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"Freier Wille" - Was genau soll das sein?
#61
(05-11-2009, 14:40)Romero schrieb: Geht es nicht vielmehr darum, ob der "freie Wille", den uns Gott angeblich so grosszügig geschenkt hat, nicht ein riesen Witz ist, wenn wir ja doch in die Hölle kommen, wenn wir nicht tun was er gebietet? À la "ja, du darfst von meinem Kuchen essen, aber wenn dus tust, dann prügel ich dich grün und blau."

natürlich!

dem "freien willen" nähert man sich ja gern aus zwei völlig verschiedenen richtungen: zur erklärung, warum ein allmächtiger und liebender gott keine welt zusammenbringt, in der es sich angenehmer lebt als real gegeben, oder aus der neurobiologie, um (so seh ich das) descartes' uhrwerkuniversum eine neuauflage zu verschaffen

für beide ansätze gilt aus meiner sicht (frei nach "torquato tasso"):

man merkt die asicht, und man ist verstimmt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#62
(05-11-2009, 14:51)petronius schrieb:
(05-11-2009, 14:29)DureeTotale schrieb: Mit diesen Gedanken gleiten wir bereits wieder sanft von der Frage nach der Freiheit des Willens in das Gebiet der Frage nach der Freiheit des Tuns, was auch wenig verwunderlich ist, da beide Aspekte natürlich eng miteinander verwoben sind...

das ist sehr freundlich formuliert. denn tatsächlich ist es ja so, daß in all den fällen, wo so gern auf den "freien willen" abgehoben wird, es eigentlich um die "freiheit des tuns" geht

Na ja, nicht ganz. Denn in die ethische Bewertung des Tuns und Lassens gehen natürlich auch die Umstände mit ein, welche mein Wollen begrenzen, mich also z.B. nicht das tun lassen, was ich tun wollte und darum auch täte, wenn ich es denn tun könnte.

In diesem Sinne müsste man dein Gleichnis:

(05-11-2009, 14:51)petronius schrieb: ganz platt: hätte eva zwar den apfel essen wollen, aber einfach die schnauze gehalten und ihren vitaminbedarf anderweitig gestillt - wir säßen alle noch erkenntnislos im paradies :icon_cheesygrin:

wie folgt umformulieren:

Hätte Eva den Apfel zwar gerne essen wollen, wäre aber wegen der zu hoch hängenden Frucht oder zu kurzen Armen (oder wegen beidem...) nicht daran gekommen, dann hätte es - trotz super bösem Willen der Eva - keinen Sündenfall gegeben, und Adam und Eva (nicht wir - uns hätte es, nach Lage der in der Bibel beschriebenen Dinge, in diesem Falle ja gar nicht gegeben) säßen noch immer erkenntnislos vor sich hin atmend im Paradiese herum, darauf wartend, dass der HERR ab und an mal vorbei kömmt und ihre Namen aufsagt...


(05-11-2009, 14:51)petronius schrieb:
(05-11-2009, 14:29)DureeTotale schrieb: Und auch wenn es jetzt etwas erbsenzählerisch wirkt: Da es sich um wirklich grundlegende Erwägungen handelt, führt kein Weg daran vorbei, die dabei verwendeten Begriffe so präzise wie irgend möglich zu definieren: Was genau bedeutet: "Verantwortung" ("für etwas verantwortlich sein", "Verantwortung für etwas haben" usw.)?

platt gesagt: nicht zu sagen "dafür kann ich nichts"

(selbstverständlich kann das noch beliebig verfeinert werden, und sollte das wohl auch)

Das müsste in der Tat noch etwas verfeinert werden...:icon_wink:

Letztlich läuft das "verantwortlich Sein" für etwas auf die Kategorie der "Verursachung" hinaus. Wenn ich also ganz oder teilweise für das Zustandekommen eines Ereignisses "verantwortlich" bin, dann bedeutet das, dass mein Reden, Tun und Lassen an der hinreichenden Verursachung dieses Ereignisses (in welchem Umfange auch immer) beteiligt war.
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#63
Verantwortung...

ist nach meinem persönlichen Ethos eine Grundhaltung:

Statt nach Ausreden zu suchen, oder Zwänge verantwortlich zu machen, sagt der Freie: "...weil ich es so gewollt habe".

Wer zwischen zwei Alternativen wählen muß, trifft zwar eine Entscheidung, aber keine "freie".

Und ich danke dafür, daß es angesprochen wurde:

Entscheidungen finden ihren Ausdruck in Handlungen.


"Wann ist Handeln alternativlos?"

Das ist eine der wichtigsten Fragen bei diesem Thema! "Wenn Wille entschieden hat", ist eine Antwort, die für mich zählt. "Niemals, solange keine Entscheidung getroffen wurde", ist die zweite - keineswegs nachstehende - Antwort.

Gruß Dornbusch
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#64
Wirklich? Wäre das keine Sünde gewesen, den Apfel nur zu wollen? Gut, man muss unterscheiden:

Hätte Eva gesagt, "Hm, der Apfel sieht wirklich lecker aus, liebe Schlange, aber hmm.... ne, Gott sagte nein, also nehme ich den Apfel nicht, obwohl ich es eigentlich will." Dann wär's wohl keine Sünde gewesen.

Hätte Eva aber gesagt "Ich will den Apfel - scheisse, ich komm nicht ran" *streck* *reck* "Mist! Nehm ich eben die Birne da", dann aber schon.
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#65
(05-11-2009, 14:58)petronius schrieb:
(05-11-2009, 14:40)Romero schrieb: Geht es nicht vielmehr darum, ob der "freie Wille", den uns Gott angeblich so grosszügig geschenkt hat, nicht ein riesen Witz ist, wenn wir ja doch in die Hölle kommen, wenn wir nicht tun was er gebietet? À la "ja, du darfst von meinem Kuchen essen, aber wenn dus tust, dann prügel ich dich grün und blau."

natürlich!

dem "freien willen" nähert man sich ja gern aus zwei völlig verschiedenen richtungen: zur erklärung, warum ein allmächtiger und liebender gott keine welt zusammenbringt, in der es sich angenehmer lebt als real gegeben, oder aus der neurobiologie, um (so seh ich das) descartes' uhrwerkuniversum eine neuauflage zu verschaffen

für beide ansätze gilt aus meiner sicht (frei nach "torquato tasso"):

man merkt die asicht, und man ist verstimmt

Die religiöse Verwendung des "freien Willens" ist in der Tat ein ausgemacht schlechter Witz.

Denn es ist ja offenkundig, dass die Menschen das Verschiedenste wollen. Wenn nun die einen Menschen an (welchen) Gott (auch immer) glauben wollen, die anderen hingegen nicht, dann ergibt sich daraus folgende Konstellation:

Entweder das, was die Menschen wollen, also auch Glaube bzw. Nichtglaube, ist vollständig Folge hinreichender Ursachen. Dann aber haben wir es mit der Determination dieser Willensakte zu tun, infolge welcher, da nichts ohne Grund geschehen kann, die Kette der hinreichenden Ursachen und Wirkungen unausweichlich bis auf den Schöpfer zurückläuft und der Schöpfer selbst (da von ihm ja behauptet wird, die "erste Ursache von allem" zu sein) damit auch die Ursache für alles Wollen seiner Geschöpfe ist, namentlich vor allem von deren Glauben bzw. Nichtglauben.

Die Verkündigung nun, dass ein Schöpfer über das von ihm selbst verursachte Wollen seiner eigenen Geschöpfe zu Gericht zu sitzten beabsichtigt, um obenrein auch noch ewige Strafen zu verhängen, ist (gelinde formuliert) eine intellektuelle und ethische Monstrosität!


Oder aber das, was die Menschen wollen, also auch Glaube bzw. Nichtglaube, ist nicht vollständig Folge hinreichender Ursachen. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass dieses menschliche Wollen zu einem mehr oder weniger großem Teil ohne hinreichende Ursachen in der Person des Menschen zustande kommt. Dann hätten wir die Situation, dass dieses Wollen des Geschöpfes, namentlich vor allem deren Glauben bzw. Nichtglauben, sofern es nicht auf den Schöpfer selbst zurückläuft, ein zufälliges Ereignis darstellt.

Wie man sieht, ändert auch diese Variante an der beschriebenen intellektuellen und ethischen Monstrosität der Vorstellung eines über seine eigenen Geschöpfe zu Gericht sitzenden Schöpfers nicht das Allergeringste...!


Religiöse Glaubensgebilde wie das des biblischen Christentums stehen und fallen nun aber bekanntlich mit dem Konstrukt des "freien Willen", welches sich aber bei genauem Hinsehen als oberflächlichste Augenwischerei und völlig substanzloser Budenzauber erweist!
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#66
(05-11-2009, 15:23)Dornbusch schrieb: Verantwortung...

ist nach meinem persönlichen Ethos eine Grundhaltung:

Statt nach Ausreden zu suchen, oder Zwänge verantwortlich zu machen, sagt der Freie: "...weil ich es so gewollt habe".

Und der Nachdenkliche bezweifelt, dass das dieses konkrete Wollen irgendwie holterdipolter aus dem Nichts auftaucht, sondern er fragt: "Wieso wollte ich in dieser Situation eben dieses und nicht etwas anderes? Hat das Ursachen? Wenn ja: Welche? Und haben diese Ursachen nicht wiederum auch Ursachen?"



(05-11-2009, 15:23)Dornbusch schrieb: Wer zwischen zwei Alternativen wählen muß, trifft zwar eine Entscheidung, aber keine "freie".

Sehr richtig! Und soviel auch sehr trefflich zur zentralen christlich-religiösen Verkündigung der angeblichen "freien Entscheidung" zwischen den beiden Alternativen "Glauben" und "Nichtglauben"...
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#67
(05-11-2009, 15:19)DureeTotale schrieb: Denn in die ethische Bewertung des Tuns und Lassens gehen natürlich auch die Umstände mit ein, welche mein Wollen begrenzen, mich also z.B. nicht das tun lassen, was ich tun wollte und darum auch täte, wenn ich es denn tun könnte

sag ich doch: es geht um die freiheit des tuns

(05-11-2009, 15:19)DureeTotale schrieb: Hätte Eva den Apfel zwar gerne essen wollen, wäre aber wegen der zu hoch hängenden Frucht oder zu kurzen Armen (oder wegen beidem...) nicht daran gekommen, dann hätte es - trotz super bösem Willen der Eva - keinen Sündenfall gegeben

...oder weil sie sich halt lieber dem göttlichen verbot gebeugt hätte

Zitat:Letztlich läuft das "verantwortlich Sein" für etwas auf die Kategorie der "Verursachung" hinaus. Wenn ich also ganz oder teilweise für das Zustandekommen eines Ereignisses "verantwortlich" bin, dann bedeutet das, dass mein Reden, Tun und Lassen an der hinreichenden Verursachung dieses Ereignisses (in welchem Umfange auch immer) beteiligt war.

natürlich

als erste arbeitshypothese würde ich immer davon ausgehen, mein eigenes handeln selbst verursacht zu haben :icon_wink:
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#68
Hallo DureeTotale

unter anderem schreibst du dies:

Zitat:Und der Nachdenkliche bezweifelt, dass das dieses konkrete Wollen irgendwie holterdipolter aus dem Nichts auftaucht, sondern er fragt: "Wieso wollte ich in dieser Situation eben dieses und nicht etwas anderes? Hat das Ursachen? Wenn ja: Welche? Und haben diese Ursachen nicht wiederum auch Ursachen?"

Gegen wessen Aussage richtet sich denn nun dein Zweifel?

Der freie Wille - vereint mit Intelligenz, Ethos, Vernunft und Begierde -
schaut auf die Ursachen und unterbricht durch Entscheidung jegliche Kausalkette. Oder gegenteilig: der freie Wille hält entgegen aller neuen Ursachen an je gefällten Entscheidungen fest.

desweitern schreibst du:

Zitat:Sehr richtig! Und soviel auch sehr trefflich zur zentralen christlich-religiösen Verkündigung der angeblichen "freien Entscheidung" zwischen den beiden Alternativen "Glauben" und "Nichtglauben"...

Meines Wissens gibt es keine christlich-religiöse (ein Begriff von dir?) Verkündigung einer Alternative zum Glauben (sogar zentral!).

Für den adulten Menschen ist die Entscheidung für Jesus immer eine freie Willens-Entscheidung. Gleiches gilt für Atheisten!

Ich bin allerdings der Meinung, daß der Disput zu Willensfreiheit in diesem Thread nicht notwendigerweise einer religiösen Bezugnahme bedarf.

Gruß Dornbusch
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#69
(05-11-2009, 15:23)Dornbusch schrieb: Wer zwischen zwei Alternativen wählen muß, trifft zwar eine Entscheidung, aber keine "freie"

wieso nicht?

bzw.: was wäre denn dann eine "freie" entscheidung?

Zitat:"Wann ist Handeln alternativlos?"

Das ist eine der wichtigsten Fragen bei diesem Thema! "Wenn Wille entschieden hat", ist eine Antwort, die für mich zählt

diese antwort verstehe ich nicht. es sei denn, du definierst jetzt den willen vom ende her: was auch immer ich getan habe, es ist ausdruck meines willens bzw. mein wille ist daran erkennbar, wie ich handle

Zitat:"Niemals, solange keine Entscheidung getroffen wurde", ist die zweite - keineswegs nachstehende - Antwort

alternativen stehen natürlich auch dann noch im raum, wenn sie verworfen wurden

"alternativlosigkeit" a priori gibt es natürlich nicht. alternativen sind immer denkbar. die praktische möglichkeit von alternativen ist eine andere sache - da kann man, je nach kontext, natürlich von "alternativlosigkeit" sprechen

beispiel:

pater kolbe stand vor der alternative, entweder franciszek gajowniczek in den hungerbunker gehen zu lassen, oder darum zu bitten, an seiner statt den tod auf sich zu nehmen - a priori keine alternativlosigkeit

unter der prämisse seines verständnisses von nächstenliebe und seelsorgerlicher pflicht war es ihm jedoch unmöglich, den famlienvater in den sicheren tod gehen zu lassen, obwohl durch seine eigene freiwillige meldung zum verhungern die möglichkeit gegeben war, das zu verhindern - aus kolbes christlicher sicht eine alternativlose entscheidung

unter der prämisse, daß der erhalt des eigenen lebens höchste priorität besitzt (und ja gar nicht sicher war, daß die freiwillige meldung zum tod an gajowniczeks stelle überhaupt diesem den tod ersparen würde), hätte es keine andere entscheidung geben dürfen, als den mund zu halten - aus utilitaristischer sicht also ebenfalls eine alternativlose entscheidung, wenn auch die völlig entgegengesetzte
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#70
(05-11-2009, 16:38)Dornbusch schrieb: Der freie Wille - vereint mit Intelligenz, Ethos, Vernunft und Begierde -
schaut auf die Ursachen und unterbricht durch Entscheidung jegliche Kausalkette

kann er das denn?

wie macht er das?

noch dazu, wenn er "vereint mit Intelligenz, Ethos, Vernunft und Begierde" agiert, also verint mit einem (groß)teil dieser ursachen, die er doch gleichzeitig zu durchschauen in der lage sein soll?

mir scheint deine hypothese noch nicht so recht durchdacht

Zitat:Meines Wissens gibt es keine christlich-religiöse (ein Begriff von dir?) Verkündigung einer Alternative zum Glauben (sogar zentral!)

wenn eine solche nicht gegeben wäre, könnte man sich doch den befehl sparen, an den "einzigen und wahren gott" zu glauben...

Zitat:Für den adulten Menschen ist die Entscheidung für Jesus immer eine freie Willens-Entscheidung. Gleiches gilt für Atheisten!

also gibts die alternative zum glauben doch?
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#71
(05-11-2009, 16:38)Dornbusch schrieb: Hallo DureeTotale

unter anderem schreibst du dies:

Zitat:Und der Nachdenkliche bezweifelt, dass das dieses konkrete Wollen irgendwie holterdipolter aus dem Nichts auftaucht, sondern er fragt: "Wieso wollte ich in dieser Situation eben dieses und nicht etwas anderes? Hat das Ursachen? Wenn ja: Welche? Und haben diese Ursachen nicht wiederum auch Ursachen?"

Gegen wessen Aussage richtet sich denn nun dein Zweifel?

Der freie Wille - vereint mit Intelligenz, Ethos, Vernunft und Begierde -
schaut auf die Ursachen und unterbricht durch Entscheidung jegliche Kausalkette. Oder gegenteilig: der freie Wille hält entgegen aller neuen Ursachen an je gefällten Entscheidungen fest.

Ja klar, der "Kausalketten unterbrechende freie Wille"... :icon_lol:

Mit diesen wenigen Worten gelingt es dir immerhin, deine fundamentale Desorientierung hinsichtlich des Inhaltes der in dieser Diskussion verwendeten Wörter und Begriffe wie der Diskussion an sich zu veranschaulichen...


(05-11-2009, 16:38)Dornbusch schrieb: desweitern schreibst du:

Zitat:Sehr richtig! Und soviel auch sehr trefflich zur zentralen christlich-religiösen Verkündigung der angeblichen "freien Entscheidung" zwischen den beiden Alternativen "Glauben" und "Nichtglauben"...

Meines Wissens gibt es keine christlich-religiöse (ein Begriff von dir?) Verkündigung einer Alternative zum Glauben (sogar zentral!).

Dergleichen zu formulieren, um im nächsten Satz davon zu reden, dass die Entscheidung für Jesus eine "freie Willensentscheidung" sei:


(05-11-2009, 16:38)Dornbusch schrieb: Für den adulten Menschen ist die Entscheidung für Jesus immer eine freie Willens-Entscheidung. Gleiches gilt für Atheisten!

...wirkt nun wirklich nicht sonderlich durchdacht...

(Oder aber du legst dem Begriff "Alternative" eine andere Bedeutung als die allgemein übliche bei...)

Dazu passt allerdings auch das, so scheint's, völlig unverzichtbare und deshalb wohl unausweichliche, von jeglicher eingehenderen Betrachtung vollends unbeeindruckte Hantieren mit dem oberflächlichen Begriffskonstrukt des "freien Willens"...


(05-11-2009, 16:38)Dornbusch schrieb: Ich bin allerdings der Meinung, daß der Disput zu Willensfreiheit in diesem Thread nicht notwendigerweise einer religiösen Bezugnahme bedarf.

Weshalb ich der Überzugung bin, dass die religiöse Bezugnahme bei der Diskussion dieses Themas (überdies in einem Froum, welches sich "Religionsforum" nennt) mehr als angebracht erscheint, habe ich Eingangs dieses Threads in der Antwort auf eine ähnlich gelagerte Frage Ekkards bereits dargelegt.
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#72
Ich wollte noch mal klarstellen, dass es in der Wissenschaft weder für die Existenz des "freien Wille" noch für die Frage des allseitigen Determinismus einen Konsens gibt. Auch wenn manche behaupten, es wäre so.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#73
(06-11-2009, 12:53)humanist schrieb: Ich wollte noch mal klarstellen, dass es in der Wissenschaft weder für die Existenz des "freien Wille" noch für die Frage des allseitigen Determinismus einen Konsens gibt. Auch wenn manche behaupten, es wäre so.

Und weiterhin muss klargestellt werden, dass sich bei genauer, wissenschaftlicher Betrachtung das Attribut "frei" im Konstrukt "freier Wille" ausschließlich auf eine "Freiheit" von hinreichenden Ursachen beziehen kann und damit eben jene ethische Kategorie der "Verantwortlichkeit", auf welche mit der Verwendung des Konstruktes "freier Wille" von denen, die ihn ins ethische Feld führen, ja stets abgestellt wird, gerade dezidiert ausgeschlossen wird!
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#74
DureeTotale, Du hast Recht. Ich tu mich mit diesem Konstrukt ebenfalls schwer. Ich versuche, den Aspekt des ethischen oder verbrecherischen Verhaltens mit mit eigenen Worten zu beleuchten:

Offensichtlich hängt unser Verhalten von einem historischen Prozess ab. Dieser reicht bis zum Augenblick der Handlung.
Die Gesellschaft erwartet von ihren Individuen einen Lernprozess, der - idealerweise unabhängig von Werdegang und Erziehung - zu legalem und möglichst ethischem Handeln führt.

Dies kann man wollen oder sich dagegen wehren. Frei bin ich darin nur solange, wie keine Belobigungen oder ernsthafte Sanktionen erfolgen. Ist das aber "freier Wille"?

Ich denke nicht, denn die "falsche" Entscheidung führt zur Sanktion.
Es kann aus Sicht der Gesellschaft eine massiv unethische Handlung nur durch eine massiv negative Folge auch als negativ erfahren werden, von Kindesbeinen an. Bei Kindern geht man gewöhnlich den umgekehrten Weg der Belobigung für "gute Taten". Der "freie Wille" muss also gar nicht gegeben sein, damit die Gesellschaft Negativ-Signale an ihre Individuen sendet. (Na ja, so ungefähr?!)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#75
Hallo Eckhard

du schreibst unter anderem:

Zitat:Frei bin ich darin nur solange, wie keine Belobigungen oder ernsthafte Sanktionen erfolgen


Ich möchte dazu folgendes Beispiel nennen:

Ein Auto nähert sich der Kreuzung. Da schaltet die Ampel auf Rot. Das Auto hält an. Gut soweit.

Warum aber hält das Auto an?

Kinder werden sagen: "Weil die Ampel rot ist"

Jugendliche werden sagen: "Weil der Fahrer sonst bestraft wird"

Der Erwachsene wird sagen: "Ich trage damit dazu bei, daß der Verkehr auch für die anderen Teilnehmer sicher und störungsfrei möglich ist.

Die Freiheit, mit dem Auto ein Ziel zu erreichen, wird durch die rote Ampel nicht eingeschränkt.

Lob und Sanktionen sind lediglich für den Menschen eine "Einschränkung" seiner Freiheit, der (noch) nicht verantwortungsbewusst entscheiden kann. Wer sich in seinen Entscheidungen von der Furcht vor möglichen Sanktionen leiten lässt, ist tatsächlich nicht frei.

Es sind nicht die angedrohten Sanktionen, die den freien Willen einschränken. Es ist vielmehr die Furcht vor den Sanktionen, die Freiheit einschränkt.
Wer deswegen vor der roten Ampel hält, weil er sich vor der Strafe fürchtet, hat das Prinzip "Ampel" noch nicht verstanden.

Freier Wille ist nicht die Folge von (Natur-) Gesetzen, sondern ist Ausdruck und Folge von sittlicher Reife.

Gruß Dornbusch
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