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Verhältnismäßigkeit der Einsatzmittel gegenüber Demonstranten
#91
Hallo t.logemann,
Deinen Beitrag habe ich gerade durchgelesen und erkenne darin ganz deutlich, wie Du die erstarrte Lage einschätzt. Da ist kein Weiterkommen, wenn Schuldzuweisungen in einem Duellieren enden. Wie aber kann es weitergehen, wie werden Menschen fähig, sich anzunähern, um anschließend gemeinsam oder wenigstens in einer Haltung von Akzeptanz, die Dinge voranzubringen? Die Mediation läuft ja bereits, doch ohne guten Willen auf beiden Seiten, wird es für den Mediator, Herrn Geisler, äussert schwer werden. Die Parteien werden sich bewegen müssen. Wenn das Projekt einfach durchgezogen wird, ohne das dabei zumindest die Kritiken - gerechtfertig oder nicht - und Proteste ernstgenommen werden, wird das Vertrauen auf lange Sicht hin vielleicht schwinden. Das wäre eine denkbar ungünstige Basis für die Zukunft. Was bewegt eine so große Menschenmenge auf die Straße, trotz der guten Aussichten auf Arbeitsplätze und Aufträge, einer neuen, schöneren Innenstadtgestaltung und als Krönung, ein architektonisches Novum an Bahnhof? Und dann die Eskalation im ehemaligen Stadtpark. Ein trauriges und überflüssiges, aber auch dem Projekt und den besorgten Menschen gegenüber, ungeeignetes Mittel zur Lösung des Problems. "Kommunikation und Vertrauen", daran scheitern nicht nur Ehen. Ich bin gespannt, wie es der Bahn und den Politikern gelingen wird, dieses Projekt doch noch mit einer größeren Zustimmung und Akzeptanz voranzubringen.
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#92
Wenn ein umstrittenes Projekt - nach heutigen Zahlen - um 200% teurer wird - und hier geht es um Milliarden und keine wirklichen Antworten um die Gefahren aus dem Untergrund durch die Tunnelierung erfolgen, dann gehen die Leute auf die Straße. Und es sind zunehmend Menschen aus dem "bürgerlichen" Lager, die aufgewacht sind.

Gruß
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#93
Für den Beraubten spielt die Rechtslage ebensowenig eine Rolle wie für den bei Demonstrationen Verletzten.

Davon ab: Wenn die "geltende Rechtslage" es ab einem bestimmten Fixdatum wieder erlaubt, auf Menschen mit anderem Aussehen, anderer Überzeugung "Jagd" zu machen - würdest Du dann ebenso vehement für "beschriebenes Papier" eintreten - wenn Du vielleicht selbst davon betroffen wärst?
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#94
Liebe Theodora,

ich hoffe dass die Einschaltung des Herrn Geislers was bewirkt. Der Mann ist "staatstragend" und "Bürgerbewegt", CDU-Mitglied, Minister a.D. und Mitglied in der Bürgerrechtsbewegung "atac" - also wenn der nix bewegt, wer dann?

Das Problem - und das habe ich Lars schon versucht zu verdeutlichen - ist die persönliche Betroffenheit. Die überzogenen Reaktionen auf staatlicher Seite kommen nicht daher, das man mit "aller Gewalt" ein Projekt durchziehen will - sie kommen daher dass sich - so kurz vor der Landtagswahl - die derzeit an der Macht befindliche politische Führung es sich nicht eingestehen will oder kann, das sie evtl. Fehler gemacht hat. Wenn Herr Mappus sagt:"Hmm - wir haben vielleicht doch ein bischen über's Ziel hionausgeschossen.." - dann ist der bei den "Hardlinern" seiner eigenen Partei "unten durch" - und das ist äusserst schlecht für ein weiter nach Einfluss strebendes Parteimitglied...

Und daher soll auf Gedeih und Verderb weiter gebuddelt werden - anstatt das man den aufgebrachten Bürgern mal genau, mit allen Risiken und allen positiven Erwartungen aus dem Projekt "reinen Wein" einschenkt. Sop sin sie halt, die Machtpolitiker...

Was das Projekt selbst angeht - die Idee eine unterirdische Tunnelröhre mit unterirdischem Bahnsteig zu machen, und dadurch für Fernzüge Stuttgart quasi zum Durchgangsbahnhof zu machen, ist gar nicht so verkehrt. Die Frage ist, ob es den ausgerechnet eine Hochgeschwindigkeitstrasse nach Ulm sein musss - eine entsprechende Trassenführung nach München und nach Mannheim/Karlsruhe (mit Anbindung nach Basel im Süden und Frankfurt im Norden) böte sich effektiver an. Die Anbindung an den Flughafen liesse sich in Kooperation mit der DB und der Albtalbahn realisieren - alles auch nicht billig, aber realistischerweise nicht so teuer wie das geplante Milliardengrab. Fast hat es den Anschein, als wolle man im "Ländle" eben noch mal so richtig "zuklotzen" - bevor das wegen der gesetzlichen "Schuldenbremse", die ja auch die Bundesländer betrifft, halt nicht mehr geht...

Ob Stuttgart bei Verwirklichung der jetzigen Pläne so eine "schöne neue Innenstadt" erhält - wage ich mal zu bezweifeln. Die abschreckenden Beispiele der "schönen neuen Innenstadt" - kann man in Frankfurt/Main, aber auch in Berlin-Alexanderplatz "bewundern"...

Ich nehme mal stark an - das Abgerissene wird nicht mehr aufgebaut, das Zerstörte nicht mehr instand gesetzt - und übrig bleibt ein Durchsetzen "auf Deibel komm' raus" - vielleicht nur 4 unterirdische Gleise und eine Blechbude als oberirdische Bahnhofshalle für Reisende der Regionalbahn. Richtig zufrieden ist mit dieser Lösung dann niemand - weder die Befürworter, noch die Gegner. Aber was beide Seiten auf jeden Fall machen werden - sie werden sich noch jahrzehntelang gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben - wie unerzogene Kinder in der Sandkiste....

Lieber Alwin,

in diesem Staat zählt Papier nur dann, wenn es "das Papier der Herrschaft" ist. Die Schuldenberechnungen zählen nicht - es sind ja keine Berechnungen des Ministerpräsidenten. Aber die auf Papier geschriebene Rechtfertigung gegen den Bürgerwillen vorzugehen, die zählt. Auf dem Papier gilt der Mensch nichts, aber die niedergeschriebene Aussage auf dem Papier - die zählt mehr als der Mensch. Und im verzweifelten Bemühen etwas haben zu können, an dem man sich festhalten kann - greift der Mensch anstatt zum nächsten Menschen - eben zum nächsten Papier.... und da steht dann ein Gesetz 'drauf, das ursprünglich durchaus Sinn und Zweck gehabt hat, das aber zwischenzeitlich "nicht mehr das Papier Wert ist, auf dem es gechrieben wurde".

Man könnte, wenn man so "Papiergläubig" ist, sich Gedanken um eine "Reform" machen, eine Möglichkeit entwerfen bei der Rechtsstaatlichkeit ebenso zur Geltung kommt wie Bürgerwille. Könnte man.... hätte man alle verheimlichten Informationen. Dumm nur: Wenn die verheimlichten Informationen - wie in Stuttgart - offenbar werden - müsste man vielleicht einsehen, dass das Beharren auf dem "geschriebenen Papier" letzlich zur eigen Entmündigung geführt hat - und weiter führt: so eine Reform des geltenden Rechtes setzt sich ja nicht "über Nacht" durch.

Un so werden wir uns von einigen unserer Mitdiskutanten weiterhin vorwerfen lassen müssen, das wir ja "illegal" handeln, "illegal reden", Nachfolger der APO oder der RAF wären; als "Staatsfeinde" - da garantiere ich schon fast für - werden wir mit Sicherheit schon beim Verfassungsschutz geführt (und das vermutlich nicht erst seit heute....).

Von Bonhoefer stammt das glaube ich:

"...als sie die Sozialdemokraten holten, habe ich geschwiegen - ich war ja kein Sozialdemokrat.
als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen - ich war ja kein Kommunist
als sie die Demokraten holten, habe ich geschwiegen - ich war auch kein Demokrat
als sie die Andergläubigen holten, habe ich geschwiegen - ich habe ja keinen Glauben
als sie mich holten - gab es keinen mehr der etwas hätte dagegen sagen können..."

Jegliches Gesetz, jegliche Verordnung, jegliches Handeln des Staates muss sich am Bürger orientieren - nie aber hat der Bürger Diener des Gesetzes, der Verordnung, des staatlichen Handelns zu sein Aber da können wir uns hier den Mund fusselig reden und die Fingerchen wundtippen - hier gibts einige User die es sich "gut damit eingerichtet haben", Diener des Papiers zu sein...
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#95
Lieber Thomas,
wenn Gesetze - wie in den letzten Jahren geschehen , und deren anschließenden Verordnungen seitens des Gebers und seiner Verwaltung so an der Bevölkerung vorbei durchgepeitscht werden, kann ich an deren ethischen Berechtigung nur noch zweifeln.

d.n. hat vortrefflich beschrieben, wie ein Handlungsablauf eigentlich vonstatten gehen müßte. Wenn sich daran gehalten worden wäre, wäre manche Basis für die aufgekommenen Protestbewegung erst gar nicht gegeben. Natürlich haben hier die beteiligten Polizisten nicht eigenmächtig gehandelt. Eventuelle Ausnahmen übersehe ich dabei. Die gegebenen Einsatzbefehle kamen von "oben". Und da die Bahn AG - auch als Aktiengesellschft - dennoch in Bundeshand ist, ist der Begriff eines privatwirtschaftlichen Unternehmens ohnehin irreführend. Hier arbeiten also zwei Interessengruppen Hand in Hand. Und nun stellt sich der Bürger dagegen - für seine Interessen. Das inzwischen angenommene Ausmaß war in der Form nicht eingeschätzt worden, entsprechend die panikartige Reaktion.

Daß dem Staat das "Wohlergehen" entsprechender Wirtschaftsbereiche bzw. deren Nutznießer näher liegt als das allgemeine Bürgerbefinden, zeigt sich ja auch an anderen Beispielen ausreichend wieder. Berechnungsunterlagen, die bei Widerstand vor Gericht offen zur Verfügung gestellt sein müßten, werden nach wie vor mit staatl. Schutz unter Verschluß gehalten. Was hat das mit Rechtsstaatlichkeit zu tun?

Gruß
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#96
Lieber Alwin,

das Problem ist ja nun bekannt - unser junger Freund Lars könnte uns hier durchaus den "Vorwurf" machen: "...warum habt ihr alten Säcke es soweit kommen lassen...".

Sicher, bereits die APO hat auf die unselige Verflechtung von Parteipolitik und Wirtschaft hingewiesen. Sicher, einige der Artikel von Ulrike Meinhoff in der Zeitschrift "konkret" waren durchaus richtungsweisend. Und genauso sicher - man glaubte seitens der Mehrheit der "Protestbewegung" an einen "demokratischen Sozialismus" - dass das genauso unmöglich ist wie ein quadratischer Kreis hat uns eigentlich zuerst das selbst verschulfdete Scheitern der RAF und dann das komplette Scheitern des Sozialismus als Staatsdoktrin klar gemacht. Und nicht zuletzt hat der gutgemeinte Aufruf zur Politikveränderung mittels "Marsch durch die Instanzen" die Parteien auch nicht in dem Masse für den Bürgerwillen geöffnet, wie wir uns das so blauäugig vorgestellt haben.

Un da stehen wir dann heute, alt und grau geworden, vor dem Scherbenhaufen auch unserer Geschichte: Demonstranten sind immer noch "potentielle Terroristen" - wenn sie sich nicht sklaventreu an die Buchstaben des Gesetzes halten, die von ihnen in dieser Form nie gewollt, nie gewählt wurden. Ordnungskräfte haben wie zu Adenauer's Zeiten "einen Maulkorb um", dürfen ihr Unbehagen "zwischen den Stühlen zu sitzen" nicht artikulieren und werden als "Prügelknaben der Gesellschaft" missbraucht. Und gerade diese Politiker - sind ganz offenbar mehr am eigenen Wohl als am Wohl derjenigen interessiert, die sie regieren und die sie gewählt haben. Das ist nun unser Ausgangspunkt - alles fast genauso wie vor 30 Jahren...

Tja, und welche Verhältnismässigkeit der Mittel muss nun beachtet werden, welche Widerstandmöglichkeiten haben wir?

Der Weg "Gewalt mit Gegengewalt" zu beantworten - scheidet aus. Wohin das führt haben wir am Beispiel der RAF gesehen. Und kein Demokrat, kein aufrechter Humanist und kein ebenso aufrechter Glaubender wünscht sich nochmals bürgerkriegsähnliche Verhältnisse.

Der "Weg durch die Instutionen/Instanzen" - scheidet aus. Diese Instutionen und Instanzenm korrumpieren allmählich den Geist, das Bewusstsein, ohne das man es selber merkt. Es gehört sehr viel Willensstärke dazu, sich innerhalb der Instanz dem zu widfersetzen und trotzdem die Karriereleiter aufzusteigen - und diese Willensstärke hat eben nicht jeder, mag er noch so idealistisch sein.

Der Weg duirch die Judikative - ist grundsätzlich möglich; es mehren sich auch die Anzeichen das gerade die jüngeren Vertreter der Judikative mit weniger parteipolitischer Vorbelastung ihren Dienst an der Gesellschaft verrichten, als das in diesem Bereich so allgemein lange Zeit üblich war. Dieser Weg ist aber stark an die eigenen finaziellen Mittel gekoppelt - und wenn man Protest übt und eine arme Kirchenmaus ist - landet man unweigerlich in der Falle der Grosskatzen...

Was also bleibt?
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#97
Ok, ich mache es an der Stelle etwas kurz: Theorie und Praxis. Wenn seitens des Staates soviel mit Fouls gespielt wird, dann muß er sich mit der gelb/roten Karte wie beim Fußball abfinden. S21 führt es vor, die Atomkraft wird folgen. Die Bildungspolitik wird nicht außen vor bleiben usw.... Da werden Wasserwerfer und Pfefferspray auf Dauer nicht aushelfen.

Gruß
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