Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Die Armada vor England
#1
Immer wieder versuchten die Päpste, ihre Herrschaft politisch-militärisch durchzusetzen, stießen dabei aber sogar im Mittelalter auf Widerstand durch Könige

Wenn man sich die Kirchengeschichte des Mittelalters ansieht, so kommt man zur Erkenntnis, daß das Mittelalter gar nicht so katholisch und papsttreu war, wie man uns heute weismachen will

- Der Investiturstreit 1076 - und der Canossagang des Deutschen Königs Heinrich IV. im Jahre 1077

- Der Staufer Friedrich II. wurde 1238 vom Papst gebannt, der die Italienpolitik des Staufers als gefährlich für das Papsttum einschätzte. Die folgenden Jahre waren geprägt von einem Kampf zwischen Imperium (Kaiser) und Sacerdotium (Papst), bei dem beide Universalmächte nicht nur militärische, sondern zunehmend auch propagandistische Mittel einsetzten und sich gegenseitig in Rundschreiben schwere Vorwürfe machten. Nach dem Tode Friedrichs II. im Jahre 1250 brach die staufische Machtstellung zusammen, es begann das schlimme Interregnum

- Die Gegenpäpste von Avignon 1309 - 1377

- Der letzte Versuch, dem päpstlichen Herrschaftsanspruch militärisch zum Durchbruch zu verhelfen, ereignete sich 1570 als der Papst die vom Glauben abgefallene englische Königin Elisabeth I. absetzte. "Der Versuch, diesem Machtanspruch Nachdruck zu verleihen, versank mit der spanischen Armada 1588 im Atlantik." (Martin Laube. Freiheit. Seite 93)

Dollfuß, Mussolini, Franco, Salazar waren die Männer des Papsttums im 20. Jahrhundert
Dollfuß und Mussolini scheiterten, Franco und Salazar siegten

Festzuhalten ist, daß Dollfuß die Enzyklika Quadragesimo anno von Papst Pius XI. einführen wollte

---

Um zum Thema dieses Threads zurückzukommen ist zu sagen, daß im Mittelalter der Kampf gegen das Papsttum nicht von irgendwelchen Sekten der Unterschicht getragen wurde (die Hussiten waren militärisch bedeutungslos), sondern von bedeutenden Königen und Kaisern

Staatsrechtlich und theologisch interessant zu diskutieren wäre die Zweischwerterlehre

Auf päpstlicher Seite verwies man darauf, daß sich bei Lukas die Apostel im Besitz der Schwerter befinden
Zitieren
#2
Zur Zweischwerterlehre siehe zB
lexexakt.de Zweischwerterlehre

Ein jahrhundertelanger Streit

Dazu ist noch zu sagen:
Während beim Investiturstreit 1076 und beim Staufer 1238 mit dem Kirchenbann gearbeitet wurde (um den König oder Kaiser bei Volk und Adel zu desavouieren), kam es 1588 zum militärischen Unternehmen der spanischen Armada
Zitieren
#3
Was ist denn jetzt hier wirklich das Thema?

Die Entsendung der spanischen Armada durch Philipp II. hatte zwar durchaus ein religioeses Sendungselement, war aber hauptsaechlich darin begruendet, dass staatliche, englische Piraten den spanischen Flotten in Amerika stark zusetzten und erhebliche Verluste verursachten. Wie so oft ging es also hauptsaechlich ums Geld.

Der Papst kommt nur dahingehend ins Spiel, dass er die Welt unter Portugal und Spanien aufgeteilt hatte, wobei alle anderen Laender leer ausgingen. Die Englaender oder die Hollaender akzeptierten das nicht. Frankreich hat das spaeter auch ignoriert, nachdem es die eigenen inneren Schwierigkeiten aussortiert hatte.
Zitieren
#4
(04-12-2018, 15:51)Ulan schrieb: Was ist denn jetzt hier wirklich das Thema?


Da es sich um eine mehrdimensionale Problematik handelt, dürfte es sich um ein untrennbares Bündel von drei Themen handeln:

1.) Streit des alten deutschen (mündlichen) Stammesrechts, wie es dann später im Sachsenspiegel niedergeschrieben wurde mit dem theologisch-biblischen Recht (daß Gott dem Papst beide Schwerter gegeben hat, welcher dann wiederum das weltliche an den Kaiser weitergab), das dann im Schwabenspiegel seinen staatsrechtlichen Niederschlag fand.

2.) Militärische Handlungen der Papstpartei gegen die Könige (allgemein)
Investiturstreit und Canossagang 1077, Bannung des Staufers 1238, Gegenpäpste von Avignon 1309 - 1377

3.) Höhepunkt dieser militärischen Handlungen der Papstpartei durch die spanische Armada 1588


---


Ich würde gerne mit Punkt (1) beginnen:
So wie es aussieht, verstanden sich die deutschen Könige als dem Papst gleichberechtigt. Dies ging jahrhundertelang gut. Als der Papst jedoch um 1071 begann, als Herr über den deutschen König aufzutreten, brach ein Konflikt aus - der jahrhundertelang loderte. Zwar hatte Karl IV diesen Konflikt für das Reich mittels der goldenen Bulle beendet, aber außerhalb des Reiches (England, Spanien, Portugal, Frankreich, Sizilien) war diese Bulle nicht wirksam. Somit war ein Konflikt vorprogrammiert.

Immerhin waren es gekrönte Häupter die sich seit 1076 dem Papst so sehr widersetzten !

Es waren nicht die sprichwörtlichen "hungernden Bauern" und die Bibelfanatiker, sondern König und Kaiser !
Zitieren
#5
Auch wenn das noch weniger mit dem angeblichen Threadtitel zu tun hat, schneidest Du so quasi den Beginn weg. Dass die Paepste ueberhaupt in diese Position kamen, hatte damit zu tun, dass sie einen Kuhhandel mit einem fraenkischen Adeligen abschlossen. Im Roemischen Reich war de facto der Kaiser das Kirchenoberhaupt, und das blieb in der Orthodoxen Kirche fuer Jahrhunderte so. Der Bischof von Rom war aber nach dem Untergang des westroemischen Reiches nur noch fuer begrenzte Perioden unter der Oberherrschaft des Roemischen Kaisers. Papst Gregor der II. war der erste, der sich 727 kaiserlichen Dekreten von Kaiser Leo III. widersetzte. Mit der Faelschung der sog. Konstantinischen Schenkung im Aermel sicherte Papst Stephan II. erstmalig territorialen Besitz in Mittelitalien fuer das Papsttum und salbte 754 im Gegenzug den fraenkischen Hausmeier Pippin den Kurzen zum Koenig, nachdem sein Vorgaenger Papst Zacharias schon die Usurpation des Koenigstitels durch Pippin gutgehiessen hatte. Die Gruendung des karolingischen Reiches ist also mit der Gruendung des paepstlichen Primats verbunden, auch wenn die karolingischen Koenige das uebrigens gar nicht so sahen. Mit der Kroenung von Karl dem Grossen zu einem rivalisierenden Kaiser durch Papst Leo den III. im Jahre 800 war der Bruch mit den roemischen Kaisern endgueltig vollzogen, was auch mit ein Grund fuer die Abspaltung der Katholischen Kirche war.

Natuerlich war all das nur moeglich, weil den Kaisern in Konstantinopel die Macht langsam entglitt. Der letzte roemische Kaiser, der noch in der Stadt Rom etwas zu sagen hatte und dort auch baulich taetig war der erste erfolgreiche Usurpator der byzantinischen Geschichte, Phokas (602-610). Der mischte sich auch in Streitereien zwischen den Patriarchen von Konstantinopel und Rom zugunsten des Papstes ein, da er eine Abneigung gegen die konstantinopolitanische Elite pflegte. Er uebertrug den Titel "Oekumenischer Patriarch" vom Patriarchen von Konstantinopel auf den Papst, was die Spaltung spaeter vorantrieb, da die Ostkirche die Uebertragung nicht anerkannte.
Zitieren
#6
(05-12-2018, 00:54)Ulan schrieb: Dass die Paepste ueberhaupt in diese Position kamen, hatte damit zu tun, dass sie einen Kuhhandel mit einem fraenkischen Adeligen abschlossen.

Mit der Kroenung von Karl dem Grossen zu einem rivalisierenden Kaiser durch Papst Leo den III. im Jahre 800 war der Bruch mit den roemischen Kaisern endgueltig vollzogen, was auch mit ein Grund fuer die Abspaltung der Katholischen Kirche war.


Das Wort "Kuhhandel" dürfte in einem theologischen Disput unangebracht sein, ich favorisiere in diesem Zusammenhang eher den Begriff "Modus Vivendi"

Das Schlagwort der "Abspaltung der Katholischen Kirche" ist einseitig die Sicht der Ostkirche vor 1000 Jahren
Hier hat die Katholische Kirche und die Ostkirche naturgemäß divergierende Ansichten - und ich finde es müßig, für eine der beiden Ansichten Partei zu ergreifen

Daß die Krönung Karls des Großen zum Kaiser durch den Papst von Rom der Ostkirche nicht gefiel, ist verständlich, war aber notwendig - da im Westen bereits der Islam anklopfte

Eine Kaiserkrönung Karls des Großen durch Geistliche der Ostkirche war schon rein technisch nicht möglich, da es im Frankenreich nur römische Kirchen gab und keine byzantinische Mission. Ritter und Bauern der Franken waren Katholiken. Dazu kommt noch der Umstand, daß es im Byzantinischen Reich die Kaiserin Irene gab, die
mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen hatte. Vgl. Karl der Große - Wikipedia
Nachträglich billigte dann der spätere byzantinische Kaiser Karl dem Großen die Kaiserwürde zu
"Innenpolitisch bedeutend war, dass Michael 812 Karl dem Großen den Kaisertitel zubilligte." Michael I.
(Byzanz) - Wikipedia

Interessant jedenfalls:
"Das Volk sei begeistert gewesen und die Kaiserkrönung eher als spontane Handlung erfolgt. Einhard behauptet sogar, dass Karl die Kirche nicht betreten hätte, wenn er von Leos Vorhaben gewusst hätte." Karl der Große - Wikipedia
Wie es aussieht, war die Kaiserkrönung damals kein ritualisierter Staatsakt - der Papst baute in diese Messe eben eine Handlung ein, eine Geste mit der er Karl eine Freude machen wollte, sich selbst aber auch in den Mittelpunkt stellte, und erst später wurde daraus ein Sakrament gemacht.

Ich denke, Karl war sich der späteren Tragweite seiner Kaiserkrönung anfänglich gar nicht bewußt - er empfand sie wohl als Geste durch den Papst

Vielleicht war all dies der Grund, warum sich Napoleon die Kaiserkrone nicht vom Papst aufsetzen ließ, sondern sich die Kaiserkrone selbst aufsetzte
Zitieren
#7
(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Das Wort "Kuhhandel" dürfte in einem theologischen Disput unangebracht sein, ich favorisiere in diesem Zusammenhang eher den Begriff "Modus Vivendi"

Das war kein theologischer Disput in dem Fall, hier ging es dem Papst um die Machtfrage, und dabei schreckte er, wie es aussieht, auch vor Betrug nicht zurueck. "Kuhhandel" ist da noch ein milder Ausdruck. Dass eine Allianz mit den Franken fuer das Papsttum damals ueberlebenswichtig war, ist aber sicherlich richtig. In der Politik gehoert so etwas ja auch eher zum Alltag, so dass ich meine Feststellung nicht als moralische Empoerung missverstanden wissen moechte.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Das Schlagwort der "Abspaltung der Katholischen Kirche" ist einseitig die Sicht der Ostkirche vor 1000 Jahren
Hier hat die Katholische Kirche und die Ostkirche naturgemäß divergierende Ansichten - und ich finde es müßig, für eine der beiden Ansichten Partei zu ergreifen

Ich habe lediglich festgestellt, dass die Position der Ostkirche objektiv richtig ist. Die Westkirche fuehrte theologische Neuerungen ein, die zur Spaltung fuehrten. Dass die RKK kein Interesse daran hat, das zuzugeben, ist klar. Das ist aufgrund der heutigen Kraefteverhaeltnisse auch nicht zu erwarten. Daneben halte ich natuerlich rein praktische Gruende fuer die Spaltung als massgeblich (der Kaiser in Konstantinopel konnte keine Schutzwirkung mehr erfuellen), aber das spielt ja in der theologischen Auseinandersetzung keine Rolle.

Diese Feststellung soll die Ostkirche nicht irgendwie ueberhoehen. Die hatte ihre eigenen Probleme, die sie auf lange Sicht als Universalkirche ungeeignet machten. Die Nachwirkungen sieht man heute noch, denn die Orthodoxe Kirche hat durch ihre Bindung an Nationalismen praktisch keinerlei Aussenwirkung.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Daß die Krönung Karls des Großen zum Kaiser durch den Papst von Rom der Ostkirche nicht gefiel, ist verständlich, war aber notwendig - da im Westen bereits der Islam anklopfte.

Einen Verbuendeten brauchte der Papst schon, aber Dein Thread hier geht ja, wie von Dir erklaert, darum, wie sich die Paepste in diese Machtposition manoevrierten. Und das wurde halt mittels Urkundenfaelschung und einiger geschickter Schachzuege seitens der Paepste eingefaedelt. Die Salbung Pippins z.B. wird von Historikern heute durchaus zwiespaeltig beurteilt. Sehen wir mal von den Historikern ab, die die ganze Geschichte fuer eine Faelschung halten, so scheint nach Ansicht anderer Historiker zumindest klar zu sein, dass die Franken die Tragweite dieses Aktes vollkommen anders einschaetzten, naemlich als schlichte Geste der Wertschaetzung. Dass Karl der Grosse ein paepstliches Primat anerkennen wollte, ist wohl auch unwahrscheinlich. Aus seiner Sicht war der Papst in einer auesserst schwachen Position und leistete eine Ehrbezeugung.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Eine Kaiserkrönung Karls des Großen durch Geistliche der Ostkirche war schon rein technisch nicht möglich, da es im Frankenreich nur römische Kirchen gab und keine byzantinische Mission. Ritter und Bauern der Franken waren Katholiken.

Das ist eine unhistorische Betrachtungsweise. Erstens trennten sich die Kirchen erst mehr als 250 Jahre spaeter. Zweitens fand die Kaiserkroenung in Rom statt, nicht in fraenkischen Gebieten (auch der Rest des langobardischen Italiens war gerade mal erobert worden). Drittens war Sueditalien bis ins 11 Jhdt. zu grossen Teilen griechischsprachig und folgte dem byzantinischen Ritus, wie wir von Leo IX. wissen, der Sueditalien nur helfen wollte, wenn es zum lateinischen Ritus wechseln wuerde, was mit ein Grund fuer das Schisma war. "Technisch" bestanden also keine Hindernisse; mal abgesehen davon, dass "technisch" aus Sicht des Ostens die Kaiserposition besetzt war.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Dazu kommt noch der Umstand, daß es im Byzantinischen Reich die Kaiserin Irene gab, die mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen hatte. Vgl. Karl der Große - Wikipedia
Nachträglich billigte dann der spätere byzantinische Kaiser Karl dem Großen die Kaiserwürde zu "Innenpolitisch bedeutend war, dass Michael 812 Karl dem Großen den Kaisertitel zubilligte." Michael I. (Byzanz) - Wikipedia

Ein unvererbbarer Kaisertitel uebrigens. Richtig ist, dass eine Frau auf dem Kaiserthron nach westlichem Recht ein legales Schlupfloch bot.

(06-12-2018, 12:04)Sinai schrieb: Ich denke, Karl war sich der späteren Tragweite seiner Kaiserkrönung anfänglich gar nicht bewußt - er empfand sie wohl als Geste durch den Papst

Vielleicht war all dies der Grund, warum sich Napoleon die Kaiserkrone nicht vom Papst aufsetzen ließ, sondern sich die Kaiserkrone selbst aufsetzte

Sicher. Karl war sich sicherlich der Bedeutung des Kaisertitels und des damit verbundenen Prestiges bewusst; dass der Akt der Kroenung dem Papst irgendwelche Rechte einraeumen wuerde, kam ihm andererseits wohl erst gar nicht in den Sinn. Das ist wohl erst eine spaeter gesponnene Interpretation, die aber zu Napoleons Zeiten laengst jedermann bewusst war.


Edit: Dieser Thread braucht einen besseren Titel und gehoert in ein anderes Forum. Da das Dein Thread ist, bitte ich um einen Titelvorschlag.
Zitieren
#8
Richtig!

Auch mir stellt sich die Frage, was hier das Thema sein soll?

(04-12-2018, 21:54)Sinai schrieb:
(04-12-2018, 15:51)Ulan schrieb: Was ist denn jetzt hier wirklich das Thema?

Da es sich um eine mehrdimensionale Problematik handelt, dürfte es sich um ein untrennbares Bündel von drei Themen handeln:

1.) Streit des alten deutschen (mündlichen) Stammesrechts, wie es dann später im Sachsenspiegel niedergeschrieben wurde mit dem theologisch-biblischen Recht (daß Gott dem Papst beide Schwerter gegeben hat, welcher dann wiederum das weltliche an den Kaiser weitergab), das dann im Schwabenspiegel seinen staatsrechtlichen Niederschlag fand.

2.) Militärische Handlungen der Papstpartei gegen die Könige (allgemein)
Investiturstreit und Canossagang 1077, Bannung des Staufers 1238, Gegenpäpste von Avignon 1309 - 1377

3.) Höhepunkt dieser militärischen Handlungen der Papstpartei durch die spanische Armada 1588


Unter dem Thema "Die Armada vor England" einen Bogen von rechtsquellentheoretischen Überlegungen über die in Avignon residierenden Päpste hin zum Konflikt zwischen Spanien und England zu spannen, ist ein reichlich sinnfreies Unterfangen.

Zum Punkt 3.:

Die versuchte Invasion der Spanier in England war kein Unternehmen "einer Papstpartei", sondern hatte ökonomische und weltpolitische Gründe. 

Der Grund für handfeste Aktionen der Spanier war, dass ihnen englische Kaperfahrer einen guten Teil des Goldes, das sie in Amerika gestohlen hatten, abnahmen und dass ihnen ohne das Gold die Pleite drohte.

Religiös-weltanschauliche Differenzen waren ein gutes Argument, bei den Päpsten Unterstützung für Aktionen gegen England und Elisabeth zu suchen und zu finden. Von Attentatsversuchen gegen die Königin bis hin zum Invasionsplan und dem am 29.7.1587 zwischen Philipp II. und Papst Sixtus V. abgeschlossenen Vertrag über Einrichtung und Verwaltung eines künftig katholischen Englands. Am Unternehmen wollte sich der Papst auch finanziell beteiligen, allerdings erst nach erfolgter Invasion.

Das Thema ist ausreichend ergiebig. Es ist nicht nötig, da auch noch die "germanische Rechtskultur" zu bemühen. Vor allem deshalb, weil diese mit der Sache aber schon gar nichts zu tun hat.
MfG B.
Zitieren
#9
(06-12-2018, 14:16)Ulan schrieb: Edit: Dieser Thread braucht einen besseren Titel und gehoert in ein anderes Forum. Da das Dein Thread ist, bitte ich um einen Titelvorschlag.


Ja, Du dürftest Recht haben. Der derzeitige Titel "Die Armada vor England" ist wohl allzu eng / speziell
zumal das Problem des Machtkampfes zwischen König und Papst schon weit älter war

Vielleicht wäre ein Titel "König contra Papst" sinnvoll ?
Zitieren
#10
(06-12-2018, 18:28)Bion schrieb: Das Thema ist ausreichend ergiebig. Es ist nicht nötig, da auch noch die "germanische Rechtskultur" zu bemühen. Vor allem deshalb, weil diese mit der Sache aber schon gar nichts zu tun hat.


Ich hatte hier etwas gefunden, das in der Frage der Zweischwerterlehre zum alten Deutschen Recht Bezug nahm: lexexakt.de Zweischwerterlehre

Hier wird deutlich zwischen Sachsenspiegel und Schwabenspiegel unterschieden

Das sind uralte "Stammesrechte" (mündlich tradiert), die dann später verschriftet wurden
Zitieren
#11
Oder einfach beim selbstgewählten Thema bleiben.

Ulans Anregung aufgreifend könntest du ja mit der "Schenkung" Alexanders VI. (Bulle "Inter cetera" v. 4.5.1493, der sogenannten Konzessionsbulle), einer beispiellosen Anmaßung, beginnen und mit dem Staatsbankrott Spaniens 1596 enden. Die Zeit dazwischen ließe sich durchaus mit dem Thementitel in Einklang bringen.

Germanisches Stammesrecht, Päpste in Avignon etc. ist hingegen eine Themenverfehlung.

Was hindert dich, zu diesen Fragen ein Thema zu eröffnen, wenn du meinst, was erörtern zu müssen?

Auch ein Thema "König contra Papst" könnte interessant sein. Es sollte allerdings eingegrenzt werden, welcher König und welcher Papst das Thema sein soll. In diesem Zusammenhang die Avignon-Zeit zu thematisieren, wäre beispielsweise eine Möglichkeit. Es gab ja durchaus Zeiten, in denen der französische König den Papst als besseren Hauskaplan ansah.

Dann wiederum müsste man "die Armada vor England" außen vor lassen.
MfG B.
Zitieren
#12
Es ist vielleicht wirklich sinnvoll, das Thema nicht zu wechseln.
Andere Zusatzfragen können ja in eigenen Threads diskutert werden

Ein interessantes Detail zur Armada:
Die Armada war offenbar deshalb so groß und mächtig geworden, weil Portugal zu Spanien kam
"Zudem wurde die spanische Kriegsflotte durch die Eroberung und Angliederung Portugals im Jahre 1580 vergrößert."
Spanische Armada - Wikipedia
3.1 Ausgangssituation und Spionage

Während das Hauptinteresse Spaniens das Mittelmeerbecken war, und die spanische Kriegsflotte daher für das liebliche Mittelmeer konzipiert war (Rudergaleeren und Segelschiffe wo die schwere Hauptartillerie in der untersten Reihe lag), war die portugiesische Kriegsflotte atlantiktauglich.

Klar hatte Spanien auch eine Atlantikküste im Nordwesten, das ist mir nicht entgangen, aber der Typus des spanischen Kriegsschiffes war ein Mittelmeerschiff - mit wenig Tauglichkeit für die Seekriegsführung im Atlantik.
Der Atlantik hat einen ganz anderen Charakter als das Mittelmeer. Die rauhe See des Atlantiks mit seinen meterhohen Wellen war Gift für Rudergaleeren, und die bei den gewaltigen Segelschiffen in der untersten Reihe angeordnete schwere Hauptartillerie konnte bei schwerem Seegang nicht feuern, da die unteren Luken nicht geöffnet werden konnten.

Die in die Armada aufgenommene portugiesische Atlantikflotte war für Spanien eine enorme Kampfwertsteigerung !
Dies könnte auch der Grund gewesen sein, den Seekrieg mit England in Erwägung zu ziehen

Portugal hatte nie eine aggressive Flottenpolitik im MM durchgeführt - es war von Haus aus eine reine Atlantikmacht mit atlantiktauglichen Schiffen

Die Eingliederung der portugiesiechen Kriegsflotte in die spanische Kriegsflotte war nicht so sehr eine Erhöhung der Zahl der Schiffe, sondern vor allem eine qualitative Verbesserung !

Wenn man das schätzen will, kann man bei den Kriegsschiffen vielleicht von folgendem Kräfteverhältnis ausgehen:

Spanien vor 1580
atlantiktaugliche Schiffe 10 % - nur mittelmeertaugliche Schiffe 90 %

Portugal vor 1580
atlantiktaugliche Schiffe 95 % - nur mittelmeertaugliche Schiffe 5 %

In der Seeschlacht von Lepanto 1571 war die mächtige spanische Mittelmeerflotte mit ihren Rudergaleeren und ihren klassischen Segelschiffen mit der schweren Hauptartillerie in der untersten Reihe noch sehr erfolgreich.

Im Atlantik herrschen jedoch andere Gesetze. Da war die schwere Schiffsartillerie bei "schwerer See" nutzlos - und im Atlantik ist schwere See die Regel
Und daß Rudergaleeren mit ihren langen Riemen (Rudern) im Atlantik wertlos sind, hatten schon die alten Römer erkannt

Die Eingliederung der portugiesischen Kriegsmarine hatte die Armada im Seekrieg gegen England vor dem totalen Untergang gerettet

Allerdings ist zu sagen, daß der Kommandant der Armada Entscheidungen unter Unsicherheit treffen mußte - wohl wie in jedem Krieg

Niemand konnte eindeutig sagen, welche Schiffe nun "atlantiktauglich" sind . . .

Denn es konnte ja niemand wissen, ob bei der geplanten Seeschlacht gegen England hohe Wellen sein werden oder nicht.

Bei einer Flaute hätten die spanischen Rudergaleeren den Engländern stark zugesetzt
und die spanischen Segelschiffe hätten die unten positionierten schweren Kanonen voll ins Spiel bringen können

Mancher fragt sich, warum denn die schweren Kanonen unten positioniert waren - wo der Wellengang oft das öffnen der Luken verbot

Die Antwort dürfte die sein, daß dies aus Gründen des Schwerpunkts so war.

Exkurs:
Die Schweden hatten 1628 das am stärksten bewaffnete Kriegsschiff seiner Zeit gebaut - die Wasa
Vgl. Vasa (Schiff) - Wikipedia
Dieses Schiff hatte den unschätzbaren Vorteil, daß auch oben schwere Kanonen angeordnet waren - das Schiff
kenterte und sank aber bereits bei der Jungfernfahrt nach nur etwa 1300 Metern Fahrtstrecke bei normalem Seegang wegen schwerwiegender konstruktiver Instabilität.

Schiffskonstrukteure mußten damals immer einen gesunden Kompromiß zwischen Waffenwirkung und Stabilität suchen

Die spanischen Segelschiffe waren für Gefechte im rauhen Atlantik wenig geeignet (außer bei seltenem Schönwetter) und die Rudergaleeren der Spanier waren meist noch weniger tauglich

Portugiesen und Engländer hatten offenbar die besseren Konstruktionen

Zur Englischen Flotte 1588 ist zu sagen:
Die Engländer benutzten gerne Feldschlangen auf den Kriegsschiffen
Das waren leichte, relativ kleinkalibrige 12-pfündige Kanonen des Landheers, die man auch auf Deck aufstellen konnte ohne die Stabilität des Schiffes zu gefährden. Da sie oben waren, konnten sie bei jedem Seegang feuern !
Außerdem waren sie langläufig (im Verhältnis zum Kaliber) und konnten daher weit feuern. Die Wirkung war zwar gering, aber weit besser als die schwere spanische Schiffsartillerie, die zwar vernichtende, aber nicht weit reichende schwere 24-pfündige Kugeln verschoß und die bei schwerem Seegang nicht feuern konnte
Zitieren
#13
Jetzt sind wir auf Militaertechnik umgeschwenkt? Der Leiter des Unternehmens auf spanischer Seite hatte keine Ahnung vom Seekrieg, sagte das dem Koenig mehrfach vor dem Unternehmen und bat deshalb mehrfach um seine Abloesung. Der Koenig lehnte ab; wobei man dem Koenig zugutehalten muss, dass er die Verantwortung fuer diese Fehlentscheidung hinterher implizit uebernahm, da es keinerlei Bestrafungen gab. Die Hochseeflotte der Spanier hatte nur Schiffe mit hohem Aufbau und starkem Tiefgang, was fuer den Geleitschutz ueber den Atlantik, fuer den sie gebaut waren, zwar funktionierte, in den Flachgewaessern der Nordsee aber nicht. Es machte die Schiffe auch langsam. Den Rest hast Du ja erwaehnt.

Wie auch immer, nach diesem Desaster war die neugebaute Flotte der Spanier staerker und moderner als je zuvor, was aber sehr teuer war und zum von Bion angesprochenen Staatsbankrott Spaniens fuehrte.

(07-12-2018, 10:39)Bion schrieb: Oder einfach beim selbstgewählten Thema bleiben.

Ulans Anregung aufgreifend könntest du ja mit der "Schenkung" Alexanders VI. (Bulle "Inter cetera" v. 4.5.1493, der sogenannten Konzessionsbulle), einer beispiellosen Anmaßung, beginnen und mit dem Staatsbankrott Spaniens 1596 enden. Die Zeit dazwischen ließe sich durchaus mit dem Thementitel in Einklang bringen.

Diesen Aspekt finde ich viel interessanter und hat auch eher mit dem zu Beginn angerissenen Thema zu tun. Diese paepstlichen Bullen waren zwar tatsaechlich sehr anmassend und uebereigneten fast das ganze, noch unentdeckte Amerika an Spanien, aber sie zeigen auch auf, wie gering die eigentliche Macht der Paepste zu der Zeit war. Spanien und Portugal hatten zwar die Angewohnheit, internationale Vertraege vom Papst absegnen zu lassen, aber auch das wurde zum Auslaufmodell. Der Papst machte hier nur mit, weil es ihm fuer seine eigenen militaerischen Abenteuer in den Kram passte. Als italienischer Territorialfuerst der Renaissancezeit war er in dauernden Kriegen mit seinen Nachbarn eingebunden, und zu dem Zeitpunkt hatte er einen mit Neapel angezettelt, weil seine ganze Politik eigentlich nur darauf ausgerichtet war, seine Kinder mit Pfruenden und Herrschaften zu versorgen, und jetzt hatte er fuer einen Sohn eine Herrschaft in Spanien auserkoren, wobei er den urspruenglichen Titelinhaber mit neapolitanischem Gebiet entschaedigen wollte. Jeder neue Papst der Zeit musste einen Grossteil der Kardinaele des Vorgaengers beseitigen oder ausbooten, um die Nachfolge zu sichern, und brauchte Herrschaften fuer die eigene Familie, um die enormen Bestechungssummen zu stemmen, die mit dem Kauf aller kirchlichen Aemter verbunden waren. In diesem Fall versprach der Papst sich militaerische Hilfe von den Spaniern, wenn er ihnen ein paar Gefaelligkeits-Bullen schrieb. Seine Hilfe war normalerweise teuer, aber hier hoffte er auf Unterstuetzung, und die Bullen wurden so quasi von den Verhandlungsparteien selbst formuliert, was zu den mehrfachen Aenderungen fuehrte.

Die Spanier selbst hatten dazu auch ein zwiespaeltiges Verhaeltnis. Sie verlasen zwar, um Formalitaeten zu entsprechen, ein paepstliches Dekret an die "Indianer"staemme, bevor sie diese abschlachteten, aber wenn ihnen paepstliche Dekrete nicht in den Kram passten, ignorierten sie sie. Die paepstliche Bulle "inter caetera" war ebenfalls schon ein Jahr spaeter in Teilen obsolet. Die Portugiesen waren mit dem Text der Bulle nicht zufrieden und forderten Nachverhandlungen. Der Vertrag von Tordesillas, der die paepstlich festgelegte Grenze verschob, wurde weder unter paepstlicher Beteiligung ausgehandelt, noch wurde seine Zustimmung eingeholt. Und dies waren die beiden einzigen Nationen, die die Bulle ueberhaupt beachteten. Die Englaender verfolgten ihre eigenen Interessen in der Karibik, und ihre Ueberfaelle auf spanische Besitzungen und Flotten fuehrten zur Entsendung der spanischen Armada nach England.

Man sieht uebrigens auch, dass die Paepste der Zeit sich wohl ueberlegten, ob sie es riskieren konnten, mit Bannbullen um sich zu werfen. Wenn Alexander das gegen Spanien oder Frankreich gewagt haette, waere sein baldiges Ableben sicher gewesen.
Zitieren
#14
"Die Welt außerhalb Europas hatte Papst Alexander VI. 1493 mit einer päpstlichen Bulle in zwei katholische Hälften geteilt. Der westliche Teil sollte Spanien, der östliche Portugal gehören.
( . . . )

1580 starb das portugiesische Königshaus aus und Portugal fiel an Spanien"
Spanische Armada - Wikipedia

Damit fiel Spanien auch der portugiesische Bereich zu - sowie die portugiesische Kriegsflotte die nicht durch nicht hochseetaugliche Rudergaleeren aufgehalten wurde

Spanien war nach 1580 sehr mächtig geworden - es war die stärkste Weltmacht

Es ist müßig, nach nichtreligiösen Kriterien diskutieren zu wollen, "wem die Welt gehört"

Bis Lepanto 1571 glaubten das die Türken, dann hatten die Spanier die Herrschaft im Mittelmeer - und seit 1580 auch im Atlantik, nach 1588 griffen die Engländer nach der Weltherrschaft
Bereits 1600 wurde die Britische Ostindien-Kompanie gegründet (eine Aktiengesellschaft), der Imperialismus begann

Der fast völlige Untergang der Armada vor England hatte eine neue Periode der Weltgeschichte eingeläutet
Zitieren
#15
(08-12-2018, 12:23)Sinai schrieb: Es ist müßig, nach nichtreligiösen Kriterien diskutieren zu wollen, "wem die Welt gehört"

Die nichtrelgioesen Kriterien waren immer die entscheidenden. Die paepstlichen Entscheidungen interessierten zumindest zu der Zeit niemanden mehr.

(08-12-2018, 12:23)Sinai schrieb: Der fast völlige Untergang der Armada vor England hatte eine neue Periode der Weltgeschichte eingeläutet

Das ist zwar eine gerne so dargestellte Schlussfolgerung, beruht aber eher darauf, dass die damit verbundenen Geschichten so schoen sind und nicht auf Fakten. Die spanische Flotte, die auf diese Armada folgte, war weitaus moderner und viel maechtiger als es die Armada je war. Auch blieb England fuer die naechste Zeit relativ machtlos und verlor die darauf folgenden Seeschlachten. England gewann damals einen Propagandasieg, aber die spanische Vormacht war erst einmal nicht gebrochen.

Der Verlust der spanischen Seemacht geschah erst 1607 durch die Niederlaender, als zwei Drittel der spanischen Kriegsflotte vernichtet wurde, und die Gewinner waren zunaechst die Niederlande. Es waren auch die Niederlande, die zunaechst die Herrschaft auf See errangen und einen guten Teil des portugiesischen Kolonialbesitzes eroberten. Die Englaender, die zwischenzeitlich mit sich selbst beschaeftig waren, gewannen die Vorherrschaft dann in ihren verschiedenen Seekriegen gegen die Niederlande.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste