08-11-2009, 16:33
(07-11-2009, 17:15)Bion schrieb: Der Babylonische Hiob:
Ludlul ben nemeqi ("Ich will preisen den Herrn der Weisheit"), ist zeitlich im 12. Jh vChr anzusiedeln.
Der Text beginnt mit einer Lobpreisung Marduks (des Herrn der Weisheit). Danach wird erzählt, dass Marduk den Verfasser des Textes ohne Grund verlassen, er alles (auch die Familie) verloren habe, der Gott sich aber schließlich erbarmt und ihn aus der Not errettet.
Es gibt noch weitere altorientalische Texte, die Parallelen zum Hiob-Buch aufweisen.
Mir ist noch ein weiterer "babylonischer Hiob" bekannt (etwa 1750 v.Chr.) :
Der fromme König Tabi utul Enlil, welcher stets seinen Pflichten gegenüber dem Gott und der Göttin nachgekommen ist, dann aber mit schlimmsten Krankheiten geschlagen wird.
In dem Text werden Leid und Siechtum des Königs ausführlich geschildert, ebenso seine Klagen.
Als alles verloren scheint, kommt doch noch die Rettung von seinem Gott, und die Heilungen werden ebenso ausführlich beschrieben.
Religionshistorisch zeugen solche Texte von einem tiefgreifenden Wandel.
Während sich die Menschen (zumindest in den Ackerbaukulturen) vorher vollständig in die Naturordnung von Tod und Wiedergeburt eingebettet sahen und ihr Schicksal bedingungslos annahmen, kommt hier nun das moralische Problem des Leidens zum Ausdruck.
Eine Erklärung wäre die größere Unabhängigkeit von den Launen der Natur, welche durch verbesserte Bodenbautechniken, etc. erreicht wurde.
Der Mensch sah sich stärker als agierendes Individuum und stellte folglich Fragen nach den Auswirkungen seines Tuns, bzw. eben nach dem Ausbleiben der erhofften göttlichen Reaktion.