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grenzen der rechtsstaatlichkeit
#1
am beispiel von "extralegalen hinrichtungen" ohne gerichtsurteil oder rücksicht auf "kollateralschäden" unter der unschuldigen zivilbevölkerung, wie sie von sich als rechtsstaatliche demokratien verstehenden staaten wie etwa von israel in den besetzten gebieten oder den usa in pakistan verübt werden, demonstrierte ein user sein verständnis vom rechtsstaat mit den worten:

Auch ein schönes Beispiel: Israel tötet außerhalb Israels mitunter Menschen, Hamas-Führer z.B.. Also Menschen, die nach ihren eigenen Aussagen sich mit Israel im Krieg befinden und Israel vernichten wollen. Die für Terrorakte verantwortlich sind und vieles mehr.

Wie würdets Du denn gegen diese vorgehen? Sie stehen ja bekanntlich außerhalb rechtsstaatlicher Möglichkeiten


nun, dieser user hat recht: es dürfte in der tat kaum rechtsstaatliche möglichkeiten geben, diese täter zur verantwortung zu ziehen. schon eine ordentliche verurteilung nach einem sauber geführten strafprozeß dürfte nicht möglich sein (wird allerdings auch gar nicht erst angestrebt oder versucht), und eine urteilsvollstreckung schon gar nicht

aber: rechtfertigt das, sich über rechtsstaatliches vorgehen einfach hinwegzusetzen?

der rechtsstaat ist dadurch gekennzeichnet, daß er dem verfahren klare grenzen setzt:

nulla poena sine lege
habeas corpus
in dubio pro reo

keine haft ohne anklage, recht auf einen beistand, gleichheit vor dem gesetz, keine folter, keine unmenschliche bestrafung u.v.a.m.

wir haben eine lange und blutige geschichte auch der justiz hinter uns, um uns schließlich diese regeln für den staat zu geben, in dem wir leben wollen: dem rechtsstaat. wollen wir diese regeln mutwillig und nach gutdünken aufgeben, nur weil und/oder wo der rechtsstaat an seine grenzen stößt?

nein, das wollen wir nicht. und zivilisierte rechtsstaaten tun das auch nicht

ein beispiel: wehrmacht und ss haben im zweiten weltkrieg u.a. auch in italien und am balkan entsetzliche massaker verübt - die verantwortlichen kamen zu einem gutteil ungeschoren davon. nach dem krieg und z.t. noch heute leb(t)en in d menschen, denen das ausradieren ganzer dörfer anzulasten war und ist, die teils sogar dafür (in abwesenheit) verurteilt wurden, auch zum tode

ein urteil konnte jedoch nie vollstreckt werden - weil die verurteilten wieder in d sitzen und von dort weder ausgeliefert noch dort eine (angemessene) strafverfolgung stattfand und noch findet (siehe etwa ://www.taz.de/Aufarbeitung-Zweiter-Weltkrieg/!107734/)

diese (mutmaßlichen) verbrecher stehen also aus sicht der opferländer "bekanntlich außerhalb rechtsstaatlicher Möglichkeiten"

schickt nun aber italien oder griechenland seine luftwaffe, um die wohnhäuser dieser männer (sie sind ja bekannt!) zu bombardieren, ungeachtet der tatsache, daß dabei auch andere zu schaden und zum tode kommen?

(in pakistan ist das alltag)

nein, tun sie nicht. weil es sich bei italien und griechenland um zivilisierte rechtsstaaten handelt (ungeachtet aller berechtigten vorwürfe an das italienische oder griechische rechtswesen)

wären solche angriffe gerechtfertigt - weil eine rechtstaatliche verfolgung ja nicht möglich bzw. an ihre grenzen gelangt ist, weil ein allgemeines recht auf selbstverteidigung in anspruch genommen wird, etc.?

nein, wären sie nicht. weil sie ein eklatanter verstoß gegen die prinzipien des rechtsstaats sind

diese prinzipien sind keine absoluta, sie sind nicht vom himmel gefallen und damit sakrosankt - das stimmt. aber wenn sie gelten sollen, dann sind sie unteilbar, gelten für alle und immer - und nicht nach gutdünken mal schon (z.b., wenns um die eigenen leute geht), mal nicht (z.b., wenn man jemand zum "feind" erklärt hat)
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#2
(03-01-2013, 13:13)petronius schrieb: ein beispiel: wehrmacht und ss haben im zweiten weltkrieg u.a. auch in italien und am balkan entsetzliche massaker verübt -

Moin,

gutes Beispiel. Hätte Italien oder eine Balkanregierung damals während der taten das Recht gehabt, die verantwortlichen deutschen Führer zu töten, auch wenn diese sich in Deutschland aufgehalten hätten?

So wäre das z.B. mit der jetzigen Situation Israels vergleichbar.


Meines Erachtens hätte Italien oder eine Balkanrepublik dieses Recht gehabt.


Oder hättest Du Italien oder dem Balkan gesagt: "Sorry, nulla poena sine lege, ihr müsst die Greueltaten schon dulden, schließlich sind sie nach damaligen deutschen Recht legal"

Tschüss

Jörg
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#3
Moin, anderes Szenario:

In Dänemark bildet sich eine kleine Fraktion, die Raketen auf Deutschland schießt und Attentäter nach Deutschland einschleust.

Dänemark unterstützt diese Terroorgruppe aktiv und die dänische Regierung artikuliert wiederholt, dass Deutschland am besten vernichtet werden muss.

International erreicht Deutschland nichts, weil das dänenfreudliche China alles im Weltsicherheitsrat blockiert.


Wenn ich Deiner Argumentation folge, hat die deutsche Bevölkerung diesen Raketenbeschuss und die Attentäter zu dulden und darf lediglich darauf hoffen, dass diese irgendwann mal in Jahrzehnten international zur Verantwortung gezogen werden.

Schließlich agieren sie von außerhalb Deutschland und rechtlich ist da nichts zu machen.


In der tat, das sehe ich anders. Und ich vermute Völkerrechtler auch.

Tschüss

Jörg
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#4
(03-01-2013, 14:29)Flat schrieb:
(03-01-2013, 13:13)petronius schrieb: ein beispiel: wehrmacht und ss haben im zweiten weltkrieg u.a. auch in italien und am balkan entsetzliche massaker verübt -
gutes Beispiel. Hätte Italien oder eine Balkanregierung damals während der taten das Recht gehabt, die verantwortlichen deutschen Führer zu töten, auch wenn diese sich in Deutschland aufgehalten hätten?

Meines Erachtens hätte Italien oder eine Balkanrepublik dieses Recht gehabt.

du berufst dich auf kriegsrecht?

dann gestehst du den palästinesichen kämpfern also legitimen kombattantenstatus zu und sie sind also keine terroristen, sondern partisanen wie die auf dem balkan oder in italien während des zweiten weltkriegs

oder die zionisten im palästina der mandatszeit


wir dürfen nicht äpfel mir birnen durcheinanderschmeißen. ich beziehe mich niht auf kriegsrecht, sondern auf den zivilen rechtsstaat
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#5
(03-01-2013, 16:00)petronius schrieb: wir dürfen nicht äpfel mir birnen durcheinanderschmeißen. ich beziehe mich niht auf kriegsrecht, sondern auf den zivilen rechtsstaat

Moin,

Gaza ist ein ziviler Rechtsstaat?

Tschüss

Jörg

PS: Seien wir in der anderen Frage realistisch: Ob jemand Widerstandskämpfer oder Terrorist war, entscheidet die Nachwelt und oft auch, wer letztlich gewonnen hat. Für mich sind die Hamas-Kämpfer Terroristen, weil sie bewusst versuchen, Ziviliten zu töten und auch auf Zivilisten der eigenen Bevölkerung keine Rücksicht nehmen sondern diese oft als Schutzschilde missbrauchen. Dennoch gibt es viele andere Menschen, die die Hamas als Widerstandskämpfer sehen. Ist eben eine Frage des Blickwinkels.
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#6
(03-01-2013, 14:36)Flat schrieb: anderes Szenario:

In Dänemark bildet sich eine kleine Fraktion, die Raketen auf Deutschland schießt und Attentäter nach Deutschland einschleust.

Dänemark unterstützt diese Terroorgruppe aktiv und die dänische Regierung artikuliert wiederholt, dass Deutschland am besten vernichtet werden muss.

International erreicht Deutschland nichts, weil das dänenfreudliche China alles im Weltsicherheitsrat blockiert.


Wenn ich Deiner Argumentation folge, hat die deutsche Bevölkerung diesen Raketenbeschuss und die Attentäter zu dulden

keineswegs

d hätte das recht, die raketen abzufangen, die attentäter in d zu verhaften und vor ein ordentliches gericht zu stellen. und es würde sich bemühen, mit dänemark zu einer vertrauensvollen zusammenarbeit zu kommen, sodaß die sicherheitsbehörden beider länder hand in hand arbeiten

interessant allerdings, daß du hier einen staat erwähnst, der international nicht zur verantwortung gezogen werden kann, weil ein dauerndes mitglied des un-sicherheitsrats jede resolution gegen diesen bekannten aggressor an seinem veto scheitern läßt. da fällt mir nämlich spontan einer ein, ganz real und praktisch...

(03-01-2013, 14:36)Flat schrieb: Und ich vermute Völkerrechtler auch

wie sehen völkerrechtler denn die frage von "extralegalen exekutionen"?

ich kann dir sagen, wie die un das sehen:

://www.un.org/Depts/german/menschenrechte/a-hrc14-24add6-deu.pdf

...
IV. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Allgemein
93. Die Staaten sollten öffentlich erklären, welche völkerrechtlichen Regeln sie als Grundlage für von ihnen unternommene gezielte Tötungen ansehen. Sie sollten die Grundlagen für ihre Entscheidung zur Tötung statt zur Gefangennahme nennen. Sie sollten angeben, welche Verfahrensvorkehrungen sie getroffen haben, um vor gezielten Tötungen sicherzustellen, dass sie völkerrechtskonform sind, welche Maßnahmen sie nach solchen Tötungen ergreifen, um sich zu vergewissern, dass ihre Analyse der Rechtslage und der Fakten zutreffend war, und welche Abhilfemaßnahmen sie im gegenteiligen
Fall ergreifen würden. Wenn ein Staat eine gezielte Tötung im Hoheitsgebiet
eines anderen Staates begeht, sollte der zweite Staat öffentlich erklären, ob und auf welcher Grundlage er seine Zustimmung erteilt hat.
...
• Es dürfen nur zulässige Ziele verfolgt werden (die weder Vergeltung noch Bestrafung beinhalten, sondern strikt der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Menschenleben dienen);
...
• die rechtlichen Regelungen sollten der Möglichkeit Rechnung tragen, dass eine Bedrohung so unmittelbar sein kann, dass die Abgabe einer Warnung und die abgestufte Anwendung von Gewalt zu riskant oder fruchtlos wären (etwa wenn der Verdächtige im Begriff ist, von einer Waffe Gebrauch zu machen oder sich in die Luft zu sprengen). Gleichzeitig muss durch entsprechende Vorkehrungen gewährleistet werden, dass die Unmittelbarkeit der Bedrohung mit einem hohen Grad der Gewissheit zuverlässig nachgewiesen wird und dass die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit nicht umgangen werden.
...
Spezifische Anforderungen des humanitären Völkerrechts, die in einem bewaffneten Konflikt zu erfüllen sind, sind unter anderem folgende:
• Offenlegung bestehender Maßnahmen, um mutmaßliche rechtswidrige gezielte Tötungen zu untersuchen und die Täter entweder zu ermitteln und strafrechtlich zu verfolgen oder sie an einen anderen Staat auszuliefern, der hinreichende Verdachtsgründe für die Rechtswidrigkeit einer Tötung vorbringt
...
• Gezielte Tötungen dürfen nie ausschließlich auf „verdächtigem“ Verhalten oder nicht überprüften – oder nicht überprüfbaren – Informationen beruhen. Die Regelungen für die Gewinnung und den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse müssen Verfahren zur zuverlässigen Überprüfung der Ziele und zur angemessenen Verifikation der Informationen umfassen.
• Die Kräfte des Staates sollten gewährleisten, dass ausreichende Erkenntnisse
über die Wirkungen der einzusetzenden Waffen, die Anwesenheit von Zivilpersonen im Zielgebiet und deren Möglichkeit, sich vor einem Angriff zu schützen, vorliegen. An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass die Kräfte des Staates gegen die Anforderungen des humanitären Völkerrechts ... verstoßen, wenn sie nicht alles praktisch Mögliche tun, um vor einer gezielten Tötung festzustellen, welche anderen Personen sich in der Nähe eines Ziels befinden oder befinden werden, und somit abzuschätzen, wie viele weitere Personen ums Leben kommen oder Verletzungen erleiden werden.
...
• Es muss sichergestellt werden, dass die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach dem humanitären Völkerrecht für jeden Angriff einzeln bewertet wird anstatt für die Militäroperation insgesamt.
...
• Es müssen Verfahren vorhanden sein, mit denen überprüft werden kann, dass
gezielte Tötungen nicht zur Racheübung oder primär zur Verbreitung von
Schrecken, zur Einschüchterung oder zur Erlangung eines politischen Vorteils
durchgeführt werden.
• Insbesondere in dicht besiedelten städtischen Gebieten müssen die Kräfte des Staates, wenn es den Anschein hat, dass bei einer gezielten Tötung das Risiko einer Schädigung von Zivilpersonen besteht, wirksame, möglichst konkrete Vorwarnungen an die Bevölkerung ergehen lassen.
• Die Warnung entbindet dabei nicht von der Verpflichtung, zwischen legitimen Zielen und Zivilpersonen zu unterscheiden.


soweit die auffassung der un vom völkerrecht

den abgleich mit der praxis überlasse ich dir
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#7
Moin,

ich sehe in dem Text nichts, was in einem quasi rechtsfreien Raum wie Gaza (das kein Staat ist) die Tötung eines Terroristenführers verbietet, der aktiv an Terroranschlägen auf Israel beteiligt ist und auch erklärt hat, diese weiterhin zu planen und zu verüben.

Und zielgenau getroffen haben sie ihn ja.

Ich sehe darin im Gegenteil die Bestätigung, dass so etwas auch nach Völkerrecht zulässig ist. Danke für den Beleg, da brauche ich nicht suchen.

Tschüss

Jörg
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#8
(03-01-2013, 16:28)petronius schrieb: d hätte das recht, die raketen abzufangen, die attentäter in d zu verhaften und vor ein ordentliches gericht zu stellen. und es würde sich bemühen, mit dänemark zu einer vertrauensvollen zusammenarbeit zu kommen, sodaß die sicherheitsbehörden beider länder hand in hand arbeiten

interessant allerdings, daß du hier einen staat erwähnst, der international nicht zur verantwortung gezogen werden kann, weil ein dauerndes mitglied des un-sicherheitsrats jede resolution gegen diesen bekannten aggressor an seinem veto scheitern läßt. da fällt mir nämlich spontan einer ein, ganz real und praktisch...

Moin,

Deutschland fängt, soweit es geht, die Raketen ab. Das gelingt derzeit wohl zu 80-90 %. Ein Teil kommt also weiter durch. Mehr ist technisch nicht machbar.

Verhaften geht nicht. Die Terroristen befinden sich in Dänemark.

Maschiert man ein, um zu verhaften, schreist Du doch auch sofort auf wegen Eingriffs in die territoriale Unabhängigkeit Dänemarks.

vertrauensvolle zusammenarbeit funktioniert nicht. Wie ich schrieb, unterstützt Dänemark die Terroristen. Ja diese bilden als legitimer Arm sogar die dänische Regierung.

So weiter, was machst Du dann gegen Dänemark. Die Raketen fliegen von dort weiter und Deine Bevölkerung ist zu recht schon ziemlich unruhig.

Tschüss

Jörg
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#9
(03-01-2013, 16:14)Flat schrieb: Gaza ist ein ziviler Rechtsstaat?

was steht in meinem eröffnungsbeitrag?

steht da

"am beispiel von "extralegalen hinrichtungen" ..., wie sie von sich als rechtsstaatliche demokratien verstehenden staaten wie etwa von israel in den besetzten gebieten oder den usa in pakistan verübt werden"

oder steht da

"am beispiel von "extralegalen hinrichtungen" ..., wie sie von sich als rechtsstaatliche demokratien verstehenden staaten wie etwa von gaza in israel verübt werden"?

lesen hilft

(03-01-2013, 16:14)Flat schrieb: Seien wir in der anderen Frage realistisch: Ob jemand Widerstandskämpfer oder Terrorist war, entscheidet die Nachwelt und oft auch, wer letztlich gewonnen hat

du predigst also das recht des stärkeren

hätten die palästinenser die "stärkeren divisionen", wären also sie im recht, die israelis terroristen und die auslöschung des "terroristenstaates" gerechtfertigt

wenn dir das lieber ist...

hab aber bitte verständnis dafür, daß mein rechtsverständnis auf anderer grundlage fußt
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#10
(03-01-2013, 13:13)petronius schrieb: ein beispiel: wehrmacht und ss haben im zweiten weltkrieg u.a. auch in italien und am balkan entsetzliche massaker verübt - die verantwortlichen kamen zu einem gutteil ungeschoren davon. nach dem krieg und z.t. noch heute leb(t)en in d menschen, denen das ausradieren ganzer dörfer anzulasten war und ist, die teils sogar dafür (in abwesenheit) verurteilt wurden, auch zum tode

ein urteil konnte jedoch nie vollstreckt werden - weil die verurteilten wieder in d sitzen und von dort weder ausgeliefert noch dort eine (angemessene) strafverfolgung stattfand und noch findet (siehe etwa ://www.taz.de/Aufarbeitung-Zweiter-Weltkrieg/!107734/)

diese (mutmaßlichen) verbrecher stehen also aus sicht der opferländer "bekanntlich außerhalb rechtsstaatlicher Möglichkeiten"

schickt nun aber italien oder griechenland seine luftwaffe, um die wohnhäuser dieser männer (sie sind ja bekannt!) zu bombardieren, ungeachtet der tatsache, daß dabei auch andere zu schaden und zum tode kommen?

(in pakistan ist das alltag)

nein, tun sie nicht. weil es sich bei italien und griechenland um zivilisierte rechtsstaaten handelt (ungeachtet aller berechtigten vorwürfe an das italienische oder griechische rechtswesen)

Natürlich auch aus diesem Grunde nicht. Dein Vergleich hinkt aber, weil von den damaligen SS- und Wehrmachtsangehörigen, so barbarisch sie damals auch gewütet haben mögen, im Gegensatz zu beispielsweise Terroristen von Al Kaida keine aktuelle Gefahr mehr ausgeht.
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#11
(03-01-2013, 16:36)Flat schrieb: ich sehe in dem Text nichts, was in einem quasi rechtsfreien Raum wie Gaza (das kein Staat ist) die Tötung eines Terroristenführers verbietet, der aktiv an Terroranschlägen auf Israel beteiligt ist und auch erklärt hat, diese weiterhin zu planen und zu verüben.

Und zielgenau getroffen haben sie ihn ja.

Ich sehe darin im Gegenteil die Bestätigung, dass so etwas auch nach Völkerrecht zulässig ist. Danke für den Beleg, da brauche ich nicht suchen

worauf beziehst du dich da bitte?

auf irgendeinen spezifischen einzelfall?

ich sehe z.b. schon die forderung, daß solche angriffe strikt der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Menschenleben dienen müssen, weder in den besetzten gebieten noch in pakistan erfüllt

wenn einer mit dem messer in der hand auf mich zuläuft in der klaren absicht, mich zu töten, darf ich in notwehr auf ihn schießen. wenn ich nur befürchte, er könnte mit dem messer in der hand auf mich zulaufen in der absicht, mich zu töten, darf ich das ebenso wenig wie selbst dann, wenn er früher einmal jemand erstochen oder den auftrag dazu erteilt hat
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#12
(03-01-2013, 16:47)petronius schrieb: hätten die palästinenser die "stärkeren divisionen", wären also sie im recht, die israelis terroristen und die auslöschung des "terroristenstaates" gerechtfertigt

wenn dir das lieber ist...

hab aber bitte verständnis dafür, daß mein rechtsverständnis auf anderer grundlage fußt

Moin,

oh, ich habe durchaus ein sehr liberales Rechtsverständnis.

Aber glaubst Du im Ernst, wenn es den arabischen Nachbarn in den mehreren Kriegen gelungen wäre, Israel zu vernichten, dass außer ein paar Krokodilstränen etwas passiert wäre. Man hätte international die Sachlage schlicht anerkannt. So erschreckend, wie das auch ist.

Oder wo waren die Verurteilungen Transjordaniens, dass sich ja schließlich einen Großteil des palästinsischen Gebietes anfangs sehr erfolgreich kriegerisch unter den Nagel gerissen hat?

Internationales Recht hat mit Rechtsstaatlichkeit nur sehr wenig zu tun.

Oder nenne mir mal ein paar Europäische Grenzen, die keine Kriegsgrenzen oder Folgen von Kriegen sind.


Du versuchst, an Hand der sicheren und bequemen Situation in Deutschland unsere Maßstäbe zu übertragen auf Israel und gleiches dort zu fordern.

Nur ist die Situation dort eine andere und nicht mit unserer deutschen Gemütlichkeit zu vergleichen.

Tschüss

Jörg
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#13
(03-01-2013, 16:52)petronius schrieb: ich sehe z.b. schon die forderung, daß solche angriffe strikt der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Menschenleben dienen müssen, weder in den besetzten gebieten noch in pakistan erfüllt

wenn einer mit dem messer in der hand auf mich zuläuft in der klaren absicht, mich zu töten, darf ich in notwehr auf ihn schießen. wenn ich nur befürchte, er könnte mit dem messer in der hand auf mich zulaufen in der absicht, mich zu töten, darf ich das ebenso wenig wie selbst dann, wenn er früher einmal jemand erstochen oder den auftrag dazu erteilt hat

Moin,

wenn Du Deinen text mal insgesamt lesen würdest, siehst Du, dass es dort auch um Drohneneinsatz u.ä. geht. Da sind keine Fälle gemeint, wo jemand mit einem Messer auf Dich zuläuft.

Tschüss

Jörg
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#14
(03-01-2013, 16:55)Flat schrieb: oh, ich habe durchaus ein sehr liberales Rechtsverständnis

besonders liberal in der frage, wann das recht nicht gelte

(03-01-2013, 16:55)Flat schrieb: Aber glaubst Du im Ernst, wenn es den arabischen Nachbarn in den mehreren Kriegen gelungen wäre, Israel zu vernichten, dass außer ein paar Krokodilstränen etwas passiert wäre. Man hätte international die Sachlage schlicht anerkannt. So erschreckend, wie das auch ist.

Oder wo waren die Verurteilungen Transjordaniens, dass sich ja schließlich einen Großteil des palästinsischen Gebietes anfangs sehr erfolgreich kriegerisch unter den Nagel gerissen hat?

das ist für die rechtsstaatlichkeit nicht von relevanz

und auch sonst ein gefährliches argument: "weil die anderen ja auch nicht beser sind, darf ich schwein sein"

(03-01-2013, 16:55)Flat schrieb: Internationales Recht hat mit Rechtsstaatlichkeit nur sehr wenig zu tun

du sprichst mir aus der seele

aber rechtsstaatlichkeit schon - und nur von der spreche ich hier

wenn du der meinung bist, gewisse staaten klaubten sich lieber die rosinen aus dem "internationalen recht", welches ja zugebenermaßen zu einem "recht des stärkeren" bzw. der "normativen kraft des faktischen" tendiert, als sich wie zivilisierte rechtsstaaten zu verhalten, so widerspreche ich dir nicht

genau das ist nämlich mein thema - und daß sich diese staaten dann eben mit falschen federn schmücken, wenn sie sich trotzdem als solche verkaufen wollen

(03-01-2013, 16:55)Flat schrieb: Du versuchst, an Hand der sicheren und bequemen Situation in Deutschland unsere Maßstäbe zu übertragen auf Israel und gleiches dort zu fordern.

Nur ist die Situation dort eine andere und nicht mit unserer deutschen Gemütlichkeit zu vergleichen

rechtstaatlichkeit ist eben keine frage der "gemütlichkeit" und endet nicht dort, wo es "ungemütlich wird"

falls du das anders siehst, dann weise ich dich darauf hin, daß es in den bestzten gebieten weitaus ungemütlicher ist als in israel und in pakistan weitaus ungemütlicher als in den us. nach dieser absurden logik des "rechts des ungemütlichen" wären eben die "terroristen" mehr im recht





Flat schrieb:wenn Du Deinen text mal insgesamt lesen würdest, siehst Du, dass es dort auch um Drohneneinsatz u.ä. geht

selbstverständlich habe ich den text zur gänze gelesen

drohnen sind auch nur eine waffe, und mit welcher waffe man sich "wehrt", ändert nichts an der tatsache, daß notwehr eben nur "strikt der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Menschenleben dienen" darf

was genau an "unmittelbar drohende Gefahr für Menschenleben" verstehst du nicht?



oh, hab ich übersehen:

Flat schrieb:So weiter, was machst Du dann gegen Dänemark

dann bin ich rechtsstaatlich am ende meiner möglichkeiten

aber wir wollen doch festhalten, daß z.b. dein hypothetisches axiom "vertrauensvolle zusammenarbeit funktioniert nicht" kein argument ist, wenn mans noch nicht mal versucht hat und im gegenteil alles tut, um den, mit dem angeblich "vertrauensvolle zusammenarbeit nicht funktioniert", zu drangsalieren (ums mal freundlich auszudrücken)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#15
(03-01-2013, 17:25)petronius schrieb: wenn du der meinung bist, gewisse staaten klaubten sich lieber die rosinen aus dem "internationalen recht", welches ja zugebenermaßen zu einem "recht des stärkeren" bzw. der "normativen kraft des faktischen" tendiert, als sich wie zivilisierte rechtsstaaten zu verhalten, so widerspreche ich dir nicht

genau das ist nämlich mein thema - und daß sich diese staaten dann eben mit falschen federn schmücken, wenn sie sich trotzdem als solche verkaufen wollen

Moin,

nicht diese Staaten.

Alle Staaten.

Wer sitzt im Sicherheitsrat und hat Vetorecht und nach welchen Kriterien haben diese es bekommen?

Weil sie vorbildlich sind? Weil sie besonders rechtsstaattlich sind? Weil sie besonders viele Menschen vertreten? Weil es eine ausgewogene Zusammensetzung war?

Nein, samt und sonders, weil es die Atommächte der damaligen Zeit waren.

Und diese entscheiden auf dieser Legitimationsgrundlage bis heute, was international Recht ist und was nicht.

Wobei die Vollversammlung auch nicht gerade besser ist. Rechtsstaatliche Demokratien kannst Du da auch mit der Lupe suchen.

(03-01-2013, 17:25)petronius schrieb: rechtstaatlichkeit ist eben keine frage der "gemütlichkeit" und endet nicht dort, wo es "ungemütlich wird"

Selbstverteidigung ist rechtsstaatlich gedeckt.

(03-01-2013, 17:25)petronius schrieb: dann bin ich rechtsstaatlich am ende meiner möglichkeiten

Exakt!

Tschüss

Jörg
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