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Bewertung Islam aus christlicher Perspektive
#58
(24-12-2015, 11:21)Abraham schrieb: Es gibt schon missverständliche Auslegungen von "Du sollst nicht töten" und "Du darfst nicht töten", wobei der Grundansatz niemals die Verteidigung ausschließt, weil die Idealvorstellung natürlich niemals beinhaltet, sich selbst töten zu lassen. "Du darfst nicht töten" also auch ein Verbot an den Angreifer, aus dem hergeleitet werden kann, dass ich die Pflicht habe, hier Schaden von mir abzuwenden.

Eine Pflicht zur Selbstverteidigung daraus abzuleiten, geht jetzt zu weit und steht da nicht. Allerdings ist es so, dass das hebraeische Wort, das dort benutzt wird, unrechtmaessiges Toeten bezeichnet, nicht Toeten allgemein. Insofern trifft die Uebersetzung "Morden" den eigentlichen Sinn hier etwas besser, obwohl "Morden" wahrscheinlich wiederum etwas zu eng gefasst ist, wenn man sich an die (weltliche) gesetzliche Definition klammert. Also, auch wenn ich da jetzt keine Pflicht zur Abwehr erkennen kann, ist sie definitiv nicht durch dieses Gebot ausgeschlossen.

(24-12-2015, 11:21)Abraham schrieb: Meinem Eindruck nach steht man als Christ vor einem Dilemma, wenn es um eine konkrete Bedrohung seiner eigenen Person oder von Menschen, die ihm nahestehen, geht. Konsequenterweise müssten er und seine Lieben die andere Wange hinhalten, sich töten lassen und als Märtyrer ins Himmelreich eingehen. Tut er das nicht, kann es abhängig von dem Grad seiner Religiosität dazu führen, dass er sein restliches Leben mit Schuldgefühlen verbringt, gegen Gottes Willen verstoßen zu haben, nur weil er seinem eigenen Überlebensinstinkt gemäß gehandelt hat.

Ich glaube nicht, dass besonders viele Christen dieses Dilemma verspueren. Viele Verhaltensrichtlinien, die in den fruehen Evangelien und in den fruehen Briefen des Paulus stehen, lassen darauf schliessen, dass diese aus der Perspektive eines Endzeit-Kults geschrieben wurden. Aus dem Glauben, die Welt wuerde noch zu den Lebzeiten vieler Anwesender untergehen, entsprangen Verhaltensvorschlaege, die gar nicht fuer ein Weiterleben der Generationen gedacht waren. Daraus erklaeren sich auch die Empfehlungen, nicht zu heiraten oder keine Kinder in die Welt zu setzen. Wenn die Welt sowieso in zwei Jahren untergeht, braucht man das nicht sondern erfuellt die hoechstmoeglichen Moralvorstellungen.

Die spaeteren Evangelien und Paulusbriefe haben diese Vorstellungen aber korrigiert, weil klar war, dass das mit dem Weltuntergang fuers erste auf unbestimmte Zeit verschoben war. Auch die Vorstellung, Jesus sei fuer unsere Suenden gestorben, wird z.B. im Lukas-Evangelium ganz leise ad acta gelegt.

In diesem Sinne enthaelt die Bibel also nicht nur eine Anweisung fuer's Hier und Jetzt, sondern bietet einen Einblick in die Entwicklung menschlichen religioesen und moralischen Denkens. Sie tut das uebrigens ganz bewusst, sonst haetten wir statt vier Evangelien nur eins. Dies ist aber auch die Chance, die sich daraus ergibt. Im Prinzip ist hier naemlich nicht die Obrigkeitshoerigkeit gefragt, der sich z.B. indimaya verschrieben hat, sondern eine aktive Entwicklung zu einer besseren Menschheit hin.

Demnach stellt sich fuer die meisten Christen dieses Dilemma also nicht. Es gibt Idealvorstellungen, wie man sein Leben unter besten Bedingungen leben kann, aber wenn das nicht geht, dann geht das halt nicht; man soll halt nur ehrlich versuchen. Gott hat fuer so etwas ein Einsehen, wie Paulus schreibt.

Uebrigens sehen die meisten Christen auch aus diesem Grund im Koran keine echte Alternative. Das ist in moralischen Fragen mehr oder weniger ein Rueckschritt auf Zustaende, wie sie im Buch "Richter" herrschten, auch wenn das Gottesbild deutlich entwickelter ist. Das ist wahrscheinlich dem Ursprung aus einer aehnlichen Stammesgesellschaft zu verdanken, die noch an Vorstellungen klebte, die in entwickelteren Gebieten seit Jahrhunderten hinter sich gelassen wurden. Nur wenige Leute verspueren Lust, solch einen Schritt in die Vergangenheit zu vollziehen, ausser vielleicht solchen, die eine starke Sehnsucht nach Vereinfachung verspueren.
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