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Warum gibt es Leid und das Böse in unserer Welt?
(30-12-2023, 18:11)Gundi schrieb:
(30-12-2023, 17:31)Farius schrieb: Willst Du damit sagen, der Mensch hätte keinen freien Willen und alle Taten seien vorherbestimmt?

Ja, genau. Es gibt keinen Grund, einen freien Willen anzunehmen. Beim Rest der Welt (Physik, Chemie, Biologie) gehen wir ja auch ganz selbstverständlich davon aus, dass jede Folge eine Ursache hat und eine Folge nicht einfach ohne Ursache (quasi aus dem Nichts) entsteht. Warum dann nicht auch beim Menschen und seinem Gehirn (dem Ort, wo Entscheidungen getroffen werden)?
Lieber Gundi,

ohne freien Willen gibt es keine Entscheidungen, kein Denken und kein Fühlen.

Pflanzen und Tiere reagieren auf Gefühle des Menschen. Wenn diese gut sind gedeihen sie prächtig, andernfalls serbeln sie ab.
Pierre Teilhard de Chardin attestierte auch den Mineralien ein Bewusstsein - somit hätten auch sie eigene Entscheidungsfreiheit, allerdings in einer Grössenordnung, die für uns noch lange nicht messbar sein wird.

Was den Menschen betrifft, so bin ich durchaus der Ansicht, dass er sich selbst entscheiden kann, etwas zu tun oder es zu lassen. Ein absolut prädestiniertes Menschenleben wäre völlig zweck- und sinnlos.



Natürlich ist das gegenwärtige Erdenleben die Folge des vorherigen Lebens und dieses Erdenleben definiert dann, was im nächsten noch zu erledigen sein wird. Bis alles abgearbeitet ist.
(30-12-2023, 18:19)Gundi schrieb:
(30-12-2023, 17:50)Farius schrieb: Jedes gefallene Wesen kann dank der Erlösung wieder zurück an den ursprünglichen Platz - vorausgesetzt die in der Zwischenz eit angeeigneten Untugenden werden erst wieder abgelegt.

Denkst du denn man ist frei, wenn bei Nichtgefallen einer Entscheidung Strafen durch jemand anderen drohen (bei Gott dann wohl, dass er einen nicht zurück an den "ursprünglichen Platz" holt)?
Stell dir ein Land vor, in welchem Menschen von der Justiz bestraft werden wenn sie nicht an Gott glauben. Deiner Logik folgend, wären diese Menschen dennoch frei. Müssen dann halt nur mit den Konsequenzen leben.
Gemeinhin würden wir aber sagen, dass diese Menschen in ihrer weltanschaulichen Freiheit eingeschränkt sind. Weil Freiheit unter Androhung von Strafe nun mal keine wirkliche Freiheit ist.
Wenn Gott uns also Freiheit (den freien Willen) gibt und uns dann aber bestraft, wenn wir diesen nicht in seinem Sinne nutzen, dann ist das keine Freiheit.

Lieber Gundi,

Freiheit heisst natürlich nicht, dass jeder machen kann, was ihm gerade einfällt. Wenn es nicht erlaubt ist, wahllos Menschen zu erschiessen, dann kann man nicht sagen, es herrsche Unfreiheit.

Die Katholiken Südamerikas, die vor langer Zeit von den Spaniern mit dem Schwert zu glauben gezwungen wurden, haben alle neben dem Altar mit der Maria noch den Altar mit Macumba. Aus ihnen wird es wohl kaum je wahre Christen geben.

Dann ist anzumerken, dass Gott nicht straft! Der Mensch (oder die Engel) entscheiden sich und haben die Folgen ihrer Taten zu tragen.

Wenn Du an den Opernball in Wien gehen willst und gar Eintrittskarten erhälst - aber du weigerst Dich, einen Smoking zu tragen, wird Dir der Eintritt verweigert. Dabei kann man nicht sagen, dass das Opernhaus Dich bestraft!

Gott zwingt niemanden, weder zu glauben nocht etwas zu tun!! Wenn der Mensch will, dass seine Seele dereinst in höchstem Glück im Himmel lebt, dann muss er sich die Voraussetzungen erarbeiten und alle Untugenden ablegen. Er kann sich aber nicht darum kümmern und sich gar noch weitere Untugenden zulegen und lebt dann konsequenterweise mit Seelen zusammen, die die gleichen Eigenschaften haben. Das ist keine Strafe: er liegt, wie er sich gebettet hat.
(30-12-2023, 18:20)Gundi schrieb:
(30-12-2023, 18:08)Farius schrieb: Die Verantwortung trägt Gott letztlich dadurch, dass er die Fehlbaren nicht einfach auslöscht sondern ihnen einen anderen Platz zum leben zuweist - allerdings in der Hölle ungleich weniger angenehm.

Wäre es denn nicht gnädiger, die Sünder auszulöschen, anstatt sie in alle Ewigkeit in der Hölle leiden zu lassen?

Es gibt keine ewige Verdammnis!

Das ist eine Erfindung der Kirche, um ihre Macht zu stärken.
(30-12-2023, 18:46)Geobacter schrieb: Na ....immerhin hältst du deine Gottesphilosophie für unfehlbar. So, als wärst du selber allwissend und wir alle blöd.

Lieber Geobacter,

tut mir leid, wenn ich so ankomme. Ich bin immer bereit, dazuzulernen und offen für neues. Sicher halte ich meine Philosophie nicht für unfehlbar. Ich halte meine Philosophie für einfach und logisch - aber sicher nicht unfehlbar.

Aber Dogmen, die von weltlichen Machthabern quasi erlassen wurden zum Zweck der Steigerung der eigenen Machfülle habe ich nie einfach so hingenommen und nach Erklärungen gesucht.

Was die angebliche Allwissenheit resp. dass alle blöd seien - beides trifft nicht zu. Zum Beispiel hat selbst die Kirche über Jahrhunderte behauptet, die Erde sei eine Scheibe, bis dann jemand auftrat, und etwas anderes sagte. Die Menschen haben der Kirche vertraut und diese hat es nicht überprüft - deswegen ist niemand blöd und auch niemand allwissend.

Es gibt mit Sicherheit viele Menschen, die leben ein viel liebevolleres und gottesfürchtigeres Leben wie ich und sind hochstehender und hängen der traditionellen Lehre der Kirchen und deren Dogmen an oder haben von Christus keine Ahnung. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es für den einen oder andern hilfreich sein könnte, etwas mehr über das eigenen Woher und Wohin zu wissen.
(30-12-2023, 21:34)Geobacter schrieb: Nun ja...die Evolutionstheorie erklärt das mit "diesem Zirkus" sehr gut. Die Psychologie erklärt, warum Menschen wie du gerne große Reden über Gott halten. Also ist die Frage mit der Gesundheit im Kopf auch keine so wirklich gut gemeinte Frage. Aber sie ist halt mal nötig...weil es überhaupt keinen Grund gibt, deine Behauptungen ernst zu nehmen / deinen Behauptungen Glauben zu schenken.

Lieber Geobacter,

in der Tat braucht niemand hier etwas ernst zu nehmen noch dem, was ich schreibe, Glauben zu schenken.

Da kann jeder handeln, wie er will - gemäss eigenem freien Willen.
(31-12-2023, 10:28)Farius schrieb:
(30-12-2023, 18:46)Geobacter schrieb: Na ....immerhin hältst du deine Gottesphilosophie für unfehlbar. So, als wärst du selber allwissend und wir alle blöd.

 Ich halte meine Philosophie für einfach und logisch - aber sicher nicht unfehlbar.

Aber Dogmen, die von weltlichen Machthabern quasi erlassen wurden zum Zweck der Steigerung der eigenen Machfülle habe ich nie einfach so hingenommen und nach Erklärungen gesucht.

naja..
die Logik von Menschen mit einem extremen ICH-Bezug ist für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar. Und du predigst halt auch nichts anderes, als auch wieder nur deine eigenen Dogmen.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
(31-12-2023, 09:30)Farius schrieb: ... natürlich folgt aus der Vollkommenheit die Liebe.
Die Gesetze Gottes sind weise und schaffen den Kindern die beste Voraussetzung für ein harmonisches Dasein in Glück.

Ich kann mir nichts denken, das Gott tun könnte, das nicht absolute Liebe ist.
Liebe ist ein menschlicher Begriff, der noch dazu extrem dehnbar ist. Selbst der Tod kann als ein Akt der Liebe gesehen werden für den Fall, dass ein Lebewesen an den Umständen seines Daseins scheitert. Insofern ist dieses: "Ich kann mir nichts denken, das Gott tun könnte, das nicht absolute (von was genau gelöst?)Liebe sei" vollkommen an den menschlichen Bedürfnissen vorbei. Auch ich (genau wie Petronius) kann die "absolute Liebe" nicht als Folge der Vollkommenheit Gottes anerkennen. Eine These fällt mit einem einzigen Gegenbeispiel, und deren gibt es mehrere, die mir spontan einfallen. Wenn Lebewesen an den Lebensumständen leiden, dann ist das kein Ausdruck von Liebe.

Nein, aus objektiver Sicht liebt Gott seine Geschöpfe nicht, sondern überlässt sie ihren eigenen Fähigkeiten (zu überleben oder aus dem Spiel des Lebens auszuscheiden).

Du sagst selbst:
(31-12-2023, 09:30)Farius schrieb: Gott hat seine Geschöpfe eben nicht als Zombies geschaffen - oder was immer Du mit 'wie es sein soll' sagen willst. Gott hat allen seinen Geschöpfen Fähigkeiten, Talente und vor allem den freien Willen geschenkt, damit sie sich selbst aus eigenem freien Willen betätigen und entwickeln.
Na also! Das kann man nicht als Liebe (Fürsorge, Förderung, Tun für den anderen) bezeichnen.

(31-12-2023, 09:30)Farius schrieb: Der freie Wille birgt für das Wesen Verantwortung. Jede Entscheidung ist wichtig und die Folgen muss das Wesen selbst tragen und ggf. selbst auslöffeln ...
Jetzt lassen wir den Nachsatz einmal weg und übertragen diese Maxime auf Gott selbst! Denn er ist sicher frei in seinem Wollen. Also muss er die "Suppe auslöffeln", die er seinen Lieben aufgebürdet hat - und exakt das widerspricht jeder Lebenserfahrung! ER (SIE/ES) verhält sich exakt so, als gibt es keine Gottheit. Und das wiederum bedeutet, dass wir Lebewesen auf diesem Planeten uns (allein) auf den Weg machen müssen, Leben und Welt so zu sichern, dass möglichst viele über lange Zeit hinweg überleben können. D. h. wenn hier jemand liebt (i. S. von Fürsorge), dann ist dies keine Eigenschaft (eines) Gottes.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(31-12-2023, 09:45)Farius schrieb:
(30-12-2023, 18:11)Gundi schrieb:
(30-12-2023, 17:31)Farius schrieb: Willst Du damit sagen, der Mensch hätte keinen freien Willen und alle Taten seien vorherbestimmt?

Ja, genau. Es gibt keinen Grund, einen freien Willen anzunehmen. Beim Rest der Welt (Physik, Chemie, Biologie) gehen wir ja auch ganz selbstverständlich davon aus, dass jede Folge eine Ursache hat und eine Folge nicht einfach ohne Ursache (quasi aus dem Nichts) entsteht. Warum dann nicht auch beim Menschen und seinem Gehirn (dem Ort, wo Entscheidungen getroffen werden)?
Lieber Gundi,

ohne freien Willen gibt es keine Entscheidungen, kein Denken und kein Fühlen.

Wieso denn das? Denken, Fühlen, Entscheiden... wozu braucht es für all das einen freien Willen?
(31-12-2023, 10:28)Farius schrieb: Zum Beispiel hat selbst die Kirche über Jahrhunderte behauptet, die Erde sei eine Scheibe, bis dann jemand auftrat, und etwas anderes sagte. Die Menschen haben der Kirche vertraut und diese hat es nicht überprüft - deswegen ist niemand blöd und auch niemand allwissend.

Bitte nicht diese moderne Legende verbreiten. Die Kirche hat immer behauptet, die Erde sei eine Kugel. Es gab ein paar Versuche im fruehen Christentum, wie z.B. durch Johannes Chrysostomos (4. Jhdt.) das Bild einer flachen Erde, wie es in Genesis 1 geschildert wird, und das aus sumerischer und aegyptischer Zeit stammte, fuer Christen wiederzubeleben, aber das wurde von der Kirche insgesamt abgelehnt. Seit Platon war das Bild der Erde das einer Kugel.

Wir kennen das Bild der flachen Erde als Illustration in einigen gedruckten Bibeln, aber das zeigt nur, dass diese Vorstellung neuzeitlicher Natur ist. Wirklich gross wurde diese Idee der "Erde als Scheibe" erst im 19. Jhdt. und wurde im YouTube-Zeitalter wiederbelebt, weil das viele Klicks generiert.


Wie beharrlich diese Idee, die Menschen im Mittelalter haetten an die Erde als Scheibe geglaubt, heute ist, zeigt, wie sehr unsere Ideen durch unser Bild von uns selbst gepraegt sind. In diesem spezifischen Fall hilft es auch fast gar nichts, wenn diese Idee ueber die Kirche oder das Mittelalter immer wieder richtig gestellt wird; Menschen wollen das halt glauben, weil es uns heute als ach so viel erleuchteter erscheinen laesst. Wir halten also als Menschen an solchen Vorstellungen fest, weil sie unser Selbstwertgefuehl steigern.

Das sehe ich aber auch so fuer die Vorstellung eines liebenden und fuersorglichen Gottes, des "Vaters". Wir wollen also, dass da wer ist, der uns wertschaetzt. Dafuer ignorieren wir dann auch all die vielen Anzeichen, die darauf hinweisen, dass diese Vorstellung falsch ist.
(31-12-2023, 10:04)Farius schrieb: Wenn Du an den Opernball in Wien gehen willst und gar Eintrittskarten erhälst - aber du weigerst Dich, einen Smoking zu tragen, wird Dir der Eintritt verweigert. Dabei kann man nicht sagen, dass das Opernhaus Dich bestraft!

Das Opernhaus ist aber auch nicht Gott und hat mich nicht erschaffen mit dem Wunsch, keinen Smoking beim Opernball tragen zu wollen. Ich bin nicht das Produkt des Opernhauses.
Aber genauso wie bei Gott wäre es natürlich unlogisch vom Opernhaus zu behaupten, die Operngängher wären frei in der Entscheidung im Opernhaus einen Smoking zu tragen oder nicht. Denn diese Freiheit gibt es nicht, wenn ohne Smoking der Zutritt verwehrt wird.

Davon abgesehen: Gott hat (sofern man an ihn glaubt) mich erschaffen, ohne mich zu fragen, ob ich überhaupt existieren möchte. Er hat mir (sofern man daran glaubt) den freien Willen gegeben, ohne mich zu fragen, ob ich diesen überhaupt möchte. Er hat mich also zu zweierlei gezwungen: zu existieren und eigene Entscheidungen zu treffen. Er hat mir keine alternativen Optionen angeboten. Er hat mich dazu verpflichtet. Wende ich diesen freien Willen nun an, kommt er aber her und meckert, weil ich ihn nicht so anwende, wie er es gerne hätte.

(31-12-2023, 10:04)Farius schrieb: Gott zwingt niemanden, weder zu glauben nocht etwas zu tun!! Wenn der Mensch will, dass seine Seele dereinst in höchstem Glück im Himmel lebt, dann muss er sich die Voraussetzungen erarbeiten und alle Untugenden ablegen.

Das ist auch so ein unverständlicher Punkt. Warum überhaupt das alles? Warum muss Gottes Schöpfung solche Prüfungen ablegen? Ergibt das irgendeinen Sinn?

(31-12-2023, 10:04)Farius schrieb: Er kann sich aber nicht darum kümmern und sich gar noch weitere Untugenden zulegen und lebt dann konsequenterweise mit Seelen zusammen, die die gleichen Eigenschaften haben. Das ist keine Strafe: er liegt, wie er sich gebettet hat.

Wohl eher: Er lebt und handelt, wie Gott ihn erschaffen hat. Wie schon einmal angemerkt: In letzter Konsequenz ist Gott für alles verantwortlich, wenn er ein allmächtiger und allwissender Schöpfer sein soll. Bei einem fehlerhaften Auto gibst du auch dem Entwickler die Schuld und nicht dem Auto.
(31-12-2023, 00:34)Ulan schrieb: Man beachte, dass dies die Version ist, die das spaeteste der vier kanonischen Evangelien verbreitet, also zu einer Zeit, wo bereits jedem bewusst war, dass die Prophezeiung Jesu gescheitert war, und der christliche Glaube sich neu erfinden musste. Markus nennt als letzte Worte Jesu noch "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (EU). Markus wird ja normalerweise in den letzten Jahren des Krieges oder kurz danach verortet, als jede Hoffnung auf ein Eingreifen Gottes in die Besetzung Judaeas geschwunden war. Markus versuchte noch, das als das von Jesus versprochene Signal zu deuten, auch wenn es fuer niemanden so aussah.

Lieber Ulan,

Wer sagt denn, dass die Aufgabe des Messias etwas mit der Besetzung Judäas zu tun hat?

Mit der Prophezeiung sprichst Du sicherlich das Kommen des Reiches Gottes an. Da aber Gott Geist ist, ist richtigerweise auch sein Reich ein geistiges Reich.

Und wenn das Reich Gottes nahe ist, ist es nicht zwingend so, dass die Römer aus Judäa vertrieben werden - denn es kann zeitlich nah, aber auch in die Nähe der  Erde kommen.
Religiöse Spekulationen dieser Art sind sinnfrei, weil man sich auf nichts darin verlassen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
(31-12-2023, 17:59)Farius schrieb: Wer sagt denn, dass die Aufgabe des Messias etwas mit der Besetzung Judäas zu tun hat?

Das ist, nach juedischer Vorstellung - und allein die ist hier relevant - die einzige Aufgabe des Messias: die Wiederherstellung des Koenigreichs Israel. Was meinst Du, warum Jesus unbedingt der davidische Messias sein musste, was zu der Erfindung seiner Geburt in Bethlehem fuehrte? Wie David war er der Messias Gottes, und als Spross der davidischen Linie (laut Bibel via Joseph) hatte er Anspruch auf den Titel.

(31-12-2023, 17:59)Farius schrieb: Mit der Prophezeiung sprichst Du sicherlich das Kommen des Reiches Gottes an. Da aber Gott Geist ist, ist richtigerweise auch sein Reich ein geistiges Reich.

Das ist die nachtraegliche Rationalisierung des Scheiterns der Prophezeiung Jesu. In seiner Prophezeiung ging es um ein gewaltsames Ereignis hier auf Erden, bei dem man in die Berge fliehen musste, um sich vor den Kampfhandlungen in Sicherheit zu bringen. Er wies seine Zuhoerer ausdruecklich an, sich fuer diesen Moment vorzubereiten. Das steht so auch immer noch in den Evangelien. Natuerlich stehen da auch diese Saetze wie "Mein Reich ist nicht von dieser Welt", aber das ist halt das Johannes-Evangelium, das letzte der kanonischen, das versuchte, die Geschichte zu retten; was ihr ja auch gelungen ist, wie man an Deiner Aeusserung sieht. Das Johannesevangelium hat die eigentliche Prophezeiung Jesu vollkommen verschuettet. Das Markus-Evangelium weiss von so etwas nichts.

(31-12-2023, 17:59)Farius schrieb: Und wenn das Reich Gottes nahe ist, ist es nicht zwingend so, dass die Römer aus Judäa vertrieben werden - denn es kann zeitlich nah, aber auch in die Nähe der  Erde kommen.

Ach naja, derlei apologetische Verrenkungen sind halt Grundlage des heutigen christlichen Glaubens. Weisst Du, warum so viele Theologen, die als Evangelikale angefangen hatten, im Laufe ihres Wirkens den Glauben verlieren? Weil sie die Bibel von Beruf wegen dauernd lesen, und da sieht man halt selbst in den kanonischen Evangelien, wie die Geschichte veraendert wurde.
(31-12-2023, 00:34)Ulan schrieb:
(30-12-2023, 17:16)Farius schrieb: Jesus war nicht einfach ein Prophet sondern er war DER Messias, der Erlöser.

Ja, aber seine Hauptprophezeiung war, dass das Koenigreich Gottes noch zu Lebzeiten einiger seiner Zuhoerer kommen wuerde, in einem kriegerischen Endkampf, bei dem Gott mit seinen Engeln eingreifen wuerde. Als die Evangelien geschrieben wurden waren die meisten der Zuhoerer Jesu tot, und die Ueberlebenden hatten den juedisch-roemischen Krieg erlebt, der zwar zur Zerstoerung Judaeas, Jerusalems und des Tempels gefuehrt hatte, einhergehend mit einem gewaltigen Verlust an Menschenleben, aber von dem Koenigreich Gottes auf Erden gab es keine Spur. Ganz im Gegenteil: das roemische Reich ging auf seine Bluetezeit zu. Aus dem Grund musste die christliche Botschaft grundlegend umgeschrieben werden, bevor die Bewegung vollkommen irrelevant wurde.

Solche Entwicklungen sehen wir uebrigens auch heute noch. Jedesmal, wenn irgendeine der Untergangsprophezeiungen von Glaubensgemeinschaften wie den Zeugen Jehovas oder den Armstrongisten scheitert, wird einfach die Botschaft umgeschrieben.

Ich glaube kaum, dass das heutige Christentum noch irgendetwas mit Jesus, seiner Botschaft und seinen Zielen zu tun hat.
Lieber Ulan,

Wir stehen vor demselben Scherbenhaufen, wie bei der Frage 'Theodizee'.

Das heutige Christentum, um gleich auf den von mir hevorgehobenen Satz einzugehen, hat mit Christentum an sich nur noch sehr wenig zu tun. Die Theologie sagt, dass Gott ein Versager ist, weil er Menschen meist fragwürdiger Qualität erschafft, teilweise wird gar gesagt, das Böse und das Leid gäbe es nicht, es sei nur eine Frage der Optik, es wird gesagt, Jesus Christus hätte versagt, weil die Römer nicht durch das Reich Gottes entfernt wurden und sicherlich gibt es noch vieles, das man bemängeln könnte.

Theodizee ist genau so wenig zu beantworten wie die Aufgabe Jesu Christi auf Erden, es sei denn, wir sind bereit, einige der katastrophalen Konzilsbeschlüsse auf den Prüfstand zu stellen. So sagte der Dogmenforscher Adolf von Harnack, nachdem Kaiser Markian und Bischof Leo I. am Konzil von Chalcedon den Teilnehmern gegen deren Willen das Trinitätsdogma aufgezwungen worden war, dass der Unterschied zur berüchtigten 'Räubersynode' von Ephesus sei, dass dies eine 'Räuber- und Verrätersynode' gewesen sei!

Als im 4. Jh. die Christen nicht mehr verfolgt wurden, biederte sich das Heidentum beim Christentum an. Im Laufe der Zeit gelang es den Heiden, sich von innen her den Christen anzugleichen und so das Christentum zu erobern. Damit ging diesem jene geistige Betrachtungsweise verloren, welche die Leuchte christlicher Glaubenserkenntnis war.

Die heidnische Betrachtungsweise war (und ist) nicht geistig, sondern 'fleischlich', also irdisch-materiell und bildete den Kern des Unglaubens, der Gottlosigkeit und gewann im Christentum die Oberhand. Als Folge davon büssten die Christen auch das Wissen um ihr vorgeburtliches Dasein ein. Von nun an wurden Menschen, die an die Präexistenz glaubten, verfolgt und ausgerottet. Im Jahre 543 erliess Kaiser Justinian I. in Konstantinopel das Edikt gegen Origenes und seine Lehre - mit dem berühmten Bannfluch.

Wohlgemerkt - es war der Massenmörder Jusinian I. nicht etwa der Papst oder einige Bischöfe. Er berief dann auch das Konzil ein und mit dessen Beschluss hatte er den kirchlichen Segen, die Ostgoten auszurotten. Die Folgen des Bannfluches gegen die Lehre der Präexistenz waren ihm völlig egal.

Nur wenn wir bereit sind, wieder die geistige Betrachtungsweise anzunehmen und unter anderem die Präexistenz der Seele anzunehmen, ergibt die Aufgabe, die Jesus Christus hier auf Erden erfüllt hat einen echten Sinn. Das Scheitern besagter Prophezeiung ist zwar eine weit verbreitete Sichtweise - aber sie ist irdisch- materiell.

Ich bin überzeugt, dass Jesus Christus seine Aufgabe hier auf Erden perfekt löste, trotz aller Angriffe der Menschen und von Satan. Und ich bin auch überzeugt, dass deshalb diese Prophezeiung in Erfüllung ging.
(31-12-2023, 00:48)Ulan schrieb: Was wirklich ein Widerspruch an sich ist, sind diese Eigenschaftszuschreibungen an Gott, wie "vollkommen", "allmaechtig" oder "allwissend". Du musst hier fuer Deine Aussage die Allwissenheit Gottes aufgeben. Je nach Argument wird also jedes Mal beliebig (nicht ganz so beliebig, da es ja an die gewuenschte Aussage angepasst wird) eine Eigenschaft Gottes "vergessen".

(30-12-2023, 18:08)Farius schrieb: Somit kann man nicht sagen, dass er das Fehlverhalten eines Teils seiner Kinder gewollt hat - er hat mE lediglich von allem Anfang an gewusst, dass es passieren könnte.

Und siehe da, jetzt wird die gerade eben noch verneinte Allwissenheit wieder durch die Hintertuer hereingeholt. Es passiert immer wieder...

 Lieber Ulan,

Tut mir leid, hier Verwirrung gestiftet zu haben.
Ja, ich glaube, dass Gott vollkommen und allmächtig ist. Wie sich nun zeigt, hätte ich die Allwissenheit - so wie ich sie verstehe - erläutern sollen.

Wenn Gott den Mensche oder den Engeln den freien Willen gibt, dann kann Gott unmöglich wissen, wie ich oder Du oder wer auch immer morgen und in aller Zukunft diesen freien Willen gebrauchen werde. Dadurch fällt aber Gott kein Stein aus der Krone. Der freie Wille ist ein herrliches Geschenk Gottes und ist keine Mogelpackung irgendwelcher Art. Der freie Wille ist absolut frei.

Allwissenheit Gottes ist somit, dass Gott alles weiss, was ist und was war - nicht aber was sein wird.

Somit hat Gott bei der Erschaffung der Engel nicht wissen können, ob Luzifer dereinst nach vielen Äonen seinen aufkeimenden Neid füttert oder bekämpft.


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