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Friedenspolitik
#61
(05-09-2008, 18:00)Lhiannon schrieb: Glaubst du wirklich, dass Juden während der Kriege um Palästina/Israel sich nicht die Hände durch Kriegsverbrechen schmutzig gemacht haben?

Ich habe noch nie eine Kriegspartei gesehen, die nicht Gräuel begangen hätte.
Wirds wohl auch zukünftig nicht geben ... Täter UND (mehr) Opfer gibt auch immer auf ALLEN Seiten.
Die Wahrheit stirbt zuerst ... und Werbestrategen "Kommunikations-Berater" sind ganz wichtige Leute in modernen Auseinandersetzungen, auch zwischenstaatlichen. Ihre Hauptaufgabe: Manipulation der Weltöffentlichkeit, um die eigene Sache in günstigerem Licht darstehen zu lassen. Zumindest da scheint Israel größere Defizite zu haben ...

Ein Hindernis zum Frieden scheinen Wirtschaftsinteressen und ideologische Überfrachtung eigener Grundpositionen (auf beiden Seiten). Im 21. JH. bleibt es überall unakzeptabel, Grenzen durch Waffengewalt zu verlegen UND einen Teil der Bevölkerung aus ethnischen Gründen immer wieder zu wirtschaftlich und sozial zu benachteiligen, kurz internationales Recht zu ignorieren ... wegen vermeintlicher Ansprüche aus biblischen Zeiten ..., aber auch wegen religiös verbrämten arabischem Antisemitismus.

Mehr zu verlieren hat langfristig wohl die jüdische Seite Israels, verlieren tun Otto-Normal-Menschen BEIDER Seiten. Aber was kümmert das Fundis auf ALLEN Seiten? 70 Jahre Krieg scheint die Vernunft außer Betrieb zu setzen ...

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#62
(05-09-2008, 18:27)Fritz7 schrieb: 70 Jahre Krieg scheint die Vernunft außer Betrieb zu setzen ...

Wohl wahr. Ein unheimlich mächtiger Faktor ist dabei Angst.
Angst Israels vor dem ganz klar vormulierten Willen "die Juden ins Meer zu treiben".

Angst der Palästinenser vor den Juden?
Ich denke, sie haben genausoviel, wenn nicht mehr, Angst vor ihren eigenen Fundi-Mordkommandos.
Vor allem anderen ist auch in Palästina der Muslim des Muslims Wolf.
Im Namen Allahs tut jeder was er (pardon Allah) will und """schützt""" den """wahren""" Islam und mit ihm die Muslime mit der Waffe in der Hand. Er """"""""""veteidigt"""""""""" ja nur den Islam. Und das ist nicht verboten sondern geboten.

Solche Zustände sind nur zu ertragen, wenn man wie im Rausch immer wieder die Juden für das eigene Unglück verantwortlich macht.

Und dann ist da noch das, auch finanzielle, Prestige, dass man genießt, wenn man sich als Judenhasser etabliert und, noch besser, einen Märtyrer in der Familie hat.
Jeder Schmerz, auch der über den Verlust eines Selbstmord-Familienangehörigen, schlägt dann um in Judenhass. Denn Hass auf die wahren Übeltäter ist lebensgefährlich weil """Gottesbeleidigung""".


Eusa_think

Lhiannon
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#63
Das kennen einige ja schon, es ist immer dasselbe:

Zitat:Der Antisemit ist mit Blindheit geschlagen. Er sieht am Objekt seiner Erregung vorbei. Es redet gleichsam aus ihm heraus, wenn er über Juden spricht. Im guten Glauben über Triviales zu plaudern, gibt er bauchredend seine Projektionen preis. Dem Antisemiten ist also nicht zu helfen. Dem Bemühen um Aufklärung ist die Müßigkeit des Aberglaubens eingeschrieben. Denn Antisemitismus ist nicht bloßes Vorurteil, er ist Welterklärung. Seine Tradition sitzt tief.

In der Praxis ist es auch immer dasselbe...

Lihannon schrieb:Glaubst du wirklich, dass Juden während der Kriege um Palästina/Israel sich nicht die Hände durch Kriegsverbrechen schmutzig gemacht haben?

Ich habe noch nie eine Kriegspartei gesehen, die nicht Gräuel begangen hätte.
Auch Amerikaner haben nach der Eroberung Deutschlands unschuldige Menschen massakriert, auch Polen und Tschechen haben deutschstämmige Flüchtlinge ermordet.

Um die bestialischen Verbrechen der damaligen deutschen Volksgenossen nicht ganz so bestialisch aussehen zu lassen, wie sie tatsächlich waren, müssen Amerikaner und Juden mal wieder herhalten um ihnen "Massaker" und "Kriegsverbrechen" nachzusagen, was beim Leser den Eindruck vermitteln soll: »Die sind ja nicht besser, die machen das genauso wie damals die Nazis«. Manche Deutschen, auch jene der FolgegenerationEN, werden den Amerikanern wohl nie verzeihen, dass sie ihnen ihre braune Diktatur platt gemacht haben...

Lihannon schrieb:Es geht mir nicht darum, Juden ein Lebensrecht in Israel abzusprechen.

Wozu ein Lebensrecht der Juden dann explizit betonen ?

Lihannon schrieb:Denn das haben sie immer gehabt.

Manche sind da anderer Ansicht:

Ulrich W. Sahm schrieb:Die Juden ins Meer treiben:
Israel von der Landkarte tilgen

Lihannon schrieb:Es geht mir darum, gegenüber den Arabern auch die eigenen Fehler eingestehen zu können.

Diese Fehler sind seit Jahr und Tag groß und breit in der Israelischen Presse die Top-Themen überhaupt.

Lihannon schrieb:Ohne diese Ehrlichkeit ist Frieden nur schwer möglich.

Das sagt der Richtige :icon_rolleyes:

Gideon Böss schrieb:Es gibt zwei Dinge im Internet, auf die man sich verlassen kann. Erstens: Auf Pornoseiten wird man sehr schnell auf nackte Haut stoßen. Zweitens: Auf Pro-Palästinaseiten sehr schnell auf verzweifelte Frauen und weinende Kinder.

Übrigens, dies ist ein Forenbereich zum Judentum...

... SHABAT SHALOM !
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#64
(05-09-2008, 19:30)Lhiannon schrieb: Jeder Schmerz, auch der über den Verlust eines Selbstmord-Familienangehörigen, schlägt dann um in Judenhass. Denn Hass auf die wahren Übeltäter ist lebensgefährlich weil """Gottesbeleidigung""".
.. entschuldige mal bitte , aber das ist doch alles gesteuert .. auch von solchen Alphamännchen .. :: :dance::dance:
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#65
Liebe Nadia,

macht sich Unrecht an Zahlen fest? Ist es so eminent wichtig, ob ein Mensch einen anderen Menschen - oder 100.000 Menschen 10 Millionen Menschen ermorden? Sollen wir jetzt ernsthaft eine Skala des Verbrechens aufstellen, nachdem Hitler und das Nazi-Deutschland an oberster Stelle stehen und uns jetzt darüber streiten, ob Stalin, Pol-Pot, Mao oder Khommenny den "zweitbesten" Platz belegen? Sind die Verbrechen anderer Nationen und Völker nur dadurch "automatisch" gerechtfertigt, weil Hitler-Deutschland "das grösste Verbrechen" begangen hat? Würdest Du es"richtig" finden, wenn die Hamas in vielleicht zwanzig Jahren von sich sagt, die hätte "einen gerechten Kampf geführt" und wäre ja "humaner" gewesen als Hitler-Deutschland, weil sie ja "nur" 100.000 Terroropfer auf ihr Konto "geladen hat" und nicht, wie die Deutschen vergangener Tage, 20 Millionen?

Steht es in der Thorah oder im neuen Testament: "Wer nur einen Mensch gerettet hat - der hat die ganze Welt gerettet..." - ist das nicht ein besserer Masstab als die Frage, wer denn nun der "bessere" Menschenschlächter war.....?
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#66
(05-09-2008, 20:34)nadia schrieb: Wozu ein Lebensrecht der Juden dann explizit betonen ?
...
Übrigens, dies ist ein Forenbereich zum Judentum...
WOZU??? Aus Erfahrung und Vorsicht, wegen PolemikerInnen wie Dich, die ALLES möglichst missverstehen wollen als Fortsetzung der Shoa ...

zum Judentum: Selbstverständlich ganz ganzheitlich um JudeSein in einer pluralistischen globalen Gesellschaft, also auch um Verständlichmachen der Reibepunkte und Missverständnisse auch im säkularen Bereich ... nicht nur orthodox-mystisch frömmelde (Zuwanderer-)(Konvertiten-)Dauerrechtfertigung ihrer anscheinend noch ungesicherten Identität.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
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#67
Hallo Thomas :)
Zitat:t.logemann: Steht es in der Thorah oder im neuen Testament: "Wer nur einen Mensch gerettet hat - der hat die ganze Welt gerettet..." - ist das nicht ein besserer Masstab
- es steht ungefaehr so im Talmud.
Das gemeinte bezieht sich darauf, dass wir z.B.am Pessach-Abend dran erinnern, wiee zornig seinerzeit Schwiegervater Laban hinter unserm Vater Jakob, dem Israel, hinterherhetzte, nachdem er diesen ueber die Massen fuer sich hatte arbeiten lassen und dessen aeltere Kinder ja auch schon - nun zog der nachhause mitsamt aller Kinder und ihrer 4 Muetter und den zuletzt abgemachten eigenen Herden dieses Familienzweigs. Haette er ihn totgeschlagen, gaebe es die ganze "Welt" des Judentums gleich nicht, und kein Pessachfest, kein Rosch hSchanah .... auch nicht diese spezifischen Gruende zur Freude.
Und daraus lernen wir, wie wichtig jeder Mensch sein kann fuer Spaetere, denn jeder koennte fuer andere schulisch oder physisch Vater sein, und auch "eine ganze Welt" entstuende mit diesem.

mfG WiT
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#68
(09-09-2008, 17:31)t.logemann schrieb: Liebe Nadia,

macht sich Unrecht an Zahlen fest? Ist es so eminent wichtig, ob ein Mensch einen anderen Menschen - oder 100.000 Menschen 10 Millionen Menschen ermorden? Sollen wir jetzt ernsthaft eine Skala des Verbrechens aufstellen, nachdem Hitler und das Nazi-Deutschland an oberster Stelle stehen und uns jetzt darüber streiten, ob Stalin, Pol-Pot, Mao oder Khommenny den "zweitbesten" Platz belegen? Sind die Verbrechen anderer Nationen und Völker nur dadurch "automatisch" gerechtfertigt, weil Hitler-Deutschland "das grösste Verbrechen" begangen hat? Würdest Du es"richtig" finden, wenn die Hamas in vielleicht zwanzig Jahren von sich sagt, die hätte "einen gerechten Kampf geführt" und wäre ja "humaner" gewesen als Hitler-Deutschland, weil sie ja "nur" 100.000 Terroropfer auf ihr Konto "geladen hat" und nicht, wie die Deutschen vergangener Tage, 20 Millionen?

Steht es in der Thorah oder im neuen Testament: "Wer nur einen Mensch gerettet hat - der hat die ganze Welt gerettet..." - ist das nicht ein besserer Masstab als die Frage, wer denn nun der "bessere" Menschenschlächter war.....?


ja leider!! für einige ist es immer wieder existenziell wichtig die opferzahlen, natürlich nur die die sie nicht verursacht haben hochzuhalten und in den vordergrund zu stellen, nur so haben sie die gelegenheit von ihren eigenen täglichen verbrechen und untaten abzulenken.

die hci hat es schon seit längerem verstanden nicht nur opferzahlen sondern auch sogenannte begriffe und definitionen für sich zu "patentieren" und für sich alleine zu beanspruchen. und wenn dann doch mal opferzahlen der eigenen verbrechen bekannt werden - was solls -- alles billige propaganda der anderen, und im übrigen -- was soll das ganze gezeter -- die sind doch eh alle zur selben zeit am falschen ort -- also selbst schuld
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#69
Zitat:jo_jackson: für einige ist es immer wieder existenziell wichtig die opferzahlen, natürlich nur die die sie nicht verursacht haben hochzuhalten und in den vordergrund zu stellen,

Hi, ich denke, du schaust auf den falschen Aspekt, wenn Dir nicht daemmert, wie so etwas zustande kommen konnte.
Seit jeher geben Menschen Zahlen an, ob bei Kriegen oder Katastrophen, also wenn Du willst, rechne die 56 Millionen Toten, die direkt am 2.Weltkrieg weltweit ums Leben kamen - alle Fronten zusammengerechnet
- dazu gehoeren doch auch jeweils bestimmte Menschen, denen ruckartig irgend jemand genommen wurde, Vater, Bruder, Ehemann oder Sohn - diese oft als irgendwo eingezogene Kaempfer
- manche haben aber nichtmal einen einzigen Schuss abgegeben, da hatte sie schon eine Bombe, Granate, Mine zerfetzt, oder sie erfroren oder ertranken, verhungerten einfach am Wege der Truppe nach hier oder da oder starben am Kriegsgefangenen-Lager - es betraf aber auch Alte, Kranke, Frauen, Kinder, jede Art Mensch - und Tiere und Baeume desgleichen - viel Lebendes wurde mitten heraus zerstoert
- aus Sicht der Betroffenen sind es individuelle Kuemmernisse
- Es ist ja wohl nicht zu erwarten, dass irgendein Hinterbliebener beim Trauern dann denkt: "ach, waere mir doch mein 1/56 Millionenstel Kriegsopfer nicht so gestorben"
- mein Vater bekam ein hastiges Einzelgrab, das wissen wir Uebrig-Gebliebenen seit 1949, also erstmal musste man glaubhafte Zeugenn finden - hin kommen oder umbetten waere bis 1991 nicht moeglich geworden, also stellt man ihn sich schlafend vor, in dem Park, wo es geschah - das geht noch, das ist "gefallen an der Front"
- ein anderer Vater liess sich erst 2006 verifizieren, wo er verblieb, in einem Massengrab im Uralgebirge, wo sie massenhaft alte und spaetere Massengraeber haben - das stellt man sich nicht als denkbar vor, den dann lieber im Himmel - irgendwo in einer anderen Wirklichkeit, denn dies tat Hass - und sowas tut auf ganz andere Weise weh
- und doch gibt es Einsame, die spenden ihre hinterbleibende Gestalt einer Anatomie und werden zumeist dann auch nicht einzeln bestattet - aber dennoch mit Achtung, Respekt und Wuerde - hier in Muenster bekommen je zwei 1 Sarg mit Vermerk der Konfessionfuer die bestattenden Geistlichen und diese Saerge nebeneinander bekommen ein gemeinsames Feld je Jahr, dann koennen Angehoerige wenigstens ungefaehr da auch beten, falls sich doch jemand ihrer erinnert
- als unsere Stadt dem Verhungern zugewiesen worden war, starben 9 von 10 nach Ende des Kriegs, diesen teilte man Gruben zu - es waren ja taeglich immer mehr, viele, tils warf das Entsorgungskommando sie direkt von der Karre hinein, durcheinander, teils stiegen die Bestattenden hinab, obwohl schon selber vor Hunger halb tot, und legten sie nebeneinander, Kopf neben Kopf und je eine Schicht bekam Erde und Kalk darueber, und abschliessend wurde fuer genausoviele ein Gebet gesprochen, wie drin war, auch mit Namen, falls man den noch erfahren konnte, notieren durften wir die aber nicht, dabei waere es fuer etwaige Ueberlebende, Angehoerige, so von Bedeutung, dass diejenigen nicht verschollen bleibnen, sodass es sogar im Altertum als "Gute Botschaft" bezeichnet wurde, mitgeteilt zu bekommen, wann und wo jemand starb - das zu Vereiteln, das tut Hass und da tut der so realisierte Hass eben laenger weh als es das Traurigsein alleine taete
- auch wenn man nur noch erfahren konnte, dass die Vergasten, und darunter der oder der Bruder, Vater, Sohn, Ehemann, Mutter, Schwester, Kind oder Ehefrau, Freund, Freundin, Lehrer, ... jemand, der einem im Leben etwas bedeutet hatte, dann verbrannt und als Asche auf die Felder der Umgebung gestreut wurden, wie organischer Duenger - das tat Hass
- und doch gibt es im Frieden Menschen, die moechten als Asche verstreut werden, nach dem Tod - diese hinterlassen aber auch ihre Nachricht darueber, warum das ihr Wille so war - ebenso diejenigen mit einem "Seemannsgrab" -

In unseren Religionen ist es ja nicht wirklich noetig, die erinnerte Person an so etwas wie einen Grabesplatz zu heften, aber schon die Neandertaler bestatteten Tote unter Kirschbluetenzweigen und Tannengruen sicher vor Wildfrass und etwas auch in schoener Art - und wenn man Krieg mit Vernichtungstod vergleicht, so wurde doch den Toten der Fronten und Bomben jeweils ein gesitteter Abschied gewaehrt.
Nach der Flaechen-Bombardierung Koenigsbergs gluehte das Arbeiterviertel 3 Tage, und man konnte manchen Menschen ihn nur noch als schwarzes kleines Buendel mit der Kohlenschaufel abkratzend bergen - sie wurden trotzdem gezaehlt (es waren 3-5000 Tote aus 2 Bomben-Naechten binnen 3 Tagen, genauer war das nicht mehr zu definieren) und nach Moeglichkeit identifiziert und mit Anstand bestattet - da war kein Zahlenspiel "passiert", sondern zu dem Zeitpunkt lebten schon so viele Fremde mit einquartiert, die woanders kein Obdach mehr hatten oder nach hierhin dienstverpflichtet worden waren, und so viele Familien waren in mehreren Wohnungen zugleich ausgerotttet, sodass nur noch die Einwohner-Melde-Behoerde Namen anbieten konnte, wer da wahrscheinlich auch mit umgekommen war
- deshalb kommt ab und zu auch ein totgesagter unerwartet wieder

Andererseits, was unsere Mitjuden betrifft - wir wurden doch ueberall im Leben als solche notiert und vermerkt, und wenn nicht mehr juedisch, dann doch als Buerger von irgendwo - und wenn zwischendurch heimatlos, dann doch bei Meldeaemtern bekannt, wegen der Gewerbescheine - und eben auch das in Familien, Sippen usw - einander als existent ein Begriff oder ein Angehoeriger oder ein Liebster, sogar -

Genau wie die weltweit so vielen Millionen der Vertriebenen und Geflohenen und Ex-Gefangen-Gewesenen sich hinterher so nach und nach wieder suchten und dann verifizieren konnten - mussten - wer nach 1956 nun wirklich nicht mehr unter den Lebenden zu vermuten war, suchten auch die juedischen Vertriebenen und Fluechtlinge nach einander

- es ist richtig, dass in keinem Stadium zwischen 1933 und 1947 jemand 6 Millionen oder 56 Millionen als Zahl erstellt und dann dazu Leute suchte, pro Zahl, um diese zu toeten, man also natuerlich nicht bereut, und nicht zu bereuen verlangte, persoenlich "Millionen" oder "3 Leute" ermordet oder in einer kriegerischen Tat getoetet zu haben, ist die schliesslich feststellbare Anzahl polizeilich-ideologisch umgebrachter Menschen doch ein Schock gewesen, zumal, wenn man bedenkt, ab dem "Startschuss 9.Nov.1938" bis "noch immer im Mai 1945" nur 7 Jahre dazu noetig waren, und nicht nur im eigenen Land, sondern jedem Land, das von eben wirklich den NS-Deutschen im Dt.Namen besetzt oder anvereint wurde - und sicher, sehr viele starben an der dabei immer schlechter funktionierenden Logistik, sodass nachher mehr die Angst als ein Hass zum Toeten anderer fuehrte, als auch, dass den Gefangenen die letzte Kraft ausging
- also wenn es ein Recht gint, dass ein Volk sich seiner guten und grossartigen Mitglieder ruehmt, so gibt es auch das Recht, dass sich ein Volk seiner schlimmsten Verbrecher auch schaemt -

Ich persoenlich finde, dass Stalin und Co es dem Russischen Volk auch geraubt hat, sich suehnend schaemen zu koennen fuer seine 50 Millionen intern-polizeilich umgebrachten Untertanen, aus anfangs 160 Millionen des Zarenreichs, da er das Erinnern verbot und verhinderte
- alle schriftlichen Nachrichten wurden ja immer wieder vernichtet - das ist eher schlimm fuer das russ.Volk und dessen Lebende, denn es gibt die Erfahrung, sich auch wieder einzeln versoehnen zu koennen, jeweils die Nachkommen mit den Hinterbliebenen und das tut gut
- niemand ist vollkommen und Israel ist doch mit der allgemein bekannten Hl.Schrift erster Zeuge dafuer, dass es heilt, wenn einer gesteht: das tat ich - lass die anderen aus dem Verdacht frei - denn die Tat war ja geschehen -

Biblisch ist der, der seine Tat gesteht und bereut und seine Strafe / Busse / Wiedergutmachung leistet, dann wieder ein zu ehrender Mensch

- jeder, der sich drueckt oder auf andere zeigt, tut sich selbst etwas Schlimmes an, und ausserdem der Gemeiinschaft, aus der heraus es jemand getan haben musste - um das geht es

Ich las neulich einen sinnigen Schreibfehler in einem anderen Forum:
Zitat:Der Holocaust ist ein Seelenmord am deutschen Volk, ...
- genau das
- es war "nachher" nichts mehr so eintraechtig beseelt wie vorher, man kriegt es ja nichtmal mehr hin, dass ueber einen als "juedischem Deutschen" geredet werden kann (wie Herr Bubis es einzufuehren bestrebt war)
mfG WiTaimre
- ------
-- Frueher war ich jung und schoen - heut bin ich nur noch "und" --
[/quote]
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#70
(04-12-2008, 08:51)WiTaimre schrieb: in einem anderen Forum:
Zitat:Der Holocaust ist ein Seelenmord am deutschen Volk, ...
- genau das
- es war "nachher" nichts mehr so eintraechtig beseelt wie vorher, man kriegt es ja nichtmal mehr hin, dass ueber einen als "juedischem Deutschen" geredet werden kann (wie Herr Bubis es einzufuehren bestrebt war)
ich vermute nach allem Überlieferten: Es war auch vorher NICHT einträchtig ...
Die Nach-WKII-Klimmzüge mit
entweder "Juden in Deutschland" (zeitweise auch schon fast als skandalös kritisch beäugt)
oder "deutsche Juden"
oder gar "jüdische Deutsche" sind imho innerjüdische Streitereien ... weitestgehend an den Befindlichkeiten der Nicht-Juden (wo auch immer) meilenweit vorbei ...
Das scheinen mir Kasteln, in die Juden offiziell nie mehr wollten ... aus übler Erfahrung (ihrer Angehörigen oder Vorfahren), nie mehr vereinnahmt, ausgebeutet und trotzdem doch extrem stigmatisiert werden für DEUTSCHEN Nationalismus

... mit dem Zionismus, den man teils auch als JÜDISCHEN Nationalismus mit manchmal fast rassistischen Erscheinungsformen verstehen kann, war und ist das noch eine ganz andere Sache (für Juden).

Fritz
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#71
@fritz
Zitat:Seit jeher geben Menschen Zahlen an, ob bei Kriegen oder Katastrophen, also wenn Du willst, rechne die 56 Millionen Toten, die direkt am 2.Weltkrieg weltweit ums Leben kamen - alle Fronten zusammengerechnet
- dazu gehoeren doch auch jeweils bestimmte Menschen, denen ruckartig irgend jemand genommen wurde, Vater, Bruder, Ehemann oder Sohn - diese oft als irgendwo eingezogene Kaempfer

ich gebe dir in dieser hinsicht völlig recht, mir ging es um die wertung an sich, nicht um irgendwelche zahlen. wenn jemand seine opfer höher oder anders wertet als die anedren opfer, und dadurch sein zukünftiges/ momentanes handeln rechtfertigt - unabhängig jetzt mal von irgendeiner religion oder zugehörigkeit - kann,oder will, ich das weder verstehen noch gutheissen.

so etaws schürt nur zusätzlichen unnötigen hass und schafft probleme die nicht selten zu neuen konflikten ausufern
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#72
(05-12-2008, 11:50)jo_jackson schrieb: wenn jemand seine opfer höher oder anders wertet als die anedren opfer, und dadurch sein zukünftiges/ momentanes handeln rechtfertigt - ... - kann,oder will, ich das weder verstehen noch gutheissen.
Nur kommt bei weniger zerschossenen oder zerbombten Opfern so ohne weiteres vielleicht weniger "Krieg", aber noch lange kein Frieden heraus. Frieden setzt imho mehr als sie Abwesenheit von Getöteten voraus, nämlich Verteilungs-Gerechtigkeit, nämlich dass Völker oder Wirtschaftssysteme nicht mehr andere übervorteilen ..., dass menschen nicht mehr einseitig ausgebeutet werden ... und da sind wir alle noch ziemlich weit von ab ...
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

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#73
Zitat:Der Holocaust ist ein Seelenmord am deutschen Volk, ...
- da sagte ich vielleicht nicht klar genug, dass dies ein Formulierungs-Patzer war, der jemandem passierte, der sich an sich ganz darueber aufregen wollte, dass das Thema noch nicht "aus dem Weg" ist, dann damals den Juden insbesondere angetan wurde.
Aber ich bin durchaus der Ansicht, dass man ab damals auch auf der nicht-juedischen Seite nicht mehr in demselben Sinne "deutsch" war wie vor 1933 - sicherlich, vielleicht schicht-spezifisch, aber unbefangen, auch wenn es Frueh-Antis gab und man sich oefters in die Wolle bekam - damals konnte man auch noch im Suff einen Dorf-Schupo in die Mist-Haufen setzen, wenn er allzu verbiestert war - er stammt aus den Leuten selbst und trug es mit Fassung, so "handgreiflich geruegt" worden zu sein, von ein paar fuer seine Begriffe zu laut "Reserve-hat-Ruh..." spielenden "1870ern" in vorgeruecktem Alter.
Der 1.WK war schon zu graesslich, zu technisch, zu modern verbissen, als dass noch in irgeneiner der beteiligten Nationen ein unbefangenes Verhaeltnis zu haben moeglich war, zu dem Thema, dass man auch mal Soldat war - aber das war noch ein Krieg, in den der juedische Nachbar auch mit zog, den er auch mit demselben Entsetzen erlitt und mit verlor. Gerade da waren sicch viele Kreise der Deutschen naeher gekommen als je zuvor, es war weniger ein gestelztes von oben befohlenes Toleranz-tum, sondern die mochten sich leiden, auch Kollegen in anderen Bereichen.
Auch Besatzung nach 1918, Inflation und Arbeitslosigkeit machte beiderseits manche arg ungluecklich, manche ploetzlich reich, da war von dem Aspekt her ebenfalls eine Annaeherung zwischen Deutschen ohne und mit juedischer Herkunft oder Konfession - nun je Schicht - eingetreten wie vielleicht zuletzt vor 1450 mal (als die Priester ihre Schaefchen in der Synagoge trafen, und die Rabbis ihre in Kirchen, ab und zu, weil man ewas bei der anderen Konfession so wunderschoen im Zeremoniell fand und deren Leute gut kannte und Freunde haben konnte, hier und da - trotz weiterhin bestehender Kennzeichnungs-, Ghetto- und anderer Gesetze.
@Fritz, der Formulierungs-Kopfstand, den ich da oben zitiere, der ist m.E. ja ein richtiger - wenn auch garantiert nichht beabsichtigter Treffer, er besagt eine Realitaet.
Herr Bubis ist in dieser Sprache aufgewachsen, sich koerperschafts-maessig an ein anderes Deutschland erinnern koennend, und er hat es eben biografisch miterlebt, und auch, wie leer binnen 12 Jahren Mittel-Europa geworden war. Noch 1980 waren wir unter 80 Mio im Land knapp 30'000 - wohlgemerkt, nicht alles juedische Deutsche, aber doch noch ein Stamm solcher plus durch die "Ereignisse" hierher getriebener juedischer Polen, Russen, Litauer, Letten, Besatzungs-Angehoerige - vor 1933 mit 500'000 juedischen Buergern etwa, da war das doch etwas besser gewachsen. Wir sind ohnehin etwas urbaner seit jeher, speziell in der Diaspora, schon damit man 10 Mann (bzw.10 Frau) zum Gemeinde-Gebet zusammenkriegt - was doch nicht jedermann lang oder liegt, aber bei mehr Orts-Ansaessigen in einer Stadt doch eher machbar ist.
Die kamen aber auch nicht in so grosser Menge direkt aus der Hoelle gekrochen, mit erstarrten Herzen voller Toter und Vermisster, worin frueher Verwandte und Freunde im Herzen waren, Beziehungen und andersglaeubige Freunde und gute Bekannte -
Das 19.Jhd. ging ja auch unwirsch mit vielen anderen um, z.B.die Abgeordneten um 1848 - da kam es vor, dass sich welche im Parlament sogar anschossen
- und die Kommunisten-Trupps, die so gerne Buerger hochschreckten, indem sie sie in Wirtshaus-Saelen mal "richtig aufmischten"
- und die anti-religioesen Presse-Kampagnen, die sich manche liebe alte katholische Sitte oder lutheranische Arglosigkeit aufs Korn nahmen und echt agressiv in der Luft zerfetzten, was vor Ort auch manchmal zu Handgreiflichkeiten gegen verschiedenste Gruppen Deutscher fuehren konnte plus zwei-drei Kultur-Kaempfen gegen die "ultra-Montanen" (sprich Katholiken, die hinter dem Alpengebirge noch ihren Papst haben, und behalten wollen der nicht dem Kaiser-Reich und nicht dem Preussenkoenig zuvor eingereiht werden konnte) - sowas passte eben nicht in den Absolutismus
- da waren auf deutsche Katholiken Zeiten eingebrochen, wo ihre Priester im Heu versteckt schliefen und ihre Bischoefe illegal bleibend, um nicht Nachbarstaaten zu Solidaritaeten und eventuell Kriegen zu noetigen, aber nah genug, um an einem "Wandertag" ihrer Schaefchen noch Sakramente spenden zu koennen, soweit welche ohne Bischof nicht komplett sind - hinter den saemtlichen Landesgrenzen sassen - gut 14 Jahre lang (genau das machte die damals Alten doch noch glauben, dass das "1000-Jaehrige" gewiss nicht schlimmer werden kann) und zwar sogar in 2 Jahren weniger -
- und die mehreren Maulkorb-Erlasse, die manchen Lehrer und andere nach Amerika brachten, nachdem Europa fuer Gedanken mitunter "eng" wurde - gerade auch durch Napoleon
- und "Judenhatz" kam zwar mitten dazwischen vor und praegte sich als unfreundlicher Akt natuerlich erstrangig Juden ein, war aber a) verboten und b) wurde von Buergern im allgemeinen fuer laestig und vielleicht auch mal boese gehalten, je nachdem, ob Freunde betroffen waren
- ich sag mal ganz kuehn: bis zum 9.Nov.1938 einschliesslich haette es keinen "Seelenmord" gegeben, wenn's damit abgetan gewesen waere. Man hatte schon diktatorische und schwierige Regierungen mehrfach ueberstanden, auch wenn die noch Fuersten hiessen, auch unwirsches Mit-Volk verschiedener Richtung hatte man so oft - wenn auch mit Schmerz und Verlusten und Toten ueberstanden und doch noch dabei leben moegen - das "Deutschland" waren vor 1800 ja noch ca 1700 kleine Staaten - in jedem war es etwas anders - mal zog dieser, mal jener Untertanen-Anteil da schliesslich ins naechste, wenn die Zeiten arg wurden
- warum wohl gab es ueberhaupt all die 500'000 aus Deutschland, die nicht unbedingt nach Hl.Land umziehen wollten? Mitte des 17.Jhds, als der moegliche Messias Schabtai auf der Hoehe seiner Glaubwuerdigkeit war, da waren viel mehr hiesige Juden bereit, mit ihm zu gehen - und packten schon Tonnen und Kasten mit dem Noetigsten fuer einen Umzug - aber da brachte ihn irgendetwas dazu, sich bereden zu lassen, in den tuerkischen Islam einzutreten (sein Landesherr war ein Kenner der leisen Argumente und De-Eskalation) - und alle blieben dann doch da, wo sie schon lebten - und warum wohl gab es die etlichen Millionen Ostjuden, die weder nach USA / Canada / Suedamerika oder Hl.Land zogen, solange sie in den neuen Republiken (Baltikum, Polen etc) ja menschlich und religioes bleiben konnten, womit sie sich auskannten, anstatt "einem ungarischen Herrn Herzl" zu glauben, man koenne Israel auch saekular und schwerpunktsmaessig ganz als Nationalitaet definieren - weil das ja ueberall die Voelker auch gerade taten und dann Juden fuer was Anderes erklaerten - dann ist man eben auch Nation und eben da, wo man laut aller Welt Bibel gedanklich immer noch hin-gehoerte, im Hl.Land - zumal damals da wirklich noch nicht viel vorhanden war, das neue Ansiedler zu verdraengen gemeint haetten.
Laut saemtlichen nachlesbaren Pilgerberichten seit 1250 lag das Land weithin erbaermlich brach und ernaehrte keine Millionen-Bevoelkerung bis auf die paar Staedte mit Durchgangsverkehr -
Die wegen einiger Pogrome (Odessa, Bialystok u.a.) einer Lebensgefahr entronnen waren und die naechste nicht abwarten wollten und die 1. und 2.Aliya (Einwanderung ins Hl.Land) mitmachten, waeren ja auch schon beinahe verhungert, weil sie gar nichts mithatten, zu arm fuer Saatgut und Werkzeug geflohen - da hatten Deutsche, Russen, Briten, Amerikaner und Oesterreicher und andere mit Erlaubnis des Osmanen-Sultans schon stattliche Anwesen gegruendet - ins Hl.Land - und das gab Arbeit fuer viele, auch viele der Vorfahren heutiger Palis, die nun auch gerade erst einwanderten.
Selbst wenn es attraktiver gewesen waere, so viele juedische Nord-Europaeer blieben lieber Buerger ihrer Lande, wo sie verschieden lange heimisch geworden waren, nachdem man ihnen endlich mal hier ueberall so nach und nach ein Buerger-Recht gegeben hatte, und andere Einheimische aus einer kurz zuvor nochmal arg zugespitzten Leibeigenschaft entlassen hatte.
- Auf das Konto der hieraus resultierenden Konkurrenz gingen einige unfreundliche Reaktionen - aber wesentlich besser traf es auch nicht ein vorher leibeigeer Einheimischer Nichtjude, wenn der sich in Schichten hinauf-arbeiten wollte, die ihm lange verschlossen geblieben waren, zuvor ohne Recht auf Schule und Mitreden Duerfen, auch wenn es um seinen Kopf ging . Es musste erstmal erarbeitet werden, was nachher Nations-Angehoeriger wurde, wie wir es kennen.
Aristokraten, Akademiker, Militaers, Kuenstler und Leibeigene z.B.waren zuvor nicht nations-zugehoerig im Sinne von "Blut & Boden"-Ideen, auch wenn es das Wort schon gab. Die Pariser Bohemiens sind nicht etwa eigentliche Tschechen-Buerger gewesen, sondern Zugehoerige Kunst-Studenten einer Prager Akademikershaft, in welche auch andere eintreten konnten, ein Adliger konnte quer durch Europa heiraten, weil sie eine Welt fiuer sich waren, man erbat sich den Kurfuersten von Sachsen August d.Starken - Protestant - zum Koenig fuer katholisch Polen - fast kein Problem, Bach sogar komponierte mal Katholisches und mal Protestantisches (erkunde mal die Erstauffuehrungen der Einzelteile des Weihnachts-Oratoriums, da staunste), denn auch Kuenstler waren eine Welt unbestimmter oder abwechselbarer Nationalitaet

@Jo-Jackson - jetzt ueberleg doch mal in "meinen Mokassins ein paar Schritte mitgehend", dass doch naruerlich alle diese Erwaehnten jeder seine eignen Opfer am ehesten vermerkte und betrauerte - denk an die vielen Heimat-Vertriebenen nach 1945, die wahrhaftig oft mit Null im neuen Umfeld ankamen, zwangs-eingewiesen in Wohnungen derer, die noch ein Dach hatten
- auch deren Eingemeindung war damals ein "Huch-die-Fremden wollen hier rein" - und das waren Deutsche bei Deutschen - auch sie waren zersplittert zu kleinen Halb-Familien und ohne jeden sozialen Rueckhalt ohne Beziehungen ohne gehabtes Brauchtum um sich herum, mit Tabus, ja keinen Habenichts von denen zu heiraten und was noch - und wussten, dass nicht erwartbar waere, ab 1947/1949, dass sie je zurueck duerften von hier - das brach noch manchem buchstaeblich das Herz, und es wurde gemobbt einerseits und gejammert andererseits, waehrend man erstmal die Kriegsschaeden zu begreifen und zu beheben startete
- ich kenne einen unveroeffentlichten Roman aus ca 1952, der darin gipfelt, dass doch so eine "unmoegliche" Heirat stattfand und der wiedergefundene einzige Onkel der Fluechtlingsbraut eine Tischrede haelt, um den Anwesenden Westfalen zu erlaeutern, dass doch auch Ostpreussen Deutsche sind und der Unterschied sei doch nicht so endgueltig, wenn der eine nun mal eben verarmt ist und nicht mehr dahin zurueck kann, wo er mal besser zurecht kam
- ich jedenfalls kann es der damals unterrichtenden Generation nicht uebelnehmen, das Problem der Judenschaft Europas auch noch naeher kennenzulernen. Jenes Reich hatte doch jeden Fleck seiner Herrschaft mit boesartigen Zwangslagern besudelt, welche loszuwerden jede Region dankbar war - ohne sich gross zu fragen, wer denn in denen genau gesessen hatte und starb - die Vertriebenen wussten das eh nicht von da, wo sie hinkamen, und die Ausgebombten wuerden auch erheblich mobiler mit der Wahl ihrer neuen Arbeitsmoeglichkeiten - wenn also in einer dt.Schulklasse meinerzeit 50 deutsch-sprachige Schueler sassen, so war rund 1/3 der Volksschueler, aber fast 4/5 mancher Gymnasiums-Klasse ein "Nicht-Hiesiger" Bestand eventuell Andersglaeubiger und musste sich daemliche Witze und handfeste Verpruegeleien bieten lassen, ein Flouechtling hatte ja weder Hof noch Betrieb, sondern fast nur die Chance, was mit hoeherer Ausbildung zu werden - es kostete noch Schulgeld damals, aber ganz Veramte und Waisen bekamen staatliche Hilfen - bis zu meinem Staatsexamen war das ein ganzer Aktenschrank voll geworden, die Behoerden-Korrenpondenz unserer Mutter, welche sie bis dahin aber auch hatte leisten muessen - zumal als eingeheiratete deutsche Witwe aus dem Osten - ein Beamter raunzte sie mal an "das sagen alle Witwen" - da wurde sie wuetend stand erbittert auf und konterte: "SIE sollten hier auf die Knie gehn und G=TT und mir Abbitte leisten - SIE kamen lebend aus dem Krieg heraus, unverletzt sogar, gesund, und nachhause in IHRE Orte von frueher - IHRE Frau und Kinder, von denen Sie mir erzaehlten, sind geborgen mit Ihnen, denn SIE haben diesen sicheren Arbeitsplatz doch nur, weil es uns Witwen in unserer Not, alles das an Glueck nicht gehabt zu haben, gibt!" - ja, tatsaechlich, der Beamte wurde blass und bat ehrlich um Entschuldigung.
Bis 1957 etwa wussten wir endlich verbuergt, wer von denen, die wir vorher kannten ueberhaupt noch lebte und wo - zwischen Canada, Australien, sowjet-russisch besetztem Baltikum und zwischen Flensburg und Muehlhausen an der Schweizer Grenze - mit Fahhrad, Bus und Bahn war da nicht viel aufrechtzuerhalten moeglich - und wir waren frueher mal in den Augen der Verwandten reich - Inhaber eines Edeka-Feinkostladens in guter Wohnlage
- fast alle die hofften, wir haetten noch was zum Helfen fuer sie retten koennen - wir hatten 2 Witwenrenten fuer uns 4 Ueberlebende, zu je 70 DM, und ein freundliches kleines Dorf zum Einleben erwischt, das nett zu uns war und unsere Andersglaeubigkeit nur mit Verwunderung, aber ohne Gehaessigkeiten zur Kenntnis nahm.
- Mehr war nicht mehr vorhanden. Ich gebe zu, dass mich als Kind auch nur sehr fluechtig interessierte, dass auch Schlesier und Sudenten die Heimat verloren und auch noch weitere -
- es gibt einen seelischen Unterschied nach 1945 zwischen diesem, was alle traf, und den Juden, die vereinzelt hier wieder ankamen, die meisten auch nicht aus Westdeutschland stammend, sondern eventuell aus den Lagern der UNNRA Ex-Lagerhaeftlinge vieler ggetroffener Nationen - es war, dass man unter Dt.Namen zuvor qualvoll ausgegrenzt und abgestraft worden war, schon 12 Jahre, und nicht erst in den KZs, es gab kein Berufsrecht mehr, Radios und Telefone zu besitzen - mancherorts wurden selbst die Rasier-Apparate, besseren Haarbuersten und Kaemme den Juden verboten und unter Durchfuehrung genuesslicher Razzias gruendlich weggenommen, man hatte kein Recht auf ein Fahrrad, einen Bus oder gar ein Auto gehabt, durfte nur noch in abgelegensten Geschaeften Lebensmittel auf die um Eiweisse gekuerzten Rationsmarken kaufen - etwa Freitags nach Dunkelheit - man durfte, als der Bombenkrieg begonnen hatte und man noch nicht im Lager war, in keinen Bunker, sich nicht auf einer Parkbank verschnaufen, Deutschere bekamen Aerger, haetten sie auf der Strasse nett mit einem zu reden gewagt - so vieles kleines Boeses war gewesen, und so viel davon war kleine Gedankenlosigkeit darueber, wie sich sowas auswirkte (z.B.bei Mengele wurde ein "unordentlich" Rasierter oder Gekaemmter schon allein dafuer zum Tod selektiert - sowas sass manchem, der das ueberstand, noch ein Leben lang in den Knochen)
- bevor ein Jude seine Heimat verlor, wo auch immer diese boese Fahne gesetzt wurde - sein Heimweh nach einem vorher heileren Zuhause war ihm abgestuft erschwert worden
- und @Fritz, an uns lag es nicht, dass es nun nur noch "Deutsche und Juden" hiess, ohne den jeweiligen, der vor einem stand - wie Herrn Bubis - auch nur einen Moment lang zu fragen, ob er ein juedischer Deutscher ist, welche es eben trotzdem auch noch ab und zu gab.
- Vergleichbares gilt auch in Lettland, Litauen, Polen etc - aber unter Sowjet-Hoheit durfte die aktuelle Bevoelkerung nichts betrauern und nichts "getan" haben, soweit auch da etwas Vergleichbares an befohlener Ausgrenzung geschah
- etliche hatten die NS-Besatzung aus Angst vor der naechsten Sowjet-Herrschaft doch auch bevorzugt "bedient", wenn es das geringste war, sich von ihren einheimischen juedischen Mitbuergern zu distanzieren - die slawischen Bevoelkerungen merkten ja schnell, ass sie auch viel zu un-deutsch waren, spaetestens wenn man etwas erfuhr, dass anstelle von Tierversuchen einfach "200 moeglich in gutem EZ befindliche Polen" von Forschungs-Instituten bestellt werden konnten, mit dem Zusatz "bitte nicht am Kopf zu erschiessen" - wegen der Rassenkunde an Schaedeln ...
- spaetestens, wenn ein Gefangenenzug das eben von Sowjet-Verschleppungen gerettete Land durchquerte und es diesmal sogar nicht erlaubt war, den Durst-schreienden Insassen Wasser hinaufzureichen, in den vergitterten Zug
- die nicht Mit-Betroffenen machen sich nicht ganz klar, dass die quaelenden Bilder der Ent_Deutschung, Ent_Polnisierung etc zu viele sind, als dass man damit schon fertig waere, zu weinen, innerlich - und sich generell mehr zu fuerchten - auch Juden mussten erstmal, ausser sich ihres Lebens zu vergewissern, muehsam dran erinnert werden und sich helfen, drauf zu kommen, dass vor diesen kurzen "1000 Jahren" so ca 2000 andere lagen, wo es durchaus auch mal gut ging -
- ich moechte es Dir gern noch genauer verdeutlichen, woriin das sogar bio-logische Problem liegt, das damals eben nur Juden und einem Teil der Roma, Sinti und Jaenischen zustiess.

Stell Dir eine Versuchs-Anordnung nach Watzlawik vor, die er in einem Lehr-Buch beschrieb, da hat er eine kluge Ratte und zwei Tuerchen, auf einer ein Quadrat, auf der anderen ein langes Rechteck, davor ein Graben - wenn sie neugierig oder hungrig ist und wittert drueben etwas Leckeres aus ihrer Sicht, wird hinter dem Quadrat ne tolle Mahlzeit auf sie warten, hinter der anderen entweder, dass die zubleibt und sie knallt mit der Nase davor und plumpst in den Graben (oder ein kleiner elektrischer Schlag - ich weiss nicht mehr genau, was, aber unangenehm). Weil sie klug ist, bekommt sie das heraus und springt nun immer auf das Quadrat zu - das ist mal links, mal rechts auf der Tuere. - Nun verlaengert der Forscher dies Quadrat jeweils ein bisschen und kuerzt das Rechteck - die Ratte lernt, das trotzdem zu unterscheiden, und wird mit dem steigenden Schwierigkeitsgrad sogar unbefangen und selbstsicher, sozusagen stolz, dass sie das erkennen kann und immer nur belohnt wurde - es gibt auch keine andere Moeglichkeit, etwas zum Essen zu kriegen. - Letzte Stufe: der Unterschied wird so klein, dass der Sehwinkel im Auge nicht ausreicht, ihn zu erkennen - in dem Moment springt sie gar nicht mehr, sagt auch nicht "Schiet drauf, dann verhunger ich eben" - sondern macht etwas, was selbst der Forscher nicht ahnte und - das ist glaubhaft berichtet - wahrhaftig nicht wollte: sie erstarrt an diesem Paradoxon "gut = boese", das gerade da eintrat, als sie am meisten zufrieden war, Probleme loesen zu koennen - sie verliert alle Haare, bewegt sich nicht mehr, frisst nichts mehr und stirbt - da kann ihr der Forscher noch so viel helfen wollen, sie streicheln, ihr das schoenste Futter geben, sie fuettern - dies Entsetzen brach ihre Lebenskraft.
Wenn wir nicht Menschen waeren, und wenn es uns nicht in so verschiedenen Stadien getroffen haette, zwischen:
- nie in Europa gelebt Haben
- und: rechtzeitig sowieso bis zu "in Letzter Minute" ausgewandert Sein
- und: sich alles noch erniedrigen Lassen, wie man inmitten der Bevoelkerung bei lebendigem Leibe von fast dem ganzen Volk, das man fuers eigne hielt, und viice versa - sozial-geloescht wird und irgendwie doch ueberlebt Haben
- und: logistisch stuemperhaft begonnenen Nackt-Erschiessungen ganzer Populationen von uns mit denkbar boesartigsten Moeglichkeiten, was dem voraus noch in der Stunde der betrunkenen Sadisten passierte
- und: Anfahrt mit dem Zug, Aussteigen, Namen aufrufen und ohne Kommentar sogar relativ sachlich behandelt, nicht mehr gemein oder so (damit es schneller ging) direkt zum Tod
- also dann haetten wir es wie die arme Ratte gar nicht ueberstanden und waeren bis ca.1950 einfach weltweit erstarrt - die einem am Direkt-Erleben, die anderen daran, es zu erfahren, was geschah. Das waren doch gossteils auch Angehoerige von diesen hier. -

Vielleicht hat aus historischen und lehre-bedingtem Training heraus ein Paradoxon auf unsere Leute nicht ganz die Wirkung wie auf die so ent_geisterte Ratte im Labor - ein Lebens-Mechanismus war auch das im Trauern Vorwuerfe machen: Ihr haettet es doch 33 ahnen muessen - und schon 1906 - und ueberhaupt, der ganze Frueh-Antisemitismus - und diese mittelalterlichen "Juden-Schlachten" (1350 Wort, bedeutete einzelnen Juden und ganzen Gemeinden (denen Waffen zu haben gesetzlich ja seit Beginn der Kreuzzuege verboten war) eine Schlacht zu liefern (wegen der Pest) - nur, dass die Waffe des Gegenparts, der sowas haben durfte und auch sollte - damals Scheiterhaufen oder Niedermetzelungen waren. Das war auch eiin Kulturschock.
Auf den Quadrat-Versuch bezogen: man redet das "gute" Tuerchen mit dem Quadrat "schlecht", erinnert an die Anfangstage mit den Fehlversuchen und troestet sich mit "Eigentlich waren sie schon oft so" bis dahin, das "boese Rechteck" fuer "Eigentlich haette man es ja gewusst" zu rehabilitieren.
Das funktioniert je nach Individuum, wieweit man das schafft, leben zu wollen, weil man ja noch da ist. Dies genau ist nicht allen Vertriebenen auch so zumute. Sie wirden direkt und ohne die deprimierenden Vorstufen herausgerissen worden. Das bewirkt ein anderes Heimweh-Verhalten - selektiv erstmal nicht an die gehabten 12-Jahre erinnernd. Die Diktatur loszuwerden war ja keine Heimat gewesen, allenfalls fiel man nun tief aus einer zweifelhaften Position, die man bei den Machthabern innehatte (und troestet sich in dem Fall, dass einen nun ja keiner mehr kenn) - aber mein Bach, meine Linde, mein Hof mit der Kastanie, meine Bekannten, die "Originale", meine Dialekte und Lieder - mein Hund, mein Winter und Sommer. - Niemand beschreibt eine Region liebevoller und schoener als die Vertriebenen alles an ihr liebenswert schildern - ein Geheimnis des Herzens, es ist auch ok.
- ich weiss nicht, ob wir aehnliche juedische Buecher von einigen Ueberlebenden in aehnlicher Kategorie haben - deshalb bleibt das noch wund - auch nach dem Krieg war ja kein Kreis da, der sich zu uns Individuen wirklich zaehlte und mittraeumen liess - und wir waren wirklich zu wenige, es gab uns "auf gepackten Koffern hockend, etwas frierend und immer noch mit einem Ort zur Tuere raus, ob Gefahr drohe", so empfand ich das auch noch 1964 an einem Pessachfest - nur 1 Ehemaliger des Ortes war dabei, einer, dessen Familie "kurz vor Damals" aus dem Osten zugezogen war, in diesen Ort - und einer aus einem Dorf in der Naehe, dem es unlieb war, juedisch zu sein, und - kaum 2 andere waren aus derselben Heimat, also war man religioes vergnuegt und liess de andern Themen aus - ueber wen haetten 5 von Damals gemeinsam reden koennen?

Vergangenheiten zu bewaeltigen ist ganz unterschiedlich, wenn es die eigene, individuelle, nahe Umwelt war.
mfG WiT
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