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Neuer Studiengang: Islamwissenschaft
#16
(24-10-2010, 09:43)Der-Einsiedler schrieb: Da dieser Studiengang meiner Meinung nach dazu dient, die Ausbildung von islamischen Religionslehrern und Imanen zu kontrollieren bzw. zu lenken, gehört das alles sehr wohl hierhin.

DE

Richtig. Man sollte aber auch erwähnen, dass diese Kurse bitte nur
in der jeweiligen Landessprache abgehalten werden sollten. Nur dann
kann man eine gewisse Kontrolle gewährleisten.

() Tao-Ho
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#17
Hm - da gebe ich eher Ekkard recht - wenn es um 'den Religionsunterricht an sich' geht,
dann gehört das Thema nicht unter 'Islam' - anders wäre es, wenn es nur oder primär
um die Imam-Ausbildung ginge...
() qilin
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#18
(22-10-2010, 16:56)qilin schrieb: Ja, hier geht es eindeutig um Imame, also 'islamische Reli-Lehrer' - das gab's aber schon einmal,
ich glaube in Tübingen letztes Jahr - da wurde ein deutschsprachiger Islam-Konvertit, profunder
islamischer Theologe, damit beauftragt, an der Uni ein Institut für diese Ausbildung auf die Beine
zu stellen. Der hat dann allerdings Neigung zu einer kritischen Theologie gezeigt und damit das
Vertrauen der Islamkonferenz verloren - die wollten ihn absetzen, konnten das aber nicht, weil er
ja von der Uni bestellt war... Der Kompromiss war dann, dass er Professor für Islamwissenschaft
blieb, aber keine Imame ausbilden durfte - dafür wurde ein neuer Mann gesucht - möglich, dass
das jetzt das Ergebnis dieser Geschichte ist...

Ich nehme an, Du meinst Sven Kalisch, der mit fünfzehn konvertiert war und sich Muhammad Kalisch nannte. Der unterrichtet allerdings in Münster. Seine Beschäftigung mit Islamwissenschaft - früher nannte man sie Islamistik und die sie Betreibenden Islamisten (lustig, nicht wahr?) - hat ihn dazu gebracht, sogar an der historischen Existenz des Religionsgründers Muhammad zu zweifeln. Er nennt sich wieder Sven.

Die Bezeichnung des geplanten Studiengangs zur Imam- und Lehrerausbildung als "Islamstudien" ist sehr unglücklich, weil sie zur Verwechslung mit der echten wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Islam und seiner Geschichte (sowie jener der islamischen Länder) führt - wie hier ja auch prompt geschehen. Es handelt sich um einen bekenntnisorientierten Studiengang, der deshalb wohl besser "Islamische Theologie" hieße. Er soll übrigens in den Philosophischen Fakultäten angesiedelt werden, was wiederum Nähe zur Islamwissenschaft suggeriert. Er gehört aber von der Sache her in eine theologische Fakultät. Innerhalb der Islamwissenschaft regt sich auch bereits Protest.

Gruß
Vitoria
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#19
Obwohl es durchaus richtig ist das islamische Theologie eher zu einer theologischen Fakultät gehört - da werden aber christliche Dekane "Sturm" laufen, wenn die "Konkurrenz aus dem Morgenland" neben an lehrt....:icon_cheesygrin:
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#20
Glaube ich kaum, weil hier bereits von "christl. Seite" zugenickt wurde. Der frühere Vorsitzende der kath. Bischofskonferenz hat bereits einen positiven Kommentar losgelassen. Mag sein, daß noch ein wenig offizielles Protestgebaren auftritt, aber insgesamt kann ich mir nicht vorstellen, daß es effiziente Proteste geben wird, weil auf diese Weise eine annehmbare Lösung für alle Seiten geschaffen werden könnte.

Gruß
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#21
Es ist bereits ein Protestpapier gegen die Verwischung der Unterschiede zwischen Wissenschaft und Theologie sowie der Einbettung in die Philosophischen Fakultäten seitens der DAVO (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient für gegenwartsbezogene Forschung und Dokumentation) in Bearbeitung, die unter ihren mehr als 1100 Mitgliedern haufenweise Universitätsangehörige hat.
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#22
(24-10-2010, 21:38)Vitoria schrieb: Ich nehme an, Du meinst Sven Kalisch, der mit fünfzehn konvertiert war und sich Muhammad Kalisch nannte. Der unterrichtet allerdings in Münster.

Hallo Vitoria,

danke für die Präzisierung - genau den meinte ich, hatte aber den Ort nicht mehr im Kopf.
Dass 'Imam-Ausbildung' nicht an die phil. Fak. gehört, dachte ich damals schon - dass die
kath. Theologen nichts Gravierendes gegen die 'Konkurrenz im eigenen Hause' einwenden,
ist eine gute Sache...
() qilin
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#23
Dieser Studiengang entlastet schließlich das interreligiöse Spannungsfeld, sollte man nicht vergessen. Religionen rechnen i.d.R. in Jahrhunderten...

Gruß
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#24
(22-10-2010, 13:02)Franziskus schrieb: Es müsste eigentlich einen Religionsunterricht geben, der die einzelnen Strömungen und Weltanschauungen neutral und wissenschaftlich betrachtet, sodaß alle Schüler, unabhängig ihrer religiösen Zugehörigkeit, in der Lage sind nachzuvollziehen, wo die betreffende Religion her kommt, wie sie entstanden ist, was ihre primären Ziele und Dogmen sind, etc.

seh ich genauso

die "religiöse unterweisung" hat privat stattzufinden und von den jeweiligen religiösen gemeinschaften organisiert zu werden

dann aber stellt sich schon die frage, ob es völig egal ist, welche kompetenz die derart unterweisenden eigentlich haben. da scheint mir ein fundiertes studium, in dem man sich ja nicht nur faktenwissen aneignet, sondern vor allem auch eine bestimmte sichtweise und den umgang mit diesem wissen, doch vorteilhaft zu sein

anders und ganz banal gesagt: mir ist wohler, wenn der imam unserer moschee in osnabrück studiert hat, als wenn er für ein paar jahre aus der türkei importiert wurde und die hiesigen zusammenhänge gar nicht kennt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#25
(31-10-2010, 21:49)petronius schrieb:
(22-10-2010, 13:02)Franziskus schrieb: Es müsste eigentlich einen Religionsunterricht geben, der die einzelnen Strömungen und Weltanschauungen neutral und wissenschaftlich betrachtet, sodaß alle Schüler, unabhängig ihrer religiösen Zugehörigkeit, in der Lage sind nachzuvollziehen, wo die betreffende Religion her kommt, wie sie entstanden ist, was ihre primären Ziele und Dogmen sind, etc.

seh ich genauso

die "religiöse unterweisung" hat privat stattzufinden und von den jeweiligen religiösen gemeinschaften organisiert zu werden

dann aber stellt sich schon die frage, ob es völig egal ist, welche kompetenz die derart unterweisenden eigentlich haben. da scheint mir ein fundiertes studium, in dem man sich ja nicht nur faktenwissen aneignet, sondern vor allem auch eine bestimmte sichtweise und den umgang mit diesem wissen, doch vorteilhaft zu sein

anders und ganz banal gesagt: mir ist wohler, wenn der imam unserer moschee in osnabrück studiert hat, als wenn er für ein paar jahre aus der türkei importiert wurde und die hiesigen zusammenhänge gar nicht kennt

Was Franziskus anspricht, wäre dann Religionskunde. In Anbetracht der heute relativ zahlreichen Religionen und Konfessionen in unserem Land halte ich das auch für sehr sinnvoll. Allerdings habe ich erhebliche Zweifel, dass man auf islamischer Seite (Organisationen, Moscheegemeinden) die wissenschaftliche Darstellung ihrer Religion sehr goutieren würde. Man würde ganz sicher versuchen, auf die Inhalte Einfluss zu nehmen.

Eine Abschaffung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichtes fände ich auch gut, aber daraus wird wohl nichts, denn dazu sind die beiden Kirchen und der Staat anscheinend zu stark miteinander verbandelt. Und solange die Christen ihren Unterricht haben, kann man ihn anderen nicht verwehren. Deshalb - das ist uns allen ja nichts Neues - das Problem mit der Imamausbildung in Deutschland und der Suche nach Ansprechpartneren auf islamischer Seite.

Zu dem in Deutschland ausgebildeten Imam: Da gibt es auch gleich wieder Probleme, wegen der besonderen Art der Koranbetrachtung und der Hadithkunde im Islam. Ist mit unseren wissenschaftlichen Maßstäben nicht kompatibel, auch nicht vergleichbar mit der christlichen Theologie (von der ich allerdings so gut wie nichts verstehe). Das bedeutet - so wie ich das sehe -, dass entweder die Universitäten ihre Ansprüche zurückschrauben müssen :icon_eek: oder die dort Ausgebildeten von den Verbänden und Moscheegemeinden nicht anerkannt werden. Dann bliebe die Situation so, wie sie jetzt ist. Ich bin wirklich gespannt auf die Entwicklung.

Gruß
Vitoria
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#26
petronius schrieb:dann aber stellt sich schon die frage, ob es völig egal ist, welche kompetenz die derart unterweisenden eigentlich haben. da scheint mir ein fundiertes studium, in dem man sich ja nicht nur faktenwissen aneignet, sondern vor allem auch eine bestimmte sichtweise und den umgang mit diesem wissen, doch vorteilhaft zu sein
Das ist eben der Knackpunkt. Ohne sttatl. fundierte Studiumskontrolle kann eben das passieren, was in vielen Fällen schon erfolgt ist: Erzeugung von "Propagandamaschinen", die nur mit jahrelangem juristischem Streit gestoppt werden können. Andererseits ist auch dieses Studium kein Garant, denn Vitoria hat es treffend angesprochen:
Zitat:Zu dem in Deutschland ausgebildeten Imam: Da gibt es auch gleich wieder Probleme, wegen der besonderen Art der Koranbetrachtung und der Hadithkunde im Islam...
Wieweit werden sich muslimische Verantwortliche in den oberen Etagen damit abfinden, daß die muslimische Glaubensverkündigung unter "unserer" staatl. Kontrolle abläuft.
Was den zum Teil bereits privatisierten Religionsunterricht im christl. Bereich angeht, hier wird bereits lokal praktiziert. Und das mit Erfolg, denn mit der Auslagerung ist der Bedarf nicht gleichzeitig befriedigt. Allerdings entsteht hier die gleiche "Gefahr", wie wir sie einigen Koranschulen vorhalten: Der Religionsunterricht ist nicht mehr an staatl. kontrollierten Lernzielen orientiert. Und die Blüten werden noch auf uns zukommen.Die "Randgruppen" im eher freikirchlichen Bereich haben hier relativ gesehen momentan mehr Erfolg als die beiden Hauptkirchen - auf Grund von sehr klar vorgegebenen Organisationsstrukturen.

Gruß
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#27
(31-10-2010, 23:05)Vitoria schrieb: Allerdings habe ich erhebliche Zweifel, dass man auf islamischer Seite (Organisationen, Moscheegemeinden) die wissenschaftliche Darstellung ihrer Religion sehr goutieren würde. Man würde ganz sicher versuchen, auf die Inhalte Einfluss zu nehmen

das eben ist der unterschied zwischen religionswissenschaft und theologie - welch letztere natürlich einem wie auch immer gearteten verkündungsanspruch folgt und das wohl , ihrem selbstverständnis gemäß, auch muß

Zitat:Eine Abschaffung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichtes fände ich auch gut, aber daraus wird wohl nichts, denn dazu sind die beiden Kirchen und der Staat anscheinend zu stark miteinander verbandelt. Und solange die Christen ihren Unterricht haben, kann man ihn anderen nicht verwehren. Deshalb - das ist uns allen ja nichts Neues - das Problem mit der Imamausbildung in Deutschland und der Suche nach Ansprechpartneren auf islamischer Seite

wie gesagt, halte ich die frage nach dem schulischen (konfessionell gebundenen) religionsunterricht nicht für die wesentliche bei der einrichtung von islam-instituten

Zitat:Zu dem in Deutschland ausgebildeten Imam: Da gibt es auch gleich wieder Probleme, wegen der besonderen Art der Koranbetrachtung und der Hadithkunde im Islam

sicher ist das ein problematisches feld. wie ja auch der umgang mit dogmen in anderen religionen. aber lassen wir die sache doch einfach mal auf uns zukommen und sehen, ob es einen "deutschen islam" geben wired und wodurch dieser sich auszeichnet
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#28
(31-10-2010, 23:34)alwin schrieb: Wieweit werden sich muslimische Verantwortliche in den oberen Etagen damit abfinden, daß die muslimische Glaubensverkündigung unter "unserer" staatl. Kontrolle abläuft

eine "Glaubensverkündigung unter staatl. Kontrolle" vermag ich in der gründung der institute nicht zu erkennen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#29
Sobald staatl. anerkannte Lehrer zur Verfügung stehen, ist der muslimische Religionsunterricht als Alternative zum Ethikunterricht für muslimische Schüler ganz schnell aus der Schublade genommen. Die entsprechenden Lehrpläne werden parallel zur Lehrerausbildung verfasst. Vom Ablauf zur Einsetzung sehe ich da keine nennenswerten Probleme. Ob es inhaltlich dann passt, weil es auf muslimischer Seite keine adäquate Interessenvertretung wie auf den christlichen Seiten gibt, ist allerdings eine andere Sache.

Gruß
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#30
Hier ist das ja schon um Einiges weiter gediehen, die 'Islamische Glaubensgemeinschaft
in Österreich' ist Körperschaft öffentlichen Rechts, hatte ihre eigene Religionspädagogische
Akademie (inzwischen in einen Bachelor-Lehrgang an der Uni Wien umgewandelt) - vgl.
IGGiÖ auf wiki. Auch hier gibt es deutliche Kontroversen um 'Alleinvertretungsansprüche'
etc. (s. Diskussionsseite auf wiki), aber irgendwie scheinen sie doch zusammenzukommen.
Jedenfalls gibt es in den meisten Grund- und weiterbildenden Schulen islamischen RU,
und der wird von vielen Muslimen angenommen - ein sehr großer Prozentsatz meldet sich
allerdings auch ab...
Zu der Frage 'Ausbildung hier oder in der islamischen Welt' ein konkretes Beispiel: Meine
Ex-Gattin ist katholische Religionslehrerin, vor ca. 30 Jahren kam ein islamischer Reli-
Lehrer an die Schule, frisch von der Ausbildung in Ägypten. Seine Vorstellung in der Schule
bestand darin, dass er in die Kanzlei der Direktorin 'reinmarschierte und ihr klarmachte, was
sich in der Schule alles zu ändern habe... Meine Frau lud ihn dann zu einem Kaffee ein und
erklärte ihm vorsichtig, dass das bei uns etwas anders läuft... Er war davon einigermaßen
überrascht und meinte, davon hätte er keine Ahnung gehabt, er wolle sich aber den hiesigen
Gebräuchen anpassen - und das hat er auch getan. Andere sind vielleicht nicht so einfach zu
überzeugen - da scheint eine Ausbildung im Land und in der Landessprache doch besser...
Vor drei Jahren habe ich beim Philosophicum in Lech einen Vortrag des Direktors der IRPA
gehört - seine Ansichten dort und bei der nachfolgenden Diskussion waren auch für einen
Nichtmuslim durchaus interessant.
() qilin
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