19-10-2009, 13:31
(02-09-2009, 15:18)Arandir schrieb: Der klassische Diskurs über das islamische Recht dagegen folgt logischen, für alle nachvollziehbaren Prinzipien, die gut begründet sind und ist fest auf die heilige Schrift des Islam, dem Koran gegründen
zum "islamischen recht" sei auf ein buch hingewiesen, das die problematik verdeutlicht, das islamische recht definieren zu wollen:
Es gibt nur wenige Themen, die in den vergangenen Jahren so leidenschaftlich und kontrovers diskutiert wurden wie das islamische Recht. Für seine zahlreichen, zumeist nichtmuslimischen Kritiker ist das islamische Recht ein Sammelsurium mittelalterlicher Normen und Gebote, die vielfach gegen die Menschenrechte verstoßen. Mit Nachdruck hingewiesen wird vor allem auf die in Saudi-Arabien, Sudan und anderen islamischen Staaten vollstreckten drakonischen Körperstrafen und die Ungleichbehandlung der Geschlechter. All dies sei mit den freiheitlichen Normen eines säkularen Verfassungsstaates unvereinbar und deshalb hätten die westeuropäischen Zuwanderungsgesellschaften mit Teilen der wachsenden muslimischen Bevölkerungsgruppe ein ernstzunehmendes Problem.
Gegen diese einseitige und letztlich verzerrende Darstellung des islamischen Rechts wendet sich das neue Buch des Erlanger Islamwissenschaftlers und Juristen Mathias Rohe. "Das islamische Recht. Geschichte und Gegenwart" zeigt auf über 600 Seiten, dass es das eine islamische Recht zu keinem Zeitpunkt gegeben hat
womit auch die behauptete unwandelbarkeit der vorstellungen von "scharia" widerlegt sein sollte
Die Interpretation der Rechtsquellen - insbesondere von Koran und Sunna - gestaltete sich von Beginn an mannigfaltig und führte alleine im sunnitischen Islam zu vier großen Rechtsschulen.
Rohe zeichnet mit großer Akribie die Entwicklungslinien der Kernbereiche nach und zeigt, dass das Konzert der Interpreten vielstimmig war. Die Regionalstudien zu Indien, Kanada und Deutschland zeigen, dass religiös begründete Rechtsauffassungen von Muslimen erhebliche Unterschiede aufweisen. Sicherlich, es gibt eine Minderheit von Islamisten, die nicht gewillt sind, eine demokratische Verfassung anzuerkennen. Andererseits muss jedoch gesehen werden, dass die große Mehrheit der Muslime einer freiheitlichen Staats- und Rechtsordnung positiv gegenüberstehen.
Vor einfachen Wahrheiten in der hiesigen Islamdebatte warnt daher Rohe. Nach seiner Auffassung besteht die Kunst darin, einen angemessenen Mittelweg zwischen Verharmlosung und Verteufelung zu finden
http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=pb&dig=2009%2F10%2F17%2Fa0039&cHash=9ceba700c4
genau darum geht es. selbstverständlich darauf hinzuweisen, wenn und wo "islamisches" rechtsverständnis z.b. den modernen vorstellungen von menschen- und bürgerrecht kollidiert, aber solche vorstellungen nicht für einzig gültig oder unveränderbar zu halten und somit allen muslimen aufzudrücken, selbst wenn sie selber ein anderes, wesentlich liberales verständnis haben
interessant auch die jüngste entwicklung zum niqab in ägypten:
Es war niemand geringerer als der oberste Scheich der Islamischen Al-Azhar Universität in der ägyptischen Hauptstadt Kairo, einer der höchsten Rechtsautoritäten des sunnitischen Islam, der den Stein ins Rollen brachte. Scheich Muhammad Tantawi forderte vergangene Woche eine Schülerin in einer der Azhar-Schulen auf, ihren Niqab - den vollen Gesichtsschleier - abzunehmen. Diese Art von Bedeckung sei eine Tradition und stelle für gläubige Muslime keine islamische Pflicht dar, erklärte er
es tut sich also sehr wohl etwas in der muslimischen welt, und bei weitem nicht alle muslime oder auch nur islamischen rechtsgelehrten unterwerfen sich einem rückwärtsgewandten fundamentalisten-verständnis
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)

