04-07-2009, 11:35
(04-07-2009, 01:05)Epicharm schrieb: Hallo Melek,
das Ideal islamischer Theologie. Was ist das für Dich?
Man soll niemandem einen Vorwurf machen, der seinen Gauben ernst nimmt. Für Muslime heißt das, ich versuche es mit einem Satz zu sagen, den Koran zu beachten und in Mohammed ein Vorbild zu sehen, dem nachzueifern ist. Daran sollte sich niemand stoßen. Wer seinen Glauben in der Gemeinschaft der Gläubigen lebt, wird, denke ich, wenig Anstoß erregen.
Ein Problem habe ich mit "Missionaren", die versuchen Dinge zu erklären, von denen sie keine Ahnung haben. Leider ist bei diesen Leuten auch kaum Bereitschaft zu erkennen ist, sich mit den Texten, aus denen sie ihre Wahrheiten ableiten und anderen aufdrängen wollen, näher zu beschäftigen.
Dass solche Agitatoren nicht die moderne islamische Theologie repräsentieren, ist mir bewusst. Wo aber ist sie zu finden, die moderne (oder wie Du sagtest, die ideale) islamische Theologie?
Ich habe viel Vernünftiges von Ömer Özsoy, Mehmet Paçaci und Burhanettin Tatar gelesen. Diese Autoren waren für mich Grund, meine ablehnende Haltung, die ich der islamischen Theologie anfangs entgegenbrachte, zu überdenken und teilweise zurückzunehmen. Es ist nur zu hoffen, dass sich der offene Geist, der an der Uni Ankara herrscht, befruchtend auf die übrige akademische islamische Elite auswirkt.
MfG E.
Epicharm, ich bin mit der islamischen Gesellschaft in Bosnien großgeworden, und habe von fundamentalistischem und intolerantem Islam immer nur aus den Medien gehört.
Ich bin voller Hoffnung und auch Zuversicht, daß der religiöse Fanatismus nur eine Erscheinung im Islam ist, die überwunden werden wird.
Ich halte es da mit dem ägyptischen Literaturnobelpreisträger Nagib Mahfus, der mal gesagt hat, daß sich die "Aufklärung" in der islamischen Welt viel schneller durchsetzen wird als es heute den Anschein hat.
Mahfus' Werk aus den 50ern "Die Kinder unseres Viertels" zeugt von hochmodernem Religionsverständnis .
Ideale islamischer Theologie sind somit für mich natürlich Vernunft und Ehrlichkeit im Gegensatz zu Angstmacherei und unbedingten Wahrheitsansprüchen.
Aus meiner Sicht ist der Koran in Sachen Toleranz gegenüber anderen Religionen sogar deutlich fortschrittlicher als die Bibel.
An zahlreichen Stellen wird explizit diese Toleranz gefordert.
z.B.:
"Und hätte Allah es gewollt, hätten sie (Ihm) keine Götter zur Seite gesetzt. Wir haben dich weder zu ihrem Hüter gemacht, noch bist du ihr Wächter.
Und schmäht die nicht, welche sie statt Allah anrufen, sonst würden sie aus Groll ohne Wissen Allah schmähen. Also lassen Wir jedem Volke sein Tun als wohlgefällig erscheinen. Dann aber werden sie zu ihrem Herrn heimkehren; und Er wird ihnen verkünden, was sie getan haben. (Sure 6 /107-108)"
Von dem her sollte es für Muslime eigentlich kein Problem darstellen, der fanatischen Auslegung den Rücken zuzukehren .
Und dies findet m.E. überall in der islamischen Welt statt, wo ein Zugang zu Bildung besteht, und nicht unbedingt fundamentalistische Gruppen die Politik bestimmen.

