12-07-2012, 09:58
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12-07-2012, 10:00 von schmalhans.)
(11-07-2012, 23:49)Mustafa schrieb: Und es geht nicht darum, dass jemand jemand anderem einen Glauben aufzwingen will, auch wenn die "Religionskritiker" gerne mal in diese Richtung argumentieren.
Im Koran wird das Aufzwingen der Religion ja auch mehrfach verboten.
Und zum Glück muss sich kein Muslim an die Koranauslegung dieser "Religionskritiker" halten, denn das wäre in der Tat schlimm ! Eigentlich Horror und m.E. mit dem Islam in keinster Weise vereinbar.
Der Koran ist offensichtlich ein literarisches Werk, dass einer Auslegung bedarf, weil es sonst unverständlich bleibt - etwa wie der "Ulysses" von Joyce oder das I Ging, das Orakelbuch der Chinesen. Deshalb gab es immer schon viele kluge (und manchmal auch nur ganz schlaue) Menschen - vornehmlich Männer -, die das Werk studieren und auslegen mussten. Man nennt das Tafsir.
Wikipedia sagt dazu folgendes:
"Kommentare, die sich in erster Linie an der Traditionsliteratur orientieren und in einer nach Möglichkeit ununterbrochenen Überliefererkette (isnad) die exegetischen Erklärungen der Generation der Gefährten von Mohammed und ihrer unmittelbaren Nachfolger präsentieren, nennt man at-tafsīr bi-ʾl-maʾṯūr / التفسير بالمأثور /‚Erklärung durch Überliefertes‘. Denn sie erläutern sowohl einzelne Wörter als auch ganze Koranverse mit dem konsequenten Rückgriff auf die überlieferten Aussagen (aṯar / Pl. āṯār) der ältesten Generationen des Islam. Diese traditionellen Kommentare hatten zu keinem Zeitpunkt einen einheitlichen Charakter, da die alten Überlieferungen als Kommentare zu ein und demselben Koranvers inhaltlich unterschiedliche oder gar kontroverse Aussagen enthalten. „Es können demnach von einander abweichende, ja zu einander in Widerspruch stehende Erklärungen mit gleicher Berechtigung als tafsīr bil-ʿilm, als 'der Wissenschaft entsprechenden' Tafsīr gelten.“[1] Selbst die philologischen Interpretationen des Textes und die Erklärung einzelnen Wörter – oft unter Berücksichtigung der Sprache der altarabischen Poesie – sind recht unterschiedlich."
Kein Problem bei einem literarischen Werk oder einem Orakelbuch - die tun nix, die wollen nur spielen. Abenteuerlich wird es dann, wenn diese Literatur eine Anleitung sein will, wie man leben soll - zu Teilen quasi auch ein Gesetzbuch. Da kann dann praktische Jede und Jeder alles reininterpretieren. Was ja auch geschieht. Nicht umsonst gibt es - wie im Christentum auch - so viele Schulen, Richtungen, Abspaltungen. Jeder macht eben sein Ding draus - und beruft sich aber auf das angeblich gleiche Gott gegeben Wort. Das ist genau das Gefährliche daran. Kein Problem, wenn man für sich selbst entscheidet, so zu leben. Problematisch ist es dann, wenn ich Andere da mit rein ziehe - völlig Fremde, Bekannte, meine Nachbarn, meine Familie, meine Kinder oder gleich eine ganze Gesellschaft. Und so lange auch nur ein Mensch bedroht wird von einem Anderen wegen dem, was in dieser Literatur steht, wehre ich mich dagegen.
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)