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ist es zulässig, gottesbilder (z.b. christliche) rational zu bewerten, z.b. auf logische inkonsistenzen hin zu untersuchen?
und diese dann ggf. auch zu benennen und einer moralischen wertung zu unterziehen?
wenn nein - warum nicht?
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(04-09-2012, 23:18)petronius schrieb: wenn nein - warum nicht?
Ja!
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Ich denke, man kann sie "rational bewerten" und Inkonsistenzen aufzeigen.
Allerdings sind zumindest die Inkonsistenzen bestens bekannt. Manches sind Verehrungsformeln ohne jeden Realitätbezug z. B. Allmacht, Allwissen, immerwährende Barmherzigkeit. Anderes hat nur in speziellen Zusammenhängen einen Sinn, beispielsweise Gott als Retter in der Not, Gegenüber des Betenden, Hersteller und Bewahrer der Menschenwelt, Führer beim Auszug aus Ägypten, .... Aufgeklärte Glaubende wissen, dass Gottesbilder nur begrenzt taugen. Sie sind eben nicht Gott, sondern nur unsere Vorstellung (und die ist teilweise direkt irrational).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(04-09-2012, 23:18)petronius schrieb: ist es zulässig, gottesbilder (z.b. christliche) rational zu bewerten, z.b. auf logische inkonsistenzen hin zu untersuchen?
Sicherlich. Sollte man sogar. Der Gläubige um zu wissen, an was er da glaubt und der Nicht-Gläubige um dagegen argumentieren zu können, sollte eine Religion versuchen mit Hilfe dieses Bildes Verbindlichkeiten auch für Nicht-Gläubige aufstellen zu wollen.
(04-09-2012, 23:18)petronius schrieb: und diese dann ggf. auch zu benennen und einer moralischen wertung zu unterziehen?
Verbieten kann es einem keiner.
Nur scheint mir manchmal, dass einige Menschen meinen sie wären die ersten denen Ungereimtheiten im Glauben auffallen.
Erzählt man ihnen dann, dass sich ein Großteil der Gläubige durchaus dieser Problematik bewusst ist, dies jedoch für ihren Glauben kein Problem darstellt stößt man oftmals auf Unverständnis.
Und was nicht verstanden wird, wird beleidigt (eine menschliche Angewohneit). Da wird dem Gläubigen, der für sich eventuell nur sagt, dass Gott über dem Menschen und somit für dessen Bewustsein transzendent ist, ein "Wegschmeißen der Logik" oder "Selbstbetrug" vorgeworfen, also Dinge die sich zum einen aus der Tatsache des Glaubens alleine überhaupt nicht ableiten lassen, und die zum anderen auch nicht förderlich sind um Verständnis aufzubauen.
Imho beinhaltet Glauben auch das Überschreiten von Grenzen (Transzendenzbezug). Wer daher pausenlos nur Logik fordert, hat imho ein Verständnisproblem des Wesens von Religion, da er ja nur auf Wissen aus ist. Ein solches kann die Religion jedoch nicht bis ins letzte liefern. Und daher ist es auch Glauben und eben kein Wissen.
Zusammengefasst: Hinterfragen, kritisieren etc. - ja, sollte man. Jedoch nicht beleidigen, nur weil man eventuell nicht versteht, weshalb ein Gläubiger trotz der Ungereimtheiten glaubt. Stattdessen akzeptieren, dass es verschiedene Weltanschauungen gibt.
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(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Nur scheint mir manchmal, dass einige Menschen meinen sie wären die ersten denen Ungereimtheiten im Glauben auffallen.
Die Ungereimtheiten sind bereits in der Antike aufgefallen.
Markion hat beispielsweise versucht, die "Heilige Schrift" auf gestraffte Lukas- und Paulustexte zu reduzierten. Was vernünftig gewesen war, ihm aber, wie wir wissen, nicht gut bekommen ist.
MfG B.
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(04-09-2012, 23:28)indymaya schrieb: Ja!
du sagst also, es sei zulässig, gottesbilder (auch die anderer?) rational auf logische inkonsistenzen hin zuhinterfragen und bewerten?
ist es dann auch zulässig, diese bewertung zu äußern, auch, daß man dieses gottesbild für nicht nachvollziehbar hält, ohne daß dies als beleidigung des gläubigen gilt?
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(04-09-2012, 23:35)Ekkard schrieb: Ich denke, man kann sie "rational bewerten" und Inkonsistenzen aufzeigen.
Allerdings sind zumindest die Inkonsistenzen bestens bekannt. Manches sind Verehrungsformeln ohne jeden Realitätbezug z. B. Allmacht, Allwissen, immerwährende Barmherzigkeit
so ist es
man darf also gerne sagen, daß solche gottesbilder mit der realität nichts zu tun haben, ja kontrafaktisch sind?
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(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: (04-09-2012, 23:18)petronius schrieb: ist es zulässig, gottesbilder (z.b. christliche) rational zu bewerten, z.b. auf logische inkonsistenzen hin zu untersuchen?
Sicherlich. Sollte man sogar
oh - danke
ich werde mir das merken und bei bedarf darauf zurückkommen
(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Nur scheint mir manchmal, dass einige Menschen meinen sie wären die ersten denen Ungereimtheiten im Glauben auffallen.
Erzählt man ihnen dann, dass sich ein Großteil der Gläubige durchaus dieser Problematik bewusst ist, dies jedoch für ihren Glauben kein Problem darstellt stößt man oftmals auf Unverständnis
ist das nicht naheliegend?
wie soll man verstehen, wenn menschen irrationales, der logik widersprechendes und kontrafaktisches glauben?
(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Da wird dem Gläubigen, der für sich eventuell nur sagt, dass Gott über dem Menschen und somit für dessen Bewustsein transzendent ist, ein "Wegschmeißen der Logik" oder "Selbstbetrug" vorgeworfen, also Dinge die sich zum einen aus der Tatsache des Glaubens alleine überhaupt nicht ableiten lassen
aus der tatsache des glaubens allein leitet niemand so etwas ab, sondern aus den inhalten und ihrer begründung. denn wenn jemand irrationales, der logik widersprechendes und kontrafaktisches glaubt und sagt, das sei überhaupt kein problem - was dann hat er denn getan als in glaubensdingen die logik für obsolet zu erklären, also "wegzuschmeißen"?
wenn jemand trotz besseren wissens kontrafaktisches glaubt, dann kann ich das nicht anders sehen als als selbstbetrug
(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Imho beinhaltet Glauben auch das Überschreiten von Grenzen (Transzendenzbezug). Wer daher pausenlos nur Logik fordert, hat imho ein Verständnisproblem des Wesens von Religion, da er ja nur auf Wissen aus ist. Ein solches kann die Religion jedoch nicht bis ins letzte liefern
es muß ja nicht bis "ins letzte" gehen. aber um dinge, die offen auf der hand liegen, weiß man doch. trotzdem anderes zu glauben, ist - transzendenzbezug hin oder her - unlogisch und/oder selbstbetrug
was seinerseits ja auch wieder nicht verboten ist, das kann ja jeder gläubige für sich so handhaben, wie er will. sollte dann aber nicht beleidigt sein, wenn man das auch offen aussoricht
(04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Zusammengefasst: Hinterfragen, kritisieren etc. - ja, sollte man. Jedoch nicht beleidigen
kannst du den unterschied definieren?
wo liegt die grenze zwischen kritischer bewertung und beleidigung?
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(05-09-2012, 07:06)petronius schrieb: ist es dann auch zulässig, diese bewertung zu äußern, auch, daß man dieses gottesbild für nicht nachvollziehbar hält, ohne daß dies als beleidigung des gläubigen gilt? Machst Du doch andauernd. Im meinem Fall fühle ich mich nicht beleidigt.
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(05-09-2012, 07:21)petronius schrieb: kannst du den unterschied definieren?
wo liegt die grenze zwischen kritischer bewertung und beleidigung?
Ich glaube, du bist der Feinheiten der deutschen Sprache durchaus mächtig,..Kritik ist sachlich, emotionsfrei,..sarkastische oder zynische Spitzen einzuflechten hingegen überschreitet irgendwann die Linie,..
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(05-09-2012, 08:24)d.n. schrieb: Ich glaube, du bist der Feinheiten der deutschen Sprache durchaus mächtig,..Kritik ist sachlich, emotionsfrei,..sarkastische oder zynische Spitzen einzuflechten hingegen überschreitet irgendwann die Linie,..
es geht also nicht um den inhalt, sondern nur um die form?
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Aktueller Fall:
"Der Österreicher (Filmregisseur) Ulrich Seidl, mit dem zweiten Teil seiner Trilogie "Paradies: Glaube" beim Filmfestival in Venedig im Wettbewerb am Start, bekommt Ärger mit der italienischen Justiz. Die ultrakonservative katholische Organisation "NO 194" hat den Regisseur wegen Blasphemie angezeigt. ... Neben dem Regisseur richtet sich die Anzeige auch gegen Schauspielerin Maria Hofstätter, die Filmproduzenten und die Leiter des Filmfestivals. Anlass für das Vorgehen sei wohl vor allem eine Masturbationsszene vor einem Kruzifix."
*http://web.de/magazine/unterhaltung/kino/kinonews/16162648-blasphemie-filmkunst-anzeige-regisseur-seidl.html#.A1000107
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)
(05-09-2012, 07:21)petronius schrieb: ...wie soll man verstehen, wenn menschen irrationales, der logik widersprechendes und kontrafaktisches glauben?
... denn wenn jemand irrationales, der logik widersprechendes und kontrafaktisches glaubt und sagt, das sei überhaupt kein problem - was dann hat er denn getan als in glaubensdingen die logik für obsolet zu erklären, also "wegzuschmeißen"?
wenn jemand trotz besseren wissens kontrafaktisches glaubt, dann kann ich das nicht anders sehen als als selbstbetrug
Was soll denn das kontrafaktische zb. im Glauben im Christentum in Deutschland sein?
Wenn ein Evikaler meint, die Erde sei 6000 Jahre alt, so ist das in der Tat eine kontrafaktische, ja falsche Aussage. Denn wir wissen, dass dem nicht so ist.
Wenn jedoch jemand meint, er glaubt an eine transzendente Identität und glaubt dass all das hier auf Erden im Jensseits einen tieferen Sinn ergibt, so werden hierbei ja keine Fakten geleugnet, sondern lediglich ein Glaubensbekenntnis ausgesprochen. Auch die Zuordnung von gegensätzlich Eigenschaften zu einem Gott ist nicht kontrafaktisch, da der Begriff "Gott" imho nun mal bereits eine solche Grenzüberschreitung unseres Verstandes beinhaltet. Wäre das nicht so, würde der gesamte Glauben zusammen fallen.
Auch haben wir keine Fakten, die uns beweisen dass diese Eigenschaften nicht auf Gott zutreffen, denn das würde bedeuten eine Gestalt einer anderen, transzendenten Ebene mit Mitteln aus der rational zugänglichen Ebene zu beschreiben.
Es werden also auch hier keine Fakten geleugnet, sondern lediglich ein Sinn hinter den Dingen und Geschehnissen auf der Welt postuliert.
Es gilt wie schon so oft gesagt: Die verschiedenen Kategorien sollten nicht vermischt werden.
(05-09-2012, 07:21)petronius schrieb: es muß ja nicht bis "ins letzte" gehen. aber um dinge, die offen auf der hand liegen, weiß man doch. trotzdem anderes zu glauben, ist - transzendenzbezug hin oder her - unlogisch und/oder selbstbetrug
Zum Beispiel?
(05-09-2012, 07:21)petronius schrieb: (04-09-2012, 23:47)Gundi schrieb: Zusammengefasst: Hinterfragen, kritisieren etc. - ja, sollte man. Jedoch nicht beleidigen
kannst du den unterschied definieren?
wo liegt die grenze zwischen kritischer bewertung und beleidigung?
Bei der Wortwahl.
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(04-09-2012, 23:18)petronius schrieb: ist es zulässig, gottesbilder (z.b. christliche) rational zu bewerten, z.b. auf logische inkonsistenzen hin zu untersuchen?
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wenn nein - warum nicht?
Kann man natürlich machen, ist meiner Ansicht nach aber keine Frage der "Zulässigkeit".
Ja, - moralisch/ethische Fragen haben da m.M.n. schon ihre Berechtigung, aber ich frage mich was eine rationale Bewertung bringen soll? Welches "Gottesbild" erhebt denn Anspruch auf Rationalität?
Das ist meine ganz persönliche Ansicht.
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(05-09-2012, 09:54)deja-vu schrieb: Ja, - moralisch/ethische Fragen haben da m.M.n. schon ihre Berechtigung, aber ich frage mich was eine rationale Bewertung bringen soll? Welches "Gottesbild" erhebt denn Anspruch auf Rationalität?
du meinst, gottesbilder sind per se irrational?
für mich wäre das, äh... intellektuell unbefriedigend. was sollte ich mit etwas der vernunft widerspechendem anfangen, welche bedeutung oder gar verbindlichkeit aus so etwas ziehen?
verstehe ich dich richtig, daß auch du als voraussetzung für religiösen glauben siehst, vernunft und logik in dieser beziehung für obsolet zu erklären?
daraus würde ja folgen, daß glauben tatsächlich nichts als reine privatsache, geschmackssache eben, wäre. und sich somit auch nicht vermitteln oder verständlich machen ließe
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