muß mir seit Jahrzehnten von jedem Christ anhören, das es immer die anderen Christen sind, die alles falsch machen, oder alles falsch verstehen.
Auch wenn einige Christen damit Probleme haben. Das Fundament des Chrstentums ist nun mal die Bibel. Die Bibel ist ethisch nicht mal im Ansatz wertvoll. Durch nachträgliche Überarbeitungen und Übersetzungsfehler wurde es sogar noch schlimmer.
Dann hört man ständig das es die Hölle nicht mehr gibt, weil Papst Bla Bla der Soundsovielte sie mal wieder abgeschafft hat.
Hat sich mal jemand gefragt, wieso der Papst eine Kugelsichere Weste trägt, wenn er herumurbietorbit? Hat er kein Vertrauen in Gott, oder will er Gott daran hindern, ihn von einem menschlichen Werkzeug erschiessen zu lassen, wenn Gott der meinung ist, er bräuchte mal wieder ein Sündenopfer?.
Da ich darauf angesprochen wurde, eine Erklärung zu meiner eigenen religösen Erziehung: Ich wurde nicht getauft, aber ständig zu religösen Veranstaltungen verführt. Ohne Zwang. Meine Mutter war seltsamerweise mormonisch getauft, hatte diese Religion aber nicht ausgeübt. In der Schulzeit bin ich trotz Lehrerprotest mitten in den evangelischen Unterrichtsstunden in den katholischen Klassenraum gegangen. Allerdings konnte ich damals keine Unterschiede erkennen.
Ab dem 10. Lebenshjahr wuchs ich in einem evangelischen Kinderheim auf,. Mit 16 beantragte ich die Befreiung aus den Religionsunnterricht.
Das Heim verbot es mir, aber ich tat es trotzdem.
Obwohl ich nicht getauft bin, bin ich amtlich als evangelisch eingetragen, und werde in der Gemeinde als Mitglied aufgeführt.
Aus der Kirche austreten heißt für mich zuzugeben, das ich ihr angehöre. Ich wurde nicht gefragt, sondern einfach mal evangelisch eingestuft.
Während meines Kurzauftritt als Messdiener, machten sich einige der Kids lustig über mein weißes Kostüm, was ich hinter den Augen des Pfarrers mit dem Mittelfinger beantwortet hatte.
Bei der Taufe der Tochter einer Freundin, habe ich während der Predigt einen Lachkrampf bekommen, weil der Pfarrer erzählt hat, das Jesus unser Kumpel ist.
Als Kind war ich schwer beeindruckt von der Erhabenheit, und Schönheit der Kirchen. Hat lange gedauert, bis ich gemerkt habe, das sie einschüchtern sollen. Das selbe fiel mir auch an der Bibel auf.
Auf jeder Seite wird der Begriff "Gott" besonders hervorgehoben. Mir war klar, das die Absicht bestand, mir Angst und Ehrfurcht vor allein diesem Wort beizubringen.
Aber es gibt Menschen die unter den religösen Zwängen, christlich oder islamisch, mehr leiden müssen. Menschen werden diskriminiert, es gibt zur Zeit nur religös motivierte Kriege, es fliesst Blut, wegen Streit um Heiligtümer, Menschen werden gesteinigt, Menschen werden von ihren Familien ausgestoßen, In den USA gilt der Atheist als der minderwärtigste Bürger. In England und den USa und zum Teil auch hier werden Kinder auf eine kranke und perverse Weise Opfer von religöser Gehirnwäsche. Und dann muß ich mir Gejammer anhören, über das "Verletzen" von religösen Gefühlen??? Selbst wenn der christliche oder muslimische Glaube mir persönlich etwas Gutes bringen würde, so kann ich doch nicht die Augen verschliessen vor dem Schaden, den diese Religionen auf unserer Welt anrichten. Darum ist es mir herzlich scheissegal, ob ich religöse Gefühle verletze. Es gibt Menschen die wirklich leiden müssen, wegen dieser Religionen oder die dafür, auch heute noch, umgebracht werden, oder sich deswegen gegenseitig umbringen.