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Bet Din
#1
Rabbinische Bezeichnung für den jüdischen Gerichtshof.

Nach Zerstörung des 2. Tempels errichtete Rabban ↗Johanan ben Zakkai mit Erlaubnis ↗Vespasians in ↗Jabne ein Lehrhaus und ein Bet Din, das noch ↗Sanhedrin genannt wurde und in der Hauptsache die Aufsicht über den Kalender führte.

Danach wurde angestrebt, in Orten, in denen es weniger als 120 jüdische Einwohner gab, ein Bet Din mit jeweils drei Richtern (für Angelegenheiten des Zivil- und Personenstandsrechts sowie für Strafsachen mit geringer Strafandrohung), in Orten mit mehr als 120 jüdischen Einwohnern ein Bet Din mit 23 Richtern (für die übrigen Strafsachen einschließlich jener Delikte, die mit der Todesstrafe bedroht waren) einzurichten.

Zentrale (und hoch angesehene) Bet Din entstanden im Umfeld der Akademien (mit Ausnahme von ↗Babylonien, wo die Rivalität unter den Akademien zu groß gewesen war).

Das Vertrauen in jüdische Gerichte war so hoch gewesen, dass sie auch von Heiden in Anspruch genommen wurden. Davon berichten jedenfalls rabbinische Quellen. In solchen Fällen hatten die jüdischen Richter, Heiden nach deren Recht zu richten. Erst mit einem Gesetz von 398 nC wurde es den jüdischen Gerichten untersagt, in Angelegenheiten von Nichtjuden Recht zu sprechen (Codex Theodosianus II, 1, 10).

Dass es jüdischen Gerichten unter römischer Herrschaft unbenommen war, die "inneren Angelegenheiten" nach eigenen Rechtsvorstellungen zu regeln, gilt als gesichert (dazu: Codex Theodosianus XVI, 8, 8). Als Strafmittel standen Geldstrafen, Prügelstrafen und als wirkungsvollste Strafandrohung der ↗Bann zur Verfügung. Die Anwendung der Todesstrafe verneint die rabbinische ↗Tradition. Die Tatsache, dass die Verhängung und der Vollzug von Todesstrafen nach römischem Recht ausschließlich der römischen Behörde vorbehalten war, bestärkt die rabbinischen Berichte.

Im Gegensatz zu den rabbinischen Berichten steht die Behauptung des ↗Origenes, wonach jüdische Gerichte "geheime Prozesse nach dem jüdischen Gesetz" abhielten "und auch zum Tode verurteilen." Ergänzend schreibt Origenes: "Dabei handeln sie weder mit völliger Kenntnis der Behörden noch völlig im Geheimen." (Orig. ep. ad Africanum § 14)

Wie die Anmerkungen des Origenes historisch zu beurteilen sind, dazu herrscht unter Fachgelehrten keine Einigkeit.

Im ↗Mittelalter war das Bet Din fester Bestandteil der Autonomie jüdischer Gemeinden (vornehmlich mit Zuständigkeiten in Religionsfragen, dem Personenstandsrecht und als Schiedsgericht) und wurde von den jeweiligen Landesherren kaum irgendwo infrage gestellt.

In manchen Ländern (zB in Frankreich und England) ist heute noch ein Bet Din bestehend aus drei Rabbinern für schiedsgerichtliche Entscheidungen religiöser Fragen eingerichtet.

In ↗Israel wird das rabbinische Gericht, das in personenrechtlichen und religiösen Fragen entscheidet, Bet Din genannt.


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MfG B.
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