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Bundespräsident ermutigt Kirchen zur Mission
#16
(13-05-2010, 12:59)humanist schrieb: Ja, leider ist die Verbandelung zwischen Staat und Kirche immer noch immens - auch dank überwiegend christlicher Politiker. Deutschland ist säkular aber nicht laizistisch. Damit beschreibst du die Realität.
Jedoch ist das nicht in Ordnung und kann nur mit entsprechender Initiative, die dem Gemauschel entgegenwirkt, verändert werden. Vorbild ist Frankreich.

Eher bewirkst Du den Rücktritt von Queen Elizabeth ... Staat und Kirche sind hierzulande sehr eng miteinander verbunden und Du bekommst eine vehemente Opposition aus den Reihen der CDU/CSU und auch eine verhaltend hinterher laufende von der eigentlich konfessionell nicht gebundenen FDP. Ich erinnere einfach mal an den Fall einer jungen türkischstämmigen CDU-Politikerin, die dafür plädierte, dass man sowohl das Kopftuch als auch das Kreuz aus dem Klassenzimmer entfernt. Für diesen nicht unvernünftigen Ansatz gab es harsche Kritik aus eigenen Reihen; sie wurde förmlich so niedergebrüllt, dass Wulff hier Schützenhilfe geben musste.
Die CSU schreit in Regelmäßigkeit auf wie ein gequältes Mäuschen wenn's an den Heiland im Klassenzimmer geht. Du kannst ja prinzipiell gegen alles gehen, was Du möchtest - aber an ein "Entgegenwirken" kann ich hier beim besten Willen nicht glauben.

(13-05-2010, 12:59)humanist schrieb: Ist ja herzallerliebst. Da lachen sich die Christen ins Fäustchen, wenn sich die Konfessionslosen zu recht aufregen.
Christen hingegen tun das meist zu unrecht und gefallen sich in ihrer herbeifantasierten Opferrolle.
Der Unterschied: Wir beseitigen die unbequeme Meinung nicht mit Gewalt.

Ich weiß ja nicht, was "die Christen" tun und ich bezweifel ebenso, dass sie es alle tun, aber Du regst Dich, wie mehrfach dargelegt wurde, nicht "zu recht" auf, wenn Horst Köhler über interne Vorgänge innerhalb der Kirchen spricht. Es mag Dich aufregen, dass es für ihn von Wichtigkeit ist, Du magst ein fundamentales Problem damit haben, dass es überhaupt eine CDU gibt (das habe ich im Übrigen auch), aber all dies sind schon lange bekannte Tatsachen und kein Grund zur Aufregung, (wobei Aufregung ohnehin kaum ein wirklich erträglicher Lösungsansatz ist, es sei denn, man arbeitet auf ein Magenkarzinom hin).
Was ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist Dein Abfall in Argumentations- und Angriffstrategien, die ich selbst nur von Religiösen kenne, die gerade rechtfertigen wollen, dass sie sich über den bösen Glaubensverächter neben ihnen aufregen und dass dieser menschliche Mißstand doch beseitigt werden solle. Nun, Horst Köhler ist Horst Köhler und er ist nun einmal Mitglied der christlichen Union, die sich um die Belange der Kirche sorgt,- wo da jetzt der Grund zur Aufregung sein soll, kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Wie gesagt; mit fundamentaler Systemkritik bin ich d'accord, aber für "Aufregung" und diese herdenhafte Art des Echauffierens fehlt mir jegliches Verständnis.
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#17
Die Geschichte wirds zeigen. Gerichte haben - wie im Kruzifixurteil - im Sinne der Säkularisierung entschieden.
Die angekündigten überverbandlichen Schritte von Humanisten bzgl. des Bundespräsidenten sind ein weiterer Schritt.
Die Gesellschaft ändert sich, Konfessionslose werden kein ausschließlich loser Haufen mehr sein und sich ihre Rechte nehmen lassen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#18
(13-05-2010, 12:33)humanist schrieb: Es ist völlig egal, welcher Weltanschauung er den Vorzug gibt.
Seine persönliche Meinung hat er nicht kund zu tun. Auch keine atheistische.

Du bist meiner Frage ausgewichen. Kannst du sie bitte beantworten!

Ich habe so klar geantwortet, wie es mir nötig und mir möglich schien.

DE
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#19
@Der-Einsiedler
Ich formuliere meine Frage nochmal neu.
Angenommen wir hätten einen Bundespräsident, der auf einem Muslimen-Kongress seinen Glauben an den Islam als moralische Leitlinie für die deutsche Gesellschaft postuliert.
Wäre das von den Christen genauso akzeptiert worden? Wenn nein, was ist der Unterschied zur Aussage von Köhler?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#20
@humanist:
Ich glaube, die Frage, was passieren würde, würde dies ein SPD- oder FDP-Politiker tun, wäre viel interessanter.
Du kannst es drehen und wenden wie Du willst, Köhler ist ein Christdemokrat. Es ist klar, dass er christliche Ideale vertritt. Es ist klar, dass er subjektiv ist, weil er in einer subjektiven Partei ist, die eben nicht Atheisten als Teil der deutschen Leitkultur bezeichnet. Das deutsche christliche Abendland wird von Parteivertretern immer wieder in Interviews gewürdigt und in teils grotesker Weise positiv verzerrt. Jemand, der so offensiv wie Du es beschreibst, versuchen würde, die christliche Leitkultur zu torpedieren und jene gegen eine andere religiöse Leitkultur zu ersetzen, der hat in der CDU keinen Platz und er wird Hohn und Spott ernten.
Deutschland hat, ob es Dir und mir gefällt oder nicht, eine historische Bindung zum Christentum und ist nicht bereit - im Gegensatz zu Frankreich - diese Bindung bzgl. staatlicher Zusammenhänge komplett zu kappen. Aber all dies hat ja mit der Rede auf dem Kirchentag nichts zu tun. Ich bin mir sicher, Du wirst auch eine Rede von Sarkozy auf einer vergleichbaren Veranstaltung in Frankreich finden. Wenn eine überwiegende Mehrheit der Gesellschaft einer bestimmten Religionsauffassung obliegt, dann ist es unumgänglich für einen Politiker, der populär sein muss, Präsenz gegenüber diesen Leuten zu zeigen. Religion ist für die Politik in aller erster Linie ein Machtfaktor. Und da kann sich eine vergleichsweise kleine, vielleicht ja sogar mickrige Fraktion selbsternannter "Humanisten" auf den Kopf stellen;- "Might is right". Und so lange die meisten Leute daran glauben, haben sie in einer Demokratie eine enorme Macht.
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#21
(14-05-2010, 14:35)humanist schrieb: Angenommen wir hätten einen Bundespräsident, der auf einem Muslimen-Kongress seinen Glauben an den Islam als moralische Leitlinie für die deutsche Gesellschaft postuliert.
Wäre das von den Christen genauso akzeptiert worden? Wenn nein, was ist der Unterschied zur Aussage von Köhler?
Köhler ist nun mal Christ und hat zu Christen gesprochen.

Wir müssen dein Problem anders formulieren, um zu einer äquivalenten Stellungnahme zu kommen:

Es wäre doch ohne Weiteres für Christen verständlich, wenn ein ranghoher Minister der islamischen Welt, der u. a. auch Christen seines Landes zu vertreten hat, auf einem Kongress von Muslimen in Deutschland seine Glaubensgeschwister auffordern würde, gewissen allgemein gültigen, ethischen Regeln durch einen festen Glauben Geltung zu verschaffen, oder die muslimischen Gemeinden zu stärken - sprich Innenmission zu betreiben. Oder: eine größere Einheitlichkeit anzustreben ...
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#22
(14-05-2010, 14:35)humanist schrieb: @Der-Einsiedler
Ich formuliere meine Frage nochmal neu.
Angenommen wir hätten einen Bundespräsident, der auf einem Muslimen-Kongress seinen Glauben an den Islam als moralische Leitlinie für die deutsche Gesellschaft postuliert.
Wäre das von den Christen genauso akzeptiert worden? Wenn nein, was ist der Unterschied zur Aussage von Köhler?

Der Unterschied ist, dass wir ein CHRISTLICH geprägtes Land, ja, sogar ein CHRISTLICH geprägter Staat sind. Das kann doch niemand anzweifeln, egal, ob wir das gut finden oder nicht. Wir sind kein islamisch geprägter, kein atheistisch geprägter, sondern ein christlich geprägter Staat. Wie das in 500 Jahren sein wird, wird man sehen, vielleicht spricht dann ein Nachfahre von Schmidt-Salomon, sagen wir einmal "Michael Schmidt-Salomon XXIX." als Bundespräsident davon, wie sehr ihn die atheistische Gesellschaft doch geprägt hat. Prima! "Der Einsiedler XXVIII" wird sicherlich nichts dagegen haben.

Das wird jetzt meine letzte Antwort in dieser Frage sein. Dieses Nachfragen ad infinitum hat hier in diesem Forum System, um die Leute zu zermürben. Ich steige da aus Icon_wink

DE
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#23
(14-05-2010, 14:50)Franziskus schrieb: @humanist:
Ich glaube, die Frage, was passieren würde, würde dies ein SPD- oder FDP-Politiker tun, wäre viel interessanter.
Du kannst es drehen und wenden wie Du willst, Köhler ist ein Christdemokrat. Es ist klar, dass er christliche Ideale vertritt. Es ist klar, dass er subjektiv ist, weil er in einer subjektiven Partei ist, die eben nicht Atheisten als Teil der deutschen Leitkultur bezeichnet. Das deutsche christliche Abendland wird von Parteivertretern immer wieder in Interviews gewürdigt und in teils grotesker Weise positiv verzerrt. Jemand, der so offensiv wie Du es beschreibst, versuchen würde, die christliche Leitkultur zu torpedieren und jene gegen eine andere religiöse Leitkultur zu ersetzen, der hat in der CDU keinen Platz und er wird Hohn und Spott ernten.
Deutschland hat, ob es Dir und mir gefällt oder nicht, eine historische Bindung zum Christentum und ist nicht bereit - im Gegensatz zu Frankreich - diese Bindung bzgl. staatlicher Zusammenhänge komplett zu kappen. Aber all dies hat ja mit der Rede auf dem Kirchentag nichts zu tun. Ich bin mir sicher, Du wirst auch eine Rede von Sarkozy auf einer vergleichbaren Veranstaltung in Frankreich finden. Wenn eine überwiegende Mehrheit der Gesellschaft einer bestimmten Religionsauffassung obliegt, dann ist es unumgänglich für einen Politiker, der populär sein muss, Präsenz gegenüber diesen Leuten zu zeigen. Religion ist für die Politik in aller erster Linie ein Machtfaktor. Und da kann sich eine vergleichsweise kleine, vielleicht ja sogar mickrige Fraktion selbsternannter "Humanisten" auf den Kopf stellen;- "Might is right". Und so lange die meisten Leute daran glauben, haben sie in einer Demokratie eine enorme Macht.

Dann müsste Köhler ja vordergründig die konfessionsfreien Menschen in der Öffentlichkeit vertreten. Immerhin sind diese die größte weltanschauliche Gruppierung in Deutschland.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#24
Warum belässt man das Thema Religion nicht als Privatsache?
Wieso muss eine Religion vom Staat Sonderrechte erhalten? Das degradiert andere Weltanschauungen als minderwertig und ist offen gesagt schei*e.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#25
(14-05-2010, 18:15)humanist schrieb: Immerhin sind diese die größte weltanschauliche Gruppierung in Deutschland.

Nö. Sie sind keine Gruppierung, weil sie nicht organisiert sind. Und darüber hinaus sind die sog. "konfessionslosen" zwar oftmals kirchen-, aber nicht glaubensmüde.

Zitat:Warum belässt man das Thema Religion nicht als Privatsache?
Wieso muss eine Religion vom Staat Sonderrechte erhalten? Das degradiert andere Weltanschauungen als minderwertig und ist offen gesagt schei*e.

Joa. Aber die Erkenntnis ist ja nicht neu. Und was hat das jetzt mit Köhlers Rede auf dem Kirchentag zu tun?
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#26
(14-05-2010, 19:34)Franziskus schrieb:
(14-05-2010, 18:15)humanist schrieb: Immerhin sind diese die größte weltanschauliche Gruppierung in Deutschland.

Nö. Sie sind keine Gruppierung, weil sie nicht organisiert sind. Und darüber hinaus sind die sog. "konfessionslosen" zwar oftmals kirchen-, aber nicht glaubensmüde.

Will nicht wieder meine Statistiken rauskramen. Tatsächlich sind die meisten der Konfessionslosen nichtgläubig.
Sie stellen den größten Teil der Bevölkerung, trennst du Katholische und Evangelische.
Weshalb Konfessionslose gruppiert sein müssen, um als Klientel der Politik zu gelten, erschließt sich mir nicht, sorry.

(14-05-2010, 19:34)Franziskus schrieb:
Zitat:Warum belässt man das Thema Religion nicht als Privatsache?
Wieso muss eine Religion vom Staat Sonderrechte erhalten? Das degradiert andere Weltanschauungen als minderwertig und ist offen gesagt schei*e.

Joa. Aber die Erkenntnis ist ja nicht neu. Und was hat das jetzt mit Köhlers Rede auf dem Kirchentag zu tun?

Das war meine Meinung zu euren Aussagen, es ist halt Tradition in D, dass das Christentum Sonderrechte genießt, also friss es.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#27
(14-05-2010, 20:19)humanist schrieb: Will nicht wieder meine Statistiken rauskramen. Tatsächlich sind die meisten der Konfessionslosen nichtgläubig.
Sie stellen den größten Teil der Bevölkerung, trennst du Katholische und Evangelische.
Weshalb Konfessionslose gruppiert sein müssen, um als Klientel der Politik zu gelten, erschließt sich mir nicht, sorry.

Die Statistik würde mich zwar interessieren, aber ich lasse das mal so stehen. Was Du sagst ist auch deshalb nicht schwer zu glauben, da wir ja auch von den neuen Bundesländern reden, in denen der prozentuale Anteil an Atheisten sicherlich relativ hoch sein wird.
Zum letzten Punkt: Das ist eigentlich ganz leicht zu verstehen, wenn man das Ganze nicht mehr aus einem ideologischen, sondern aus einem rein politisch-strategischen Blickwinkel betrachtet. Hast Du eine Organisation vor Dir, die eine ethische Grundlinie vorgibt und die von einem sehr hohen Anteil der Menschen getragen wird, (wie wir wissen nicht eine Mehrheit, aber ein großer Teil der Leute, einschließlich der Sympathisanten und Christen unter den Konfessionslosen), dann kannst Du leichter (wohlbemerkt: auch nicht leicht, wie wir an dem Käßmann-Problem Guttenbergs sehen) eine Politik zu deren Gunsten machen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit trägt, von einem breiten Publikum akzeptiert zu werden. Du kannst christliche Themen auf populistische Weise adressieren und kannst Dir relativ sicher sein, dass eine Mehrheit der Christen Dir zustimmen. Aus Sicht einer auf die Demokratie abgestimmte Taktik ist dies Gold wert. Du hast eine Gruppierung, die sicherlich nicht für alle Christen spricht, aber für eine Mehrheit derselben. Wenn diese Mehrheit schwindet oder tatsächlich bedroht ist (hier habe ich keine konkreten bestätigten Zahlen, aber ich habe mal läuten hören, dass hier in NRW 16% der Mitglieder aufgrund der Mißbrauchsvorwürfe ausgetreten sein sollen), dann hast Du als eine Partei, die Christen ansprechen soll, ein neuerliches strategisches Problem. Du weißt nicht mehr genau, wo Du Dein Fähnchen platzieren sollst und ob ein Zugeständnis an die katholische Kirche eventuell unpopulär ist.
Und hier siehst Du das ganz große Problem bei Atheisten. Ein lebhaftes, nachvollziehbares Beispiel:
Wir beide sind Atheisten. Davon einmal abgesehen, sind wir grundverschieden. Du verfolgst eine idealistische, ethische Linie, die sich "Humanismus" nennt und in meinen Augen nur alter Wein in neuen Schläuchen ist. Du verfolgst eine ethische Grundlinie, die vergleichbar ist mit den Fundamenten des Christentums und der stoischen Linie. (Zumindest unterstelle ich das jetzt einfach mal; mein Wissen über die "Humanismus-Bewegung" ist sicherlich nicht profund, aber das ist mein Eindruck, den ich aus diversen Artikeln gewonnen habe. Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege). Du hast kein Problem, Dich einem Kollektiv, einer Herde anzuschließen, um diese Linie auf breiter Front zu repräsentieren und bist dahingehend sehr idealistisch und bereit, diese Ideale in die Gesellschaft zu tragen.
Ich hingegen bin alles andere als idealistisch. Ich bin ein Egoist. Von einer gemeingültigen Ethik halte ich nicht viel (um es vorsichtig auszudrücken), und Vereinsmeierei und Gleichmacherei, die mich im Grunde als eine Marionette im Kollektiv betrachtet, ist mir grundsätzlich zuwider. Ich rege mich so lange nicht über einen Mißstand auf, ehe er mich nicht betrifft. Es ist auch aus meiner Sicht bedauerlich, dass diese Gesellschaft noch keine weitreichenden laizistischen Züge angenommen hat, aber dieses Thema gibt für mich nicht so viel existentielle Qualität her, dass ich mich am Ende gar einer Bewegung anschließen und meine Zeit damit verschwenden würde, irgendwelchen Idealen hinterherzurennen, die schlußendlich allesamt in der Menschheitsgeschichte zwar gut gemeint waren, aber doch in der Regel mehr Mißstände als Vorteile kreiert haben.
Wir beide unterscheiden uns also fundamental voneinander. Wir mögen beide Atheisten sein, aber unsere Weltanschauung (die wesentlich schwerer wiegt als die Frage, ob wir an den großen Alten mit Rauschebart glauben oder nicht) ist gänzlich verschieden. Wie möchtest Du jetzt politisch-strategisch vorgehen, um eine Politik für uns beide zu machen? Sicherlich, wir wären beide damit einverstanden, dass Kreuze aus dem Klassenzimmer verbannt werden; aber das ist kein existentielles politisches Thema. Wie gehst Du in sozialpolitischen Fragen vor? In gesellschaftlichen Fragen? Du wärest, um bei der Schulgleichung zu bleiben, wahrscheinlich für einen Ethikunterricht, ich hielte das für schwachsinnig, so lange Philosophie unterrichtet wird.
Schlußendlich sind wir beide keine feste Gruppierung mit einer moralischen Leitlinie, an der man seine Politik strategisch ausrichten könnte. Darum haben Atheisten de facto keinen strategischen Wert für die Politik, deswegen werden sie selbst bei der FDP oder auch bei den Linken kaum taktisch angesprochen.
Sicherlich wäre es leichter, taktisch vorzukommen, wenn es eine große humanistische Organisation gäbe, die Deine Linie vertritt - aber de facto sind die bestehenden Organisationen noch viel zu klein, als dass jemand daran eine politisch Taktik festmachen könnte, um an Wählerstimmen zu gelangen. Und dann würde man damit immer noch nicht "die Atheisten" ansprechen, sondern "die Humanisten".
[/quote]Kurzum; Atheismus ist nicht dergestalt gruppierbar, dass er in einer Demokratie politisch-strategisch berücksichtigt werden könnte.

Zitat:Das war meine Meinung zu euren Aussagen, es ist halt Tradition in D, dass das Christentum Sonderrechte genießt, also friss es.

Ich kann Dein Denken durchaus nachvollziehen, aber das ändert ja nichts daran. Und der Einsiedler hat mit seiner Einschätzung sicherlich nicht Unrecht; um das aus den Köpfen der Leute herauszukriegen, wird es Jahrhunderte brauchen. Ich selbst gehe eher davon aus, dass die katholische Kirche sich in den folgenden Jahrzehnten wieder erholt. Flauten gab es in den letzten Jahrhunderten immer mal wieder. Das schmälert nicht den grundlegenden Erfolg dieser Organisation.
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#28
(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb:
(14-05-2010, 20:19)humanist schrieb: Will nicht wieder meine Statistiken rauskramen. Tatsächlich sind die meisten der Konfessionslosen nichtgläubig.
Sie stellen den größten Teil der Bevölkerung, trennst du Katholische und Evangelische.
Weshalb Konfessionslose gruppiert sein müssen, um als Klientel der Politik zu gelten, erschließt sich mir nicht, sorry.

Die Statistik würde mich zwar interessieren, aber ich lasse das mal so stehen. Was Du sagst ist auch deshalb nicht schwer zu glauben, da wir ja auch von den neuen Bundesländern reden, in denen der prozentuale Anteil an Atheisten sicherlich relativ hoch sein wird.
Zum letzten Punkt: Das ist eigentlich ganz leicht zu verstehen, wenn man das Ganze nicht mehr aus einem ideologischen, sondern aus einem rein politisch-strategischen Blickwinkel betrachtet. Hast Du eine Organisation vor Dir, die eine ethische Grundlinie vorgibt und die von einem sehr hohen Anteil der Menschen getragen wird, (wie wir wissen nicht eine Mehrheit, aber ein großer Teil der Leute, einschließlich der Sympathisanten und Christen unter den Konfessionslosen), dann kannst Du leichter (wohlbemerkt: auch nicht leicht, wie wir an dem Käßmann-Problem Guttenbergs sehen) eine Politik zu deren Gunsten machen, die eine hohe Wahrscheinlichkeit trägt, von einem breiten Publikum akzeptiert zu werden. Du kannst christliche Themen auf populistische Weise adressieren und kannst Dir relativ sicher sein, dass eine Mehrheit der Christen Dir zustimmen. Aus Sicht einer auf die Demokratie abgestimmte Taktik ist dies Gold wert. Du hast eine Gruppierung, die sicherlich nicht für alle Christen spricht, aber für eine Mehrheit derselben. Wenn diese Mehrheit schwindet oder tatsächlich bedroht ist (hier habe ich keine konkreten bestätigten Zahlen, aber ich habe mal läuten hören, dass hier in NRW 16% der Mitglieder aufgrund der Mißbrauchsvorwürfe ausgetreten sein sollen), dann hast Du als eine Partei, die Christen ansprechen soll, ein neuerliches strategisches Problem. Du weißt nicht mehr genau, wo Du Dein Fähnchen platzieren sollst und ob ein Zugeständnis an die katholische Kirche eventuell unpopulär ist.

Also müsste sich Atheismus deiner Meinung nach im großen Stil organisieren und es müsste eine entsprechende Partei entstehen, um seinen bürgerlichen Anteil demokratisch-politisch vertreten zu können?
Da stimme ich dir zu - es gibt keine konfessionslose Opposition zur christlich geprägten Politik.

(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb: Und hier siehst Du das ganz große Problem bei Atheisten. Ein lebhaftes, nachvollziehbares Beispiel:
Wir beide sind Atheisten. Davon einmal abgesehen, sind wir grundverschieden. Du verfolgst eine idealistische, ethische Linie, die sich "Humanismus" nennt und in meinen Augen nur alter Wein in neuen Schläuchen ist. Du verfolgst eine ethische Grundlinie, die vergleichbar ist mit den Fundamenten des Christentums und der stoischen Linie. (Zumindest unterstelle ich das jetzt einfach mal; mein Wissen über die "Humanismus-Bewegung" ist sicherlich nicht profund, aber das ist mein Eindruck, den ich aus diversen Artikeln gewonnen habe. Korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege). Du hast kein Problem, Dich einem Kollektiv, einer Herde anzuschließen, um diese Linie auf breiter Front zu repräsentieren und bist dahingehend sehr idealistisch und bereit, diese Ideale in die Gesellschaft zu tragen.
Du bist Atheist? Warst du nicht Theologe?

Bitte um nähere Ausführung. Was meinst du mit altem Wein in neuen Schläuchen. Selbstverständlich ist der Humanismus sehr alt. Aber alter Wein reift und wird immer besser ;)

Finde nicht, dass Humanismus den Dogmen des Christentums folgt. Humanismus ist doch gerade das Gegenteil. Er spricht Freigeister an (lehnt also Autoritäten ab), entwickelt seine Moral weiter, ist friedlich. Das einzige, was Humanisten gemein haben, ist der Grundgedanke der Menschlichkeit. Nenne mir eine bessere Alternativ zum Humanismus!

Das alles widerspricht doch nicht der Organisation in Vereinen.

(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb: Ich hingegen bin alles andere als idealistisch. Ich bin ein Egoist. Von einer gemeingültigen Ethik halte ich nicht viel (um es vorsichtig auszudrücken), und Vereinsmeierei und Gleichmacherei, die mich im Grunde als eine Marionette im Kollektiv betrachtet, ist mir grundsätzlich zuwider. Ich rege mich so lange nicht über einen Mißstand auf, ehe er mich nicht betrifft. Es ist auch aus meiner Sicht bedauerlich, dass diese Gesellschaft noch keine weitreichenden laizistischen Züge angenommen hat, aber dieses Thema gibt für mich nicht so viel existentielle Qualität her, dass ich mich am Ende gar einer Bewegung anschließen und meine Zeit damit verschwenden würde, irgendwelchen Idealen hinterherzurennen, die schlußendlich allesamt in der Menschheitsgeschichte zwar gut gemeint waren, aber doch in der Regel mehr Mißstände als Vorteile kreiert haben.

Du missverstehst den Humanismus. Guck dir die giordano bruno stiftung an! Alles Individuen, wo es schwer ist, sich auf eine repräsentative Linie zu einigen.
Bist du demgegenüber pessimistisch, müsstest du es auch der Demokratie gegenüber sein. Wieder frage ich, gibt es bessere Alternativen?

(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb: Wir beide unterscheiden uns also fundamental voneinander. Wir mögen beide Atheisten sein, aber unsere Weltanschauung (die wesentlich schwerer wiegt als die Frage, ob wir an den großen Alten mit Rauschebart glauben oder nicht) ist gänzlich verschieden. Wie möchtest Du jetzt politisch-strategisch vorgehen, um eine Politik für uns beide zu machen? Sicherlich, wir wären beide damit einverstanden, dass Kreuze aus dem Klassenzimmer verbannt werden; aber das ist kein existentielles politisches Thema. Wie gehst Du in sozialpolitischen Fragen vor? In gesellschaftlichen Fragen? Du wärest, um bei der Schulgleichung zu bleiben, wahrscheinlich für einen Ethikunterricht, ich hielte das für schwachsinnig, so lange Philosophie unterrichtet wird.

Wie gesagt, man muss demokratisch einen gemeinsamen Konsens finden. Zuvor müsste ich erstmal deine Weltanschauung verstehen und wir müssten im Detail diskutieren. Wir reden aber hier nicht von zwei Leuten, bei einer Masse ergibt sich ein deutlicher Trend.

(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb: Schlußendlich sind wir beide keine feste Gruppierung mit einer moralischen Leitlinie, an der man seine Politik strategisch ausrichten könnte. Darum haben Atheisten de facto keinen strategischen Wert für die Politik, deswegen werden sie selbst bei der FDP oder auch bei den Linken kaum taktisch angesprochen.
Sicherlich wäre es leichter, taktisch vorzukommen, wenn es eine große humanistische Organisation gäbe, die Deine Linie vertritt - aber de facto sind die bestehenden Organisationen noch viel zu klein, als dass jemand daran eine politisch Taktik festmachen könnte, um an Wählerstimmen zu gelangen. Und dann würde man damit immer noch nicht "die Atheisten" ansprechen, sondern "die Humanisten".
Kurzum; Atheismus ist nicht dergestalt gruppierbar, dass er in einer Demokratie politisch-strategisch berücksichtigt werden könnte.

Kann deine Skepsis nicht nachvollziehen.
Die moralische Leitlinie ist in der Gesellschaft durchaus erkennbar. Denkst du dir die von christlichen Funktionären gerne postulierten christlichen Werte weg, sind es tatsächlich gesellschaftliche Übereinkünfte, die auf der antiken Philosophie, Gleichberechtigung, Menschenrechten, Zeitgeist etc. basieren. Guck dir skandinavische Länder an: höchst ungläubig aber friedlich und sozial wie sonst was. Das ist gelebter Humanismus.

(15-05-2010, 02:03)Franziskus schrieb:
Zitat:Das war meine Meinung zu euren Aussagen, es ist halt Tradition in D, dass das Christentum Sonderrechte genießt, also friss es.

Ich kann Dein Denken durchaus nachvollziehen, aber das ändert ja nichts daran. Und der Einsiedler hat mit seiner Einschätzung sicherlich nicht Unrecht; um das aus den Köpfen der Leute herauszukriegen, wird es Jahrhunderte brauchen. Ich selbst gehe eher davon aus, dass die katholische Kirche sich in den folgenden Jahrzehnten wieder erholt. Flauten gab es in den letzten Jahrhunderten immer mal wieder. Das schmälert nicht den grundlegenden Erfolg dieser Organisation.

Ich denke nicht. Habe die Studien und Umfragen der letzten Jahre verfolgt. Die Konfessionslosigkeit nimmt zu und es ist kein Umkehrtrend erkennbar.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#29
Wenn ich eines nicht wollte, dann mit Dir eine Grundsatzdiskussion führen. Und darauf habe ich jetzt auch keinen Bock. Das was Du schreibst klingt, mit Verlaub, sehr indoktriniert, zutiefst moralisch und ist allein deswegen für mich nahezu abstoßend. Ich habe kein Interesse daran, mit einem Moralisten und Idealisten den Sinn seiner Auffassungen und Ideale und warum jene fundamental und von jedem zu akzeptieren seien (und wenn jemand nicht willig ist, braucht man a priori Gewalt) zu diskutieren, das habe ich in meinem Leben schon viel zu oft getan.
Das was ich illustrieren wollte, ist nicht, dass man, wie es Dein Ideal wäre, Atheisten mehr auf Linie bringen muss, wie es ja die Christen schon getan haben, um irgendwann genauso zu sein, nur eben ohne einen Gott, sondern, dass man im Gegenteil Atheisten gar nicht organisieren KANN. Du kannst zehnmal einen Club gründen, der von sich behauptet fundamental Atheisten zu vertreten - ich werde ihm nicht beitreten und bei jeder Gelegenheit bekanntgeben, dass ich mich als Atheist nicht vertreten fühle von einem Haufen von Moralisten, die dieselben alten Moralvorstellungen atheistisch vertreten. Darum spielt Atheismus politisch keine Rolle, kann er auch nicht wirklich. Humanismus kann eine Rolle spielen - daran arbeiten Deine Lieblingsorganisationen ja mit denkbar blödesten Aktionen ("Humanismus ist sexy" - arm sein auch, und nicht nur finanziell).
Wo Du gelesen haben willst, dass ich Christ sei, ist mir absolut schleierhaft. Franziskus ist mein tatsächlicher Name, mit dem Franzl von Assisi hat das nicht das Geringste zu tun.
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#30
lol. Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?
Aber okay.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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