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Kennen alle Christen die Weltmissionsbefehle
#1
Ulan hat gestern die Behauptung aufgestellt, dass ALLE Christen, ob aktiv oder inaktiv, die beiden Weltmissionsbefehle Jesus kennen. Sicher meinte er damit nicht frisch getaufte Babys und Kindergarten-Kinder Icon_wink
 
Ich bin sicher, dass sehr viele Christen etwa die Bibelstelle Mk 16, 15-16 nicht kennen und gar nicht wissen, dass in diesem Weltmissionsbefehl der (laut Joh 5, 21-23) alleinige Weltenrichter Jesus alle ungetauften Juden und anderen Menschen verdammt und ihnen als „Ungläubige“ dieselbe Strafe androht, die er auch dem Teufel angedroht hat.
 
Ich erwähnte hier schon, dass ich diesen Weltmissionsbefehl:
 
"Und er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt UND PREDIGT DAS EVANGELIUM DER GANZEN SCHÖPFUNG. Wer gläubig geworden und getauft worden ist, wird errettet werden; wer aber nicht gläubig geworden ist, wird verdammt werden." (Mk 16, 15-16, Elberfelder Bibel)
 
…für die giftigste Stelle in einem religiösen Machwerk halte. Denn sie steht im Kontext der von Jesus angedrohten Höllenstrafen für „Ungläubige“. Nur Reklov hat diese Bibelstelle als Angsterzeugungskonstrukt verurteilt.
 
Wer außer Ulan glaubt noch, dass alle Christen diesen Weltmissionsbefehl kennen?
#2
Obligatorischer Hinweis, dass Mk 16, 15-16 in manchen Bibeln fehlt und in vielen in Klammern steht, da er nicht original ist und in unseren aeltesten Manuskripten fehlt, wie alles nach Vers 8.

Wie auch immer, der bekannteste Missionsbefehl ist halt der in Mt 28. Der kommt uebrigens ohne Drohung aus.

Ansonsten altbekannt: *http://www.humanistische-aktion.de/fluch.htm
#3
(20-11-2024, 08:25)Keiler schrieb: Kennen alle Christen die Weltmissionsbefehle

theoretisch wohl schon, praktisch sind sie ihnen aber scheißegal

wie so vieles aus der zeit gefallene, das auch in der bibel steht

du mußt endlich begreifen, daß es nicht darum geht, sklavisch dem wortlaut irgendeines zitats nachzueifern, sondern die bibel im sinne eines bestimmten gesamtverständnisses zu interpretieren
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#4
Und was interessierts mich als Heide, was die Loverboys vom Jesus Sepp dahinschwafeln,.. du überschätzt die Wirkung eures zusammengestrickten Buches auf Andersgläubige bei weitem..
Aut viam inveniam aut faciam
#5
Die Stossrichtung der Argumentation ist mir auch nicht recht schluessig. Entweder man ist Glaeubiger Christ und glaubt, Nichtchristen kommen anstatt in den Himmel in die Hoelle (wozu einen praktisch auch niemand zwingt, wenn selbst der Papst das nicht glaubt), oder man ist nicht Christ und glaubt die christlichen Lehren eh nicht. Wenn's um Antijudaismus geht, sind ganz andere Stellen des NT bedeutsam.
#6
(20-11-2024, 09:50)Ulan schrieb: Obligatorischer Hinweis, dass Mk 16, 15-16 in manchen Bibeln fehlt und in vielen in Klammern steht, da er nicht original ist und in unseren aeltesten Manuskripten fehlt, wie alles nach Vers 8.

Wie auch immer, der bekannteste Missionsbefehl ist halt der in Mt 28. Der kommt uebrigens ohne Drohung aus.

Ansonsten altbekannt: *http://www.humanistische-aktion.de/fluch.htm

Dass der Weltmissionsbefehl in Mt 28, 19-20 steht und ohne Drohungen auskommt, ändert doch nichts an der nach meiner Meinung extremen Giftigkeit von Mk 16, 15-16, oder?
 
In allen 12 über BibelServer lesbaren deutschen Bibeln ist Mk 16, 15-16 enthalten, aber nicht in der „Neue-Welt-Übersetzung“ der Zeugen Jehovas. Dass in alten Schriften in Kapitel 16 die Verse 8-20 fehlen, ist mir auch bekannt. Dir aber dürfte bekannt sein, dass im JETZT fast ausschließlich DAS Wirkung erlangen kann, was im JETZT in der Bibel oder in Katechismen steht!
 
Erkennst Du nicht, warum bei der Festlegung des Kanons des NT nach meiner Meinung mit Berechnung nicht nur der Weltmissionsbefehl in Mt 28, 19-20, sondern vor allem auch der in Mk 16, 15-16 aufgenommen wurde und im Kontext dazu die Androhung von Höllenstrafen für Ungläubige? Das hatte ich an anderer Stelle schon einmal so formuliert:
 
„Letztlich haben die Konstrukteure des Neuen Testaments bei der Festlegung dessen Kanons im 4. Jahrhundert ganz konkret erreichen wollen, dass das Christentum über alle anderen Religionen siegt.“
#7
(20-11-2024, 12:42)petronius schrieb:
(20-11-2024, 08:25)Keiler schrieb: Kennen alle Christen die Weltmissionsbefehle

theoretisch wohl schon, praktisch sind sie ihnen aber scheißegal

wie so vieles aus der zeit gefallene, das auch in der bibel steht

du mußt endlich begreifen, daß es nicht darum geht, sklavisch dem wortlaut irgendeines zitats nachzueifern, sondern die bibel im sinne eines bestimmten gesamtverständnisses zu interpretieren

Es geht nicht darum, wie ich Bibeltexte verstehe, sondern darum, wie im Jetzt Christen sie verstehen! Ich war letztmals 2014 in einer Kirche, und zwar aus Anlass einer Konfirmation und danach bei einer Feier im privaten Kreis aus diesem Anlass. Dabei haben drei Konfirmanden ihre extremen Vorurteile gegen Moslems so begründet: Unser Herr Jesus verdammt doch ungetaufte Menschen.
 
Und dass diese giftigste Bibelstelle Mk 16, 15-16 neben anderen Stellen nicht zu dem Antisemitismus in Deutschland beigetragen haben, kann ich nicht glauben. Mir macht es große Sorgen, dass der Antisemitismus bei uns wieder stark zugenommen hat. Antisemiten aber freuen sich darüber!
#8
(20-11-2024, 14:07)d.n. schrieb: Und was interessierts mich als Heide, was die Loverboys vom Jesus Sepp dahinschwafeln,.. du überschätzt die Wirkung eures zusammengestrickten Buches auf Andersgläubige bei weitem..

Ich überschätze keinesfalls die giftige Wirkung bestimmter Bibelaussagen, die bei Christen (etwa bei Luther, aber nicht bei „Andersgläubigen“) Antisemitismus oder Vorurteile bis zu Hass etwa auf Moslems erzeugen können.
 
Du bist doch auch dagegen, dass Gottesbegriffe im Bereich der Legislative und Exekutive eingebunden sind. Wie in der Präambel des GG der BRD, in der sinngemäß steht:
 
Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor „einem giftigsten Feind der Religionsfreiheit“!
 
Natürlich steht zwischen den Anführungszeichen: Gott – aber genauso wird der Gott der Christen in der Bibel behauptet und das kann das Denken von Christen nach meiner Meinung auch negativ beeinflussen.
#9
(20-11-2024, 15:20)Ulan schrieb: Die Stossrichtung der Argumentation ist mir auch nicht recht schluessig. Entweder man ist Glaeubiger Christ und glaubt, Nichtchristen kommen anstatt in den Himmel in die Hoelle (wozu einen praktisch auch niemand zwingt, wenn selbst der Papst das nicht glaubt), oder man ist nicht Christ und glaubt die christlichen Lehren eh nicht. Wenn's um Antijudaismus geht, sind ganz andere Stellen des NT bedeutsam.

Was Du jetzt sagst, habe ich doch selbst in meinem Beitrag „Antisemitismus durch Bibel-Lügen.“ dick unterstrichen, ich zitiere es:
 
„Suggestiv wird im „Wahren Wort Gottes“ der jüdische Klerus verantwortlich gemacht für die Kreuzigung des Namensgebers des Christentums. Juden werden zusätzlich unterstellt, sie hätten von Pilatus (der Jesus freilassen wollte) die Freilassung des Verbrechers Barabbas und die Kreuzigung Jesus mit dem Rufen gefordert: „Kreuzige ihn“. (Mk 15, 14)“
 
Das sind natürlich die giftigsten Lügen im NT, die bei Christen Antisemitismus erzeugen können. Aber der Eiferer und gescheiterte Weltuntergangs-Prophet Jesus musste bekanntlich nach eigenen Worten leiden, sterben und auferstehen, damit die Basis der Christentums erfunden werden konnte: die Sündenvergebung! Damit aber nicht Gott selbst für das Leiden und Sterben seines Sohnes verantwortlich war, machte man mit Berechnung die Juden für die Hinrichtung eines vorgeblichen Gottessohnes verantwortlich!
 
Von Deinen beiden Beiträgen gestern wurde ich nicht wie bei den Beiträgen von d.n. und petronius per mail informiert. Warum?
#10
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Ansonsten weiss ich, was Du gesagt hast. Was den Antijudaismus angeht, ist das Mk-Evangelium eher unbedeutend. Wie gesagt, andere Stellen sind da weitaus wichtiger. Anstelle Mk 15, 14 war die gleiche Szene bei Mt viel einflussreicher, die in Mt 27, 25 (EU) kulminiert: "25 Da antwortete alles Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" Das haben spaetere Christen auch mal als Aufforderung gesehen, auch wenn es eigentlich eine Verarbeitung der Geschehnisse des Juedisch-Roemischen Krieges darstellt.

Womit wir wieder bei der erforderlichen Nuance waeren. Ich hatte Dir ja den Text des Philosophen Herbert Schnädelbach ueber die sieben Geburtsfehler des Christentums verlinkt, und hier greift eine Kombination von zwei Punkten, zusaetzlich zum Antijudaismus halt der Umgang mit Geschichte. Wenn jedem klar waere, dass die Evangelien 40-60 Jahre nach dem Tod Jesu geschrieben wurden und tatsaechlich politische Ereignisse verarbeiten, aber eben nicht die um 30 n. Chr., sondern den zuvor unvorstellbaren Zusammenbruch Judaeas und der juedischen Welt im Jahr 70, haetten wir zumindest dieses Problem nicht; was aber nichts an den grundsaetzlichen Problemen des christlichen Theoriegebaeudes aendert.

Aber mal eine allgemeine Bemerkung: Du musst hier niemandem predigen, dass das Christentum Probleme hat. Ich weiss nicht, zu wem Du da predigen willst, aber wir haben es nicht noetig. Mit uns kannst Du durchaus diskutieren.
#11
(21-11-2024, 07:52)Keiler schrieb: Letztlich haben die Konstrukteure des Neuen Testaments bei der Festlegung dessen Kanons im 4. Jahrhundert ganz konkret erreichen wollen, dass das Christentum über alle anderen Religionen siegt

na, was denn auch sonst?

waren ja nicht blöd...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#12
(21-11-2024, 07:58)Keiler schrieb:
(20-11-2024, 12:42)petronius schrieb:
(20-11-2024, 08:25)Keiler schrieb: Kennen alle Christen die Weltmissionsbefehle

theoretisch wohl schon, praktisch sind sie ihnen aber scheißegal

wie so vieles aus der zeit gefallene, das auch in der bibel steht

du mußt endlich begreifen, daß es nicht darum geht, sklavisch dem wortlaut irgendeines zitats nachzueifern, sondern die bibel im sinne eines bestimmten gesamtverständnisses zu interpretieren

Es geht nicht darum, wie ich Bibeltexte verstehe, sondern darum, wie im Jetzt Christen sie verstehen!

das hab ich dir doch gerade gesagt: sie sind ihnen üblicherweise scheißegal!
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
#13
(21-11-2024, 10:05)petronius schrieb:
(21-11-2024, 07:58)Keiler schrieb: Es geht nicht darum, wie ich Bibeltexte verstehe, sondern darum, wie im Jetzt Christen sie verstehen!

das hab ich dir doch gerade gesagt: sie sind ihnen üblicherweise scheißegal!

Eben. Da hier hauptsaechlich die RKK als Ziel ausgesucht wurde: Katholiken lesen die Bibel nicht; das ist eher ein protestantisches Ding. Bei uns gab's sowieso keine Bibel im Haus, so dass das nicht mal moeglich gewesen waere, wenn ich es gewollt haette. Der einzige Fall, der mir bekannt ist, wo jemand etwas aus dem Katechismus lesen musste, war ein Protestant, dessen katholische Verlobte unbedingt katholisch heiraten wollte, und der deshalb fuer den Pfarrer ueber ein paar Huerden springen musste, um fuer seine haeretische Lebensweise zu buessen.

Volksreligionen werden gelebt. Ausserhalb der Institutionen und ihrer Apparate spielen zumindest bei Katholiken die Bibel und erst recht der Katechismus so gut wie keine Rolle.
#14
Was mich noch einmal hierzu bringt:

(21-11-2024, 07:52)Keiler schrieb: Erkennst Du nicht, warum bei der Festlegung des Kanons des NT nach meiner Meinung mit Berechnung nicht nur der Weltmissionsbefehl in Mt 28, 19-20, sondern vor allem auch der in Mk 16, 15-16 aufgenommen wurde und im Kontext dazu die Androhung von Höllenstrafen für Ungläubige? Das hatte ich an anderer Stelle schon einmal so formuliert:
 
„Letztlich haben die Konstrukteure des Neuen Testaments bei der Festlegung dessen Kanons im 4. Jahrhundert ganz konkret erreichen wollen, dass das Christentum über alle anderen Religionen siegt.“

Jede Religion will, dass sie ueber die anderen "siegt". Das waere uebrigens auch eine Kritik an dem von mir verlinkten Text von Schnädelbach: Der Islam hatte zwar lange tolerante Phasen, aber die waren mehrfach unterbrochen durch Phasen gewaltsamer Zwangskonversionen, was auch mit der Grund ist, warum es heute kaum noch Samaritaner gibt, die in Palaestina lange Zeit die Mehrheit bildeten (und die heute kaum noch jemand kennt). Der Hinduismus geht auch gerade durch eine Phase eines religioes gefaerbten Ultranationalismus, was sich schon ueber laengere Zeit durch Gewalt gegen Muslime und neuerdings auch Christen aeussert. In Myanmar beteiligten sich buddhistische Moenche an den Verfolgungen der muslimischen Minderheit, und dass sich selbst buddhistische Schriften fuer Intoleranz "umfunktionieren" lassen, zeigen uns Texte aus dem japanischen Zen in der Zeit vor und waehrend des 2. Weltkriegs.

Warum nur Mt 28 heutzutage praktisch eine Rolle spielt, habe ich Dir im letzten Beitrag gesagt: das ist die Stelle, die fuer die Mission in Predigten und Beitraegen zitiert wird. Das Markusevangelium wird sehr selten zitiert und so gut wie nie gelesen. Die Bibel wird nur in den Teilen von den Glaeubigen wahrgenommen, die ihnen die Prediger zitieren.
#15
Ein Text ist niemals Rechtfertigung für irgendeine Handlung. Das ist das Grundgesetz des Denkens und Handelns!
Wenn aus einem Text eine Handlungsanleitung heraus gezogen wird, dann handelt es sich um persönliche Vorliebe, um Vorteilsnahme und um Betrug. Alle anderslautenden Behauptungen verkennen, dass Texte lediglich "verschmutztes Papier" (oder akustische Verunreinigungen) sind, die erst vom Empfänger gedeutet werden müssen.

Mir ist natürlich klar, dass interessierte Kreise das gerne anders gesehen haben möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard


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