30-08-2010, 23:48
(30-08-2010, 17:55)petronius schrieb: zum thema selbst hab ich nichts weiter zu sagen - warum sekten so rigide sind, wie sie meist sind, wurde ebenso bereits angesprochen wie auch die tatsache, daß man ja nicht bei einer gruppe mitmachen muß, die einen diskriminiert
Nie soll man so tief sinken, den Kakao, durch den man gezogen wird, auch noch zu trinken (Erich Kästner)
Das Kästner-Zitat gefällt mir, und sicherlich stimmt es, dass man sich, wenn eine Gemeinschaft einen so, wie man ist, nicht haben will, fragen sollte, ob man selbst dann diese Gemeinschaft will.
Dennoch verstehe ich Menschen, für die Austreten nicht die Lösung des Problems darstellt. Denn die jeweilige Religionsgemeinschaft definiert sich ja für gewöhnlich nicht nur über den Aspekt ihrer Lehre, durch den der Betroffene diskrimminiert wird. Was soll ein gläubiger Homosexueller machen, der von der Lehre seiner Gemeinschaft zum allergrößten Teil überzeugt ist, aber verständlicherweise mit dem Teil hadert, der ihm seine sexuelle Orientierung verbieten will?
Wenn man in seinem persönlichen Glauben nicht auf Gemeinschaftszugehörigkeit angewiesen ist, kann man austreten, um sich der Diskrimminierung zu entziehen, und sich seinen Glauben außerhalb der Gemeinde bewahren, ja. Aber es gibt durchaus Religionen, die sich ohne Gemeinschaftszugehörigkeit schwer umsetzen lassen - oder Menschen, die einfach nicht der Typ sind für so einen "einsamen" Glauben (der selbst eher introvertierten Menschen und / oder solchen, denen gar nichts anderes übrig bleibt, weil sie in keine Religionsgemeinschaft wirklich reinpassen, manchmal schwer fallen kann).
Die stehen dann vor der Wahl, a) ihr ganzes religiöses Leben, von dem sie ansonsten überzeugt sind, wegen eines einzelnen Aspekts über Bord zu werfen, b) irgendwie ihre Homosexualität zu unterdrücken oder zu verheimlichen, um in der Gemeinschaft verbleiben zu können, ohne anzuecken, oder c) den mal scheinbar, mal vielleicht tatsächlich aussichtslosen Versuch zu starten, gegen den diskrimierenden Aspekt ihrer Religion zu rebellieren.
Ich jemanden schon verstehen, der sich in so einer Situation am ehesten für letzteres entscheidet. Der zu seinem Glauben und seiner Homosexualität stehen will und erstmal versucht, ob er es nicht möglich machen kann - für sich und auch für andere in der gleichen Lage - bevor er einfach geht und sich damit abfindet, dass in seiner Religion nie Platz für seinesgleichen sein wird und man sich immer wird entscheiden müssen, einen Teil seiner Identität aufzugeben.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)