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Archetypus
#1
Der Ausdruck geht auf das griechische Wort archetypon (Urbild) zurück, er war im klassischen Griechisch nicht gebräuchlich. Über das Lateinische (archetypum) wurde der Begriff der ↗Neuzeit vermittelt.

Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet Archetypus das Ur- oder Vorbild für Nachbildungen.

In antiken Texten findet sich der Begriff bei ↗Cicero (Epistulae ad Atticum 16, 3, 1), bei ↗Philo (De Somniis I, 30.75.115 und anderen Stellen), bei ↗Plinius d. J. (Ep. V, 15), bei ↗Lukian (Quomodo hist. sit scribenda 15; Pro imaginibus 3.15, u.a.St.), bei ↗Plotin (Enn. II 1,2.6,3 u.a.St.), um ein paar Beispiele zu nennen.

Auch den ↗Kirchenvätern war der Begriff geläufig. ↗Irenaeus v. Lyon schreibt gegen die Irrlehre an, wonach Gott die Welt de alienis archetypis geschaffen habe (Advers. haeresis II, 7). ↗Ambrosius bezieht sich auf Gen 1, 24 und stellt fest, dass Gott quasi der Archetypus für den Menschen sei (De fuga saeculi II, 11).

↗Descartes und zunächst auch ↗Locke stellten fest, dass jeder Idee ein Archetypus zugrunde liege.  Dass die Archetypen im erkennenden Subjekt angesiedelt sein könnten, schließt Locke aus.

↗Berkeley nimmt die entgegengesetzte Position ein, er lässt außerhalb des erkennenden Subjekts keine Archetypen gelten. ↗Hume nimmt eine ähnliche Position ein.

↗Kant unterscheidet zwischen einem intellectus ectypus und einem intellectus archetypus. Dem intellectus archetypus kommt als "göttlichem Verstand" der "intuitus originarius" (die ursprüngliche Anschauung, die nur dem Urwesen zu eigen sein kann) zu, der intellectus ectypus sei hingegen der menschliche, diskursiv denkende, der Bilder bedürftige Verstand (Kant, KdU § 77).

↗C. G. Jung gibt dem Begriff Archetypus in seiner komplexen Psychologie eine weitere  Bedeutung. Für ihn ist Archetypus das Unbewusste, das allen  Menschen gemeinsam innewohnt. Daher zeigen sich, meint er, in den ↗Märchen und ↗Mythen voneinander unabhängiger Kulturkreise sehr häufig verblüffende Ähnlichkeiten.

Dar Archetypus an sich ist für Jung nicht bewusstseinsfähig, er ist seinem Wesen nach nicht psychisch, sondern psychoid und somit transzendent (C. G. Jung 1954: Von den Wurzeln des Bewusstseins 576).


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MfG B.
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