15-07-2012, 00:44
(14-07-2012, 18:27)Ekkard schrieb: Na ja, blondes Haar oder Schuhgröße 43 zu haben, sind keine Größen an denen ich nennenswert arbeiten müsste. Beim sozialen Verhalten ist das aber unvermeidlich. Wir haben an anderer Stelle über Erziehung diskutiert und bemerkt, dass nicht erzogene Leute das soziale Gefüge ungemein belasten. Eine gewisse "allgemeine Verantwortlichkeit" vor wem auch immer, wird in den Religionen mit "vor Gott", also der höchstmöglichen Instanz überhaupt beschrieben. Dem ersten Satz von Schmalhans stimme ich zu: "Der soziale Austausch greift da, wo einen die Freunde im Krankenhaus besuchen, pflegen, bekochen, die Katze füttern etc.". Dem zweiten Satz: "Und dafür brauche ich nun wirklich keinen Gott.", stimme ich nur bedingt so zu, wie ich viele Gottesbilder der Volksfrömmigkeit verstehe. In der Tat braucht man keinen Popanz der "unter die Bettdecke schaut". Für viele Menschen ist aber ein Mythos leichter zu begreifen, als ein abstraktes "soziales Gefüge".
Es hieß ursprünglich, Gott schaffe Gerechtigkeit. Dies habe ich mit der Definition von Gerechtigkeit, die ein soziales Miteinander ermöglicht, auf den Menschen bezogen - also nicht Gott, sondern der Mensch stellt Gerechtigkeit her. Die individuellen Fähigkeiten und Eigenarten der Mitglieder einer Gemeinschaft spielen für das Zustandekommen natürlich eine Rolle, egal ob sie sich auf physische oder weltanschauliche Qualitäten beziehen. Das war auch gar nicht die Frage, sondern ob (nur) Gott Gerechtigkeit herstellen kann. Wenn es ein Gott oder eine andere Autorität ist, die jemanden dazu bringt, in der Gemeinschaft aktiv zu werden, ist das sicher lobenswert, scheint mir das nicht sehr viel wert zu sein. Dann ist Gottesdienst nämlich nur ein anderer Ausdruck für "Sozialstunden ableisten".
Es gibt weder gut noch böse in der Natur, es gibt keine moralische Entgegensetzung, sondern es gibt eine ethische Differenz. (Gilles Deleuze)