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Mißbrauch im Islam
Ich frage mich immer wieder,warum sind Muslime kaum in der Lage, persönlich Stellung zu gesellschaftlichen Fragen zu beziehen. Immer wieder Rückbeziehung auf "Antworten" ihres Buchglaubens. - Verbietet der Koran eigenes Denken?

Gruß
Was hat dies mit "eigenem Denken" zu tun? Hier berühren sich zwei völlig verschiedene Welten. Hier, die liberale Einstellung, welche das Individuum und seine Wohlfahrt in den Vordergrund stellt, dort die enge Bindung an das religiöse Kollektiv.

Einem Muslim muss die direkte Konfrontation mit gesellschaftspolitischen Fragen größtes Kopfzerbrechen, ja Sorge und Angst bereiten, weil eigentlich zuerst das Kollektiv eine Stellungnahme abgeben müsste. Das aber geht in einem so schnellen Medium nicht. Also wird's schwierig.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ich glaube nicht, daß es etwas mit liberaler Einstellung zu tun hat. Du schreibst es richtig passend, solange kein Statement vom Kollektiv kommt, wird eben die Klappe gehalten. Eine individuelle Einstellung als solche ist nicht gefragt. Das Individuum hat einer Meinung des Kollektiven Vorrang zu geben. Und da sitzt der Knackpunkt. In unserer Gesellschaft ist diese Hierarchie genau umgekehrt.

Gruß
(12-09-2009, 21:02)alwin schrieb: Verbietet der Koran eigenes Denken?

Der Koran verbietet eigenes Denken zwar nicht direkt, aber wenn man das Gottes- und Menschenbild des Korans analysiert, wie das beispielsweise der japanische Islamwissenschaftler Toshikio Izutsu in seinen zwei Büchern "Ethico-Religious Concepts in the Quran" und "God and Man in the Koran" getan hat, kommt man zu dem Ergebnis, dass nach dem koranischen Menschenbild der Mensch eigenständig kein Wissen ('ilm) erwerben kann. Alles Wissen ist nur durch Offenbarung (wahy) von Allah herabgesandt.

Deshalb ist auch unter vielen Muslimen der Glaube verbeitet alles Wissen sei im Koran enthalten.

Der Mensch kann also nichts selbständig erkennen, er kann sich lediglich Allah unterwerfen, indem er das tut, was Allah an Wissen und Geboten herabgesandt hat.

Wissenschaftler ('ulama') sind im Islam, diejenigen, die die Botschaft Gottes systematisieren und dem einfachen Gläubigen erklären. Ein Muslim ist einer der sich den Regeln Allah unterwirft, Moslem heißt wörtlich "Unterworfener". Er muss nicht unbedingt eine Gläubiger (mu'min), es reicht zu gehorchen.

Tilman Nagel, einer angesehensten deutschen Islamwissenschaftler nennt dies die "Entmächtigung des Verstandes" im Islam.

Diese Entmächtigung des Verstandes hat auch zur Folge,das man natürlich auch nicht mit dem Verstand die Wahrheit oder Richtigkeiit der koranischen Botschaft einer Prüfung unterwerfen kann.
Ist bei diesem Wissen nur eine religiöse Erkenntnis gemeint oder auch nicht religiöses Wissen? Letzteres würde allerdings das statische "Denken" erklären.

Gruß
Fassen wir uns an die christliche Nase von vor der Aufklärung (noch keine 300 Jahre her!). Die Kirche, sprich die allerchristlichste Obrigkeit dachte (, regierte) und der Rest hatte zu gehorchen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Das Hörigkeitsdenken ist auch heute noch vertreten. In tief religiösen Gemeinden glaubt man sich ja heute noch sich in einem anderen Jahrhundert wiederzufinden.

Wenn ich evangelikale Infostände Sa in unserer Fußgängerzone beobachte, - sie stehen in ihrem dogmatischen Denken und der Ansicht, nur ihr Glaube sei rechtschaffen, den muslimischen Infoständen in nichts nach. Auch hier wird man bei "kritischen" Fragen stehen gelassen - als unbelehrbar "degradiert"....

Gruß
(13-09-2009, 21:21)alwin schrieb: Ist bei diesem Wissen nur eine religiöse Erkenntnis gemeint oder auch nicht religiöses Wissen? Letzteres würde allerdings das statische "Denken" erklären.

In erster Linie kann nach dem koranischen Menschenbild der Mensch durch selbständiges Nachdenken nicht erkennen, was er tun soll und was nicht.

Was anderes Wissen angeht, ist es etwas komplizierter: nach koranischer Vorstellung ist die Welt nicht wie ein Uhrwerk, das ein Schöpfer einst geschaffen hat und das dann von alleine (nach Naturgesetzen) selbständig weiterlaufen kann.

Im biblischen Gottesbild hat Gott am siebten Tag geruht, das kann er, weil das Universum auch ohne ihn weiterläuft.

Im Koran geht alles Existierende in jedem Augenblick vom Willen Gottes aus, von der göttlichen Fügung (al-amr). Daher gibt es auch keine Naturgesetze, sondern höchstens göttliche Gewohnheiten. Gott muss nicht in das naturgesetzliche Walten eingreifen, sondern dieses Walten ist Ausdruck des absoluten und UNEINGESCHRÄNKTEN Willen Gottes.

Naturgesetze erforschen zu wollen hat dadurch etwas schon fast gotteslästerliches. Man würde nämlich versuchen Gott sozusagen in Gesetze zu pressen. Der Mensch wurde versuchen seine Stellung als Sklave ('abd) Gottes, als Unterworfener (muslim) zu verlassen. Das wäre nichts als Hybris, nichts anderes als Anmaßung.

Das Muslimsein besteht ja gerade in der Unterwerfung unter den übermächtigen, eigentlich gar nicht fassbaren Gott, der auch keinerlei menschliche Züge hat, im Gegensatz zum dreieinigen Gott der Christen, der eine sozusagen väterliche Person (Gott Vater) und eine menschliche, geradezu brüderliche Person (Gott Sohn; Bruder Jesus) umfasst.

Der muslimische Gott ist sehr abstrakt, oftmals wird er als nichts weiter als die Wirkmacht hinter allem Seienden verstanden. Würde man versuchen, das in moderne Sprache zu fassen, wäre Gott nichts weiter als die Naturgesetze, wobei natürlich das Konzept moderner Naturgesetze in der orthodox-islamischen Gottesauffassung nicht vorkommt.

Das ganze macht die Gottesvorstellung im Islam viel robuster. Gott ist nicht das "allmächtige Gespenst" auf der Wolke, er ist die verborgene Wirkmacht hinter allem Offenkundigen.

So kann dann jemand wie Ibn Arabi seine pantheistische Theologie entfalten, die bis heute eine Wirkung nicht nur im Islam, sonder über den Sufismus vermittelt, auch darüber hinaus, ausübt.

Im Islam ruht Gott also nie, er hat sich nach der Schöpfung auf seinem Thron zurechtgesetzt (nach orthodox-islamischer Auffassung ist das nur bildlich zu verstehen) um von dort aus nach freiem Willen in jeder Sekunde das Universum bis in jede kleinste Kleinigkeit zu lenken.

Dem Menschen bleibt nur ein Platz als Sklave, der nicht anderes tun kann, als den Willen Gottes in Form der Scharia zu erkennen. Letztendlich steht der Mensch vor einen unbegreiflichen Schauspiel der Naturkräfte (was gleichgesetzt wird mit der Natur Gottes), das durchschauen zu wollen ein Anmaßung wäre.

Das der Zweifel eine Quelle von Wissen sein könnte (Naturwissenschaft wird von Muslimen oft als systematisches Zweifeln wahrgenommen, was ja nicht ganz unzutreffend ist), ist für die meisten Muslime bis heute ein Skandalon.

Man glaubt deshalb unter Muslimen auch weit verbreitet, selbst naturwissenschaftliches Wissen gehe letztendlich auf den Koran und damit auf göttliche Offenbarung zurück.

Die Europäer hätten ihr modernes Wissen von den Muslimen gestohlen, und zwar auf dem Weg über das mittelalterliche Spanien. Wenn Muslime heute westliches Wissen übernehmen, ist das nichts weiter als die gerechte Rückname von Wissen, das eigentlich den Muslimen gehört. Alles Wissen kommt ja von Allah und die Muslime sind ja als einzige im Besitz der unverfälschten Wahrheit, ja der Islam selbst ist ja die Wahrheit schlechthin.
Zitat:Im biblischen Gottesbild hat Gott am siebten Tag geruht, das kann er, weil das Universum auch ohne ihn weiterläuft.

Arandir ,denke das er es deshalb kann ,weil Gott völlig außerhalb der geschaffenen Schöpfung ist und auch nicht in der Zeit lebt ,bei ihn gibt es weder Vergangenheit noch Zukunft bei ihm ist alles.
Was bei uns noch Zeitlichen unterworfen ist.

Ansonsten ist bei uns nicht so gedacht das die Schöpfung einmal statt fand und Punkt sie ist jetzt da,sondern jeden Augeblick immer neu stattfindet,würde Gott nur einen Augeblick davon Ablassen würde nichts mehr Existieren.
Nur sogesehen durch seine Lebensenergie die er jeden Augenblick schenkt,
besteht alles.

Jam
Dass das Universum nach der Schöpfung auch ohne Gott weiterlaufen kann, war der Ansatz der Deisten im 18. Jahrhundert, den sie weiterentwickelten. Sie stellten den Schöpfergott nicht in Frage, auch nicht das Endgericht und das Leben nach dem Tode, aber sie trieben Gott aus der gegenwärtigen Wirklichkeit aus.

Das war ein erster, wichtiger Schritt in Richtung Atheismus. Den nächsten Schlag hat dann Darwin dem Gottesbild mit der Evolution verpasst, das haben viele die Kirchenleute damals klar gesehen. Und dann kamen immer weitere Schläge, der Urknall gehört vielleicht auch dazu.

Das christliche Gottesbild wurde Stück für Stück, quasi scheibchenweise, zertrümmert.

Vorher kam schon die thomistische Weltauffassung und die thomistische Ethik als autonome Verstandesethik. Thomas von Aquin hat damals die hellenistischen Wissenschaften wiederbelebt und mit dem Christentum harmonisiert, was aufgrund des christliche Menschen- und Gottesbildes auch möglich war.

Im Islam fehlt schon der erste Ansatzpunkt für das westliche Zerstörungswerk, nämlich dass der Mensch mit dem Verstande überhaupt sich ein Urteil über die göttliche Offenbarung verschaffen könne, schon allein das zu versuchen wäre Anmaßung.

Wissen ist offenbartes Wissen, der Islam ist die Wahrheit schlechthin, unabhängig vom Islam gibt es weder Wissen noch Wahrheit, da braucht der Mensch gar nicht erst anzufangen, da kann er von Vornherein einpacken!
(13-09-2009, 22:58)jam schrieb: Ansonsten ist bei uns nicht so gedacht das die Schöpfung einmal statt fand und Punkt sie ist jetzt da,sondern jeden Augeblick immer neu stattfindet,würde Gott nur einen Augeblick davon Ablassen würde nichts mehr Existieren.
Nur sogesehen durch seine Lebensenergie die er jeden Augenblick schenkt,
besteht alles.

Hallo Jam

Da berührt sich Deine Auffassung ja mit der des orthodoxen Islams.

Wie allgemein ist diese von Dir vertetene Auffassung für das Judentum im Allgemeinen? Oder ist das nur chassidisch oder nur Chabad oder nur orthodox?

Gruß

Arandir
diese Auslegung geht auf Liberal ,das nehme ich meist so für Allgmein , weil da doch auch in manchen Punkten das Chassidische doch etwas anders ist als so das andere Judentum ,sonst eben macht sich da auch so jeder seine Gedanken ,es ist keine Dogmatik an die man glauben muß ,jeder hat da einen andern Blickwinkel.
So als wenn 5 Leute ein Bild betrachten jeder hat da so seine eigene Sicht,und verschiedene Sichtweisen können nebeneinander stehen und alle sind wahr,also es ist nicht festgelegt was du glauben mußt.
jam
@Arandir
Das heißt, der Koran macht einen Rückschritt zur damaligen Zeit und gegenüber heute versucht er einen Stillstand zu erreichen.

Ein Gott wird also mißbraucht, um menschliche Machtverhältnisse, die auf dieser Sicht aufbauen, aufrecht zu erhalten?

Ein Kritikverbot ist aus muslimischer Sicht durchaus nachvollziehbar, würde es doch die vorhandenen machstrukturen womöglich zerstören.

Gruß
Genauso wie Du es sagst, Alwin, kann man es sehen!

Die Muslime haben in ihrem Herrschaftsgebiet das Erbe mehrerer sehr alter und hochstehender Kulturen angetreten: der ägyptischen, der syrisch-pälastinensischen, der mesopotamischen, der iranischen, der jemenitischen, der lateinischen in Nordafrika, der nordindischen und zentralasiatischen.

In etlichen dieser Hochkulturen gab es Traditionen des eigenständigen Denkens und Forschens, am prominentesten ist dabei die hellenistische Kultur. Im Islam wurden dies Traditionen nicht sofort vernichtet, dazu fehlte anfangs die Kraft und das Konzept.

Erst mit der Entwicklung islamischer Gelehrsamkeit, im Wesentlichen beginnend mit den Abbasiden (ab ca. 750) erschlossen und systematisierten die Gelehrten den Botschaft des Korans. Dann dauert es noch einige Zeit (etwa von 850-1050) bis sich der orthodoxe Scharia-Islam formiert und durchgesetzt hatte.

Sobald das geschehen war, erging durch Al-Ghazali, dem herausragendsten Gelehrten seiner Epoche, das sogenannte Urteil gegen die "Philosophen": Jeder, der durch sein Forschen zu Ergebnissen kommt, die dem, was der Islam lehrt, widersprechen, ist als Apostat (murtadd) anzusehen und wie alle Apostaten hinzurichten. Das war das Ende der sunnitischen Philosophie, das heißt, der Versuche eigenständig zu Erkenntnissen über die Welt und die Gesetze der Moral zu gelangen.

Der "häretische" schiitische Islam kannte dieses Urteil gegen die Philosophen nicht, so hat im Iran, trotz des Mongolensturms, die Philosophie bis heute wesentlich besser überlebt als irgendwo sonst in der islamischen Welt.

Philosophisch-wissenschaftliches Denken wurde also im Islam nicht nur nicht entwickelt, das aus dem Hellenismus ererbte freie Denken wurde mit Stumpf und Stil ausgerottet.

Auch heute gibt es starke Tendenzen in der islamische Welt das "Wissen zu islamisieren", das heißt, alles westliche Denken, das als geistige Invasion (al-ghazu al-fikri) inkriminiert wird, auszurotten.
Also, auch "nur" Mißbrauch einer Religion durch Menschen zur Durchsetzung ihrer Interessen....egal welcher Art....

Gruß


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