(05-01-2010, 14:16)dominator90 schrieb: Soll ich jetzt auf die Frage eingehen bezüglich "Weshalb Erklärung für das Unerklärliche schaffen"?
imho liegt es in der natur des menschen, wissen und verstehen zu wollen. und wo man nicht weiß, spekuliert man, baut sich hypothesen, welche einem einleuchtend erscheinen. grundsätzlich arbeitet auch die moderne wissenschaft nicht anders, nur eben auf einer weitaus besseren basis an vorwissen als in antiker zeit, und nach strengen regeln - während damals sozusagen regellos ins blaue gedacht wurde
Zitat:Du sagtest ja, dass das hinfällig sei, da die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis nichts erklären sollen, sondern eher den Menschen in eine Art "Hierarchie" einordnen
das seh ich nun etwas anders als ekkard, der die sache aus dem blickwinkel der moderne betrachtet. ich denke, ursprünglich sollte der schöpfungsbericht der genesis sowohl erklären als auch eine gewisse hierarchie festlegen
Zitat:Außerdem ist mir noch der letzte Satz von Petronius unklar.
Was meinst/meint du/er mit "eine neue übertragenene Bedeutung" zu?
in etwa das, was ekkard macht. er weist dem schöpfungsbericht der genesis natürlich keine wörtlich-faktische bedeutung mehr zu (wir angehörigen der modernen technisch-wissenschaftlich orientierten gesellschaft wissen es besser), sondern eine übertragene (nicht mehr wörtlich herauszulesende) bedeutung, nämlich z.b. diese "einordnung in eine hierarchie"
also: der mensch der antike glaubte, die welt sei tatsächlich von einem wesen namens "gott" in 6 tagen erschaffen worden (wörtlich-faktische bedeutung)
der moderne mensch versteht den schöpfungsbericht der genesis als allegorie, die dem menschen seinen stellenwert in der natürlichen ordnung der dinge zuweisen soll
Zitat:Das der Evolutionsstreit quasi unnötig war zwischen Kirche und Wissenschaft, da sowohl Schöpfung als auch Evolutiontheorie parallel existieren können?
Und wieso ist das so? Wegen der "neuen übertragenden Bedeutung"?
jein. schöpfungsbericht und et sind in völlig verschiedenen kategorien angesiedelt - das eine ist eine sogenannte "glaubenswahrheit" und als solche einer naturwissenschaftlichen betrachtung a priori nicht zugänglich (weil die naturwissenschaftliche methode auf nicht grundsätzlich falsifizierbare sachverhalte - und ein solcher ist das postulat eines "schöpfers" - nicht anwendbar ist), das andere eine naturwissenschaftliche fragestellung, die ein postulat vom "schöpfer" nicht notwendig hat und sich folglich damit auch nicht befaßt
das aber ist eine moderne sicht, die so eben jahrtausendelang nicht bestanden hat, und sich erst mit dem verständnis des schöpfungsberichts in seiner übertragenden bedeutung entwickeln konnte
selbstverständlich ist der "Evolutionsstreit zwischen Kirche und Wissenschaft" mehr als unnötig. so unnötig wie ein streit zwischen psychologie und biologie darüber, wie ein liebespaar zu einem kind kommt. die psychologie beleuchtet den zeugungsakt aus einer emotionalen perspektive (welche gefühle führen dazu, daß die beiden miteinander schlafen?), die biologie aus einer technisch-funktionalen perspektive (welches ph-milieu in der vagina ist erforderlich für ein erfolgreiches vordringen der spermien in richtung ovum, zu welchem zeitpunkt muß die ovulation erfolgt sein, um eine befruchtung wahrscheinlich zu machen usw.)
die naturwissenschaft beschreibt, wie kosmos und leben entstanden sind und sich entwickelt haben - die religion versucht eine antwort darauf, warum es überhaupt zu dieser entstehung und entwicklung gekommen ist, welcher sinn dahinter liegt
würde ich als naturwissenschaftler an einen gott glauben, so wäre ich davon überzeugt, daß gott uns, die welt erschaffen hat - und sich dazu der naturgesetze als mittel bedient hat. der schöpfungsbericht der genesis wäre dann eine symbolhafte umschreibung des ablaufs, wie wir ihn ja mittlerweile naturwissenschaftlich erforscht haben (denn in der tat weist der reine ablauf ja doch gewisse parallelen auf)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)