26-07-2009, 19:02
(26-07-2009, 17:33)SchmetterMotte schrieb: Warum verändert man Gottesbilder, wenn ein Gott doch für gläubige Menschen eine tatsächliche Wahrheit ist?
Man "verändert" sie nicht, sondern sie verändern sich von alleine. Das bleibt nicht aus, da Menschen sich verändern. Das Gottesbild wird dem neuen Stand angepasst. Entweder unbewusst, mitunter bewusst. Das ist bei sämtlichen Gottheiten in sämtlichen Kulturen zu beobachten. Statik kommt nicht vor in der Menschheit.
Man kann das schon im Alten Testament studieren, wie sich die Gottesbilder über Jahrhunderte, vielleicht sogar Jahrtausende verändert haben. Die verschiedenen Zeitschichten, die in den alttestamentlichen Schriften sichtbar werden, geben dafür Material. Irgendwo hier im Forum wurde das ja schon am Beispiel "Jahwe" angedeutet: aus einem ursprünglichen - lokalen - Gewittergott wurde ein anderer Gott.
Es besteht auch die Theorie, dass Jahwe ursprünglich ein lokaler Berggott war - dem Berg Sinai zugehörig - und dann allmählich zu einem nationalen Gott entwickelt wurde, mit neuen spezifischen Eigenschaften.
Auch besteht die Theorie, dass ursprünglich noch zu Zeiten des Alten Testamentes Polytheismus existierte, der erst allmählich - und mit Drohungen, wie wir im Alten Testament lesen können - durch den Monotheismus ersetzt wurde (die Pluralform "Lasset uns Menschen machen" wird als Restbestand gedeutet).
Es wäre interessant zu wissen, warum die damaligen jüdischen Priester den Polytheismus ihrem Volk so vehement austreiben wollten. Ich vermute, dass die Religionswissenschaft dafür Theorien hat.
Ich selber könnte mir vorstellen, dass dies mit der Individualisierung des Einzelnen zu tun hat. Je mehr man sich selber als eine Einheit empfindet, umso mehr stellt man sich die Gottheit auch als Einheit vor.
Zitat:Darf man sich einen angeblich existenten Gott einfach so zurechtschnibbeln wie es einem gefällt?
"wie es einem gefällt", "nach Lust und Laune" - das wird gerne unterstellt. Und "zurechtgeschnibbelt" klingt abfällig.
Es mag oberflächliche Trickser geben, die sich ständig rhetorisch aus der Schlinge ziehen und einem was vormachen wollen - aber nicht alle Christen sind Trickser.
Sie können nicht dafür, dass sie Menschen sind und den menschlichen Bedingungen unterliegen. Es wird an den Gottesbildern - innerlich - seit Jahrtausenden gearbeitet, und selbst die strenggläubigsten Christen geben zu, dass sie nur Bilder von Gott haben, und dass sie diese Bilder ständig verändern müssen.
Zitat:Verwerflich ist es nicht, aber wer einem schon immer existenten Gott vor 50 Jahren diese und Heute ganz andere Eigenschaften zuschreibt, beweist der dann nicht gleichzeitig damit, dass Gott nichts real existierendes, sondern reine Vorstellung ist, die sich nach Laune und Vorstellung ändern kann?
Insofern nein, als Vorstellung von Gott und Gott selber ja für die meisten klar unterschiedene Dinge sind.
Ich habe in einem evangeiikalen Forum bei einigen beobachtet, dass sich ihr Gottesbild sogar innerhalb ein, zwei Jahren verändert hat- vor aller Augen. Und das empfindet niemand als Problem, weil sie ja wissen, dass sie sich ständig verändern.
Das gilt einfach für jeden Menschen.
Zitat:trotzdem bleibt meine Frage bestehen: Warum kann Gott nicht grausam und gemein sein und nicht nur nett und vergebend? Warum schiebt das Christentum alles Schlechte auf den Teufel und behält alles Gute für sich?
Das tut "das" Christentum ja nicht. Der Teufel wird in den letzten zwanzig Jahren von bestimmten Richtungen wieder rausgekramt - er ist ja nicht mal in der Bibel enthalten. Aber der Aberglaube ist wieder stark angewachsen, jedenfalls nach meiner Beobachtung.
Warum manche für das Christentum den Teufel brauchen, ist meines Erachtens eine psychologische Frage. Auch in Verschwörungstheorien - die gar nichts mit dem Christentum am Hut haben - tauchen solche "böse Wesen" auf, die den Menschen zerstören wollen.
Ich sehe da in beiden Fällen Zusammenhänge. Das Gefühl des Ausgeliefertseins an äußere Mächte, das Ohnmachtsgefühl gegenüber allem und jedem sucht nach einer Personifizierung dieses Elends.
