05-10-2009, 15:04
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-10-2009, 15:12 von Franziskus.)
(05-10-2009, 14:04)Lhiannon schrieb: Hallo Franziskus,
ich stimme dir zu, wenn du sagst, dass man Menschenverachtendes in religiösen Schriften nicht akzeptieren darf und nicht zum Gesetz machen darf. Aber zwischen der Schrift und dem, wie sie gelebt wird gibt es große Unterschiede. Viele Muslime befolgen menschenverachtende Anweisungen nicht mehr, die meisten Juden und Christen auch nicht.
Genau das habe ich auch gesagt *g*... Wobei ich den Teil mit der Schrift so nicht akzeptiere; das Alte Testament gilt, soweit ich informiert bin, mittlerweile sogar innerhalb der Fakultäten der katholischen Theologie hauptsächlich als historisch und teils archäologisch interessantes Werk, nicht mehr ideologisch bindend. Wie das natürlich im Priesterseminar aussieht, vermag ich nicht zu sagen, aber ich kenne genügend Theologen, die sich auf alttestamentarische Forschung festgelegt haben, die nun so gar nichts Ideologisches mehr innehat.
Zitat:Davon ab müsste man jedem Atheisten Stalinismus vorwerfen, denn die Ideologie Stalins war atheistisch.
Petronius hat schon erklärt, warum der Vergleich Murks ist.
Ich möchte dem zwei Dinge hinzufügen:
1.) Gibt es kein "atheistisches Gesetz", hat es nirgends gegeben. Jeder kann Atheist sein. Atheismus ist ideologisch ungebunden und in Weltanschauungsfragen nicht gruppiert.
2.) Hat hier explizit niemand jemanden etwas vorgeworfen, was nicht er vorher so ins Feld geführt hat. Kyrios findet den Völkermord sowieso klasse, weil es Gottes gerechte Strafe ist, Jam bemüht sich da um Differenzierung, denn die Mörder haben ja auch schlimmes durchmachen müssen. De facto werfe ich nur Leuten etwas vor, was sie selbst sagen. Nicht das, was ich denke, was sie glauben sollten-- wobei dies ein interessantes Thema wäre, allerdings weniger in einem individuellen, sondern mehr in einem organisatorischen Zusammenhang,- aber das wäre keine Frage die man mit Vorwürfen anständig erarbeiten könnte, sondern eher mit historischer Differenzierung. Aber, nochmals, einen solchen Vorwurf gab es hier nicht. Hier hat jemand einen Völkermord verteidigt, eine andere ihn relativiert und darum geht es!
Zitat:Es ist eben ein Unterschied, was in den Schriften steht und wie es ausgelegt und gelebt wird. Wenn ein Jude, Muslim oder Christ sich vorbehaltlos zu den Menschenrechten bekennt und danach lebt, dann ist es mir egal ob er Chanukka, Weihnachten oder das Zuckerfest feiert.
Du bringst mir das zu sehr in einen allgemeinen Zusammenhang. "Menschenrechte" ist ein zutiefst subjektiver Begriff, auch wenn die Vereinten Nationen aus ihrer subjektiven Perspektive meinen, die Weltformel entdeckt zu haben.
Nein, Völkermord ist in jeder Kultur, war zu allen Zeiten eine brutalere und organisierte Konsequenz aus dem Hass auf ein anderes Volk. Völkermord war in allen Kulturen, zu allen Epochen ein zutiefst geächtetes Vergehen. Und selbst bei vielen kleineren Stämmen existieren- zumindest heutzutage, das kann ich genau bekennen- Ansichten und Richtlinien gegen Völkermord, die komplette Ausrottung eines gegnerischen Stammes also, die gegen den Kodex eines jeden Kriegers verstößt, weil er nicht nur Unschuldige- Nichtkrieger- sondern Säuglinge und Greise miteinbezieht. Es geht hier nicht darum, ob Kleinfritzchen an irgendeiner Stelle seinen Bußgürtel umgelegt bekommt (was sicherlich schon schlimm genug wäre, aber in vielen sog. "Freikirchen" absolute Praxis ist), sondern es geht um einen Akt, der- zumindest bei den Hochkulturen- bis in alle Epochen hinein in höchstem Maße verachtet wurde und der nicht nur individuell, sondern für ein ganzes Volk unermessliche und katastrophale Konsequenzen trägt.
Zitat:Weder sind Atheisten per se für die Menschenrechte, noch Muslime, Juden und Christen per se dagegen.
Ich mag diese Verdrehungen nicht.
Nenne mir einen einzigen Atheisten, der sagt, man solle ein anderes Volk komplett ausrotten, weil dort kein Atheismus herrscht. Du wirst von den Denkern des Atheismus', bei all ihrer Unterschiedlichkeit, keinen einzigen finden, der das propagandiert. Dazu fehlt dem Atheismus sowohl die Ordnung, als auch der unbedingte Bezug zu einer patriarchalischen, durch nichts widerlegbaren Herrscherinstanz.
Zitat:Viele Nazis sind Atheisten, was sie nicht davon abhält magisch an die Überlegenheit der weißen Rasse zu glauben.
Wo? Zeig' mir eine Studie darüber... Den richtigen Nationalsozialismus als "atheistisch" geprägt erlebt nur die katholische Kirche. Himmler hat auf seiner Wewelsburg eine Art krudes "germanisches Christentum" aufgezogen, in dem er angebliche alte germanische Ritualtexte und Runenmagie in christliche Lithurgie formte.
Viele Nazis waren Christen ist wohl zutreffender. "Deutsche Christen", eine ganz neue Form der Verknüpfung zweier nicht verknüpfbarer Dinge (Germanen- und Christentum). Einem heutigen Christen ist das wohl eher weniger vorzuwerfen, 1.) weil er damals nicht gelebt hat, 2.) weil seine Lehre mit diesem kruden Mix nichts zu tun hat. Wenn er allerdings ins Feld springt und sagt: "Ja, mei, die 'Deutschen Christen' lagen ja vielleicht gar nicht so falsch. War schon nicht schlecht, die Ritualistik. Joa, da könnte man sich heute mit beschäftigen"-- DANN ist es ihm vorzuwerfen, und nichts anderes habe ich in diesem Zusammenhange auch getan.
Ich erlebe gerade eher, dass Du- im Gegensatz zu mir- vollkommen aus der Luft gegriffene Vorwürfe von Dir gibst. Du willst damit etwas illustrieren, was, das vermag ich nicht zu sagen- Dein Geschichtswissen kann es wohl nicht sein.
Zitat:Vielen mißbrauchen Darwins Evolutionstheorie für die atheistische Idee der stärkeren Individuen, die sich um die Schwachen nicht zu kümmern brauchen, weil jene ja nunmal der Natur aussortiert wurden. Aber ist Darwins Theorie damit schon schlecht?
Auch wieder so ein Ding... Der "Sozialdarwinismus" wird, und das schon seit seiner Begründung durch Spencer, vom Darwinismus unterschieden und auch heute von den meisten als nichtvergleichbar angesehen. Sozialdarwinismus ist eine ganz andere Ideologie, die im wesentlichen durch den, das weiß man heute, fehlgeleiteten Biologismus gestärkt wurde, der seinerzeit (Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts) enorm anerkannt gewesen ist in allen Kreisen. Damals entstand u.a. die Kriminologie als anerkannte Wissenschaft mit enormen Dazutun von Lombroso, der zur "Degeneration" und "geborenem Verbrechertum" forschte; dem hättest ja mal sagen können, er seie ein "Atheist"-- den Wortschwall an Verwünschungen hätte ich gerne gehört. Der gute Mann war Jude und bekennender Philosemit.
Zitat:Der Respekt gilt weniger den Schriften, sondern viel mehr den Gläubigen. Sachliche Kritik ist ok, aber nicht beleidigende Polemik, die mit der Schriftkritik gleich die Gläubigen herabsetzt.
Sehr schönes Zitat am Ende. Schlechte Gemeinplätze mit denen Du, vollkommen themenunbezogen, versuchst, eine Kritik an GESAGTEM zu maßregeln, führen zu gar nichts. Niemand hat hier irgendwem etwas in den Mund gelegt oder "beleidigende Polemik" geäußert- außer Du jetzt zu "Illustrationszwecken", wofür Du sehr tief in die Klischeekiste gegriffen hast- und es geht auch darum nicht, sondern um geäußerte Verteidigungen von Völkermorden... Insofern ist Dein ganzer Einwand nicht gerade gelungen, da er Unterstellungen voraussetzt, die nicht gegeben sind.
Edit: Eine unzutreffende Äußerung-- hatte Spencer mit einem späteren Sozialdarwinisten verwechselt.