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Bewertung Islam aus christlicher Perspektive
#79
(24-12-2015, 13:29)Ulan schrieb: Eine Pflicht zur Selbstverteidigung daraus abzuleiten, geht jetzt zu weit und steht da nicht. Allerdings ist es so, dass das hebraeische Wort, das dort benutzt wird, unrechtmaessiges Toeten bezeichnet, nicht Toeten allgemein. Insofern trifft die Uebersetzung "Morden" den eigentlichen Sinn hier etwas besser, obwohl "Morden" wahrscheinlich wiederum etwas zu eng gefasst ist, wenn man sich an die (weltliche) gesetzliche Definition klammert. Also, auch wenn ich da jetzt keine Pflicht zur Abwehr erkennen kann, ist sie definitiv nicht durch dieses Gebot ausgeschlossen. 

Dem ersten Teil stimme ich zu. Zum Zweiten Teil, da habe ich mich tatsächlich missverständlich ausgedrückt. Was ich meinte war: Wenn jemand gegen dieses Gebot verstößt, habe ich durchaus das Recht, dieses, was ihm Gott verboten hat, zu unterbinden. 

Zitat:Uebrigens sehen die meisten Christen auch aus diesem Grund im Koran keine echte Alternative. Das ist in moralischen Fragen mehr oder weniger ein Rueckschritt auf Zustaende, wie sie im Buch "Richter" herrschten, auch wenn das Gottesbild deutlich entwickelter ist. Das ist wahrscheinlich dem Ursprung aus einer aehnlichen Stammesgesellschaft zu verdanken, die noch an Vorstellungen klebte, die in entwickelteren Gebieten seit Jahrhunderten hinter sich gelassen wurden. Nur wenige Leute verspueren Lust, solch einen Schritt in die Vergangenheit zu vollziehen, ausser vielleicht solchen, die eine starke Sehnsucht nach Vereinfachung verspueren.

Ich persönlich empfinde die Auseinandersetzung mit konkreten Situationen als sehr viel anspruchsvoller als zu meiner "katholischen Zeit". Das mag gerade daran liegen, dass in den "'nur moralischen Appellen' im Neuen Testament" (Antes, Große Religionsstifter, S. 103) ein großer Gestaltungsspielraum liegt, der auch durch die Förderung der historisch-kritischen Exegese in den letzten 100 Jahren nicht zum besseren hin verstärkt wurde, denn wie es die Kirche vormacht, so nehmen sich die Gläubigen ein Beispiel daran. Wenn ich davon ausgehe, dass der Sinn einer Sache in einem historischen Text generell vernebelt und verschleiert wurde und man den wahren Sinn erst nach einer Reihe von Textanalysen, Historie, Sprachwissenschaft, Soziologie usw erkennen kann, dann gehe ich als Gläubiger nicht nur davon aus, selbst aus der Schrift nichts mehr lesen zu können, außerdem neige ich dann dazu, alle möglichen persönlichen Interpretationen hineinzulegen. Die Diskussionen um den Kreuzestod oder die - nicht vollzogene - Opferung seines Kindes durch Abraham sind gute Beispiele dafür.  Da wird ein Gott der Liebe deklariert und der Rest wird passend gemacht. Schon ist jede unbequeme Auseinandersetzung mit einem vielleicht unbequemen Gott umgangen. Wenn ich hingegen davon ausgehe, dass ein Text Gottes Wort ist, auch im wörtlichen Sinne, und es ein tatsächliches Geschehen gab, stehe ich zwar immer noch in einer bestimmten Relativität, weil Gott in eine bestimmte Situation hineingesprochen hat und diese an - auch historische - Bedingungen geknüpft ist, aber ich muss mich trotzdem damit viel mehr befassen, wenn ich es in die heutige Zeit übertragen will. Eine nette historische Geschichte, noch dazu Menschen Wort, ist eben etwas anderes als ein direkter Tötungsbefehl von Gott in einer konkreten Situation. Man sieht das ja an der Standardargumentation vieler Christen: "Das alte Testament ist nicht mehr wichtig", während sie es aber jeden Tag in der Kirche als Wort Gottes verkünden. Es zwingt auch zur Auseinandersetzung mit den Grenzsituationen menschlicher Konflikte, Moral und Autorität. Das ist anstrengender als von einem liebenden Gott auszugehen, der bestenfalls noch in Form einer Fürbitte vor dem Socializing der Gemeinde in Form von Kaffee und Kuchen ins Dasein tritt. Warum ein liebender Gott seinen Sohn geopfert haben soll, ist dann bestenfalls noch ein symbolisches Konstrukt. Zur Not nimmt man irgendeinen Konzilstext, wo die Kirche die Frage irgendwie beantwortet hat. Wie widersinnig und unlogisch das dann auch ist, interessiert niemanden.

Gleichzeitig ist die Sprache natürlich ein großes Hindernis. Obwohl das 2. vatikanische Konzil weiterhin bestärkt hat, dass Latein die offizielle Kirchensprache ist und die Gläubigen in der Lage sein sollten, zumindest das Messordinarium in lateinischer Sprache mitbeten zu können, sind die meisten Gläubigen nicht einmal mehr in der Lage, die Grundgebete (Pater Noster, Ave Maria, Gloria Patri) in Latein zu beten. Das liegt zwar auch daran, dass die nachkonzilaren Dokumente den Konzilsbeschlüssen zuwider laufen (man vergleiche nur einmal das Inter Oecumenici mit Sancrosanctum Concilium) und damit die Kirche die lateinische Sprache auch nicht mehr fördert, aber zum anderen auch daran, dass den Gläubigen ihre eigene Religion schlichtweg egal wird, wenn es aus der Wellness-Zone herausgeht. Das ultimative Feigenblatt eines die Sünder liebenden allbarmherzigen Gottes. Wenn sich Menschen schon mit der lateinischen Sprache derart schwer tun (und für die Grundgebete muss man keine 3 DIN A4 Seiten Fälle auswendig lernen), dann finden sie auch keinen Zugang zur arabischen Sprache.

Ein anderes Problem ist, dass der Islam immer noch stark an die arabischen und türkischen Communities in den Städten gebunden ist und ein verpflichtendes Gebet am frühen Freitag Nachmittag natürlich für z.B. Berufstätige weitaus schwieriger zu realisieren ist als eine Sonntagsmesse, die ja gemäß liturgischen Kalender der Kirche von Samstag Abend 18.00 Uhr bis Sonntag Abend besucht werden kann. Wenn die Predigt nach dem Freitagsgebet dann auch noch in Arabisch oder Türkisch ist, nutzt sie dem durchschnittlichen Deutschen wenig. Zwar gibt es auch kleine Gruppen deutschsprachiger Muslime, aber ins Auge stechen erstmal die geprägten großen Moscheen wie z.b. von DITIB oder die kleinen Konvertitengruppen, die Youtube und Co befeuern, nach jedem dritten Satz Mashallah sagen weils irgendwie cool ist und bei denen man zurecht nicht sicher sein kann, ob sie aufgrund ihrer salafistischen/mahabitischen Ausrichtung nicht doch mit IS & Co Sympathien pflegen.

Möglicherweise sind manchen Menschen die religiösen Pflichten im Islam auch "too much", ich kann mich noch gut erinnern wie man in der Kirche schon fast wie ein Fundamenalist behandelt wurde, nur weil man täglich zur Messe ging oder ein Morgen- und Mittagsgebet gemacht hat. Ich denke die Gründe sind viele. So wie eben dieses "feindliche" Klima gegenüber Menschen mit einem intensiven religiösen Leben manche Menschen in Richtung Islam treibt, ist es natürlich auch so, dass die islamische Polemik gegen Ungläubige Menschen abschrecken kann. Und wer erstmal abgeschreckt ist, der beschäftigt sich mit Dingen manchmal auch nicht näher.
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