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Martin Luther ?
#1
Ich stimme dem unumwunden zu: Luther ist Opfer des Absolutheitsanspruches seiner Religion geworden, wie es heute vielen (allen?) Fundamentalisten mit dem Absolutheitsanspruch ihrer Religion ergeht.
Ich erinnere mich an eine Diskussion hier im Forum, wo es um den Glauben an das Absolute ging.

Unsere Welt ist dermaßen durch Relationen (Beziehungen zwischen Dingen und Personen) geprägt, dass es schon an einen Realitätsverlust grenzt, irgendetwas - und schon gar beim Glauben - als absolut geltend zu postulieren. Genau das aber geschieht jeden Tag aufs Neue - bedauerlich!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#2
Ekkard schrieb:Ich stimme dem unumwunden zu: Luther ist Opfer des Absolutheitsanspruches seiner Religion geworden, wie es heute vielen (allen?) Fundamentalisten mit dem Absolutheitsanspruch ihrer Religion ergeht.

Der Absolutheitsanspruch mag, vor allem in der damaligen Zeit, seine Wirkung gehabt haben, aber Luther war niemals Oper, sondern wortführender Täter. Der Mann war kein Depp, sondern gebildet, belesen, intelligent und wortgewand. Er war Kopf und nicht Mitläufer. Er starb mit dem Hass gegen unser Volk auf den Lippen. Das war seine Wahl.
#3
Hallo Nadia,
entschuldigen - manchmal Deutsch schwer ...
(17-08-2008, 23:06)nadia schrieb: ... Luther war niemals Opfer, sondern wortführender Täter.
Diese Aussage empfinde ich durchaus als korrekt.

Das Wort "Opfer" in meinem Statement war ein gängiger Euphemismus (die bewusst schönfärberische Umschreibung eines unbequemen Sachverhalts). Ich habe damit die schlimme Folge einer bis heute gängigen Geisteshaltung mit mörderischer Wirkungsgeschichte beschrieben.
Tut mir leid, dass dies den "normalen" Opferbegriff in Misskredit bringt. Das war nicht meine Absicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#4
Ekkard schrieb:entschuldigen - manchmal Deutsch schwer ...

Stimmt! Womit wir gleich mitten drin hängen...

Ekkard schrieb:Das Wort "Opfer" in meinem Statement war ein gängiger Euphemismus (die bewusst schönfärberische Umschreibung eines unbequemen Sachverhalts).

Verzeih, da stoße ich als Außenstehende, ganz besonders in dem Fall, an die Grenzen meiner vielleicht zu bescheidenen Möglichkeiten.

Vor einigen Jahren hat es mal eine Serie im deutschen TV gegeben, die ich selbst allerdings nur teilweise über Satellit hier habe sehen können.

http://unserebesten.zdf.de/ZDFde/inhalt/....html?dr=1

Da lesen wir in den zitierten Zwischenrufen:
Zitat:Luther hat wohl zu seiner Zeit die Dinge einfach beim Namen genannt.

Hat er das ? :icon_sad:

Zitat:»Über andere habt ihr auch noch die Juden im Lande, die da großen Schaden tun. Nun wollen wir christlich mit ihnen handeln und bieten ihnen erstlich den Christlichen Glauben an, dass sie den Messias wollen annehmen, der doch ihr Vetter ist und von ihrem Fleisch und Blut geboren und rechter Abrahams Same, dessen sie sich rühmen. (..) Wo nicht, so wollen wir sie nicht leiden, (..) sondern sie weg treiben. Wo sie sich aber bekehren, ihren Wucher lassen und Christum annehmen, so wollen wir sie gerne als unsere Brüder halten. Anders wird nichts draus, sie machen´s zu groß, sie sind unsere öffentlichen Feinde, hören nicht auf, unseren Herrn Christum zu lästern, heißen die Jungfrau Maria eine Hure, Christum ein Hurenkind. Uns heißen sie Wechselbälge oder Mahlkälber, und wenn sie uns könnten alle töten, so täten sie es gerne. Und tun´s auch oft, sonderlich, die sich als Ärzte ausgeben, ob sie gleich zu Zeiten helfen.«

Aus Luthers letzter Predigt: »Eine Vermahnung wider die Juden«, 1546

Zitat:»Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen«

Adolf Hitler, 1923

... aber wie ist das mit der Lutheranerin Margot Käsmann? Sie ist promovierte Theologin und einer der führenden Köpfe der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie weiß also genau was Sache ist, es ist ihr Beruf das zu wissen. Die kriegt sich vor Begeisterung über Martin Luther kaum noch ein.

Wes Geistes Kinder dem massiv Vorschub leisten:

Pressestelle der EKD schrieb:Evangelische Kirche sieht Martin Luther auf Platz 1
Bischöfin Käßmann als Patin bei "Unsere Besten" im ZDF


20. November 2003

Von den meisten Deutschen wird der antisemitische Hassprediger Martin Luther positiv wahrgenommen.

Ich finde das alles widerlich und abstoßend !
#5
(18-08-2008, 10:15)nadia schrieb: ... aber wie ist das mit der Lutheranerin Margot Käsmann? Sie ist promovierte Theologin und einer der führenden Köpfe der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie weiß also genau was Sache ist, es ist ihr Beruf das zu wissen. Die kriegt sich vor Begeisterung über Martin Luther kaum noch ein...Von den meisten Deutschen wird der antisemitische Hassprediger Martin Luther positiv wahrgenommen. Ich finde das alles widerlich und abstoßend!
Bleiben wir doch im Zusammenhang dieser Bewertung,
dann hat Margot Käsmann völlig Recht.
Kein Deutscher (außer vielleicht Karl Marx) hat so intensiv in dieser Welt gewirkt, wenn man die Ausbreitung des Protestantismus in der Welt als Wirkung der Person betrachtet, und darum ging es in der Umfrage "Wer sind die wichtigsten Deutschen?".
Ich bin sicher, dass niemand an die Hass-Tiraden Luthers gegenüber Juden gedacht und damit diese irgendwie gerechtfertigt hat. "Wichtig" ist ja nicht gleich "richtig"!
Man wird wohl kaum einen berühmten Menschen finden, der nicht irgendwo Leichen im Keller hat. Da kann man die ganze Geschichte durchgehen. Mir fällt niemand ein im Zusammenhang dieser Umfrage, und nur um die ging es.

Auch in der Bibel, auch in der Tora,
finden wir Textstellen zum Völkermord an den Ureinwohnern bei der "Landnahme" Israels, die ekelhaft und abstoßend sind. Dort werden die Ergebnisse von Mord und Raub als Gottesgeschenke verkauft und übelste Unmenschlichkeiten als von Gott befohlen dargestellt (z.B. 5.Mose 20,10-18). Deshalb verlieren die Tora und die Bibel aber nicht ihre Gültigkeit oder Wichtigkeit. Wer diese Schriften also deshalb nicht zu den wichtigsten der Welt zählen würde, ginge an der Realität vorbei!

Natürlich hätten die, die Luther auf Platz eins setzten, auf seine Negativ-Seite zur Relativierung hinweisen müssen, aber das geht nun einmal bei Umfragen nicht.

Dass Luthers Leistungen, die Kässmann meint, wichtig und für die Entwicklung der Kirche in Deutschland oder die deutsche Sprache richtungweisend waren, lässt sich nicht leugen.

Dass Luther irgendwo auch "Opfer" war,
wie Ekkard sagt,
ist auch nachvollziehbar. Luther hat den christlichen Antijudaismus nicht erfunden. Er befindet sich bereits in den Evangelien und den Schriften anderer Kirchenväter, die anerkannt waren. Luther ist insofern Opfer des Zeitgeistes, der christlichen Tradition und seiner Theologie des "sola scriptura", der Wörtlichnahme der Bibel, in der auch schon Antisemitismus übelster Sprachprägung vorkommt (z.B. Juden haben den Teufel zum Vater).

Wenn ich überlege, wie wichtig jemand ist,
dann denke ich i.d.R. nicht an das, was er mit anderen gemeinsam hat, sondern das, was er initiiert und originär in Gang gesetzt hat. Und da sind seine Kirchenkritik und sein Einsatz für die Bibel als letzte Instanz wichtige Errungenschaften im Kontext der damaligen Verhältnisse.

Zu seinen Irrtümern gehört ja nicht nur der Antisemitismus,
sondern auch z.B. seine Empfehlungen, Behinderte zu ertränken (als vom Teufel Besessene) oder die von seinem eigenen Vorgehen animierten aufständischen Bauern am Ende mit Gewalt und Mordeifer zu "bestrafen".
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)
#6
Ich sehe Luther eher in der Rolle des Beelzebub der den Teufel austreiben will.

In Luthers Schrift "Heerpredigt gegen die Türken" ist zu lesen:

"Ich glaube, dass der Papst ein vermummter und leibhaftiger Teufel ist, weil er der Endchrist ist."

Aus Luthers Schrift "Wider das Papsttum vom Teufel gestiftet":

"... Sie schmücken sich mit dem Namen Christi, des hl. Petrus und der Kirche, obwohl sie doch voll sind
von den ärgsten Teufeln in der Hölle, voll, voll, und so voll, dass sie nichts denn eitel Teufel ausspeien,
auswerfen und schneuzen können.
... Nun sehen wir, dass er (der Papst) mit seinen römischen Kardinälen nichts anderes ist,
denn ein verzweifelter Spitzbube, Gottes und Menschen Feind,
der Christenheit Verstörer und des Satans leibhaftige Wohnung ..."

Luther fordert 1543 in der Schrift „Von den Juden und ihren Lügen" von der Obrigkeit:

+Vernichtung aller Synagogen („mit Feuer, Schwefel und Pech")
+Zerstörung aller Privathäuser der Juden
+Entwendung aller liturgischen Bücher und der Bibel
+Untersagung des Besuchs öffentlicher Gottesdienste und jeder Lehrveranstaltung der Rabbiner (ansonsten Todesstrafe)
+Verbot, Gottes Namen auszusprechen
+Juden nicht mehr als Händler wirken lassen; Verbot, sich frei auf der Straße zu bewegen
+Verbot des Wuchers; Geld und Wertsachen wegnehmen
+Zwangsarbeit für alle jungen Juden beiderlei Geschlechts

Sein Fass Tinte hat dem Teufel nicht geschadet...

Leider wissen die allerwenigsten Protestanten WER das war dem sie glauben.



Nach meinem persönlichen Glauben ist beides falsch, Katholizismus wie Protestantentum,
solange sie ja unter sich bleiben würden wäre das ja soweit ok.
Wenn die Katakomben im Vatikan geöffnet und durchsucht werden kommt die Wahrheit an den Tag.
Das wird aber noch eine Zeit lang dauern.

Gruß,
Wojciech
#7
>Leider wissen die allerwenigsten Protestanten WER das war dem sie glauben.

Ich muss gestehen, ich als ehemaliger Katholik wusste das auch nicht, und lese Eure Beiträge hier mit blankem Entsetzen!

Lieben Gruss

Petrus
#8
Bei Käsmann ist das Motiv klar, sie wird gut dafür bezahlt: »Wes’ Brot Du isst, des’ Lied Du singst«. Skrupel scheint sie keine zu kennen, denn ganz offensichtlich hat sie kein Problem mit dem antisemitischen Hassprediger Martin Luther, sonst hätte sie wohl kaum so engagiert und begeistert in der breiten Öffentlichkeit für ihn geworben. Auch Julius Streicher ( Herausgeber von »Der Stürmer« ) berief sich auf Martin Luther ( »Von den Juden und ihren Lügen« ) und wer an Seelenwanderung glaubt, könnte glatt annehmen, Joseph Goebbels sei die Reinkarnation von Luther gewesen. Gewiss kann niemand Luther dafür verantwortlich machen, dass welche nach ihm sich auf ihn berufen. Für das was er selbst gesagt und geschrieben hat, war und bleibt er jedoch der einzig Verantwortliche. Wer Luther anpreist und seine »Leistungen« beton, schließt all das mit ein, bis hin zu seinen letzten Worten in der Öffentlichkeit: »Eine Vermahnung wider die Juden«, eine seiner zahllosen Hasspredigt gegen unser Volk. Das ist niemals und durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.
#9
nadia schrieb:Bei Käsmann ist das Motiv klar, sie wird gut dafür bezahlt: »Wes’ Brot Du isst, des’ Lied Du singst«. Skrupel scheint sie keine zu kennen, denn ganz offensichtlich hat sie kein Problem mit dem antisemitischen Hassprediger Martin Luthers

Ich kenne Frau Käsmann nicht, aber für ein so pauschales Urteil wäre m.E. doch um Einiges
mehr nötig als ein allgemein gehaltenes Lob des Begründers ihrer eigenen Glaubensrichtung.
Die öffentliche Unterstellung von 'Skrupellosigkeit' und dass jemand seine Meinung um
Geld verkauft hätte, mutet recht eigenartig an bei jemandem, der sich selbst andauernd über
"zahlreiche Beleidigungen und üble Nachreden" beklagt... :icon_rolleyes:

Luther - der nicht nur eine Schattenseite hatte - ausschließlich unter dem Aspekt seines
fraglosen Antisemitismus zu sehen greift eindeutig zu kurz - wenn man alle historischen
'Größen' nur danach beurteilen wollte, ob sie irgendeine bestimmte Gruppe gehasst und
bekämpft haben, blieben vermutlich nicht Allzuviele übrig... Gerade lese ich im 'Reimmichl-
Kalender' 2009 eine antisemitische Brandrede, die der 'Reimmichl' selbst 1925 in diesen
Kalender gesetzt hat, und die Bemerkung dazu
Zitat:Ideologisch verblendet
Mit dieser Meinung stand Rieger [=Reimmichl] in kirchlichen Kreisen nicht allein da...
Der Antisemitismus hat mit Luther weder begonnen noch aufgehört, und dass er in seiner
Zeit möglicherweise darin federführend war, schließt noch lange nicht aus, dass er auf
anderen Gebieten Großes geleistet hätte. Einstein war dem Vernehmen nach ein übler
Macho - deswegen ist die Relativitätstheorie auch nicht falsch... Eusa_whistle
() qilin
#10
(18-08-2008, 13:12)wojciech schrieb: Leider wissen die allerwenigsten Protestanten WER das war dem sie glauben.
Ich finde es schon erstaunlich, dass ausgerechnet ein Muslim uns Protestanten einen solchen Vorwurf macht.
Die Verdrängung kriegerischer Auseinandersetzungen zur Zeit des Propheten Mohammed zeugt auch nicht davon, dass Muslime "wissen, wem sie glauben". Der Gerechtigkeit halber:
Der Glaube orientiert sich in Friedenszeiten und in der Bevölkerung nicht an der (kriegerischen) Geschichte, sondern an dem, was später daraus gemacht wurde und wie heute gedacht wird.
Leider wird im Krieg oder in vergleichbaren Situationen dennoch gerne zitiert, was eine Autorität Böses gesagt hat.

Und wer heute "Juden ins Meer treiben" will (Hamas), der ist schlimmer (weil heute) als der Hassprediger Luther (vor 500 Jahren).

Also ist das Ganze ein Problem von Autoritäten, Propheten und Wanderpredigern:

Die Geschichte ist allenthalben eine "Gemengelage" von guten und bösen Entwicklungen. Die heutigen Menschen sind unmittelbar für ihre Denkweise verantwortlich - und dabei ist es wichtig, dass man Autoritäten so sieht, wie sie waren: Menschen mit Schwächen und Fehlern in einem historischen Kontext, den man nun nicht mehr ändern kann sondern nur noch selektieren.
wojciech schrieb:Nach meinem persönlichen Glauben ...
Der hat auch seine Leichen im Keller!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#11
(18-08-2008, 16:50)nadia schrieb: Bei Käsmann ist das Motiv klar, sie wird gut dafür bezahlt: »Wes’ Brot Du isst, des’ Lied Du singst«. Skrupel scheint sie keine zu kennen, denn ganz offensichtlich hat sie kein Problem mit dem antisemitischen Hassprediger Martin Luthers, sonst hätte sie wohl kaum so engagiert und begeistert in der breiten Öffentlichkeit für ihn geworben. Auch Julius Streicher ( Herausgeber von »Der Stürmer« ) berief sich auf Martin Luther ( »Von den Juden und ihren Lügen« ) und wer an Seelenwanderung glaubt, könnte glatt annehmen, Joseph Goebbels sei die Reinkarnation von Luther gewesen. Gewiss kann niemand Luther dafür verantwortlich machen, dass welche nach ihm sich auf ihn berufen. Für das was er selbst gesagt und geschrieben hat, war und bleibt er jedoch der einzig Verantwortliche. Wer Luther anpreist und seine »Leistungen« beton, schließt all das mit ein, bis hin zu seinen letzte Worte in der Öffentlichkeit: »Eine Vermahnung wider die Juden«, eine seiner zahllosen Hasspredigt gegen unser Volk. Das ist niemals und durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.
UNFUG wird durch undifferenziertes Wiederholen nicht richtiger! Luther mit Göbbels gleichzusetzen scheint mir auch nicht viel weiser als das dummerhafte oder eben doch propadandistisch wider besseres Wissen vorsätzliche Gleichsetzen von Nazigräueln mit israelischen Übergriffen gegen Palästinenser u.ä. in den Besatzungsgebieten.

Luthers unbestreitbare theologische und sprachschöpfende Einzel- und Teamleistungen liegen nahezu allesamt im ersten Teil seines Lebens bis etwa zum Augsburger Reichstag. In dem Lebensabschnitt war er auch mehr oder minder antijudaistisch unauffällig bis judenfreundlich.

Seine Ausfälle, Hasstiraden und Hetzereien gegen Minderheiten, insbesondere auch Juden im Altersteil seines Lebens sind und werden von KEINEM ernstzunehmenden zeitgenössischen Theologen beschönigt, negiert oder gerechtfertigt.

Die Frage bleibt nur, ob sie die prägende theologische Bedeutung des jungen Luthers ganz aufheben - ich denke NICHT! Mangels Täterwillen und Einsicht in das Unrecht würde ich Luther auch nicht als antijudaistischen Haupttäter und pauschal NICHT-Opfer einschätzen. Zumindest ist die Bewertung seines partiellen Opfer-Seins als "Euphemistmus" mindestens ebenso falsch - oder bereitfälligstem gefälligen Einknicken vor sachunkundigen schmierig philosemitischischen Lutherkritikern zuzuordnen. - Für mich eine besonders penetrante Variante modernen Antisemismusses ... Analog der Möllemann-Weinerlichkeit: "Man darf ja nicht sagen ...". Man darf und soll die ungeschminkte wohlabgewogene Wahrheit sagen, selbst wenn sie schmerzt ... Juden gegenüber gewiss nicht weniger ... Zuhörenlernen ja sicher! Aber das ist kein Selbstzweck und keine Einbahnstraße.

Ich frage mich, was uns Abarbeiten am Judenhass des ollen Luthers nach 500 Jahren weiterbringt. Christen glauben an Gott, wenn sie denn glauben und NICHT an Luther! Heute spielt die Musik, heute haben wir uns zu bewähren auch gegen jede Art von Minderheiten-Diskriminierung aus welchen Motiven auch immer - und gegen jede Art von von Sachkunde nahezu gänzlich verschont gebliebenen Aufwiegelungsreden, selbst wenn die Autorinnen sich jüdisch nennen sollten.

Fritz
Liebet eure Feinde, vielleicht schadet das ihrem Ruf! (Jerci Stanislaw Lec)

Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!
#12
wojciech schrieb:In Luthers Schrift "Heerpredigt gegen die Türken" ist zu lesen:
"Ich glaube, dass der Papst ein vermummter und leibhaftiger Teufel ist, weil er der Endchrist ist."
Aus Luthers Schrift "Wider das Papsttum vom Teufel gestiftet":
"... Sie schmücken sich mit dem Namen Christi, des hl. Petrus und der Kirche, obwohl sie doch voll sind
von den ärgsten Teufeln in der Hölle, voll, voll, und so voll, dass sie nichts denn eitel Teufel ausspeien,
auswerfen und schneuzen können.
... Nun sehen wir, dass er (der Papst) mit seinen römischen Kardinälen nichts anderes ist,
denn ein verzweifelter Spitzbube, Gottes und Menschen Feind,
der Christenheit Verstörer und des Satans leibhaftige Wohnung ..."

Bei solchen Schriften sollte man die damaligen Verhältnisse kennen.
Diese Zeit wird in der Literaturgeschichte "Zeit des Grobianismus" genannt. Es wimmelte von Texten in der zitierten diffamierenden Art von allen Seiten.
Luthers Gegner, der Ingolstädter Theologe Dr. Eck, schrieb zum Beispiel eine Schmährschrift "An das Luder in Wittenberg" und Luther antwortete mit "An den DR.ECK in Ingolstadt". Damals waren die Schreiber nicht pingelig mit groben Ausdrücken, Bildern und Vergleichen (Siehe auch das Buch "Gargantua und Pantagruel"). Streitschriften sind kein alleiniger Maßstab für die Werke eines produktiven Schreibers.

Wer nämlich Luthers Predigten und Aufsätze zur Bibel-Exegese liest,
findet ein anderes Niveau und sehr viel seelsorgerliche Kompetenz.
Zu Luthers Irrtümern habe ich ja oben schon einiges geschrieben. Die haben mit Sicherheit negativ gewirkt und dürfen nicht ignoriert werden.
Nur die "Wichtigkeit", um die es in der Umfrage geht, wird dadurch nicht aufgehoben.
Luther war nun einmal für die deutsche Kultur und den Protestantismus in aller Welt in Sprache, Redewendungen, Bildern, Denken und Theologie ein wichtiger Mann, der bis in unsere Gegenwart hinein gewirkt hat. Martin Luther King wurde nicht "aus Versehen" so getauft und viele andere auch.

wojciech schrieb:Nach meinem persönlichen Glauben ist beides falsch, Katholizismus wie Protestantentum,
solange sie ja unter sich bleiben würden wäre das ja soweit ok.
Wenn die Katakomben im Vatikan geöffnet und durchsucht werden kommt die Wahrheit an den Tag. Das wird aber noch eine Zeit lang dauern.

Kein Wunder,
wenn einem Andersgläubigen eine andere Konfession falsch erscheint, das geht Christen mit dem Islam nicht anders.
Vielleicht solltest du auch einmal kritisch auf die Textlage im Islam hinweisen, wo nahezu gar nichts von Mohammed nachweisbar autorisiert ist und wo der Kalif, der die Koransuren sammelte und als Buch herausgab, über seiner ersten Ausgabe von Glaubensgenossen ermordet wurde.
Was meinst du, was für eine Wahrheit an den Tag kommt, wenn einmal islamische Theologie textkritisch im Sinne von Nasr Hamid Abu Zaid vorgenommen wird.
Außerdem sprechen die ständigen Ermordungen von Kalifen und deren Anwärtern nach Mohammeds Tod nicht gerade für einen liebevollen Umgang miteinander, der sich gewaltig von Luthers "Hasstiraden" unterscheidet.
Am besten kehrt jeder erst einmal vor seiner eigenen Tür!
"Tradition ist die Weitergabe des Feuers, nicht die Anbetung der Asche!" (Gustav Mahler nach Thomas Morus)
#13
Fritz,
wieso sprichst du bestimmten Menschen in beleidigender Weise die Sachkunde ab? Man kann doch das Entsetzen jüdischer Menschen vor den Hasstiraten des späten Luther nicht einfach aberkennen. Dass wir mit unseren Autoritäten (von Personen bis Heiligen Texten) vorsichtiger und differenzierter umgehen müssen, bestätigst du ja selbst.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#14
Hallo qilin!

qilin schrieb:Die öffentliche Unterstellung von 'Skrupellosigkeit' und dass jemand seine Meinung um Geld verkauft hätte,

Von Meinung habe ich kein Wort gesagt, folglich auch nicht von ihrem Verkauf. Vielmehr habe ich gemeint: »sie wird gut dafür bezahlt« Wie hoch ihre Bezüge bei ihrem Arbeitgeber, der "EKD" sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Diese "EKD" ist der Religionsgemeinschaft deren Begründer genau jener Martin Luther ist, der uns hier beschäftigt. Und wo ich Skrupel vermisse, hatte ich beschrieben.

qilin schrieb:Luther - der nicht nur eine Schattenseite hatte - ausschließlich unter dem Aspekt seines fraglosen Antisemitismus zu sehen greift eindeutig zu kurz

Stimmt, nicht nur eine. Neben dem Antisemitismus sind da noch andere Aspekte: Gehorsam gegenüber der Obrigkeit - Sexismus - G'ttes bzw. Luther's Segen für Krieg - Menschen mit "Behinderung" - Gegen Bauern - für die Obrigkeit! - Der Pöbel braucht eine harte Obrigkeit! ...

qilin schrieb:Der Antisemitismus hat mit Luther weder begonnen noch aufgehört

Mit Adolf Hitler auch nicht.

Über Luthers Thesen habe ich nie ein Wort verloren. Sie sind für mich, allgemein wie auch im Rahmen meiner Religion, bedeutungslos. Ob sie richtig oder falsch sind, kann mir egal sein.
#15
Warum streiten wir uns heute noch über Schriften, die längst überholt sind,warum unterzieht man gewisse "mißlungene" Schriften Luthers nicht einfach einer gewissen Kritik und entfernt sie (laienhaft ausgedrückt) aus der Lehre? Woher nimmt die evangelische Kirche das Recht, Andersgläubige zu verletzen?

- Nur weil ein kleiner, aufmüpfiger Geistlicher meinte, seine Weltanschauung publik machen zu müssen, und es ja auch geschafft hat...

- Sicher hat er in vielen Dingen (vielleicht ?!) Recht gehabt, aber er hat auch eine ganze Menge Müll geschrieben, der nur aus Ehrfurcht vor seinem Namen der Nachwelt erhalten und als Wahrheit verkauft wird.


Eine gewisse Selektion der "heiligen" Schriften und ein wenig Selbstkritik würde der Kirche sicher nicht schaden. Vielleicht kämen dann auch mehr junge Leute zum Glauben, die die Kirche für ein verlogenes, veraltetes Gebilde halten.

Gruß - Gudrun
Jedes Mal, wenn ein Traum in Erfüllung geht, geht er verloren.


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