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Christianentum
Sorry, dass ich mich auf die vorangehenden Seiten beziehe und nicht auf die laufende Diskussion eingehe.

Lieber Volker,
einen Vorteil hat die christianische Gottesvorstellung: Sie ist konkret. Jeder Mensch ist zur Hälfte Gott, die andere lebt von den „göttlichen Geschenken“. Es hat in historischer Zeit bereits eine Lehre gegeben, die etwas Ähnliches gedacht hat: die Gnosis. Nach dieser Lehre ist jeder Mensch ein göttlicher Funke, der auf die Erde gefallen ist und von dort wieder aufsteigt.

Auf der anderen Seite steht ein Bund mit Gott, ein Vertrag. Wenn Personen einen Vertrag schließen, dann können sie nicht wesensgleich sein. Eine Person (ein in sich gleiches Wesen) kann mit sich selbst keinen Vertrag schließen; das wäre widersinnig. Also stellt Gott eine Person außerhalb der Menschheit dar (möglicherweise im Sinne einer juristischen Person). Die andere ist das Gottesvolk zunächst das jüdische Volk, später unter Jesus und seinen Nachfolgern das Christentum.

Das Christianentum ist da etwas völlig anderes: Es blickt nach innen, wo das Christentum nach außen schaut in das Antlitz des Nächsten. Siehe dazu 323 Der Blick nach innen ist kein Augenblick (ausgeführt auf S. 57).
Du schreibst: „Das Christianentum lehnt menschenzentriertes Denken ab“.
Das Christentum ist eine auf einen Vertragspartner (Gott) ausgerichtete Seinslehre des Menschen. Schaut man genau hin, dann verlangt dieser Vertrag, dass die Lebensgrundlagen des Mitmenschen geachtet werden:
Die Pflichten Gott gegenüber sind denkbar gering. Man soll IHN ehren und lieben, also emotional akzeptieren. Alle anderen vertraglichen Verpflichtungen sind Notwendigkeiten im Zusammenleben mit anderen Menschen. Im weiteren Sinne ist auch noch die Umwelt gemeint als Lebensgrundlage.
Wenn, wie im Christianentum, ausschließlich nach innen schaut, wird der Blick auf das Dasein und die Bedürfnisse des Mitmenschen auf Dauer verstellt. Es ist natürlich richtig: Jeder Mensch ist ein Beispiel für „Menschsein“. Erst, wenn ich mit meinem Glauben im Reinen bin, komme ich mit anderen gut aus. Deswegen lautet Jesu Regel: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du!“.
Ich gehe trotzdem nicht konform mit den christianischen Vorstellungen. Das Beispiel mit dem „vertrockneten Blatt“, stößt mich in gewisser Weise zurück. Menschen können ein solches Gebilde nicht herstellen, sagst du. Doch, ich bin überzeugt davon, dass der Mensch so etwas herstellen könnte (vgl. die Ausstellung „Körperwelten“). Gerade etwas Totes kann der Mensch herstellen, ist nicht ganz einfach, lohnt auch nicht die Mühe; aber es geht.

Ich wäre auch vorsichtig, bei lebender Materie. Einmal auf die Vorgehensweise gekommen, sind unsere molekularbiologischen Labors durchaus in der Lage, neue Lebensformen zusammen zu bauen. (Ob man tun sollte, was man kann, ist eine ganz andere und zwar ethische Frage).
Was der Mensch (nicht jeder, aber einige Wenige) da kann hat schon „göttliche Dimensionen“ und entspricht durchaus deinem Atombombenbeispiel. Hier geraten aber Christentum und Christianentum in direkten Widerspruch. Aus christlicher Sicht lehne ich solche Manipulationen ab, weil sie direkt unsere Lebensgrundlagen bedrohen. Der christianische Gott sieht hingegen eine willkommene Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren – auch wenn es ein Irrtum sein sollte.
Ich vermag nicht einzusehen, dass Gott (der christianische Gottesteil des Menschen) seine Handlanger (den herkömmlichen Menschen) absehbar in eine prekäre Lage bringen sollte. Wir (und damit der christianische Gott) sind bereits durch die unbedachte Technisierung auf einer viel gröberen Skala vorgewarnt!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Ich glaube Volkers Christianentum basiert eher auf seiner Beobachtung, während das Christentum natürlich auf der theoretischen Lehre dritter basiert. Er sieht dass Menschen, obwohl sie es eigentlich besser wissen müssten, Dinge tun, die nicht gut sind, und interpretiert das als ein Experiment Gottes. So gesehen sprechen - wenn überhaupt - die Fakten eher für das Christianentum, auch wenn die Theorie des Christentums schöner wäre. Ich will nichts unterstellen, aber ich glaube, dass eben diese "unbedachte Technisierung" genau das ist, was Volker als Irrtum, bzw. das Ausprobieren von etwas neuem.
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(12-12-2009, 00:52)Ekkard schrieb: Sorry, dass ich mich auf die vorangehenden Seiten beziehe und nicht auf die laufende Diskussion eingehe.

Lieber Volker,
einen Vorteil hat die christianische Gottesvorstellung: Sie ist konkret. Jeder Mensch ist zur Hälfte Gott, die andere lebt von den „göttlichen Geschenken“. Es hat in historischer Zeit bereits eine Lehre gegeben, die etwas Ähnliches gedacht hat: die Gnosis. Nach dieser Lehre ist jeder Mensch ein göttlicher Funke, der auf die Erde gefallen ist und von dort wieder aufsteigt.

Auf der anderen Seite steht ein Bund mit Gott, ein Vertrag. Wenn Personen einen Vertrag schließen, dann können sie nicht wesensgleich sein. Eine Person (ein in sich gleiches Wesen) kann mit sich selbst keinen Vertrag schließen; das wäre widersinnig. Also stellt Gott eine Person außerhalb der Menschheit dar (möglicherweise im Sinne einer juristischen Person). Die andere ist das Gottesvolk zunächst das jüdische Volk, später unter Jesus und seinen Nachfolgern das Christentum.

Das Christianentum ist da etwas völlig anderes: Es blickt nach innen, wo das Christentum nach außen schaut in das Antlitz des Nächsten. Siehe dazu 323 Der Blick nach innen ist kein Augenblick (ausgeführt auf S. 57).
Du schreibst: „Das Christianentum lehnt menschenzentriertes Denken ab“.
Das Christentum ist eine auf einen Vertragspartner (Gott) ausgerichtete Seinslehre des Menschen. Schaut man genau hin, dann verlangt dieser Vertrag, dass die Lebensgrundlagen des Mitmenschen geachtet werden:
Die Pflichten Gott gegenüber sind denkbar gering. Man soll IHN ehren und lieben, also emotional akzeptieren. Alle anderen vertraglichen Verpflichtungen sind Notwendigkeiten im Zusammenleben mit anderen Menschen. Im weiteren Sinne ist auch noch die Umwelt gemeint als Lebensgrundlage.
Wenn, wie im Christianentum, ausschließlich nach innen schaut, wird der Blick auf das Dasein und die Bedürfnisse des Mitmenschen auf Dauer verstellt. Es ist natürlich richtig: Jeder Mensch ist ein Beispiel für „Menschsein“. Erst, wenn ich mit meinem Glauben im Reinen bin, komme ich mit anderen gut aus. Deswegen lautet Jesu Regel: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du!“.

Lieber Ekkard,
dreimal danke, Du hast mir eine lang anhaltende Freude bereitet mit Deinem wesentlichen Beitrag, welcher die bisher fundierteste Kritik gegenüber dem Christianentum hervorbringt.

Bitte entschuldige, daß ich Dir heute Nacht nicht vollständig antworten kann, denn auch wenn Du meinen Geist wie eine Fackel zum Brennen gebracht hast, erhebt mein Körper dagegen Protest.

Aber eine durch meine Erschöpfung sehr verkürzte Reaktion muß jetzt unbedingt sein.
Du hast das Christianentum ins Herz getroffen, mit Deiner Feststellung, daß der Blick nach innen den christlichen Blick auf den Nächsten verstellt.
Aber Du hast etwas begonnen, was dem Christianentum unendlich gut tut. Du vergleichst beide Glaubensgebäude, wobei das Christentum eine riesige Stein auf Stein in zwei Jahrtausenden gemauerte wehrhafte Burg mit 2,2 Milliarden Burginsassen ist, während sich in völliger Dunkelheit ein Maulwurf durch die Erde des Lebens bohrt und bisher nur , wie sollte es anders sein, einen Maulwurfshügel zustande gebracht hat.
Selbst für mich ist es unfassbar: Was will dieser kleine Maulwurf, der zudem auch noch blind zu sein scheint, gegen diese in Jahrhunderten gewachsene mächtige Burg ausrichten ?

Es gibt nur eine Antwort: Ich glaube an die Kraft der 1000 Gottesgeschenke des Christianentums, ich werde sie bis an mein Lebensende suchen, werde versuchen sie zu finden und dann versuchen, sie anzuwenden. Denn das ist der Sinn meines Lebens.

Eine lange Reise beginnt, deren Ende wir nicht kennen.

Danke, lieber Ekkard,
Dein Volker
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Re: Christianentum
Ekkard schreibt:
Zitat:Wenn, wie im Christianentum, ausschließlich nach innen schaut, wird der Blick auf das Dasein und die Bedürfnisse des Mitmenschen auf Dauer verstellt. Es ist natürlich richtig: Jeder Mensch ist ein Beispiel für „Menschsein“. Erst, wenn ich mit meinem Glauben im Reinen bin, komme ich mit anderen gut aus. Deswegen lautet Jesu Regel: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du!“.
Quote repariert. humanist

Lieber Ekkard,
ausgelöst durch Deinen Stoß ins Herz des Christianentums, wurde heute Nacht im Zwiegespräch mit mir selbst, das in Wahrheit ein Selbstgespräch mit meinem Partner war, die These 356 des Christianentums gefunden:

"Wer glaubt, daß er die Kraft, daß er sich selber lieben kann, als Gottesgeschenk erhalten hat und wer weiter glaubt, daß er die Hälfte seiner Eigenliebe großzügig als Menschengeschenk an seinen Nächsten weiter verschenken kann, der hat Gott begriffen. Jesus Christus, wir Christianer danken Dir und lieben Dich für diese Erkenntnis."

Danke , lieber Ekkard,
Volker
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(12-12-2009, 00:52)Ekkard schrieb: Sorry, dass ich mich auf die vorangehenden Seiten beziehe und nicht auf die laufende Diskussion eingehe.

Lieber Volker,
einen Vorteil hat die christianische Gottesvorstellung: Sie ist konkret. Jeder Mensch ist zur Hälfte Gott, die andere lebt von den „göttlichen Geschenken“. Es hat in historischer Zeit bereits eine Lehre gegeben, die etwas Ähnliches gedacht hat: die Gnosis. Nach dieser Lehre ist jeder Mensch ein göttlicher Funke, der auf die Erde gefallen ist und von dort wieder aufsteigt.

Auf der anderen Seite steht ein Bund mit Gott, ein Vertrag. Wenn Personen einen Vertrag schließen, dann können sie nicht wesensgleich sein. Eine Person (ein in sich gleiches Wesen) kann mit sich selbst keinen Vertrag schließen; das wäre widersinnig. Also stellt Gott eine Person außerhalb der Menschheit dar (möglicherweise im Sinne einer juristischen Person). Die andere ist das Gottesvolk zunächst das jüdische Volk, später unter Jesus und seinen Nachfolgern das Christentum.

Lieber Ekkard,
Wenn ich Dein Bekenntnis lese, dann reißt es mich hin und her, weil wir manchmal übereinstimmen und manchmal nicht. Aber fast immer sind unsere christlichen und christianischen Ausgangspunkte verschieden.
Der Christianer hat keinen Vertrag mit Gott und er macht auch keine Selbstkontrahierung. Der Christianer spürt in sich eine Kraft, die nicht von ihm stammt. Dann schaut er sich in der Natur um und sieht, daß andere Lebewesen auch eine unglaubliche Lebenskraft haben und muß zu dem Schluß kommen, daß hinter einer erklärbaren Kraft noch eine andere unerklärbare Kraft wirkt. Warum läßt unser menschenzentriertes Denken nur den Schluß zu, daß diese Kraft von außen kommen muß ? Warum kann sie nicht a priori vor 3,5 Milliarden Jahren von Gott in die tote Materie gepflanzt worden sein, um eine göttliche Ewigkeit lang, die tote Materie zum Leben zu erwecken ? Oder, wenn das nicht stimmt, die einmal belebte tote Materie eine kleine Ewigkeit lang zur Fortpflanzung zu bringen ? Warum ist der Fortpflanzungsgedanke der Natur die süßeste Orgie, die die Natur kennt ? Warum ist in jedes Lebewesen die Vorstellung der Natur von Verbesserung und Leistungssteigerung gepflanzt worden ? Warum schließt das menschenzentrierte Denken aus den Sackgassen der Evolution, zum Beispiel aus der heutigen Existenz der Einzeller, daß sich aus den Einzellern vor 3,5 Milliarden Jahren kein Mensch entwickelt hat ? Wie kann sich der Mensch aus Einzellern entwickeln ohne die ständige Anschubkraft zur Verbesserung und Leistungssteigerung ? Warum macht unser menschenzentriertes Denken, wenn wir den Begriff Kraft durch das Wort Gott ersetzen, daraus gleich eine selbständige Person ? Warum dichten wir dieser Kraft ein außenstehendes Wesen an ? Warum dichten wir dieser Kraft den Heimatort des Himmels an ? Warum bemerkt unser menschen zentriertes Denken jeden kleinsten Splitter in der Natur, aber nicht den Balken in unserem Auge ? Warum kann uns das Christentum so wenig helfen ?

Warum fragt uns die These 44 des Christianentums : " Glaubt ihr Menschen wirklich, eure Kraft stamme von euch ?"

Ich bin müde.
Volker
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(16-12-2009, 02:20)VolkersList schrieb: Dann schaut er sich in der Natur um und sieht, daß andere Lebewesen auch eine unglaubliche Lebenskraft haben und muß zu dem Schluß kommen, daß hinter einer erklärbaren Kraft noch eine andere unerklärbare Kraft wirkt. Warum läßt unser menschenzentriertes Denken nur den Schluß zu, daß diese Kraft von außen kommen muß ? Warum kann sie nicht a priori vor 3,5 Milliarden Jahren von Gott in die tote Materie gepflanzt worden sein, um eine göttliche Ewigkeit lang, die tote Materie zum Leben zu erwecken ?

warum kann diese "kraft" nicht einfach dem leben immanent sein. ohne daß man sich dazu erst einen "einpflanzenden gott" fantasiert, der ja noch dazu sowieso teil zumindest des lebewesens mensch sein soll?

Zitat:Oder, wenn das nicht stimmt, die einmal belebte tote Materie eine kleine Ewigkeit lang zur Fortpflanzung zu bringen ? Warum ist der Fortpflanzungsgedanke der Natur die süßeste Orgie, die die Natur kennt ?

nur weil dir persönlich poppen spaß macht, ist fortpflanzung noch lange nicht für jedes lebewesen eine orgie

Zitat:Warum ist in jedes Lebewesen die Vorstellung der Natur von Verbesserung und Leistungssteigerung gepflanzt worden ?

dem ist ja nicht so

Zitat:Warum schließt das menschenzentrierte Denken aus den Sackgassen der Evolution, zum Beispiel aus der heutigen Existenz der Einzeller, daß sich aus den Einzellern vor 3,5 Milliarden Jahren kein Mensch entwickelt hat ?

na, woraus sonst soll die spezies "homo" denn hervorgegangen sein?

selbstverständlich hat sich auch der mensch letztlich aus den ersten einzelelrn entwickelt

Zitat:Wie kann sich der Mensch aus Einzellern entwickeln ohne die ständige Anschubkraft zur Verbesserung und Leistungssteigerung ?

*gähn* mutation und selektion verändern eine population... und zwar ganz ohne "Verbesserung und Leistungssteigerung", sondern durch anpassung an umweltbedingungen

Zitat:Warum macht unser menschenzentriertes Denken, wenn wir den Begriff Kraft durch das Wort Gott ersetzen, daraus gleich eine selbständige Person ? Warum dichten wir dieser Kraft ein außenstehendes Wesen an ? Warum dichten wir dieser Kraft den Heimatort des Himmels an ?

ich verwehre mich gegen den vereinnahmendes "wir". du bist es, der sich märchen von göttern und kräften erspinnt

Zitat:Warum bemerkt unser menschen zentriertes Denken jeden kleinsten Splitter in der Natur, aber nicht den Balken in unserem Auge ?

was meinst du damit?

Zitat:Warum kann uns das Christentum so wenig helfen ?

vielen hilft es durchaus. dein christianentum aber scheint noch nicht mal dir wirklich zu helfen

Zitat:Warum fragt uns die These 44 des Christianentums : " Glaubt ihr Menschen wirklich, eure Kraft stamme von euch ?"

wer sonst sollte das wissen als du, der doch diesen satz verfaßt hat?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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Die Antwort auf diese These 44 wäre sowieso "ja" ^^

Zitat:Oder, wenn das nicht stimmt, die einmal belebte tote Materie eine kleine Ewigkeit lang zur Fortpflanzung zu bringen ? Warum ist der Fortpflanzungsgedanke der Natur die süßeste Orgie, die die Natur kennt ?

Zur Fortpflanzung gehört nicht nur vögeln. Wieso ist eine Geburt für das Muttertier, insbesondere beim Menschen, oft mit grossen Schmerzen verbunden?
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Zitat:RE: Christianentum
Die Antwort auf diese These 44 wäre sowieso "ja" ^^


Zitat:
Oder, wenn das nicht stimmt, die einmal belebte tote Materie eine kleine Ewigkeit lang zur Fortpflanzung zu bringen ? Warum ist der Fortpflanzungsgedanke der Natur die süßeste Orgie, die die Natur kennt ?

Zur Fortpflanzung gehört nicht nur vögeln. Wieso ist eine Geburt für das Muttertier, insbesondere beim Menschen, oft mit grossen Schmerzen verbunden?

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"Wie? ist der Mensch nur ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff des Menschen?" - Friedrich Nietzsche, Götzen-Dämmerung

Lieber Romero, danke, daß Du Dich noch mit dem Christianentum beschäftigen magst.

Du hast wieder mit Deiner Stellungnahme ins Schwarze getroffen. Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt: Warum hat die Natur ihre süßeste Atemlosigkeit unauflöslich mit der schmerzlichsten Atemlosigkeit verbunden ? Ich weiß es nicht. Das Christianentum weiß es auch nicht. Weiß es das Christentum ?

Bei den Tieren scheint der Höhenflug und der Höllenflug der Natur ja nicht so ausgeprägt zu sein. Ist das eine fehlerhafte Beobachtung ? Beschäftigt sich unsere Wissenschaft mit solchen Fragen ? Beschäftigt sich das Christentum mit derartigen Fragen ? Eines ist gewiß, das Christianentum hat auch keine Antwort. Es versucht sich dem Widerspruch zwischen Gipfelerlebnis und Höllenerfahrung in der Natur erstmal nur zu nähern in der These 67: " Wer glaubt, daß in der Sexualität der Abstand zwischen dem höchsten Gipfel und der tiefsten Hölle gefährlich gering ist, hat Gott begriffen, denn Gott fürchtet sich vor sich selber am meisten, wenn er einem Irrtum so nahe ist."

Hat das Thema Vergewaltigung etwas mit dem Thema Himmel und Hölle zu tun ? Ich weiß es nicht und das Christianentum weiß es auch nicht. Wie behandelt das Christentum diese Thematik ? Oder ist das kein Thema in der heutigen christlichen Religion ? Hat der Hexenprozeß von Memmingen etwas mit diesem Thema zu tun ?
Fragen über Fragen und keine Antworten.
Versagen hier die Religionen ?
Danke für alles,
Volker
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Bekanntermaßen deshalb, weil sie nicht tödlich sind. Die Evolution funktioniert halt nicht reibungslos. Oder der Christianengott experimentiert; der beste Weg ist noch nicht gefunden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(16-12-2009, 13:29)VolkersList schrieb: Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt: Warum hat die Natur ihre süßeste Atemlosigkeit unauflöslich mit der schmerzlichsten Atemlosigkeit verbunden ? Ich weiß es nicht. Das Christianentum weiß es auch nicht. Weiß es das Christentum ?

lieber volker, dein problem ist in erster linie, daß du die falschen fragen stellst

du bist wie der kleine junge, der fragt: warum hat der weihnachtsmann mir nicht genau den spielzeugferrari gebracht, den ich mir gewünscht habe, sondern nur einen spielzeugmercedes?

wenn der kleine junge ein wenig größer wird, wird er merken, daß er die frage so stellen muß: ist es denn überhaupt der weihnachtsmann, der die geschenke bringt?

auch du stellst überhaupt nicht in frage, daß

1) sex "süßeste Atemlosigkeit" sein muß
2) geburt "schmerzlichsten Atemlosigkeit" sein muß
3) zwischen sex und geburt besteht ein zwindgender zusammenhang

nun trifft ja alles drei so nicht zu. es gibt einerseits menschen, denen sex nicht mehr bedeutet als zähneputzen (eine lästige "pflicht"), andererseits habe ich glaubhafte schilderungen von frauen gehört, die die geburt als einen "superorgasmus" beschrieben haben (mit begriffen wie "schmerzlust" will ich dich hier gar nicht erst behelligen). und es gibt jede menge sex, ohne daß daraus schwangerschaft und geburt resultierten

du setzt also schon mal drei falsch prämissen (die zu hinterfragen wäre nämlich deine erste aufgabe!), und konstruierst so also einen falschen zusammenhang, der natürlich nicht haltbar ist. wie du ja auch selber schon zu ahnen scheinst, wenn du fragst, ob das denn bei den tieren auch so sei...

ich rate dir, ein wenig vorsichtiger bei der formulierung deiner thesen zu sein. also erst überlegen "ist das denn überhaupt so?", dich einfach ein wenig schlau machen über die materie, und dann erst thesen und fragen formulieren - die du dann wohl auch weniger oft neu formulieren mußt, weil sie sich als nicht haltbar herausgestellt haben

Zitat:Bei den Tieren scheint der Höhenflug und der Höllenflug der Natur ja nicht so ausgeprägt zu sein. Ist das eine fehlerhafte Beobachtung ? Beschäftigt sich unsere Wissenschaft mit solchen Fragen ? Beschäftigt sich das Christentum mit derartigen Fragen ? Eines ist gewiß, das Christianentum hat auch keine Antwort

warum sollte es auch? inwiefern ist das von bedeutung?

selbstverständlich beschäftigt sich die wissenschaft sowohl mit sexueller fortpflanzung als auch mit sexueller lust

Zitat:Es versucht sich dem Widerspruch zwischen Gipfelerlebnis und Höllenerfahrung in der Natur erstmal nur zu nähern in der These 67: " Wer glaubt, daß in der Sexualität der Abstand zwischen dem höchsten Gipfel und der tiefsten Hölle gefährlich gering ist, hat Gott begriffen, denn Gott fürchtet sich vor sich selber am meisten, wenn er einem Irrtum so nahe ist."

sorry, aber so ist das nonsens. wie kommst du überhaupt auf "tiefste Hölle" und "Irrtum"? es scheint, daß du hier so einiges nicht begreifst - und dir trotzdem anmaßt, zu dekretieren, wer unter welchen umständen "gott begriffen" habe. kommt dir das nicht selber anmaßend bis lächerlich vor?

Zitat:Hat das Thema Vergewaltigung etwas mit dem Thema Himmel und Hölle zu tun ?

kommt drauf an, wie du "Himmel und Hölle" definierst

Zitat:Ich weiß es nicht und das Christianentum weiß es auch nicht. Wie behandelt das Christentum diese Thematik ? Oder ist das kein Thema in der heutigen christlichen Religion ?

warum sollte vergewaltigung kein thema "in der heutigen christlichen Religion" sein? sie ist schon im at thema, und wird selbstverständlich auch heute noch in verschiedenen aspekten diskutiert

Zitat:Hat der Hexenprozeß von Memmingen etwas mit diesem Thema zu tun ?

wie kommst du jetzt darauf?

Zitat:Fragen über Fragen und keine Antworten.
Versagen hier die Religionen ?

nein. "die Religionen" können nichts dafür, wenn du die falschen fragen stellst (z.b., ob ein prozeß gegen einen gynäkologen etwas mit vergewaltigung zu tun habe... :icon_rolleyes: ), oder wenn du gar nicht erst nach antworten suchst, welche in der theologischen diskussion ja durchaus zahlreich zu finden sind
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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Das Christentum hat schon ne Antwort darauf. Nämlich dass Gott die Frau verflucht hat, wegen Eva. Aber wie glaubwürdig das ist...
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Zitat:Gestern, 14:06 Beitrag: #146
Romero
hellenistisch Denkender

Beiträge: 2,011
Registriert seit: Jul 2009

RE: Christianentum
Das Christentum hat schon ne Antwort darauf. Nämlich dass Gott die Frau verflucht hat, wegen Eva. Aber wie glaubwürdig das ist...

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"Wie? ist der Mensch nur ein Fehlgriff Gottes? Oder Gott nur ein Fehlgriff des Menschen?" - Friedrich Nietzsche, Götzen-Dämmerung

Lieber Romero, Du siehst mich fassungslos, daß Gott die Frau verflucht haben soll wegen Eva. Was hat Eva verbrochen ? Was hat "die Frau" (die es nicht gibt ) verbrochen ? Wer hat sich solchen Unsinn ausgedacht ? Und dieser Schwachsinn hat 2000 Jahre überdauert ? Ich kann es nicht glauben.

Ich könnte es mir leicht machen und sagen, es wird Zeit, daß das Christianentum kommt und mit diesem Schwachsinn aufräumt. Aber das werde ich nicht tun. Das Christianentum steht vor der gleichen Barriere wie das Christentum und hat keine Antwort, warum Himmel und Hölle in der Natur so dicht nebeneinander liegen. Auf eines allerdings erhebt das Christianentum Anspruch: Es gibt ehrlich zu, wenn es etwas nicht weiß oder keine Antwort hat. Pseudoantworten und Scheingewißheiten sind keine Bestandteile des Christianentums.

Ein anderes allerdings wird das Christianentum niemals aufgeben: Sein Kurzprogram von Versuch und Irrtum und neuer Versuch. Also, worauf warten wir ? Das ist, wie Du Dich vielleicht erinnern magst, wieder ein Beginn oder eine Weiterführung eines Experimentes, von dem ich vor einiger Zeit sprach und das ich nur gewillt bin, vor aller Augen durchzuführen.
Was mag sich die Natur dabei gedacht haben, als sie sich um die Sicherung der belebten Materie und deren Fortbestand bemühte ? Wie kann man belebte Materie manipulieren, so daß sie das tut, was man möchte ? Ich glaube, es gibt in der Tierwelt kein Tier, das nicht durch eine Belohnung zu einer Änderung seiner Verhaltensweise gebracht werden kann. Worin besteht diese Belohnung ? Aber Schenken von Futter und sei es das Leckerste, reicht für unser Experiment nicht. In der Natur gibt es, denke ich , kein Tier, daß durch Futtergaben zum Geschlechtsverkehr manipuliert werden kann. Der Freßtrieb reicht zur Erhaltung des Individuums, aber nicht zur Erhaltung der Art. Zur Sicherung des Fortbestandes der Art, muß die Natur schon mit der Potenzierung eines Machtmittels kommen. Das tut sie dann auch. Vergleichen wir Freßtrieb und Geschlechtstrieb, dann müssen wir feststellen, daß der Letztere um Potenzen wirkungsvoller als der Freßtrieb ist. Steht beides nebeneinander zur Auswahl, dann wird der Freßtrieb eher als Behinderung des Geschlechtstriebes gesehen. Dieses Thema wird in dem Film "Die sieben Todsünden" behandelt. Die Natur hat sich also ein Instrument geschaffen, das ihren Fortbestand sichert.

Jetzt wird es spannend. Warum gefährdet sie diesen offensichtlichen Erfolg bei der Sicherung ihres Fortbestandes in der ersten Phase durch die dann zu erwartenden Höllenqualen der Gebärenden ? Die Antwort ist vielleicht überraschend, aber die Natur sieht für das Wesen mit der höchsten Potenz weder Hölle noch Qualen vor. Der Mann der Schöpfung genießt seine Potenz und überläßt die Qualen der Hölle anderen Wesen.
Das ist eine gigantische Ungerechtigkeit. Wenn Gott ungerecht ist, dann irrt er sich und korrigiert sich durch die Menschen. Aber diese fundamentale Ungerechtigkeit korrigiert er nicht, oder doch ? Daß nur der Mann zum Kriegsdienst verpflichtet werden kann, ist leider Schnee von gestern. Daß nur Soldaten im Krieg getötet werden, ist sogar Schnee von heute. Siehe Kunduz. Die Natur ist, was den Fortbestand der Art betrifft, ungerecht, oder ? Wer von Aufgabenteilung spricht, der will nicht mal das Problem sehen. Warum verteidigt die Natur diese Ungerechtigkeit und hebt sie sogar noch auf ein Podest ? Damit wir sie besser sehen können ?
Obwohl das Christianentum nicht das Vaterunser, sondern das VaterundMutter betet, weiß es nicht, wie es diese Ungerechtigkeit erklären soll. Das Christianentum steht vor dieser Barriere, die nur Lügen aus der Welt schaffen kann und das nur als Scheingewißheit oder als Pseudoerklärung. Männliche Religionen machen es sich einfach, die Frau wird zur Leidensfigur degradiert und dann nennen die männlichen Religionsführer das die göttliche Ordnung. Wenn man Frauen fragt , verkleistern sie die Höllenqualen der Geburt mit dem unglaublichen Erlebnis, neues Leben geboren zu haben. Das Wort "verkleistern", nehme ich zurück. Aus der tiefsten Hölle des Schmerzes werden sie nach stundenlanger Folterqual in Sekunden nach oben in das höchste Glück der Weitergabe ihres eingenen Ichs gerissen, nur mit der Einschränkung, deine Kinder sind nicht deine Kinder, sondern die Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.
Was tut jetzt das Christianentum, das als bockiger Gaul vor der Barriere steht und sie nicht überspringen kann ?
Es bittet seine lieben Kritiker um Hilfe.
Eines der 1000 Gottesgeschenke des Christianentums heißt Ausdauer.
Vielleicht können wir Menschen noch unseren menschlichen Anteil draufsatteln.
Danke für alles.
Volker
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(17-12-2009, 19:42)VolkersList schrieb: Was mag sich die Natur dabei gedacht haben, als sie sich um die Sicherung der belebten Materie und deren Fortbestand bemühte ?

diese frage impliziert, daß die natur ein denkendes, also planendes und zielgerichtet handelndes wesen (personaler natur) wäre. und nicht eine umschreibung für die nach bestimmten regeln funktionierende biosphäre

Zitat:In der Natur gibt es, denke ich , kein Tier, daß durch Futtergaben zum Geschlechtsverkehr manipuliert werden kann

"manipuliert" klingt so negativ. aber es ist z.b. so, daß affen sich sex durch abgeben von erbeuteter nahrung "erkaufen"

http://www. spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,617975,00.html

Zitat:Das tut sie dann auch. Vergleichen wir Freßtrieb und Geschlechtstrieb, dann müssen wir feststellen, daß der Letztere um Potenzen wirkungsvoller als der Freßtrieb ist. Steht beides nebeneinander zur Auswahl, dann wird der Freßtrieb eher als Behinderung des Geschlechtstriebes gesehen

ähm - naja... wenn nun beide triebe simultan befriedigung fordern, neige ich eher dazu, dies zu kombinieren

aber - vielleicht bin ich ja auch nur ausgesprochen triebschwach, z.b. im vergleich zu dir - aber ich habe mir doch schon über bedeutend längere zeiten die befriedigung meines sexualtriebs verkniffen als die meines freßtriebs

Zitat:Die Natur ist, was den Fortbestand der Art betrifft, ungerecht, oder ?

na, ich weiß nicht, ob das männchen der gottesanbeterin die ungerechtigkeit auf derselben seite sieht wie du...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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Re: Christianentum

Liebe Kritiker,
immer wieder höre ich in Euren Antworten und Kritiken die Begriffe "Anpassung", "Selektion" , " Mutation" und so weiter. Aber der Erfolgsdruck , den die Natur seit 3,5 Milliarden Jahren auf alle ihre Lebewesen zur Verbesserung ihrer selbst und zur Steigerung ihrer Leistung ausübt, wird mit keinem Wort erwähnt oder, wenn doch, dann wird dieser Erolgszwang oder Verbesserungszwang als unerheblich für die Entwicklung der Evolution angesehen. Hat diese Sichtweise etwas mit Charles Darwin zu tun ?

Da das Christianentum nur Thesen kennt, die keine Glaubenssätze sind, wage ich die These 358, in der das Christianentum hoffentlich eindeutig zu Charles Darwin Stellung bezieht:
" Wer glaubt, daß die Grundaussage der Evolutionstheorie von Charles Darwin richtig ist, daß natürliche Selektion und zufällige Mutation für die Entstehung und Weiterentwicklung des Lebens verantwortlich sind, hat Gott und seine Prioritäten nicht begriffen, denn der ständige Arbeitsdruck der Natur, alle ihre Lebewesen zur Verbesserung und Leistungssteigerung zu drängen, verweist Anpassung, Selektion und Mutation auf den zweiten Platz der Evolution."

Es würde mich freuen, wenn Ihr Eure möglichst präzise begründeten Stellungnahmen zu dieser neuen These des Christianentums geben könnt.
Danke im voraus.
Volker
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(19-12-2009, 19:43)VolkersList schrieb: der Erfolgsdruck , den die Natur seit 3,5 Milliarden Jahren auf alle ihre Lebewesen zur Verbesserung ihrer selbst und zur Steigerung ihrer Leistung ausübt, wird mit keinem Wort erwähnt oder, wenn doch, dann wird dieser Erolgszwang oder Verbesserungszwang als unerheblich für die Entwicklung der Evolution angesehen. Hat diese Sichtweise etwas mit Charles Darwin zu tun?
Dabei handelt es sich um eine empirische Tatsache. Evolution ist nicht zielgerichtet. Bei über 90% der Masse der belebten Materie handelt es sich um Klein- und Kleinstlebewesen. Bei 60% sogar nur um Bakterien. Der "Erfolgsdruck" ergibt sich nur in sehr speziellen Biotopen, die eine Anpassung verlangen. Die Kleinstlebewesen sind aber schon dort. Was wir sehen, sind Lebewesen, die einem Filterungsprozess unterworfen waren. Dabei gibt es Um- und Abwege: Lebewesen sind dem Wasser entstiegen und wieder ins Wasser zurück gegangen. Manche degenerieren und sterben aus.

Mir ist deine These 358 nicht klar. Was hat die geordnete Theorie der Entwicklungsgeschichte mit Gott zu tun? Und was soll der Verweis auf Platz 2?
Noch deutlicher: Was hat eine religiöse Frage in der allein sachbezogenen Erkundung unserer Welt und Umwelt zu suchen?

Religiöse Fragen sind gesellschafliche, ggf. gesellschaftskritische, ethische, normative Fragen. All das hat (normalerweise) nichts mit Methoden der Sacherkundung zu tun. Klär' mich mal bitte auf!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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