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Glaubensinhalt bzw. Glaubenslehre
Lieber Romero,

es ist immer aussergewöhnlich wenn ein Mensch für seine Überzeugung sogar den Tod in Kauf nimmt - egal ob er sich von Gott oder vom Verstand berufen fühlt...
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(09-11-2010, 12:46)Romero schrieb:
(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb:
(09-11-2010, 12:16)Romero schrieb: Gibt es überhaupt etwas, das mit Fakten zu tun hat?
Die überlieferten Texte zum Beispiel sind Fakten. Die daraus entstandenen Konfessionen sind Fakten.
Dass die Texte existieren ist Fakt, ihr Inhalt aber keineswegs, das ist die Aussage, richtig? Ok.


Hier ist es nicht immer leicht, das Gemeinte klar auszudrücken.

Zum Beispiel haben wir das Problem sogar in der modernen Literaturwissenschaft bezüglich moderner literarischer Texte.
Es gibt radikale Literaturwissenschaftler, die sagen: der Text existiert überhaupt nicht, bevor der Leser diesen lesend aktualisiert. Und damit automatisch seine eigenen Voraussetzungen bei diesem Lesevorgang mit einbringt.

Konsens auf jeden Fall ist in der Literaturwissenschaft, dass der Text nicht 'objektiv' deutbar ist, da keiner ihn ohne seine eigenen inneren Voraussetzungen lesen kann.

Wenn ein Text aber 3000 Jahre auf dem Buckel hat, dann gibt es quasi überhaupt keine Chance, das damalige Verständnis dieser Texte relativ eindeutig zu rekonstruieren. Man kann nur mühsam zumindest im Ansatz historische Textforschung - bezüglich jener Zeit - betreiben, um ein wenig von dem zu erwischen, wie die Denke damals war. Ganz ohne Erfolg sind diese Bemühungen nicht.

Was ich also sagen will: selbst das Wort "Inhalt" ist komplex. Es sind Inhalte da - soweit ist es "Fakt" -, die aber nie ohne das Vorverständnis des jeweiligen Lesers zur Kenntnis kommen. Obwohl dieses Vorverständnis verbessert werden kann, mit einem gewissen Aufwand.


(09-11-2010, 12:46)Romero schrieb:
(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb:
(09-11-2010, 12:16)Romero schrieb: Und was sind eigentlich "anzunehmende oder annehmbare Fakten"?
Zum Beispiel, wenn jemand es für ein Fakt hält, dass "Gott" Blut wollte. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, Romero, hast Du das als Fakt gewertet, das aber ein Irrtum sei.

Hm. Jein, kommt drauf an Icon_wink

Wenn du meinst, dass es meiner Meinung nach Fakt ist, dass viele Gläubige (die Mehrheit) es für Fakt halten, dass es Jesu Opfer brauchte um die Menschheit von Sünde oder was auch immer damit verbunden wird zu befreien etc.etc., dann hast du recht, ja. Das halte ich für Fakt


Nur nebenbei: die "Mehrheit" der Gläubigen ist es wohl nicht, die das für ein Fakt halten. Es ist wohl doch eine kleine radikale Minderheit.
Und überhaupt Fakt an dieser Stelle:

Wie alwin andeutete, kann man sich auch als moderner Mensch auf die Möglichkeit einlassen, dass damals tatsächlich ein Wanderprediger mit großem Charisma am Kreuz hingerichtet wurde.

Bewiesen ist das zwar nicht, aber für mich ist das relativ wahrscheinlich. Hätte es einen solchen charismatischen Wanderprediger nicht gegeben, kann ich mir die vielen Gemeinden, die damals entstanden sind - und diese sind nachgewiesen - nicht erklären.

Die Texte, die damals ja geschrieben wurden - und nun im Neuen Testament dokumentiert sind - zeugen von einer großen Erschütterung. Normal dahinlebende Menschen können solche Texte nicht schreiben. Sie können so nur schreiben, wenn sie aufgewühlt sind.
Und ich traue ganz normalen Bürgern auch nicht zu, dass sie das, was als Jesu-Worte überliefert ist, selber erfunden haben. Dazu sind diese Worte oft zu untypisch für die damlige Zeit. Sie zeugen von einem selbständigen Geist.

Die neutestamentlichen Autoren haben eine Menge - an Erzählungen selber - erfunden, das ja. Das kann man auch relativ gut begründen. Aber die Aufgewühltheit, die dahinter steht, kann nicht erfunden sein.

Ich selber deute diese Aufgewühltheit so, dass diese charismatische Wanderprediger-Figur ermordet wurde und die ganze vorher aufgebaute Hoffnung - die offenbar durch diesen Mann geweckt wurde - zusammengekracht war.

Und aus diesem Entsetzen entstand dann der ausgiebige Versuch, sich diesen Mann als weiterhin existent zu denken, aber nun im rein geistigen Bereich.

Da das eine Massenbewegung war, kann man es - psychologisch gesehen - auch nicht als die private Spinnerei eines Einzelbürgers werten.

Ich vermute hier eine archetypische Erschütterung, und auch wenn man diese nicht als "Fakt" bezeichnen kann, so ist es doch mögich, diese rational zu erschließen.


(09-11-2010, 12:16)Romero schrieb:
(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb: Und das eben geht nicht. Es ist kein Fakt, sondern damalige Deutung menschlicher Verhaltensweisen.
Damalige und durchaus auch heute übliche Deutung.
Wessen gedenken wir denn am Karfreitag, und was feiern wir an Ostern? Eines/einen sinnlosen Tod/es, der nicht nötig gewesen wäre, weil Gott gar kein Opfern gewollt hat?


Der Archetypus des gestorbenen und wiederauferstandenen Gottes ist älter als Jesus. Er war zu der Zeit der Gemeindebildungen in verschiedenen Mysterienkulten vorhanden.

Ich vermute, dass die verzweifelten Anhänger Jesu spätestens in der nächsten Generation - vielleicht sogar unbewusst - auf diesen Mysterienkult zurückgegriffen haben und ihn dem "Fakt" - eine charismatische Führerfigur wurde ermordet - übergestülpt haben.

Gerade weil dieses uralte archetypische Bild - Sterben und Wiederauferstehen - mit diesem vermutlich historischen Geschehen verbunden wurde, hat es solange überlebt, bis heute.

Denn damit kann man sich identifizieren: in jedem von uns muss etwas "sterben", und uns sterben auch so einige weg, ohne die man nicht sein kann - und wir müssen trotzdem weiterleben. Und rein psychologisch schon ist es "Fakt", dass das Gestorbene nicht nur negativ ist, sondern Neues "gebiert".


Das von mir eben Geschilderte ist in den heutigen Großkirchen wohl eher selbstverständlich. Neu ist, dass sich eine größere Gruppe von Menschen gebildet hat, die das Archetypische als historisches Fakt festgenagelt wissen wollen.

Meiner Meinung nach ist das der Einfluss der Naturwissenschaften. Man will jetzt die Bibel als naturwissenschafltichen Beleg für Gottes Naturkenntnisse lesen und als historischen Bericht.

In Zeiten, wo die Naturwissenschaften noch nicht so allbeherrschend waren, war auch diese Lesart noch nicht so dominant.
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(09-11-2010, 13:57)t.logemann schrieb: Lieber Romero,

es ist immer aussergewöhnlich wenn ein Mensch für seine Überzeugung sogar den Tod in Kauf nimmt - egal ob er sich von Gott oder vom Verstand berufen fühlt...

Und? Deswegen feiern die Christen trotzdem nicht "dass irgend ein Mensch für seine Überzeugung gestorben ist", sondern dass Jesus explizit für Sie (die Menschen) gestorben sei, womit er freiwillig die Erbsünde auf sich genommen habe, wodurch das ewige Leben nach dem Tode erst möglich werde.


"Doch dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen. Er hat ihn leiden lassen" (Jesaja 53,10)

"Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?" (Römer 8,32).

"Ihn hat Gott dargestellt zu einem Sühneort durch den Glauben an sein Blut" (Römer 3,25).
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Jesaja muss sich nicht zwangläufig auf Jesus beziehen - es könnte auch Hiob (Job) gemeint sein.

Und der Römerbrief - sagt nur etwas über die Interpretation der Geschehnisse durch Paulus aus. Der Interpretation kann man folgen - man kann's auch lassen, neue oder andere Interpretationen der Ereignisse finden.
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Danke Karla (für #107)!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Hier ist es nicht immer leicht, das Gemeinte klar auszudrücken.

Zum Beispiel haben wir das Problem sogar in der modernen Literaturwissenschaft bezüglich moderner literarischer Texte.
Es gibt radikale Literaturwissenschaftler, die sagen: der Text existiert überhaupt nicht, bevor der Leser diesen lesend aktualisiert. Und damit automatisch seine eigenen Voraussetzungen bei diesem Lesevorgang mit einbringt.

Konsens auf jeden Fall ist in der Literaturwissenschaft, dass der Text nicht 'objektiv' deutbar ist, da keiner ihn ohne seine eigenen inneren Voraussetzungen lesen kann.

Wenn ein Text aber 3000 Jahre auf dem Buckel hat, dann gibt es quasi überhaupt keine Chance, das damalige Verständnis dieser Texte relativ eindeutig zu rekonstruieren. Man kann nur mühsam zumindest im Ansatz historische Textforschung - bezüglich jener Zeit - betreiben, um ein wenig von dem zu erwischen, wie die Denke damals war. Ganz ohne Erfolg sind diese Bemühungen nicht.

Was ich also sagen will: selbst das Wort "Inhalt" ist komplex. Es sind Inhalte da - soweit ist es "Fakt" -, die aber nie ohne das Vorverständnis des jeweiligen Lesers zur Kenntnis kommen. Obwohl dieses Vorverständnis verbessert werden kann, mit einem gewissen Aufwand.

Das betrachte ich als Zustimmung zu: "Dass die Texte existieren ist Fakt, ihr Inhalt (ist) aber keineswegs (sicher Fakt), das ist die Aussage, richtig?" Icon_smile

(In Klammer und kursiv noch die Worte, die meinen oben zitierten Satz wohl etwas präziser hätten erscheinen lassen ^^)



(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Nur nebenbei: die "Mehrheit" der Gläubigen ist es wohl nicht, die das für ein Fakt halten. Es ist wohl doch eine kleine radikale Minderheit.

Hm. Schwierig zu eruieren. Ich behaupte die Mehrheit der Gläubigen kommuniziert zumindest an den betreffenden Feiertagen (Karfreitag - Ostern & Pfingsten), dass sie die umschriebenen Ereignisse für Fakt halten. Ob sie es wirklich für Fakt halten, das weiss jeder für sich.

Hier kommt es natürlich auch auf die Definition von "Gläubig" an. Wenn wir die Gesamtheit der als solche registrierten Christen unter diesem Begriff zusammenfassen, inkl. aller "Papierchristen", dann wird es wohl stimmen, dass die Mehrheit der "Gläubigen" dies nicht als Fakt sieht.





(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Wie alwin andeutete, kann man sich auch als moderner Mensch auf die Möglichkeit einlassen, dass damals tatsächlich ein Wanderprediger mit großem Charisma am Kreuz hingerichtet wurde. Bewiesen ist das zwar nicht, aber für mich ist das relativ wahrscheinlich. Hätte es einen solchen charismatischen Wanderprediger nicht gegeben, kann ich mir die vielen Gemeinden, die damals entstanden sind - und diese sind nachgewiesen - nicht erklären.

Natürlich. Dazu muss man kein Gläubiger sein.


(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Die Texte, die damals ja geschrieben wurden - und nun im Neuen Testament dokumentiert sind - zeugen von einer großen Erschütterung. Normal dahinlebende Menschen können solche Texte nicht schreiben. Sie können so nur schreiben, wenn sie aufgewühlt sind.

Ja Moment, diese Text sind keine wirklichen Zeitzeugen-Dokumente. Manche wurden mehrere Jahrzehnte nach Jesu dokumentiertem Tode festgehalten. Wenn ich da schon nur an die Evangelien denke. Johannes wird zwischen 80 und 120 n. Chr. eingestuft, Matthäus zwischen 70 und 130, wenn ich mich recht erinnere. Erschütterung hin oder her, mit einem gewissen Abstand konnte man das durchaus betrachtet haben.


(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Und ich traue ganz normalen Bürgern auch nicht zu, dass sie das, was als Jesu-Worte überliefert ist, selber erfunden haben. Dazu sind diese Worte oft zu untypisch für die damlige Zeit. Sie zeugen von einem selbständigen Geist.

Wieso kann eine Gemeinschaft von Autoren nicht selbstständigen Geistes sein? Vielleicht inspiriert voneinander?

Nicht, dass ich die wahrscheinliche Historizität eines Wanderpredigers mit großem Charisma namens Jeschua abstreiten würde.



(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Die neutestamentlichen Autoren haben eine Menge - an Erzählungen selber - erfunden, das ja. Das kann man auch relativ gut begründen. Aber die Aufgewühltheit, die dahinter steht, kann nicht erfunden sein.

Ich kenne gute Buchautor/innen die das können.


(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Ich selber deute diese Aufgewühltheit so, dass diese charismatische Wanderprediger-Figur ermordet wurde und die ganze vorher aufgebaute Hoffnung - die offenbar durch diesen Mann geweckt wurde - zusammengekracht war.

Immerhin kam er doch zu dem Zweck auf die Erde, für die Sünden der Menschen zu sterben. Ok, traurig ist es schon, aber die Hoffnungen sollten eigentlich als Erfüllt betrachtet werden.


(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb: Der Archetypus des gestorbenen und wiederauferstandenen Gottes ist älter als Jesus. Er war zu der Zeit der Gemeindebildungen in verschiedenen Mysterienkulten vorhanden.

Ich vermute, dass die verzweifelten Anhänger Jesu spätestens in der nächsten Generation - vielleicht sogar unbewusst - auf diesen Mysterienkult zurückgegriffen haben und ihn dem "Fakt" - eine charismatische Führerfigur wurde ermordet - übergestülpt haben.

Gerade weil dieses uralte archetypische Bild - Sterben und Wiederauferstehen - mit diesem vermutlich historischen Geschehen verbunden wurde, hat es solange überlebt, bis heute.

Ja richtig. Aber ich denke nicht, dass diese Ansicht jene der Mehrheit der Christen ist.

(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb: Denn damit kann man sich identifizieren: in jedem von uns muss etwas "sterben", und uns sterben auch so einige weg, ohne die man nicht sein kann - und wir müssen trotzdem weiterleben. Und rein psychologisch schon ist es "Fakt", dass das Gestorbene nicht nur negativ ist, sondern Neues "gebiert".


Das von mir eben Geschilderte ist in den heutigen Großkirchen wohl eher selbstverständlich. Neu ist, dass sich eine größere Gruppe von Menschen gebildet hat, die das Archetypische als historisches Fakt festgenagelt wissen wollen.

Wie meinst du "in den heutigen Grosskirchen"?


(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb: Meiner Meinung nach ist das der Einfluss der Naturwissenschaften. Man will jetzt die Bibel als naturwissenschafltichen Beleg für Gottes Naturkenntnisse lesen und als historischen Bericht.

In Zeiten, wo die Naturwissenschaften noch nicht so allbeherrschend waren, war auch diese Lesart noch nicht so dominant.

Wohl wahr.
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Ich möchte hier mal zusammenfassen, was ich über "Glaubensinhalt und Glaubenslehre" der heutigen evangelischen Kirche in Deutschland heraussgefunden zu haben meine:.

Der Glaube beruht ursprünglich auf der Bibel.

Einige Grundlagen dieses Glaubens sind historisch wahrscheinlich: Jesus hat gelebt und ist gekreuzigt worden. Er war einer der vielen Wanderprediger eines kleinen Volks, das den Messias erwartete, der es innerhalb dieser Welt zu Macht und Status bringen würde.

Einige der überlieferten Aussagen dieses Wanderprdigers sind wahrscheinlich historischer Fakt.

Alles Andere, wes ihn betrifft, sind Interpretationen.

Eine dieser Interpretationen ist, dass er sich selbst und eine kleine Zahl von Anhängern ihn für den erwarteten Messias hielten, der sein Leben und seinen Tod als Opfergabe brachte, damit dadurch ein neuer Bund geschlossen werden konnte, der die gesamte Welt umfasste. Dies wurde und wird aber von dem Volk selbst nicht so gesehen.

Die Bibel selbst, auf der alle Interpretationen basieren, ist ein Text, der neben einigen historisch nachweisbaren Fakten, zum größten Teil Mythen und Legenden enthält, sowie Berichte darüber, dass und wie diese Legenden von den Menschen jener Zeit geglaubt wurden. Sie ist also für die evangelischen Christen in keiner Weise verbindlich.

Verbindlich sind lediglich einige Aussagen Jesu, die die Ethik betreffen. Es sind dies jene Aussagen, die mit unseren heutigen Überzeugungen übereinstimmen.

Die verbindlichen Aussagen betreffen lediglich das Leben innerhalb der Gesellschaft.

Aussagen zur Weiterexistenz nach dem Tode und dessen Voraussetzungen werden nicht gemacht. Das Gleiche gilt für die Existenz Gottes.

Alles, was nicht das Verhalten innerhalb der Gesellschaft betrifft, wird dem Individuum anheim getellt. Es wird nicht definiert, worauf er sich dabei stützen sollte.

Leute, die von ihrer Religion Anderes erwarten und nicht darauf verzichten wollen, müssen einer anderen Religion oder Konfession oder einer Freikirche/Sekte beitreten.

Dahingegen besteht kein Grund für Atheisten, die Kirche zu verlassen.

Was die evangelische Kirche bietet ist eine gesellschaftliche Vereinigung, an der alle Menschen teilhaben können. Die Bibelkreise sind dabei eine Beschäftigung mit Legenden und Glaubensinhalten der Zeiten, die 2 - 4- Jt. vergangen sind.

Das bietet keinen Grund in der Kirche zu bleiben. Ein Grund dafür sind die gesellschaftlichen Anlässe (innerhalb der Kirche und außerhalb bei den jeweiligen Festen): Taufe (einschl. Pate sein), Konfirmation und Trauung. Dazu noch die Trauerfeier nach dem Tode und die Beerdigung auf einem evangelischen Friedhof.
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Das hast du soweit richtig zusammengefasst. Nur die Schlussfolgerung ist sehr subjektiv, was für dich selbst in Ordnung ist. Menschen in unseren Gemeinden lieben, soweit sie aktiv sind, die Gemeinschaft, gelegentlich (z. B. in Bibelkreisen) die Diskussion genau über obige Themen. Die Mythen und Legenden sind im Hinterkopf natürlich vorhanden. Man geht aber sehr vorsichtig miteinander um - und ganz sicher nicht "streng".
Ich erkenne in den Forumsdiskussionen nahezu überhaupt keine in unseren Kirchen erörterten, realen Probleme. Schau einfach mal bei ekir.de Startseite nach. Der biblische Inhalt ist nicht das Primäre, sondern die kirchlich-gemeindliche Praxis, die Globalisierung, Arm und Reich, Jugendförderung, Altenarbeit, Erwachsenenbildung, Ausbildung der Ehrenamtlichen, überregionale Zusammenarbeit, Diakonie usw.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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Hallo Romero,

ich geh mal nur auf das ein, das noch offene Fragen hat.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Was ich also sagen will: selbst das Wort "Inhalt" ist komplex. Es sind Inhalte da - soweit ist es "Fakt" -, die aber nie ohne das Vorverständnis des jeweiligen Lesers zur Kenntnis kommen. Obwohl dieses Vorverständnis verbessert werden kann, mit einem gewissen Aufwand.
Das betrachte ich als Zustimmung zu: "Dass die Texte existieren ist Fakt, ihr Inhalt (ist) aber keineswegs (sicher Fakt), das ist die Aussage, richtig?" Icon_smile

(In Klammer und kursiv noch die Worte, die meinen oben zitierten Satz wohl etwas präziser hätten erscheinen lassen ^^)


Ich war mir nicht sicher, was Du mit "Inhalt" meintest. Ich wollte sagen, dass er niemals Fakt ist.


Was die Frage nach den Zahlen betrifft, so ist das sicher schwierig. Ich selber kenne diese "evangelikalen" Überzeugungen erst seit rund zehn Jahren. Davor sind sie mir nie im nennenswerten Maß begegnet; sie sind da ja auch erst als wachsende Bewegung entstanden, mit der wachsenden Religiosität überhaupt. Und die begann in Deutschland so vor fünfzehn, zwanzig Jahren.

Unter anderem ist sie eine Reaktion auf die Liberalisierung der beiden Großkirchen (die evangelische und die katholische Kirche). Wobei ich bezüglich der katholischen Kirche nur marginale Kenntnisse habe.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Die Texte, die damals ja geschrieben wurden - und nun im Neuen Testament dokumentiert sind - zeugen von einer großen Erschütterung. Normal dahinlebende Menschen können solche Texte nicht schreiben. Sie können so nur schreiben, wenn sie aufgewühlt sind.
Ja Moment, diese Text sind keine wirklichen Zeitzeugen-Dokumente.


Ja, ich weiß. Ich hab auch überlegt, ob ich das so schreiben kann. Aber zum einen haben zumindest die Evangelisten mündliche und schriftliche Berichte zur Verfügung gehabt und diese ausgewertet. Die Traditionskette hat - wohl ziemlich eindeutig - direkt nach dem Tod Jesu begonnen.
Ansonsten wären die Ähnlichkeiten der Berichte nicht zu erklären.

Und es entstanden ja seitdem jede Menge Legenden, die wohl ziemlich gewuchert haben. Ein paar davon hab ich mal gelesen. Sie erinnerten mich an Fanfiction. Icon_smile

Zum anderen ->


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb: Manche wurden mehrere Jahrzehnte nach Jesu dokumentiertem Tode festgehalten. Wenn ich da schon nur an die Evangelien denke. Johannes wird zwischen 80 und 120 n. Chr. eingestuft, Matthäus zwischen 70 und 130, wenn ich mich recht erinnere.


So in etwa vielleicht, ja. Das älteste Evangelium, nach Markus, wird offenbar einhellig auf 70 n.Chr. datiert.

Aber man muss bedenken, dass Jesus 30 nach Chr. starb. Es liegen also 40 Jahre dazwischen. Das ist nicht so viel.
Und die Briefe von Paulus wurden bereits ab 50 n.Chr. geschrieben. Das waren 20 Jahre nach Jesu Tod.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb: Erschütterung hin oder her, mit einem gewissen Abstand konnte man das durchaus betrachtet haben.


Ja natürlich. Es musste ja auch erst eine ganze Theologie entwickelt werden. Und die Evangelien selber sind ja dann auch schon der Schlusspunkt dieser mündlichen und schrfitlichen Überlegungen. Vorher wurden die Einzeltexte in den Gemeinden verlesen.

Man kann auch in den Evangelien erkennen, dass sie - zumindest teilweise - verfasst wurden, um "Irrlehren" auszuschließen. Das ideologische Gerangel zwischen der "wahren Lehre" war da schon voll im Gange.

Was die Langzeitwirkung von religiösen Erschütterungen anbelangt: so beobachte ich immer wieder, dass heutige Christen, die irgendwann einmal ein "Erweckungserlebnis" hatten - das sie oft total umgekrempelt hat - von diesem Erweckungserlebnis über Jahrzehnte zehren, manche bis zu ihrem Tod. Sie werden buchstäblich von Saulus zu Paulus und entwickeln seitdem eine Energie, das zu verbreiten, das man nur staunen kann.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Und ich traue ganz normalen Bürgern auch nicht zu, dass sie das, was als Jesu-Worte überliefert ist, selber erfunden haben. Dazu sind diese Worte oft zu untypisch für die damlige Zeit. Sie zeugen von einem selbständigen Geist.
Wieso kann eine Gemeinschaft von Autoren nicht selbstständigen Geistes sein? Vielleicht inspiriert voneinander?


Waren sie eine Gemeinschaft von Autoren?


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Die neutestamentlichen Autoren haben eine Menge - an Erzählungen selber - erfunden, das ja. Das kann man auch relativ gut begründen. Aber die Aufgewühltheit, die dahinter steht, kann nicht erfunden sein.
Ich kenne gute Buchautor/innen die das können.


Ich glaube, ich meinte etwas anderes. Gute Autoren dürfen eigentlich nicht selber von den Gefühlen ihrer Figuren aufgewühlt sein. Und sie leben auch nicht in dem Bewusstsein, die Wahrheit "Gottes" niederzuschreiben.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 13:59)Karla schrieb: Ich selber deute diese Aufgewühltheit so, dass diese charismatische Wanderprediger-Figur ermordet wurde und die ganze vorher aufgebaute Hoffnung - die offenbar durch diesen Mann geweckt wurde - zusammengekracht war.

Immerhin kam er doch zu dem Zweck auf die Erde, für die Sünden der Menschen zu sterben. Ok, traurig ist es schon, aber die Hoffnungen sollten eigentlich als Erfüllt betrachtet werden.


Es lässt sich nicht unbedingt aus den Texten erschließen, dass er selber in diesem Bewusstsein lebte. Das ist ihm - wenn überhaupt - erst später in den Mund gelegt worden.

Man kann erkennen, dass es die Jünger kalt erwischt hat. Ich denke - aber das müsste sehr sorgfältig und langwierig exegetisch belegt weren -, dass diese ganze Erlösungsgeschichte erst nach dem Tod Jesu entwickelt wurde. Da er ja zunächst klar als Messias der Juden gesehen wurde - obwohl seine Predigten in eine andere Richtung gingen. Und der jüdische Messias sollte nicht sterben, sondern die Juden von den Römern befreien.


(09-11-2010, 16:11)Romero schrieb:
(09-11-2010, 12:28)Karla schrieb: Gerade weil dieses uralte archetypische Bild - Sterben und Wiederauferstehen - mit diesem vermutlich historischen Geschehen verbunden wurde, hat es solange überlebt, bis heute.
Ja richtig. Aber ich denke nicht, dass diese Ansicht jene der Mehrheit der Christen ist.


Ich denke das schon. Es wird ja offen von den Kanzeln gepredigt, offen in den Gemeindeblättern geschrieben.

Das ist ja eben auch, wie ich schon sagte, mit ein Grund, weshalb die Evangelikalen - jedenfalls "das Fußvolk" - in den Kirchenvertretern den Antichristen sehen. Deren "Führungsspitzen" hingegen scheinen den Schulterschluss mit den großen Kirchen zu suchen. Und darin liegt auch die Hoffnung.
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Ich krieg' ja hier in meinem Bezirk die Gemeindeblätter der evangelischen Kirche vom hiesigen Pfarrer. Und da ist eine ganze Menge von Aktivitäten zu lesen, die auf den ersten Blick ein grosses soziales Engagement beweisen - und erst auf den zweiten Blick mit dem Neuen Testament verknüpft sind. Die Inititive "Laib und Seele" - also die Verteilung von Lebensmitteln und Kleidung an Hartz IV-Empfänger/innen - ist zuallererst eine soziale Aufgabe. Die lässt sich aber in der Begründung durchaus auf die Überlieferung der "Speisung der Tausende" am See Genezareth zurück führen.

Da kann man heute der überlieferten Geschichte - als armer Mensch - durchaus dankbar sein. Aber ein Stück weit "lähmt" diese gute Aktion auch die Kräfte der Kirche (und auch der anderen Organisationen der anderen Religionen, die ebenfalls soziale Projekte initiieren und leiten). Die Kirche "springt" hier in eine Lücke, die die "Staatsgesellschaft" geschaffen hat. Und solange das funktioniert - können die Bischöfe zehnmal die Anhebung des Regelsatzes einfordern - die Regierungen "juckt" das nicht, solange die religiösen Initiativen ja genug "Futter" zusammenbringen...

Dass das so ist - liegt wesentlich am "gelebten Glauben", letztlich an der Glaubenslehre. Die von Ekkhard beispielgebend genannte Seite der ekir zeigt dies deutlich auf: Es ist nicht mehr Sache "Mission um der Mission willen" zu machen, sondern es ist Sache mit der sozialen Komponennte der christlichen Lehre sich der Probleme der Welt anzunehmen - wenn' s sonst schon keiner macht - wer denn....

Natürlich machen das auch Andere, natürlich gibt es da auch Zusammenarbeit, und das (hier in Berlin) nicht nur punktuell. Für alle "Religiösen" ensteht hiet aber auch eine "Gefahr" - die Gefahr nämlich, letztlich nur noch als "Sozialorganisation" zu fungieren und jeglichen Glauben letztlich als zweitrangig anzusehen. Und das - treibt dann den einen oder anderen Gläubigen in die Hände der Radikalen...
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@Romero
Das Johannes-Evangelium stammt von einem Zeitzeugen. Er war ein sehr naher Jünger Jesu (einer seiner Lieblingskinder...). Also hoppla! Nicht so schnell gegen alles schießen...

Gruß
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@Thomas
Dann gehe mal in diese sozial Arbeit hinein, nicht mit Theorie und Sprüchen, sondern per Praxis. Sitz selber im Lkw, ob als Fahrer oder Beifahrer, ist egal. Geh mal in eine Tafel, oder Second-Handshop der Orga, ich glaube kaum, daß sich hier Caritas oder Diakonie unterscheiden,und arbeite in der Logistik. - Dann wirst Du von Deiner Theorie sehr schnell Abstand gewinnen.

Was interessiert es die Menschen, die darauf angewiesen sind, warum und woher es kommt? Es ist zu einem erschwinglichen Preis da! Hier geht die Praxis vor und keine theoretische Diskussion, was eigentlich sein müßte, besser sein sollte usw. Den Praktiker interessieren auch keine staatl. Ausfallstellen. Praktische Hilfe ist angesagt. Mehr sage und schreibe ich nicht dazu.

Gruß in den Abend
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(09-11-2010, 20:18)alwin schrieb: @Romero
Das Johannes-Evangelium stammt von einem Zeitzeugen. Er war ein sehr naher Jünger Jesu (einer seiner Lieblingskinder...). Also hoppla! Nicht so schnell gegen alles schießen...

Gruß


Die Verfasserschaft des Evangeliums nach Johannes ist stark umstritten.
Dass der Evangelist Johannes der Jünger Johannes ist, gilt als unwahrscheinlich.
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@Karla
Ob wahrscheinlich oder nicht: Es ist sehr zeitnah! Und auch hier ergibt sich wieder die gleiche Frage: Wird nach heutigen Maßstäben oder nach den damaligen gemessen? Du kannst auch die anderen hinzu ziehen. 30 Jahre Unterschied sind nicht mit heute vergleichbar, da steckt der Haken des heutigen Unverständnisses drin. Hier gab es keine Nachrichtensperre. Und wenn du bedenkst, wie teilweise voneinander abgeschrieben wurde...Wir sollten die Medienprobleme von heute nicht auf damals projizieren, sondern versuchen, zeit- und situationsgerecht einzuordnen.

Gruß
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(09-11-2010, 19:04)Ekkard schrieb: Das hast du soweit richtig zusammengefasst. Nur die Schlussfolgerung ist sehr subjektiv, was für dich selbst in Ordnung ist.

Menschen in unseren Gemeinden lieben, soweit sie aktiv sind, die Gemeinschaft, gelegentlich (z. B. in Bibelkreisen) die Diskussion genau über obige Themen. Die Mythen und Legenden sind im Hinterkopf natürlich vorhanden. Man geht aber sehr vorsichtig miteinander um - und ganz sicher nicht "streng".
Ich erkenne in den Forumsdiskussionen nahezu überhaupt keine in unseren Kirchen erörterten, realen Probleme. Schau einfach mal bei ekir.de Startseite nach. Der biblische Inhalt ist nicht das Primäre, sondern die kirchlich-gemeindliche Praxis, die Globalisierung, Arm und Reich, Jugendförderung, Altenarbeit, Erwachsenenbildung, Ausbildung der Ehrenamtlichen, überregionale Zusammenarbeit, Diakonie usw.

Genau - das ist es ja, was ich sage.

Die evangelische Kirche repräsentiert als ihren Inhalt gesellschaftliche Anliegen - Glaubensfragen sind völlig unwichtig .. höchstens mal im Rahmen von Mythen und Legenden diskutiert.

Ich wüsste gern, was an meinen Folgerungen daraus subjektiv ist.

Jedenfalls verstehe ich jetzt, was bei meinem Austrittsantrag geschehen ist.

Es hat sich kein Pfarrer oder Presbyter .. gemeldet, der noch einmal nachgefragt hat, ob ich wirklich meinen Glauben aufgeben will; auch hat niemand berichtigt, was ich als Grund für ein Austreten angegeben habe. Das waren Glaubensfragen, die mit dem modernen Verständnis der ekir schon nichts mehr gemein hatten.

Stattdessen bekam ich ein Schreiben vom emeindeamt, wo mir nahegelegt wurde, die Sache doch noch einmal zu überdenken, weil ich nach meinem Austritt mein Kind nicht mehr taufen lassen könnte, kein Pate mehr sein könnte und nicht mehr auf dem ev. Friedhof begraben werden könnte.

Damals war ich darüber völlig verblüfft:tard:
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