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Religions Einfluss auf US-Wahlen
#1
Allgemein herrscht der Eindruck, dass in keinem westlichen Land der Einfluss der Religion bei Wahlen so gross wie in den USA ist. 

"Meine Nonne" nannte Trump eine Religiöse, die in einem YT-Video öffentlich einen Rosenkranz für ihn vorbetete. Er selbst ließ sich mit der Bibel im Wahlkampf knipsen. Angeblich unterstützt ihn die Mehrheit der Anglikalen. 

Biden dagegen hat unter den Latinos viele katholische Fans. 

Ist das überhaupt  noch zeitgemäß? 

Wie bei uns in den 50ern, als die C-Parteien von den Kanzel empfohlen wurden?

MfG
#2
(08-11-2020, 17:28)Davut schrieb: Ist das überhaupt  noch zeitgemäß? 
Offensichtlich schon, denn die Kirchen spielen bei Wahlen immer noch eine große Rolle. Aus den USA kommt es vielleicht progressiver rüber. Hierzulande wird die Art der Zusammenarbeit zwischen Politik und Kirche etwas subtiler vermittelt.
#3
(08-11-2020, 17:28)Davut schrieb: Allgemein herrscht der Eindruck, dass in keinem westlichen Land der Einfluss der Religion bei Wahlen so gross wie in den USA ist. 

In den USA glauben ziemlich viele (republikanische) Wähler, dass die Mythen. Legenden und Sagen in der Bibel "wahren" Begebenheiten zugrunde liegen und dass die "Gespräche" zwischen Gott und den biblischen Heldenfiguren im Wortlaut immer genau so gelaufen sind, wie von der Bibel schildert. Leute die glauben, glauben wollen, dass sich zwischen der Stein- und dem Beginn der Völkerwanderungszeit haufenweise göttliche Wunder auf Erden ereignet haben und die man auch damals schon mit der selben objektiven Klarheit von Einbildung und drogeninduzierter Sinnestäuschung zu unterscheiden wusste.. wie das heute so üblich ist.. die glauben natürlich auch gerne an die unglaublichsten Verschwörungstheorien.. Dass Autokraten und Diktatoren die verdümmlichende Wirkung von Religion als Opium  auf ihre gehorsamen Untertanen sehr zu schätzen wissen.. und auch immer schon sehr zu schätzen wussten.. denn schließlich ist ihre Regentschaft ja auch Gottes Wille.. us. usf. Wenn man sich jetzt mal die US-amerikanische Wahl-Landkarte so anschaut und auf  die rot eingefärbten Wahlkreise klickt.. ...
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#4
Beitrag #1
(08-11-2020, 17:28)Davut schrieb: Allgemein herrscht der Eindruck, dass in keinem westlichen Land der Einfluss der Religion bei Wahlen so gross wie in den USA ist. 


Das ist interessant, da die im Jahre 1776 gegründeten USA ein Hort der "Aufklärung" waren
#5
(08-11-2020, 20:44)Sinai schrieb: Beitrag #1
(08-11-2020, 17:28)Davut schrieb: Allgemein herrscht der Eindruck, dass in keinem westlichen Land der Einfluss der Religion bei Wahlen so gross wie in den USA ist. 


Das ist interessant, da die im Jahre 1776 gegründeten USA ein Hort der "Aufklärung" waren

Und was hat das noch mit den Wahlen im 21. Jh. zu tun? Trumps Wähler sind vorwiegend Menschen aus niederen Bildungsschichten, an denen die ganze "Aufklärung" wir abseits vorbeigegangen ist. https://de.wikipedia.org/wiki/Karotten-Prinzip
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#6
(08-11-2020, 21:15)Geobacter schrieb:  Trumps Wähler sind vorwiegend Menschen aus niederen Bildungsschichten..... 

..... die als mit Abstand  groesste religiöse Gruppe (Evangelikalen, zu 80 % Trump-Wähler) z. B. eine Verschärfung des amerikanischen Waffenrechts verhindern wollen. Obwohl erst jüngst ein einzelner Amokschuetze 76 Menschen erschoss.

So sehen manche der jetzigen Trump-Fans mit ihren Maschinengewehren auch aus. 

MfG
#7
@Davut: Ich weiss echt nicht, was Du mit diesen "Anglikalen" hast. Du hast Dich da irgendwie verrannt.


Zur Religiositaet in den USA gibt es einen interessanten Aspekt, da diese mit dem Christentum nicht unbedingt etwas zu tun hat, sondern eine Art Zivilreligion darstellt. Die These ist zwar schon aelter, aber stammt in ihrer jetzigen Form von dem Soziologen Robert Bellah von 1967: American civil religion

Der Gott dieser Religion ist nicht nur ueberkonfessionell, sondern nicht mal an das Christentum gebunden (von Jesus ist keine Rede).
Zivile Aspiekte sind die taeglichen Rituale, wie die "Anbetung" der Fahne an jeder Schule jeden Tag vor dem Unterricht, oder die Verehrung des urspruenglichen Verfassungstextes als heilige Schrift (darf nicht veraendert werden!), der Spruch auf den Geldscheinen, das Sendungsbewusstsein, etc. Bzgl. Details siehe den verlinkten Artikel.
#8
(09-11-2020, 00:44)Ulan schrieb: @Davut: Ich weiss echt nicht, was Du mit diesen "Anglikalen" hast. Du hast Dich da irgendwie verrannt.

Nun gut, "ich hab zwar nichts mit diesen Anglikalen", aber bin praxisorientiert. Lassen wir deshalb Fakten sprechen:

Dass 81 % der anglikanischen Wähler bei der letzten Wahl für das Duo Trump/Pence stimmten, ist Fakt und wird aus mehreren seriösen Quelle (u.a. tagesschau.de) gespeist. -  Die anglikanischen Christen machen  etwa 25 % der US-Wählerschaft aus (Pew Forum on Religon & Public Life). Das allein sind zwei Hausnummern, die  eine Wahl maßgeblich beeinflussen.

Fangen wir mit dem Vizepräsidenten Mike Pence an. Der war ursprünglich katholisch und wollte Priester werden. Dann konvertierte er zu den evangelikalen Christen und charakterisierte sich selbst als: Christ, konservativ und Republikaner " und zwar (expressis verbis) in dieser Reihenfolge" (!!!). Er leugnet den Klimawandel, Abtreibungsregeln,  die Evolutionstheorie, ist gegen Homoehe, für Kreationismuslehre in den Schulen usw. usw. Heftig vertritt er auch die Prädestinationslehre  mit der göttlichen Vorherbestimmung jedes Lebens durch Gott.

Trump trat im Wahlkampf sogar demonstrativ mit der Bibel in der Hand vor Fernehkameras und  der St. John's Church auf. "Gott habe den heidnischen Trump geschickt, um sein Volk zu beschützen", hieß es. Die Bitte um Gottes Segen für Donald Trump fehlte bei keiner Wahlkampfkundgebung evangelikaler Christen in den USA.  Er, selbst ein moralisch  eher fragwürdiger Präsident,   sicherte sich diese  Wähler durch seine Abtreibungspolitik, Waffengesetze, Homophobie, konservative Werte und noch konservativere höchste Richterernennungen. Es war ein Tauschgeschäft:  ihre Stimmen gegen seine konservative, relöigionsfreundliche  obige Politik. Es hätte fast gereicht! Trump geht, die Amerikaner aber bleiben.

Zwar ist Biden auch ein ausgewiesener Katholik.  Die selbsternannten eifrigen Hüter einer öffentlichen Moral sind die evangelikalen weißen Wähler und die sind für Trump/Pence und deren Politik.

MfG
#9
(09-11-2020, 11:56)Davut schrieb: Dass 81 % der anglikanischen Wähler bei der letzten Wahl für das Duo Trump/Pence stimmten, ist Fakt und wird aus mehreren seriösen Quelle (u.a. tagesschau.de) gespeist. -  Die anglikanischen Christen machen  etwa 25 % der US-Wählerschaft aus (Pew Forum on Religon & Public Life). Das allein sind zwei Hausnummern, die  eine Wahl maßgeblich beeinflussen.

Die Anglicans haben etwa 100.000 Mitglieder in den USA. Die sind vollkommen irrelevant. Und die groessere anglikanische Kirche, die anders heisst (Episcopals), ist liberal und waehlt wohl vornehmlich Biden. Du meinst wahrscheinlich Evangelikale.

Edit: Vielleicht merkst Du's Dir so: die Anglikaner sind die ehemalige Church of England, die aus geschichtlichen Gruenden - dem Unabhaengigkeitskrieg - in den USA nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt.
#10
(09-11-2020, 12:22)Ulan schrieb:
(09-11-2020, 11:56)Davut schrieb: Dass 81 % der anglikanischen Wähler bei der letzten Wahl für das Duo Trump/Pence stimmten, ist Fakt...

 Du meinst wahrscheinlich Evangelikale.
 

Du wirst wohl Recht haben, den original (englischen) Artikel habe ich zum Übersetzen  nicht wiedergefunden. Als Nichtkirchenmitglied bin ich aber  bei den feinen Unterschieden auch nicht sattelfest.


In Erinnerung geblieben sind mir aber  außerdem folgende religiös-präsidialen Fakten:

1.) Kennedy ist mit Hilfe der katholischen Wählerstimmen US-Präsident geworden.

2.) Jimmy Carter war so fromm, dass er sein Präsidentenamt aus tiefster religiöser Überzeugung führte (und letztlich auch an dieser Entscheidungsschwäche  scheiterte: Irangeiseln).

3.) George W. Bush ist nur mit Hilfe der evangelikalen (Baptisten)-Stimmen Präsident geworden. Er betrachtete sich "als von Gott für dieses Amt berufen" und begründete damit unter anderem den Kreuzzug gegen Irak. Wie schön: Gott befahl für ihn einen Krieg mit Hunderttausend Toten?

4.) Seinen TV-Auftritt aus Berechnung mit der Bibel in der Hand vor St. John's Church musste sich Trump  sogar mit Tränengas frei schießen lassen. Er war nur aus taktischen Gründen ein "guter" Christ.

Wir in Deutschland können das alles kaum  verstehen. Gandhi aber verstand es: "Wer meint, Religion und Politik passen nicht zueinander, hat beides nicht verstanden", meinte er.

MfG
#11
Es war uebrigens Jimmy Carter, der die christliche Rhetorik als Grundlage der praesidialen Diktion eingefuehrt hatte, nicht etwa ein Republikaner. Das bezieht sich jetzt nicht darauf, dass Gott nicht eventuell auch mal erwaehnt wird, wenn es zum Anlass einer Ansprache passt, sondern als sich durch alles Reden durchziehendes Stilmittel.
#12
(09-11-2020, 21:52)Ulan schrieb: Es war uebrigens Jimmy Carter, der die christliche Rhetorik als Grundlage der praesidialen Diktion eingefuehrt hatte..... 

Ungern erinnert sich die Welt an die noch frühere "christliche Rhetorik" eines Staatenlenkers. Der lernte ausgerechnet in einem Priesterseminar in Tiflis den Marxismus und all seine eigenen  späteren Gemeinheiten kennen: Josef Stalin.

Besser ging es bei einem  anderen katholischen  Priesteraspiranten: Mike Pence in den USA . Der konvertierte zwar, wurde aber beileibe kein Atheist. Bei ihm kam der Christ vor allen anderen Eigenschaften in seinem Amt.
Hat er jedenfalls gesagt. Bis zur Abwahl gehörte er dem christlichsten Kabinett an, das die USA in den letzten Jahrzehnten je hatte. 


MfG
#13
(08-11-2020, 17:41)Praytes schrieb:
(08-11-2020, 17:28)Davut schrieb: Ist das überhaupt  noch zeitgemäß? 
Offensichtlich schon, denn die Kirchen spielen bei Wahlen immer noch eine große Rolle. Aus den USA kommt es vielleicht progressiver rüber. Hierzulande wird die Art der Zusammenarbeit zwischen Politik und Kirche etwas subtiler vermittelt.

Wenn man Deiner Auffassung zur amerikanischen Christenverbundenheit in der Politik  nachgeht,  hast Du beim Trump-Kabinett mehr als Recht. Das strotzte nur so von überzeugten Christen und christlichen Bekenntnissen:
 
Da ist zunächst Trump selbst, der bei seiner Amtseinführung den Sohn des Evangelisten Billy Graham, ein Gebet sprechen ließ. Dann hielt auch der Erzbischof von New York und der Pastor Rodriguez einen religiösen Beitrag. Trump selbst, wer hätte das gedacht, betonte auch selbst ein guter Christ zu sein. Dafür dass ihn  jetzt wohl die dritte Scheidung erwartet und er über eine Affäre mit einem Porno-Sternchen fast gestolpert wäre, recht erstaunlich. Irgendwo habe ich gelesen, dass Kabinettssitzungen schon mal mit einem Gebet eröffnet werden. Das schafft selbst die Pastorentochter im Bundeskabinett nicht.

Noch wesentlich bibelfester ist sein Vize Mike Pence, dessen Relgiosität (als "Christ, Konservativer und Republikaner", in dieser Reihenfolge !) schon besprochen wurde.

Sein erster Außenminister Rex Tillerson ist bekennendes Mitglied einer christlichen Kirchenorganisation.

Rick Perry, erster Energieminister, stammt aus einer methodistischen Kirche,  in der er 2011 einen Großgottesdienst mit 30.000 Besuchern veranstaltete. Der ehemalige texanische Gouverneur ließ sich sogar öffentlich in einem Fluß taufen - wie weiland Jesus im Jordan.

Ben Carson Trumps Minister für Wohnungs- und Städtebau ist Neurochirurg, hat u.a. zwei deutsche Zwillinge am Kopf getrennt und gilt in den US-Medien als Christ, der pointiert für seine Überzeugung eintritt.

Jeff Sessions, Trumps gewesener Justizminister,  unterrichtete sogar Religion in einer Sonntagsschule und war Delegierter seiner Kirche bei einer Methodistenkonferenz.

"Reince" Pribus, Trumps Stabschef, gründete mit seiner Frau sogar eine Bibellesegruppe "als hingebungsvoller, ernsthafter Gläubiger", wie er von der Presse beschrieben wird.

Und dann kennen wir vom TV-Schirm noch die UN-Botschafterin am Kabinettstisch, Nikki Haley. Sie, eine ursprüngliche Sikh, betont heute ihren Glauben an Jesus Christus und ist Mitglied der Methodist Chrurch.

Ein orthodoxer gläubiger Jude sitzt auch auf einem Schlüsselposten. Er ist US-Botschafter in Jerusalem - und dort gegen die sogenannte Zweistaatenlösung.

Die Fakten sind alle nachzuesen in dem christlichen Medienmagazin "pro".  Ich habe sie erst jetzt nach der Threaderöffnung entdeckt. 

Eine solche christliche Überbetonung könnte man sich in Deutschland seit Adenauers Zeiten vor 70 Jahren imn Bundeskabinett  nicht mehr vorstellen. Heute achtet man bei Vereidigungen im Bundestag allenfalls darauf, ob jemand die religiöse Fassung der Eidesformel spricht.

Und was hat es gebracht?     Ist - außer bei der Abtreibungspolitik oder der Homophobie - überhaupt eine christliche Hand in der US-Politik spürbar? Außer dass Trump seine erste Wahl nur mit den Stimmen der Religösen gewinnen konnte?


MfG


MfG
#14
(11-11-2020, 18:17)Davut schrieb: Die Fakten sind alle nachzuesen in dem christlichen Medienmagazin "pro".  Ich habe sie erst jetzt nach der Threaderöffnung entdeckt. 
Das ist alles nichts Neues, Davut. Vor den Persönlichkeiten, die du nennst, hat es ähnliche Fälle gegeben und in Zukunft wird es weitere Personen geben, die sich mit einem pseudo-christlichen Schiller schmücken, profilieren und selbst bespiegeln möchten, wenn es um Anerkennung auf politischer Ebene geht. Solange diese Form von Religiösität auf der politischen Ebene Wirkung zeigt.

(11-11-2020, 18:17)Davut schrieb: Eine solche christliche Überbetonung könnte man sich in Deutschland seit Adenauers Zeiten vor 70 Jahren imn Bundeskabinett  nicht mehr vorstellen. Heute achtet man bei Vereidigungen im Bundestag allenfalls darauf, ob jemand die religiöse Fassung der Eidesformel spricht.

Und was hat es gebracht?     Ist - außer bei der Abtreibungspolitik oder der Homophobie - überhaupt eine christliche Hand in der US-Politik spürbar? Außer dass Trump seine erste Wahl nur mit den Stimmen der Religösen gewinnen konnte?
Natürlich hat es nichts gebracht. Jesus sagte nicht umsonst, sein Reich sei kein Teil dieser Welt. Alle Versuche, der Politik einen "christlichen Anstrich" zu verpassen, scheitern kläglich an der DNA des Christentums selbst. Daran hat sich seit 2000 Jahren nichts geändert. Die Vermischung von Religion und Politik ist nichts anderes als ein (noch) massentaugliches Blendmittel, um Diktaturen und Autokratien hinter der Fassade der "Demokratie" installieren und etablieren zu können.
#15
(14-11-2020, 11:49)Praytes schrieb: Das ist alles nichts Neues, Davut. Vor den Persönlichkeiten, die du nennst, hat es ähnliche Fälle gegeben und in Zukunft wird es weitere Personen geben, die sich mit einem pseudo-christlichen Schiller schmücken, profilieren und selbst bespiegeln möchten, wenn es um Anerkennung auf politischer Ebene geht.  

Respekt! Ich habe bis zu dem Pro-Artikel nicht gewußt, welche christlichen Schwergewichter da alle  im Kabinett Trump versammelt waren. Aber die USA sind weit weg.

Im aufgeklärten Europa wäre das nicht mehr denkbar, nicht mal in traditionell "christlichen Ländern" wie Italien, das schon seit Jahren eine Regierung nach der anderen verschleißt und auch vor kommunistischen Ministern nicht zurückschreckt.


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