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Inkohärenter Gott? Überhaupt nicht!
(15-02-2019, 16:24)oswaldo_8553 schrieb: Ich weiß nicht genau, was Marcion dachte, da die meisten seiner Schriften von der damals dominierenden Kirche zerstört wurden.

Ich selbst betrachte mich nicht als polytheistisch


Marcion - Wikipedia
"Marcion war der erste Theologe, der systematisch einen Unterschied definierte zwischen einem guten Gott der Liebe des Neuen Testamentes, wie er von Jesus als Vater verkündigt wurde, und einem bösen Gott des Alten Testamentes, der für Schöpfung, Gesetz und Gericht verantwortlich sei. Der strafende Gott des Tanach habe nichts mit dem liebenden Gott der jesuanischen Verkündigung zu tun. ( . . . )
Infolgedessen wies Marcion das gesamte Alte Testament zurück . . . als bösen Gott auffasste . . .
Dabei wurde die Schöpfung nicht in ihrer Schönheit, sondern in ihrer materiellen Grobheit wahrgenommen (inter urinas et faeces nascimur – zwischen Urin und Kot werden wir geboren). Für den geistlich-spirituellen Menschen eine grauenvolle Vorstellung. Folglich war dieser Demiurg auch für das Leid und Unglück in der Welt
zuständig . . . fasste also Marcion das Materielle als schlecht auf und postulierte zwei Götter . . . Nach Marcion hatte der von ihm Demiurg genannte böse Gott und der Gott der Liebe nichts miteinander zu tun"
(Auszug)
Wenn Du den ganzen Text lesen willst, bitte im Wikipedia lesen

Ein interessanter Text im Wikipedia, wird wahrscheinlich überwiegend der Wahrheit entsprechen. Werten wir den Text aus:

Du ortest ja auch einen Unterschied zwischen dem Gott des AT und dem Gott des NT

Siehe im Beitrag # 1

(05-02-2019, 23:10)oswaldo_8553 schrieb: Durch eine vergleichende Bewertung zwischen dem Verhalten desjenigen, der sich als Jahwe (JHVH) identifiziert hat, und dem Verhalten des Vatergottes (ABBA), das die Menschheit durch seinen Sohn Jesus Christus präsentiert wird, können wir schließen, dass es sich um unterschiedliche Wesen handelt.

Weiter zum Wikipedia:
"Der strafende Gott des Tanach habe nichts mit dem liebenden Gott der jesuanischen Verkündigung zu tun" - hier ist aber die folgende jesuanische Verkündigung aber auch sehr strafend:
"Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist!" Matthäus 25,41
Man mag es drehen und wenden wie man will, liebevoll ist diese Verkündigung nicht.

. . . von der Geheimen Offenbarung (Apokalypse) ganz zu schweigen

"zwischen Urin und Kot werden wir geboren" . . . "Für den geistlich-spirituellen Menschen eine grauenvolle Vorstellung. Folglich war dieser Demiurg auch für das Leid und Unglück in der Welt zuständig"

Dies ist unverständlich. Denn auch die unschuldigen Rehe werden zwischen Urin und Kot geboren. Das ist somit nicht unsauber, sondern ein ganz normaler Vorgang der Natur, so wie essen und trinken und urinieren und Kot ausscheiden. Wie Marcion das alles als Leid und Unglück in der Welt empfinden konnte, erschließt sich mir nicht. Menschen sind nun einmal keine Götter im Himmel

Seltsam erscheint jedenfalls, daß Marcion glaubte, die ganze Schöpfung (Menschen und Tiere) funktioniere nach dem Willen des "bösen Gottes" - das würde bedeuten, daß der böse Gott der absolute Herr der Welt ist, und daß der gute Gott seit Jahrtausenden machtlos zusieht. Das ergibt doch alles keinen Sinn

Allerdings ist zum Thema "Polytheismus" zu sagen:
Wenn Marcion zwei Götter ortete (einen bösen und einen guten), war er aus diesem Grund nicht zwingend ein Polytheist
Denn den "bösen Gott" verehrte er ja nicht.
Anmerkung: Katholiken sind ja auch keine Polytheisten, wenn sie sagen, daß es Gott und Teufel gibt

Der Vorwurf des Polytheismus ist schon sehr alt, er stammt aus der Zeit Mose, wenn nicht früher
Der Koran wertet die Christen als Polytheisten (wegen der Dreieinigkeit)
Die Zeugen Jehovas ebenso (wegen der Dreieinigkeit und weil die Katholiken Schutzheilige und Engel anflehen, sich bei Gott als Fürsprecher einzusetzen)

Der Vorwurf des Polytheismus ist eine geschickte Form des Mobbing abrahamitischer Religionen, um religiöse christliche Lehrer unschädlich zu machen, und ist in vielen Fällen (nicht immer!) an den Haaren herbeigezogen

Jedenfalls gab es seit Marcion immer wieder herätische Sekten zum Christentum, die das AT verwarfen
Insofern waren diese Sekten trotz aller Beteuerungen keine wirklichen Christen, denn ohne von dem im AT geschilderten Sündenfall von Adam du Eva ist ja auch kein Erlöser erforderlich
Da gibt es eine lange Liste, die berühmteste Gruppe war dann die der Katharer (griech. "die Reinen"), die dann phonetisch im Deutschen zum Begriff "Ketzer" führten

Man sagt, daß die Schriften des Marcion und der Katharer und diverser ähnlicher Sekten nicht verloren gingen.
Sie wurden zwar im Herrschaftsbereich der Katholischen Kirche vernichtet, aber dieser endete auch irgendwo
Im Osten gab es schon zur Zeit des Imperium Romanum die berühmte Region "Babylon" - wo Cäsar und dann Papst nichts zu sagen hatten
Dort war bis Mohammed ein religiös liberales Gebiet - dort entstand um 400 sogar der Talmud von Babylon
Während das Judentum das "Gesetz" als höchste Norm ansieht, gab es eben diese reinen Neutestamentler die so weit gingen, das "Gesetz" zu verwerfen. Das andere Extrem. Die Katholiken waren in der Mitte

Diese das AT ablehnenden reinen Neutestamentler wurden aus Europa vertrieben, jedoch wie gesagt nicht aus Mesopotamien - und sie begannen, auf der sogenannten Seidenstraße (deren südlicher Strang durch Mesopotamien ging) Richtung Nordosten zu missionieren

Die "Seidenstraße" ging über die Gebiete der Turkmenen und Usbeken Richtung China, die Wüste Gobi umrundend
Dort gab es die Stadt Kutscha (der Engländer schreibt Kuqa) wo diese Sekten - fernab vom Machtbereich der Katholischen Kirche - überlebten

Einige Generationen lang war Kutscha vom Charaker her eine europäische Stadt !
Nicht weit von Ostsibirien entfernt
Jedenfalls fand man in Kutscha massenhaft tocharische Schriften
"In den antiken Bauten aus Kuqa wurden tocharische Dokumente entdeckt." Kuqa - Wikipedia

"Die tocharischen Sprachen sind ein ausgestorbener Sprachzweig der indogermanischen Sprachfamilie"
Tocharische Sprachen - Wikipedia
Schriftzeugnissen sind aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends n. Chr. im Tarimbecken vorhanden
Das war ungefähr die Zeit Karls des Großen und die Jahrhunderte davor und danach. 500 bis 1000 n. Chr.
Interessanterweise war das Tocharische mit Latinisch, Germanisch, Keltisch verwandt (Kentumsprachen) und nicht mit der Satemsprache Iranisch
Doch das ist ein anderes Thema

Interessant ist jedenfalls, daß die aus Europa vertriebenen reinen Neutestamentler im fernen Tarimbecken Zuflucht fanden

Vielleicht solltest Du dort forschen - da könnte es interessantes Material aus der Zeit der Glaubensstreitereien des frühen Christentums geben
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RE: Inkohärenter Gott? Überhaupt nicht! - von Sinai - 15-02-2019, 22:15

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