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Die Bibel von Gott oder das Werk weiser Männer?
(10-05-2014, 21:10)jässes schrieb: Nun, er kennt das Ende der Geschichte um uns Menschen.


(10-05-2014, 22:49)Harpya schrieb: Wenn Gott die Geschichte bis zum Ende kennt ist sie ja determiniert,
d.h. Gott kann sie auch nicht ändern.

Würde er sie ändern hätte er ja vorher nicht gewusst wie das Ende ist.
Das hinkt aber.


Ein sehr interessanter Gedanke
(10-05-2014, 22:38)Ulan schrieb: Die Geschichte hat gewisse Aehnlichkeiten mit den Vorstellungen, die schon die Markioniten, die Gnostiker oder die Katharer erzaehlt haben. Neu ist das also nur in Details. Jehova als der Demiurg. Das ist eine Vorstellung, die so alt ist wie die Christenheit. Oder, bevor hier wieder Haare gespalten werden, so alt wie das aelteste Neue Testament. Ich wuerde sogar so weit gehen, dass das die Vorstellung war, die die Hauptursache fuer die Separierung von Christen- und Judentum darstellt.


Hochinteressant !

Wie meinst Du das genau ?
(10-05-2014, 21:10)jässes schrieb: Und unser Vater, der wahre Gott ist selbstverständlich allmächtig.
(10-05-2014, 22:49)Harpya schrieb: Das ist wieder die Frage ob Gott auch Macht über sich selbst hat. Könnte er sich schaffen?
Nach menschlichem Ermessen hätte die Allmacht an dieser Stelle eine definitive Grenze. Aber diese Eigenschaft haben alle All-Begriffe. Sie führen immer zu Widersprüchen.

Unterstellt, die Allmacht hätte auch die Wirkung, sich selbst zu erschaffen, dann müsste man sich diese als sich entwickelnd sehen. Und was wir dann erhalten, ist eine Welt, die (allmählich) auch göttliche Gestalten formt - von allein. D. h. wir landen bei einer evolvierenden Welt, wie wir sie kennen. Wir wissen nur (noch) nicht, ob diese Welt bereits einen Weltgeist entwickelt hat oder (noch) nicht.

(10-05-2014, 22:49)Harpya schrieb: ... oder auch nur ändern.
Änderungen an sich selbst sind jeder menschlichen Person geläufig (Lernen von Verhaltensweisen). Also nichts besonderes!

(10-05-2014, 22:49)Harpya schrieb: Wenn Gott die Geschichte bis zum Ende kennt ist sie ja determiniert,
d.h. Gott kann sie auch nicht ändern.

Würde er sie ändern hätte er ja vorher nicht gewusst wie das Ende ist.
Das hinkt aber.
Nun, das "hinkt" weniger, als man gemeinhin glaubt. Und unbedingt determiniert muss die Welt auch nicht sein, obgleich das schwer vorstellbar ist.
Es ist physikalisch gar nicht gesagt, dass über gewaltige Zeiträume hinweg nur eine Vergangenheit existiert. Von der Zukunft wissen wir, dass sie eine Fülle von Möglichkeiten bereit hält, von denen ein Subsystem, beispielsweise wir, bei jedem Zeitschritt (Planck-Zeit) nur eine wählt und verwirklicht.

Es ist das besondere Kennzeichen unbegrenzter Systeme (der Kosmos selbst, aber auch Gott), dass jede noch so geringe Wahrscheinlichkeit irgendwo und irgendwann verwirklicht wird. Ein den ganzen Kosmos durchdringender Geist ist eben nicht auf die vorgenannte Selektion (pro Zeitschritt) angewiesen. Er kann deshalb alle Möglichkeiten in Vergangenheit und Zukunft wissend in sich vereinigen.

In diesem Sinne hat "ändern" eine sehr seltsame Bedeutung: Nämlich einfach eine andere Wahl ohnehin parallel existierender Zustände (bzw. deren Eigenschaften).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ist die Theorie von einem guten und einem (anderen) bösen Gott nicht auch Bestandteil des Zoroastrismus, der Religion im antiken Persien? Und gab es bei denen nicht auch eine Art Himmel und eine Art Hölle, je nachdem, für welchen Gott sich der Mensch "entschied"?

Ich finde, diese Theorie hat einiges für sich, aber nur, wenn der gute Gott nicht allmächtig ist. Denn es ist (zumindest für mich) schwer, sich vorzustellen, dass der allmächtige gute Gott aus lauter Liebe und Mitleid zum bösen Gott (der als Geistwesen ja nicht leiden kann) zulässt, wie dieser leidensfähige und hilflose Menschen schikaniert und quält. Das wäre in etwa so, wie wenn Eltern tatenlos zusehen würden, wie ihr Kind den Hund quält, weil sie ja so liebevoll sind, gleichzeitig aber behaupten, auch den Hund zu lieben und ihm später zum Trost eine Wurst zu kaufen. Nicht nur das Kind, sondern auch (und gerade) seine Eltern könnten dann wegen Tierquälerei belangt werden.

Und dass, wer sündigt, nicht zu(m guten) Gott kommen darf, stimmt wohl (zumindest nach Jesu Meinung) auch nicht: Jesus vergibt in den Evangelien dort mehrmals Menschen ihre Sünden, und nicht alle wissen, dass er gekreuzigt werden wird.
Zitat:Jesus tat mir besonders Leid, denn er wollte uns vor der Hölle retten. Aber viele Menschen verstehen seine Liebe nicht.

Ist das ein Wunder, wenn er von seinen Nachfolgern verlangt, sich für ihren Glauben an ihn zu Tode foltern zu lassen - und allen Gläubigen allgemein für jede Banalität grausamste ewige Höllenstrafen androht, wenn sie nicht rechtzeitig um Vergebung flehen?
(11-05-2014, 11:22)Ekkard schrieb: Es ist physikalisch gar nicht gesagt, dass über gewaltige Zeiträume hinweg nur eine Vergangenheit existiert.


Interessant. Wie meinst Du das ?
(11-05-2014, 11:42)Lelinda schrieb: . . . nur, wenn der gute Gott nicht allmächtig ist.


Diese Frage stellten sich in den letzten 2000 Jahren und sicher auch schon lange davor viele Millionen Menschen.

Eine Seuche, die Pest, eine ganze Stadt geht zugrunde "Warum läßt Gott das zu ?"

Schon im AT in den Psalmen fragt ein Mensch im klagenden Ton: "Wie lange, Herr, schaust Du noch zu ?"

Der Mensch denkt sich: Gott ist hartherzig und mitleidlos und uninteressiert
Oder: Gott ist nicht allmächtig

Beides kann ein gläubiger Mensch nicht akzeptieren. Daher konstruiert er sich ein Gedankengebäude von der verdienten Strafe Gottes.
(10-05-2014, 22:38)Ulan schrieb: Die Geschichte hat gewisse Aehnlichkeiten mit den Vorstellungen, die schon die Markioniten, die Gnostiker oder die Katharer erzaehlt haben. Neu ist das also nur in Details. Jehova als der Demiurg. Das ist eine Vorstellung, die so alt ist wie die Christenheit. Oder, bevor hier wieder Haare gespalten werden, so alt wie das aelteste Neue Testament. Ich wuerde sogar so weit gehen, dass das die Vorstellung war, die die Hauptursache fuer die Separierung von Christen- und Judentum darstellt.

*klick*

ja, bei "demiurg" ist jetzt der groschen gefallen

danke für den hinweis
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitat:
Der Mensch denkt sich: Gott ist hartherzig und mitleidlos und uninteressiert
Oder: Gott ist nicht allmächtig

Beides kann ein gläubiger Mensch nicht akzeptieren. Daher konstruiert er sich ein Gedankengebäude von der verdienten Strafe Gottes.

Genau so sehe ich das auch.
(11-05-2014, 14:55)Lelinda schrieb:
Zitat:
Der Mensch denkt sich: Gott ist hartherzig und mitleidlos und uninteressiert
Oder: Gott ist nicht allmächtig

Beides kann ein gläubiger Mensch nicht akzeptieren. Daher konstruiert er sich ein Gedankengebäude von der verdienten Strafe Gottes.

Genau so sehe ich das auch.

Gott ist einfach willkürlich.
Soviel man weiss, gab es Atmosphärenanderungen, Eiszeiten,
Kontnentaldrifts, große tektonische Veränderungen,
Kometbedingte Katastrophen, vieles Land war mal Meer,
da hat sich ein Gott richtig ausgetobt.

Wer war denn damals dran schuld, bevor es überhaupt organisches
Leben gab, Eisberge die sich beim Driften unsichtlich angerempelt haben
oder mit Material vom Nachbargletscher gekalbt haben ?

Na wenn Gott sich das so über x-Millionen Jahre angesehen hat, fand er es vielleicht mal an der Zeit eine neue Komponente einzuführen um Spannung im Spiel zu halten.

Vorher war ja auch keiner zum Dienen da, Tiere waren da eher
eigensinnig, besonders Katzen, also musste was ran das sich
durch mehr Vielfalt im Denken und aufeinander Rumhauen
Spannung ins Spiel brachte.

Immer wenn sich eine Religionsvorgabe totgelaufen hatte und statisch wurde
kam prompt eine Neue.

Das Spiel ist immer das Gleiche,
eine kleine Gruppe ist irgendwo in Bedrängnis, prompt erscheint eine Offenbarung inc. Propheten und es entwickeln sich Bedürfnisse die ganze Welt unterzubuttern.

Hat System.
Man braucht erstmal Bedrängte.

" Und wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her"
So läuft das doch.
(11-05-2014, 00:06)Sinai schrieb:
Ulan schrieb:Ich wuerde sogar so weit gehen, dass das die Vorstellung war, die die Hauptursache fuer die Separierung von Christen- und Judentum darstellt.

Hochinteressant !
Wie meinst Du das genau ?

Ich beziehe mich auf Markions Rolle in der Entstehung der Christenheit. Bis dahin waren Christen und Juden noch recht innig verbandelt, benutzten dieselbe heilige Schrift, besuchten teilweise auch dieselben Synagogen/Kirchen. Dann kam Markion, erklaerte Jehova zum Demiurg, den Schoepfer und Herrscher dieser Welt, der keinesfalls der Vater Jesu sein koenne, welcher eine Lichtgestalt war, die sich nicht in die Tagesgeschaefte einmischte. Also verwarf Markion das Alte Testament als Einfluesterung des Demiurg, sammelte 10 von Pauls Briefen und ein Evangelium (aehnlich Lukas), bereinigte diese von allen Erwaehnungen Jehovas, und nannte dies das "Neue Testament", was von nun an die heilige Schrift aller Christen sein sollte. Jesus war bei ihm auch nicht geboren, sondern kam vom Himmel herabgestiegen.

Der Ausloeser fuer die Abloesung des Christentums war die Tatsache, dass er ein "Neues Testament" geschaffen hatte, das den Charakter eines heiligen Buches hatte. Das brachte die Proto-Orthodoxen auf den Plan, die nun ihrerseits ein "Neues Testament" sammelten. Das ist wohl auch der tiefere Grund, warum wir vier Evangelien haben: die orthodoxe Version sollte besser belegt aussehen, auch wenn da drei Versionen desselben Textes und ein Kommentar dazu drinstehen. Das "Neue Testament" war fuer Juden natuerlich inakzeptabel, so dass sich die heiligen Schriften von nun an unterschieden.

Also ist witzigerweise jässes' Vorstellung gar nicht so weit weg von der einer der dominanten Richtungen der Christenheit im 2. Jahrhundert.
Zu der hochinteressanten, von Jässes vorgestellten Idee

(10-05-2014, 22:38)Ulan schrieb: Die Geschichte hat gewisse Aehnlichkeiten mit den Vorstellungen, die schon . . . die Katharer erzaehlt haben.

(11-05-2014, 11:42)Lelinda schrieb: Ist die Theorie von einem guten und einem (anderen) bösen Gott nicht auch Bestandteil des Zoroastrismus, der Religion im antiken Persien?

Mir kommt diese Idee wie eine Mischung vor:
50 % Katharertum. Siehe die dreimalige Nennung des Wortes "rein" und die Ablehnung des Gottes des AT
25 % Zoroastertum
15 % Katholikentum. Siehe die Verteidigung der klassischen Dreieinigkeit
05 % Polytheismus. Es sind schon zu viele Götterkategorien genannt um noch als dualistisch zu gelten.
05 % Eigenlehre

Jässes wird die Konstruktion sicher noch näher erläutern.
(11-05-2014, 14:55)Lelinda schrieb:
Zitat:
Der Mensch denkt sich: Gott ist hartherzig und mitleidlos und uninteressiert
Oder: Gott ist nicht allmächtig

Beides kann ein gläubiger Mensch nicht akzeptieren. Daher konstruiert er sich ein Gedankengebäude von der verdienten Strafe Gottes.

Genau so sehe ich das auch.

Ich hatte ein sehr interessantes Gespräch mit einem orthodoxen Rabbiner.

1.) Er konnte niemals zugeben, daß sein Gott schwächer war als die Götter Roms !
Somit hatte er gar keine andere Wahl als zu sagen, daß sein Gott sein untreues Volk bestrafen wollte, wegen laufender ritueller Verfehlungen. Nicht sein Gott war schwach, sondern sein Gott wollte die Israeliten in die Diaspora führen. Zur Züchtigung. Somit mußte nachträglich gefragt werden "warum?" Und die seltsame aber logische Antwort ist, daß die Diaspora eine verdiente Strafe ist. Eigentlich tragisch. Denn was ist, wenn da eine sehr brave Judenfamilie in Jerusalem lebte ? Auch sie mußte sich gefallen lassen, daß gesagt wurde daß offensichtlich irgendwelche Vorfahren Schuld auf sich geladen hätten. Wer den Schaden hat, hat auch noch den Spott

2.) Er sagte, daß die Shoa (griech. Holocaust) die Strafe Gottes dafür war, daß das deutsche Judentum liberal geworden war und nicht mehr den Talmud befolgte und in Berufe der Goi (Arzt, Jurist) drängte.
Ein orthodoxer Rabbi kann doch niemals zugeben, daß der als Gott verehrte Hitler eine Zeit lang stärker war als der Gott der Juden,
somit werden die Opfer der Shoa noch nachträglich herabgewürdigt. Eine tragische Logik !
(11-05-2014, 15:30)Ulan schrieb:
(11-05-2014, 00:06)Sinai schrieb:
Ulan schrieb:Ich wuerde sogar so weit gehen, dass das die Vorstellung war, die die Hauptursache fuer die Separierung von Christen- und Judentum darstellt.

Hochinteressant !
Wie meinst Du das genau ?

Ich beziehe mich auf Markions Rolle in der Entstehung der Christenheit.

Marcion ging "in die Kirchengeschichte als Erzketzer ein" Marcion – Wikipedia
(11-05-2014, 21:25)Sinai schrieb: Marcion ging "in die Kirchengeschichte als Erzketzer ein" Marcion – Wikipedia

Geschichte wird immer von den Siegern geschrieben. Als Markion das "Neue Testament" "erfunden" hatte, gab es noch keine orthodoxe Kirche. "Ketzer" waren immer die anderen. Jedenfalls gab er die Initialzuendung fuer die Sammlung eines Neuen Testaments und ist deshalb eine der wichtigsten Figuren des fruehen Christentums.

Jedenfalls sind die Ideen, die jässes hier vorgetragen hat, viel aelter als die Katharer, und das grundlegende Gedankengut der Katharer findet sich schon bei Markion in der ersten Haelfte des zweiten Jahrhunderts. Das sind urchristliche Ideen. Die Katharer haben lediglich zu christlchen Urspruengen zurueckgefunden.


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