Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Das Opfer Abrahams: Zugänge zum Sohnesopfer...
#16
(15-10-2008, 17:48)Presbyter schrieb: Ich denke grundgelegt ist, dass hier niemals ein Menschenopfer stattfinden sollte.

Zugegeben, der Theologe darf (muss?) zu diesem Ergebnis kommen. Aber einfach hat er es dabei nicht. Ich erinnere an das Unbehagen Kierkegaards, als er sich mit der Ungeheuerlichkeit des Opferungsauftrags (Furcht und Zittern, 1843) beschäftigte. Der Mythengeschichtler hat es einfacher. Er darf (für sich) das Ergebnis akzeptieren, das ihm plausibel erscheint! Und allein stehe ich damit nicht. Es gibt renommierte Religionswissenschafter, die durchaus die von mir aufgezeigte Variante vertreten.

Für den Elohisten sind Menschenopfer nichts Unmoralisches!

Warum habe ich Jephta in die Diskussion einzubringen versucht? Weil es dort deutlicher zutage kommt!

Die Anekdote von der Opferung der Tochter ist ein elohistisches Element der Erzählung. Der Elohist nimmt (wie bei Abraham und Isaak?) keinen Anstoß an der Sitte des Menschenopfers. Es ist für ihn nichts Ungewöhnliches. Jephta löst sein Versprechen ein, er vollzieht das Opfer, und Jahwe (Elohim?) lässt es zu.

Ein Erklärungsversuch:

Jephta war Opfer des matrilinearen Erbrechts (vgl. Ri 11,2). Er flieht und kommt mit neuem Recht zurück. Die kultische Tötung der einzigen Tochter besiegelt den Rechtswechsel und Jahwe schreitet nicht ein, er vertritt das Vaterrecht! Weder der Jahwist noch etwaige priesterliche Redaktoren hatten an der Korrektur der Jephtageschichte Interesse. Auch in der Sarah-Hagar-Geschichte klingt das matrilineare Erbrecht noch durch.

Mag sein, dass Jephta eine alte kanaanäische Heldengestalt war, die (im 10.Jh?) fromme Israeliten in ihre Stammestradition eingegliedert haben. Der (mögliche) historische Hintergrund könnte die Befreiung eines kleinen Stadtfürstentums aus der Oberhoheit eines größeren (Moab?) gewesen sein (Jephta = "er befreit"). Mizpa oder Gilead kämen dafür in Frage.

Auch hier liegt ein analoges mythologisches Schema in der Welt der griechischen Götter und Helden vor. Wie Jephta opfert Agamemnon die Tochter für sein Kriegsglück. Wie bei der Opferung des Isaak wird das Menschenopfer durch göttliches Eingreifen verhindert (bei Iphigenie ist es Artemis).

Noch einmal, die Parallele des Abrahammythos mit jenem des Äneas: Der Name von Abrahams Frau war Sara’i. Nach nabatäischen Inschriften ist das der Name einer großen kanaanäischen Göttin. Erst durch die priesterliche Bearbeitung (aus dem 5. Jh) wurde der Name der Sara’i in Sarah (= Fürstin) geändert. Wenn man mythengeschichtliche Vergleiche anstellt, ist es auffällig, dass in den biblischen Sagenkreisen immer wieder Analogien zu den griechisch-römischen (natürlich nicht nur zu diesen) anklingen. Das tritt umso deutlicher hervor, wenn man die theologische Interpretation der Geschichten zurücknimmt.

MfG E.
MfG B.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Das Opfer Abrahams: Zugänge zum Sohnesopfer... - von indymaya - 10-10-2008, 11:00
RE: Das Opfer Abrahams: Zugänge zum Sohnesopfer... - von indymaya - 13-10-2008, 16:08
RE: Das Opfer Abrahams: Zugänge zum Sohnesopfer... - von indymaya - 14-10-2008, 09:57
RE: Das Opfer Abrahams: Zugänge zum Sohnesopfer... - von Bion - 16-10-2008, 21:51

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Opfer im Christentum Koon 2 4037 30-03-2013, 10:54
Letzter Beitrag: Bion
  Opfer yentl 10 9309 29-07-2004, 23:42
Letzter Beitrag: Ekkard

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste