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Kommt der Mensch auch ohne heilige Schriften aus?
#4
(02-12-2009, 16:42)humanist schrieb: Das hab ich ja geschrieben!

Glaube beißt sich mit dem Zeitgeist. Es lebt aber keiner nach den moralischen Geboten von damals, sonst wäre er nicht gesellschaftsfähig.

Es gibt unterschiedlichste Meinungen in der Gesellschaft, klar. Ich kanns zwar nicht belegen, vermute aber, dass Gesellschaft wie ein selbstorganisierendes System funktioniert und sich das Beste herauskristallisiert. Das kann man ja am geschichtlichen Wandel der moralischen Werte ablesen. Was früher vielleicht noch ethisch vertretbar war, ist es heute teils nicht mehr.

Ich habe deine Aussage abgestritten, dass Gläubige keinen moralischen Leifaden wie heilige Schriften bräuchten.
Einerseits auf soziologischer Ebene mit dem Argument gesellschaftlich bremsender Kräfte und dem durch Kontroversen entstehenden Disput. Andererseits auf psychologischer Ebene mit dem Argument, dass dieser Disput auch von jedem Einzelnen gelöst werden muss (die Beschäftigung mit der heiligen Schrift löst einen Disput aus, solange diese zur Normgebung herangezogen wird).

Darüber hinaus teile ich deine Ansicht der Gesellschaft als selbstorganisierendes System nicht. Hier scheinen wir in ganz unterschiedlichen philosophischen Lagern zu stehen.
Ein gesellschaftliches Bewusstsein sehe ich nur rückwärtsgerichtet durch die Beeinflussung des Einzelnen durch die Tradition beschreibbar. Vorwärtsgerichtet summieren sich bloß die persönlichen Interessen Einzelner, woraus sich beschreibbare Prozesse der Interaktion ergeben (wie z.B. der invisble hand Prozess). Die Fähigkeit, Prozesse der gesellschaftlichen Interaktion beschreiben zu können, macht aber noch kein gesellschaftliches Bewusstsein aus und sichert nicht notwendigerweise eine kontinuierliche Steigerung der moralischen Qualität von Normgebungen.

Ein "gesellschaftliches Bewusstsein" muss man sich erst einmal erarbeiten, indem man sich Wissen über die Fernwirkungen gesellschaftlicher Interaktion verschafft. Anschließend müssen diese Folgen klassifiziert und ein spezifisches moralisches System zur Orientierung geschaffen werden (wie gehen wir jetzt mit den Fernwirkungen um?).
Dabei handelt es sich um eines der großen Probleme der Philosophie unserer Zeit. Denn mit der zunehmenden Kenntnis von Fernwirkungen (z.B. Klimawandel), geht auch die Verpflichtung gegenüber unseren Nachkommen einher diese Probleme zu bewältigen. Hans Jonas "Das Prinzip Verantwortung" ist da wohl epochemachend; er erkennt, dass hinsichtlich der Fernwirkungen unseres Handelns der Kantsche Imperativ nicht mehr ausreicht und erweitert diesen: „Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

(Sorry für Off-Topic)
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RE: Kommt der Mensch auch ohne heilige Schriften aus? - von Dornbusch - 03-12-2009, 06:04
RE: Kommt der Mensch auch ohne heilige Schriften aus? - von Dornbusch - 03-12-2009, 15:55
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RE: Gläubige projizieren eigene Gedankenwelt auf Gott - von Heinrich - 02-12-2009, 17:02

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