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... Aber ich sage Ihnen ... das Evangelium der Gegensätze und Kontrapunkte
#61
Es geht hier darum, ob die Botschaft des Christus die Gebote der christlicherseits "Altes Testament" genannten Schrift außer Kraft setzt, ja ihnen widerspricht. Dabei ist es irrelevant, ob man ausschließen kann, dass der historische Jesus selbst eine "schriftliche Quelle" gewesen ist. Das kannst du glauben oder auch nicht. Gleichwohl kann Jesus den alten Regeln widersprochen haben - schriftlich oder per Predigt.

In meinem Post weiter oben (von heute) hatte ich darauf hinzuweisen versucht, dass sich der Prediger Jesus nach den Glaubensaussagen seiner Nachfolger nur gegen den Legalismus gewandt hat. Oder anders ausgedrückt: Er hat versucht, den Sinn der Gesetze zu ergründen und zu erläutern. Hierfür ist es wichtig, den üblichen "jüdischen Diskurs" im Hinterkopf zu behalten. Motto: "Einerseits gilt die Regel, andererseits sollst du ...(Leben erhalten, dich nicht rächen usw.)". Der Zuhörer soll dabei das jeweils "höhere Rechtsgut" erkennen.

Im Übrigen verweise ich auf die Beiträge von Ulan, die zeigen, dass Jesu Botschaften bereits im AT vorgegeben sind. Sie sind weder von Jesus noch von seinen Nachfolgern "erfunden" worden.

@Sinai: Ich wäre als Teilnehmer dankbar dafür, wenn Diskussionen nicht mit thematisch belanglosen Neben-Thesen verwässert würden (ggf. neuen Thread aufmachen) Icon_exclaim
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#62
(17-12-2018, 00:43)Ekkard schrieb: In meinem Post weiter oben (von heute) hatte ich darauf hinzuweisen versucht, dass sich der Prediger Jesus nach den Glaubensaussagen seiner Nachfolger nur gegen den Legalismus gewandt hat. Oder anders ausgedrückt: Er hat versucht, den Sinn der Gesetze zu ergründen und zu erläutern. Hierfür ist es wichtig, den üblichen "jüdischen Diskurs" im Hinterkopf zu behalten. Motto: "Einerseits gilt die Regel, andererseits sollst du ...(Leben erhalten, dich nicht rächen usw.)". Der Zuhörer soll dabei das jeweils "höhere Rechtsgut" erkennen.

Im Übrigen verweise ich auf die Beiträge von Ulan, die zeigen, dass Jesu Botschaften bereits im AT vorgegeben sind. Sie sind weder von Jesus noch von seinen Nachfolgern "erfunden" worden.


Zu diesem Spannungsverhältnis der Lehre Jesu zum Gesetz fand ich eine fachliche Stellungnahme
Jesus von Nazaret :: bibelwissenschaft.de
Passion und Verkündigung

" . . . führte dazu, dass er die kultische Tora, vor allem die Reinheitsgebote, relativiert hat. Diese Gebote standen dem Heilswillen Gottes, der gerade den Verlorenen gilt, entgegen."

Diese Aussage des wissenschaftlichen Bibelportals der Deutschen Bibelgesellschaft ist sehr interessant, steht aber im Gegensatz zu folgendem von Ulan zitierten Jesuswort:

(16-12-2018, 20:09)Ulan schrieb: "17 Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen. 18 Denn ich sage euch wahrlich: Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz, bis daß es alles geschehe.  19 Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute also, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich."

"wird nicht zergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüttel vom Gesetz" ist ein klares Wort

Die Aussage "wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich" wohl ebenso

Somit kann man sagen, daß sich Jesus voll an das Gesetz hielt. Ist ja auch klar. Er wollte das Gesetz seines Vaters nicht außer Kraft setzen, auch nicht ein "Tüttel" davon.

Offenbar hat Jesus aber die mündliche Tradition der Pharisäer abgelehnt. Man muß wissen, daß die 613 Gesetze der Thora sehr allgemein gehalten sind, und so sehr schwierig anzuwenden sind. Der Interpretationsspielraum ist oft sehr groß. Die "Tradition" der Pharisäer konkretisierte die Regeln der Thora

@ oswaldo_8553 Es wäre interessant, wenn Du Beispiele nennen könntest, welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach

(06-12-2018, 02:36)oswaldo_8553 schrieb: Die körperliche Beschneidung der Vorhaut der alttestamentlichen Männer wird verworfen, weil die Beschneidung des Herzens des Neuen Testaments viel bedeutender ist (Römer 2:29).

Das Tieropfer des Alten Testaments wird abgelehnt, weil das einzigartige und wirksame Opfer Jesu Christi im Neuen Testament ausreicht, um für alle und jede Sünde zu sühnen (Hebräer 10: 4).

Die wörtliche Beachtung des Sabbats (Ruhe) des Alten Testaments wird verworfen, weil die wahre Ruhe der Seelen, die Jesus im Neuen Testament gibt, viel wichtiger ist (Matthäus 11,28).

Und so weiter.


Der Brief an die Römer und der Brief an die Hebräer wurde nicht von Jesus geschrieben, sondern von Paulus. Die berühmten Paulinischen Briefe. Die Abschaffung der Beschneidung für Christen geschah nach der Kreuzigung und Auferstehung Jesu, um die Heidenmission zu erleichtern.

Matthäus 11:28 "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen" ist keine Verwerfung des Sabbats

---

Daß die Jünger Jesu sich vor dem essen nicht die Hände nach Art der pharisäischen Tradition wuschen, ist kein Verstoß Jesu gegen die Thora
Daß Jesus als unbeteiligter Nicht Richter eine Ehebrecherin nicht zum Tode verurteilte, ist uninteressant
Daß Jesus einen Zöllner besuchte, war unüblich, war aber durch die Thora nicht verboten
#63
(17-12-2018, 12:09)Sinai schrieb: @ oswaldo_8553 Es wäre interessant, wenn Du Beispiele nennen könntest, welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach

Die Gezetze der Thora, die Jesus nicht gebrochen hat, sind diejenigen, die in einem Ethik-Kodex einer zivilisierten Nation enthalten sind.

Nicht zu töten, nicht zu stehlen, nicht zu verfälschen, kein falsches Zeugnis zu geben und Eltern zu ehren, sind Regeln, die in jeder Religion zu finden sind, wie liberal es auch sein mag. Diese Gebote unterscheiden keine Religion, die die Moral und den Charakter einer Person wertschätzt.

Die Gebote Jesu wiederum zielen darauf ab, die Intimität der Menschen, dh ihrer Herzen, zu erreichen. 

Es ist sehr leicht, den Sabbat einzuhalten, nicht zu töten, zu stehlen und andere Dinge zu tun, die die meisten zivilisierten Menschen tun. Das Schwierige ist, etwas zu praktizieren, das über diese äußeren Dinge hinausgeht, die Jesus uns gelehrt hat.
#64
(17-12-2018, 00:43)Ekkard schrieb: Im Übrigen verweise ich auf die Beiträge von Ulan, die zeigen, dass Jesu Botschaften bereits im AT vorgegeben sind. Sie sind weder von Jesus noch von seinen Nachfolgern "erfunden" worden.
Eine der Anschuldigungen gegen Jesus ist in Matthaeus 11:19 ... Menschensohn gekommen, isst und trinkt wie jeder andere, und jetzt heißt es: Er frisst und säuft, und seine Freunde sind die Zolleinnehmer und Sünder!


Die andere Anschuldigungen gegen Jesus sind in Johannes 5:18 ... Jesus hatte nicht nur ihre Sabbatvorschriften missachtet, sondern sogar Gott seinen Vater genannt und sich dadurch Gott gleichgestellt.

Alle diese Anschuldigungen sind keine Lügen. Sie sind vielmehr wahr und übersetzen den großen Unterschied im Zusammenhang mit dem, was Jesus predigte, im Gegensatz / Kontrapunkte zu dem, was die Juden aus den Lehren des Alten Testaments gelernt hatten.
#65
(17-12-2018, 15:43)oswaldo_8553 schrieb:
(17-12-2018, 12:09)Sinai schrieb: @ oswaldo_8553 Es wäre interessant, wenn Du Beispiele nennen könntest, welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach

Die Gezetze der Thora, die Jesus nicht gebrochen hat, sind diejenigen, die in einem Ethik-Kodex einer zivilisierten Nation enthalten sind.


Ich habe Dich nicht gefragt, welche Gesetze der Thora Jesus nicht gebrochen hat, sondern welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach
#66
(17-12-2018, 19:36)Sinai schrieb: Ich habe Dich nicht gefragt, welche Gesetze der Thora Jesus nicht gebrochen hat, sondern welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach


Alle Kontrapunkte, die ich seit meinem ersten Posten zitiert habe, sind Brüche aus den Vorschriften der Torah, in denen Jesus erwähnte, was das Gesetz befahl, und dann sagte er: ... "Aber ich sage Ihnen“.


Jesus brach nicht nur die Regeln und Gesetze der Tora, sondern brach die Strukturen und Grundlagen des Alten Testaments.

Indem er Frauen, Ausländer, Ehebrecher und Personen mit angeborenen Defekten nicht diskriminierte, durchbrach Jesus alle Paradigmen jüdischer Religiosität, was so einnehmend war mit den scheinheiligen Pharisäern, Sadduzäern, Herodianern und soweiter.
#67
(17-12-2018, 21:34)oswaldo_8553 schrieb:
(17-12-2018, 19:36)Sinai schrieb: Ich habe Dich nicht gefragt, welche Gesetze der Thora Jesus nicht gebrochen hat, sondern welche Gesetze der Thora Jesus nach Deiner Meinung brach


Alle Kontrapunkte, die ich seit meinem ersten Posten zitiert habe, sind Brüche aus den Vorschriften der Torah, in denen Jesus erwähnte, was das Gesetz befahl, und dann sagte er: ... "Aber ich sage Ihnen“.


Das waren allesamt untaugliche Beispiele.
Daß Jesus den jüdischen Zöllner in seinem Haus besuchte, war zwar verpönt aber kein Verstoß gegen die Thora

In Beitrag #1 schreibst Du:
(05-12-2018, 19:54)oswaldo_8553 schrieb: Jesus hat die Logik des unerbittlichen Gesetzes des Alten Testaments gebrochen.

Dem kann ich nicht zustimmen, weil laut Matthäus 5:22 sagte Jesus:
"Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein."

. . . soll dem Gericht verfallen, dem Spruch des Hohen Rates verfallen, dem Feuer der Hölle verfallen . . .
Das ist ein unerbittlicher Wortschatz

Was sagst Du zu diesen Jesusworten:
Jesus verglich laut Matthäus 15:26 junge Kanaanäer mit Hunden

Erst viel später, im Jahre 48 gingen die Apostel dann zur Heidenmission über (Apostelkonzil)

Man muß sich von allen Hollywood Filmen lösen und sollte besser im NT selbst nachlesen !
Das Jesusbild aus Hollywood ist sehr trügerisch

Aber du hast recht, wenn du schreibst:
(05-12-2018, 19:54)oswaldo_8553 schrieb: Jesus schloss diejenigen ein, die ausgeschlossen und ohne Hoffnung waren.

Hier überschritt Jesus ungeschriebene Grenzen. Zweifellos!
Dies war zwar kein Verstoß gegen die Normen der Thora, war aber ein Aufruhr gegen das jüdische Establishment

Das war vielleicht so wie die "Langen Haare" im Jahre 1968. Kein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch, aber eine offene Provokation

---

Allerdings ist anzumerken, daß Jesus nicht "die Zöllner" pauschal einschloß, sondern nur ausnahmsweise den reuigen Zöllner Zachäus
Jesus fraternisierte sich nicht wahllos mit Halunken, sondern nur mir reuigen Halunken

Was an Zöllnern schlecht gewesen sein soll, wäre auch zu hinterfragen. Das Römische Reich bot Sicherheit und Schutz vor feindlichen Völkern und Räubersippen und baute dazu Straßen und Kastelle und unterhielt Legionen. Es waren laut Bibel die Juden selbst gewesen, die die Römer ins Land Israel riefen um die Griechen zu verjagen!
Der römische Staat und seine Legionen kostete Geld und natürlich mußten dafür Steuern ("Zölle") eingehoben werden. Ist ja heute auch nicht anders. Wir alle zahlen hohe Steuern für Polizei und Bundeswehr, mehr als den Zehent im Mittelalter
Die Pharisäer verachteten jedoch den römischen Kaiser, weil er heidnischen Göttern opferte. Da sein Gesicht auf den römischen Münzen abgebildet war, noch dazu mit einem Lorbeerkranz am Kopf, galten ihnen diese Münzen als rituell unrein (siehe auch das Bilderverbot) - und ebenso jeder, der beruflich mit diesen Münzen zu tun hatte. Sie verachteten die "Zöllner", weil sie im Dienst des Kaisers waren
Es war nicht die Höhe der Steuern, die die Pharisäer aufbrachte (denn Rom bot dafür eine hervorragende Infrastruktur eines Weltreiches, angefangen bei den Wasserleitungen, Landstraßen und Handelshäfen wie etwa Cäsarea samt Aquädukt) sondern der Umstand, daß die Münzen das Gesicht des Kaisers zeigten.
Hier gibt es die Geschichte wo Jesus den Pharisäern sagt:
So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Matthäus 22:21
Jesus wandte sich gegen die Pharisäer
aber nicht gegen die Thora
#68
In der Umgebung des Alten Testaments herrschte ein Geist: Es war der Geist der Gewalt, der Intoleranz und der religiösen Heuchelei. Die Jünger Jesu waren von diesem Geist erfüllt, wie auch die meisten der Thora praktizierenden Juden. 

Weil sie von den Samaritanern nicht gut angenommen wurden, baten die Jünger um Erlaubnis, Feuer vom Himmel aus anzurufen, um die Samaritaner zu verzehren, genau wie Elia mit den Propheten von Baal gemacht. Jesus aber beschuldigte sie und sprach zu ihnen: Wisset ihr nicht, welches Geistes ihr seid?, wie es in Lukas 9: 54-55 steht.

Der Geist, der über ihnen herrschte, war der, der im Alten Testament herrschte, dh der Geist der Gewalt, der Intoleranz und des Mangels an Erbarmen.
#69
Das mag schon sein. Das Neue Testament hat tatsächlich viele Stellen von Gewaltlosigkeit, Toleranz und Erbarmen

Das wissen wir

Aber es gibt dennoch im Neuen Testament Stellen wo von Gewaltlosigkeit, Toleranz und Erbarmen
keine Spur ist

Jesus sagte laut Matthäus 10:15 "Amen, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie dieser Stadt."

Ein Gleichnis:
Was hat man von einem Mann, der 90 % der Zeit lieb ist und den Bettlern Essen gibt, wenn er am Nachmittag zehn Minuten Amok läuft?
Die wenigen Minuten der Gewalt machen die stundenlange Liebdienerei zunichte

Den Gipfel der neutestamentlichen Gewalt, Intoleranz und Erbarmungslosigkeit finden wir dann in dessen letzten Buche, in der Apokalypse - wo
wörtlich mit der Tötung von 1/3 der Menschheit gedroht wird

Anders gefragt: was habe ich von einem Lehrer, der beispielsweise für einen Zöllner und andere Leute von verachteten Minderheiten Verständnis zeigt, wenn er dann einen Malach entfesselt, mit dem Auftrag einen gigantischen Genozid zu machen ??

Sehr grausig ist folgende Stelle im Neuen Testament:
Markus 13:15
"wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht hinabsteigen und ins Haus gehen, um etwas mitzunehmen;
wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen.
Weh aber den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen.
Betet darum, dass dies alles nicht im Winter eintritt.
Denn jene Tage werden eine Not bringen, wie es noch nie eine gegeben hat, seit Gott die Welt erschuf, und wie es auch keine mehr geben wird.
Und wenn der Herr diese Zeit nicht verkürzen würde, dann würde kein Mensch gerettet; aber um seiner Auserwählten willen hat er diese Zeit verkürzt."


Das soll eine frohe Botschaft sein ?
" . . . eine Not bringen, wie es noch nie eine gegeben hat . . . " - also schlimmer als damals, als brennender Schwefel auf Sodom und Gomorrah fiel? Hört sich nach Atomkrieg an

Zu so was sagt man Drohbotschaft
#70
(17-12-2018, 16:18)oswaldo_8553 schrieb:
(17-12-2018, 00:43)Ekkard schrieb: Im Übrigen verweise ich auf die Beiträge von Ulan, die zeigen, dass Jesu Botschaften bereits im AT vorgegeben sind. Sie sind weder von Jesus noch von seinen Nachfolgern "erfunden" worden.
Eine der Anschuldigungen gegen Jesus ist in Matthaeus 11:19 ... Menschensohn gekommen, isst und trinkt wie jeder andere, und jetzt heißt es: Er frisst und säuft, und seine Freunde sind die Zolleinnehmer und Sünder!


Die andere Anschuldigungen gegen Jesus sind in Johannes 5:18 ... Jesus hatte nicht nur ihre Sabbatvorschriften missachtet, sondern sogar Gott seinen Vater genannt und sich dadurch Gott gleichgestellt.

Alle diese Anschuldigungen sind keine Lügen. Sie sind vielmehr wahr und übersetzen den großen Unterschied im Zusammenhang mit dem, was Jesus predigte, im Gegensatz / Kontrapunkte zu dem, was die Juden aus den Lehren des Alten Testaments gelernt hatten.

An diesem Punkt verrennst Du Dich endgueltig. Schon vorher, als Du mir vorwarfst, mein Hinweis darauf, dass die Grundbotschaft Jesu bereits so im Gesetz steht, hast Du mir vorgeworfen, ich wuerde "die Herrlichkeit und Bedeutung dessen, was die Jünger Jesu, die zuvor der jüdischen Religion treu waren, effektiv verwandelten, ...verringern". Jetzt verteidigst Du irgendwelche Anschuldigungen, denen Jesus und seine Juenger im NT ausgesetzt waren, gegen den Vorwurf, sie seien Luegen. Was soll das alles? Fakten verschwinden nicht einfach, weil Sie anscheinend irgendwelchen tiefen religioesen Ueberzeugungen in Dir widersprechen. Es waere vielleicht gesuender, einfach diese Ueberzeugungen ein wenig an die Fakten anzupassen; Deine grundsaetzlichen Ansichten zur Botschaft des NT sind dadurch naemlich gar nicht beruehrt.

Nochmal:

3 Mose 19 (Luther 1912): "16 Du sollst kein Verleumder sein unter deinem Volk. Du sollst auch nicht stehen wider deines Nächsten Blut; denn ich bin der HERR. 17 Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen, sondern du sollst deinen Nächsten zurechtweisen, auf daß du nicht seineshalben Schuld tragen müssest. 18 Du sollst nicht rachgierig sein noch Zorn halten gegen die Kinder deines Volks. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst; denn ich bin der HERR."

Dies steht so im Gesetz, im 3. Buch Mose. Einer der bedeutendsten Vertreter dieser Interpretationslinie des Gesetzes war Hillel der Aeltere, der Leiter einer der einflussreichsten pharisaeischen Schulen in Jerusalem, der wohl um 9 nach Chr. starb. Er lebte also zur Zeit des Kaisers Augustus und Koenig Herods des Grossen in Jerusalem. Die Mischna berichtet, er sei auch Leiter des Sanhedrin geworden, was aber unklar ist. Der Babylonische Talmud berichtet als eine seiner erinnerten Aussagen: „Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora und alles andere ist nur die Erläuterung; geh und lerne sie.“ Das heisst, hier wird die Naechstenliebe als das Prinzip propagiert, durch das die ganze Tora interpretiert werden soll. Dies entspricht so auch weitgehend der Lehre Jesu.

Nach dem Tod Hillels wurde bei den Pharisaeern die Schule Hillels zurueckgedraengt durch die Schule Schammais. Schammai ist verbunden mit der sehr strikten Auslegung des Gesetzes, und seine Schule kommt dem Bild sehr nahe, wie die Pharisaeer im Neuen Testament geschildert werden. Die Schule Hillels war aber nicht weg, sie hatte nur an Einfluss verloren (auch im NT werden durchaus Fraktionen im Sanhedrin deutlich). Im Vorlauf zum 1. Juedisch-Roemischen Krieg wurden die Auseinandersetzungen der beiden Pharisaeerfraktionen auch blutig gefuehrt. Nach dem verlorenen Krieg kam die Schule Hillels wieder an die Fuehrung, da offensichtlich geworden war, dass die starre Haltung der Schule Schammais Israel ins Verderben gefuehrt hatte.

Ich erzaehle das alles nur, weil diese theologischen Auseinandersetzungen, die im Neuen Testament unter Beteiligung Jesu geschildert werden, zur selben Zeit genau so zwischen verschiedenen pharisaeischen Lagern gefuehrt wurden. Die Schule Hillels verlor die Auseinandersetzung, und viele ihrer Fuehrer wurden ermordet. Jesus als Figur passt hier also relativ genau hinein.

Man sollte sich vom polemischen Ton einiger Evangelien, wo dann pauschal von "den Juden" die Rede ist, nicht taeuschen lassen. So monolithisch war die juedische Haltung gegenueber dem Gesetz nicht.
#71
(18-12-2018, 02:15)Ulan schrieb: Ich erzaehle das alles nur, weil diese theologischen Auseinandersetzungen, die im Neuen Testament unter Beteiligung Jesu geschildert werden, zur selben Zeit genau so zwischen verschiedenen pharisaeischen Lagern gefuehrt wurden. Die Schule Hillels verlor die Auseinandersetzung, und viele ihrer Fuehrer wurden ermordet. Jesus als Figur passt hier also relativ genau hinein.

Ich weiß nicht, wer Hillel war, aber er war sicherlich nicht größer als Johannes der Täufer, denn Jesus sagte in Lukas 7:28 ... Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist keiner größer, als Johannes der Täufer.

Nicht einmal Johannes der Täufer konnte sich mit dem inkarnierten Wort vergleichen, denn er selbst gab zu, dass Jesus wachsen musste und abnehmen würde (Johannes 3:30).

Hillel und seine Arbeit mit Jesus Christus gleichzusetzen, scheint mir den Dienst des Sohnes Gottes unter den Menschen abzulenken.

In der gleichen Weise ist der Versuch, die Gebote des Alten Testaments an die Gebote Jesu anzupassen, wie ein altes Kleidungsstück mit einem Tuch aus neuem Stoff geflickt oder wie neuen Wein in alte Weinschläuche gegossen, wie Jesus in Matthäus 9: 14-17 sagte ... Niemand aber setzt einen Flicken von ungewalktem Tuch auf ein altes Kleid, denn der Flicken reißt von dem Kleid, und der Riß wird schlimmer.  Man füllt auch nicht neuen Wein in alte Schläuche, sonst zerreißen die Schläuche und der Wein wird verschüttet und die Schläuche verderben; sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten.
#72
(18-12-2018, 17:28)oswaldo_8553 schrieb: Ich weiß nicht, wer Hillel war...

Ich habe das wohl gemerkt und deshalb versucht, diesen Missstand zu korrigieren. Icon_cheesygrin

(18-12-2018, 17:28)oswaldo_8553 schrieb: Hillel und seine Arbeit mit Jesus Christus gleichzusetzen, scheint mir den Dienst des Sohnes Gottes unter den Menschen abzulenken.

Ich bin kein Prediger. Daher bin ich der Ansicht, dass ein kleiner Blick auf die Umgebung Jesu nichts schadet. Ich habe Hillel nicht mit Jesus gleichgesetzt. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass das Verhaeltnis Jesu zur Tora dem von Hillel entspricht, was ja das Thema dieses Threads ist. Und Hillel kam halt vor Jesus, starb erst zu Lebzeiten Jesu und hinterliess eine bedeutende pharisaeische Schule, die seine Ansichten weiter vertrat. Und da das Thema dieses Threads die Auslegung der Tora ist, ist irgendeine Meinung, die nicht die juedische Auslegungspraxis der Tora beruecksichtigt, ziemlich irrelevant.

Du kannst natuerlich glauben, was Du willst, aber ein Tunnelblick, der das Umfeld Jesu ausschliesst, entwertet natuerlich zu einem gewissen Grad alle Schluesse, die Du aus Deinem limitierten Material ziehst. Aber sei's drum. Ich denke, wir beide sind hier fertig.
#73
(18-12-2018, 17:28)oswaldo_8553 schrieb: . . . man füllt neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten.


Mir ist jetzt beim lesen ein spontaner Gedanke gekommen:
Ist es auszuschließen, daß der "alte Wein" das traditionelle Judentum ist? Jesus wollte seine neue Lehre nicht ins alte Gefäß des traditionellen Judentums gießen
Ein treffendes Paradigma: das alte Gefäß (alter Weinschlauch) ist zwar sehr kostbar, da er ein wundervolles Biotop ist, aber wenn man da neuen, teilweise unausgegorenen Wein hineingibt, kommt es zu heftigen und unerwünschten Reaktionen. Es beginnen unkontrollierte Gärungen die man nicht im Griff hat, es bildet sich Essig in Spuren, der zwar das Getränk nicht ungenießbar macht, ihm aber den Geschmack deutlich mindert, es bilden sich allerlei unerwünschte Gase die Druck aufbauen und das Gefäß zum Platzen bringen !

(Anm.: daß die Lehre Jesu eine "neue Lehre" war, kann man auch am - späteren - Begriff "Neues Testament" erkennen.)

Könnte Jesus gemeint haben, daß die Neue Lehre nicht aufs traditionelle Judentum (Pharisäer) aufgepfropft werden soll, sondern daß sich diese Neue Lehre eine neue Basis suchen sollte ?

Sogar eine Abkehr von den Jüngern Johannes' des Täufers ist erkennbar.
Johannes der Täufer gilt als letzter Prophet des Alten Testaments

Wer waren aber nun die "neuen Schläuche" ?
Eine schwierige Frage. Die Heiden waren es damals wohl noch nicht. Die Heidenmission kam erst später - nach dem Apostelkonzil
Jesus lehnte noch die Heiden ab. Siehe Matthäus 15:26
Die Samariter würdigte er jedoch mit seinem positiven Gleichnis vom Barmherzigen Samariter
Die Samariter waren zwar keine Heiden, aber halbe. Vom traditionellen Judentum wurden sie jedenfalls nicht als Juden anerkannt - da gab es ein Eheverbot

Das gibt uns aber auch nicht die Antwort auf die Frage wer mit den "neuen Schläuchen" gemeint sein konnte . . .

Aber vielleicht ist das Gleichnis mit den neuen Schläuchen eine versteckte Ankündigung der späteren Heidenmission?

Wenn Jesus nicht der Sohn Gottes war, dann erübrigt sich jede theologische Diskussion.
Wenn Jesus der Sohn Gottes war, dann konnte er in die Zukunft sehen - und wußte, daß seine Apostel später ein Apostelkonzil abhalten werden - mit dem Ergebnis der Heidenmission

Ja, dies wäre eine plausible Erklärung für das Paradigma mit den "neuen Schläuchen"

Das traditionelle Judentum war ein hochkompliziertes Biotop - jeder Handgriff war genau festgelegt, die geringsten Abweichungen in Kultus und Lehre galten als schlimm, es war keinerlei Neuerung möglich

Römer, Kelten und Germanen waren da unkompliziert
#74
(18-12-2018, 20:06)Ulan schrieb: Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass das Verhaeltnis Jesu zur Tora dem von Hillel entspricht


Dem kann ich nicht folgen.
Rabbi Jesus verstieß zwar nicht gegen die Thora, aber er lehrte sie anscheinend (oder scheinbar?) nicht explizit.
Rabbi Hillel jedoch verstieß nicht nur nicht gegen die Thora, sondern er lehrte sie explizit und hartnäckig

Anm.: daß Jesus ein Rabbi war, ergibt sich daraus, daß er gemäß NT von seinen Jüngern als Rabbi angeredet wurde  Icon_smile

Zur obigen Wortspielerei "anscheinend - scheinbar"
Es gibt keinerlei Hinweise im Evangelium, in welcher Intensität Jesus die Thora unterrichtete.
10 % seiner Redezeit? 70 % seiner Redezeit?
Die vier Evangelien sind ja nur winzige Bruchstücke seiner langjährigen Predigten
#75
In den Evangelien wurden wohl nur die spektakulären Predigten (beispielsweise die "Bergpredigt") , spektakulären Gleichnisse und spektakulären Dispute Jesu dokumentiert.
Nur ein kleiner Prozentsatz
Die täglichen Routinepredigten sucht man hier vergeblich


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