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03-01-2022, 21:52
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-01-2022, 21:54 von Ulan.)
In Sachfragen hast Du sicherlich recht, aber das ist so schon juedische Tradition. Siehe z.B. den Akt, den die Pescharim, die in Qumran gefunden wurden, vollziehen. Das macht dann Jesus entsprechend auch mit Psalmen, wie wir hier im Thread irgendwo gesehen haben.
Natuerlich eroeffnet das die Moeglichkeit, dass das erste Evangelium eigentlich nur ein Pescher auf diverse alttestamentarische Texte war, um sich mit der Situation beim Untergang Jerusalems auseinanderzusetzen. Nicht, dass die Idee auf grosse Gegenliebe stossen wird. Solche Vorschlaege werden dann meist so zerredet, dass es um die Bedeutung der Woerter "Pescher" oder "Midrasch" geht, damit man sich nicht mit dem Kern der Idee auseinandersetzen muss. Ein rhetorischer Winkelzug, wie man ihn ja auch hier auf dem Forum immer wieder sieht.
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(03-01-2022, 19:35)Apollonios schrieb: Er war nämlich durchaus Lehrer, die Lehrtätigkeit spielte in seinem Auftreten und Wirken eine zentrale Rolle (Markus 4,1: "Wieder einmal begann er am See zu lehren", Lukas 4,15: "Er lehrte in ihren Synagogen", Lukas 13,10: "Am Sabbat lehrte er in einer der Synagogen", Matthäus 4,23: "Jesus durchwanderte ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen"). Vgl. die knappe Zusammenfassung in Wikipedia: "Jesu Predigt- und Argumentationsstil ist rabbinisch [...]. Seine ersten Jünger nannten ihn "Rabbi" (Mk 9,5; 11,21; 14,45; Joh 1,38.49; Joh 3,2; 4,31 u. a.) oder „Rabbuni“ („mein Meister“: Mk 10,51; Joh 20,16). Diese aramäische Anrede entsprach dem griechischen διδάσκαλος für „Lehrer“." Da er also als Lehrer auftrat, kann er als solcher kritisiert werden. Der Einwand, er sei "nicht als Lehrer inkarniert worden", zieht nicht. Meine Kritik bezieht sich auf das, was von der Lehrtätigkeit Christi überliefert ist und heute noch für Christen - unabhängig von der Konfession - maßgeblich ist. Daher besteht diese Kritik unabhängig von den unterschiedlichen Antworten auf die Frage, inwieweit die Überlieferung authentisch oder fiktional ist. Wenn die Jesusdarstellungen der Synoptiker fiktional sind, dann gilt die Kritik den Inhalten dieser Fiktion, die in der Lebenswirklichkeit sehr real ist, weil sie ja bei den Christen als historische Realität und Voraussetzung der Erlösung gilt.
Natürlich hat Jesus auch gelehrt. Er zog von Dorf zu Dorf und man brachte ihm alle Kranken. Aber erst sprach er zu ihnen. Er hätte gerne gehabt, dass sie ihn verstanden, dass sie begriffen hätten, dass er der Sohn Gottes und der Messias ist.
Danach hat er alle Kranken geheilt, um dem, was er vorher gepredigt hatte, Glaubwürdigkeit zu geben.
So wenig wie das Denken der damaligen Menschen geschult war, hätte der beste Lehrer nichts genutzt. Auch die Apostel konnten sich ein Reich Gottes nicht vorstellen.
Somit ist Deine Kritik an Jesus als Lehrer was den Erfolg betrifft, sicher richtig - denn man begriff ihn nicht - und zudem kamen vermutlich noch die Pharisäer und haben dem Volk dann wieder das Gegenteil erzählt.
Von Jesus als dem inkarnierten Sohn Gottes müssen wir allerdings annehmen, dass er das Verständnis der damaligen Menschen schon vor seiner Geburt erkannte - und trotzdem inkarnierte er. Daher ist wirklich zu erkennen, dass sein Auftrag nicht in der Lehrtätigkeit lag - denn dafür hat er ja den Geist der Wahrheit versprochen und ab jenem Pfingstfest auch gesandt.
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(03-01-2022, 21:16)petronius schrieb: (03-01-2022, 18:05)Farius schrieb: Wir vermuten doch alle, dass das was uns hier als heilige Schrift vorfinden, noch ein Fünkchen Wahrheit enthält
eigentlich nicht. jedenfalls nicht in dem sinn, wie du das jetzt meinst
Zitat:Was ich dagegen gemacht habe, ist der Versuch, darüber den grossen Bogen zu spannen, dass daraus der Sinn unseres Lebens einerseits und auch die Erlösungstat Jesu Christi in vernünftigem Licht erscheint.
nun ja - ich finde wenig vernünftiges (meinem verständnis von vernunft entsprechend) daran, sich einfach irgendwelche geschichtlein auszudenken, um etwas zu plausibilisieren
Lieber Advocatus, nochmals von vorne: Meister Ekkard hat sich im Beitrag dahingehend geäussert, dass er den Sinn und die Ursache der Erlösung nicht erkenne. Darauf hin habe ich gestützt auf Elemente aus dem katholischen Unterricht eine mögliche Lösung dargeboten.
Ich gehe davon aus, dass Ekkard die Schriften bis ins letzte Detail bekannt sind und Dir vielleicht auch - und wenn daraus für die Erlösung kein Grund zu erkennen ist, muss ein anderer Weg beschritten werden.
Es ist schade, dass Du es vorziehst, den Versuch als irgendein Geschichtlein zu verniedlichen als selbst eine Meinung zu äussern, zum Beispiel dass Du die offizielle Version der Kirche mit adam und Eva und dem Apfel viel besser findest oder so. Denn ein Advokat hat immer ein Argument - gemäss meinem Verständnis (ausser in der Politik).
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(03-01-2022, 18:12)Farius schrieb: Ich glaube, das Gleichnis vom verlorenen Sohn bezieht sich auf Satan - der als letzter von allen wieder heimkehrt.
holla...
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(05-01-2022, 19:45)Farius schrieb: nochmals von vorne: Meister Ekkard hat sich im Beitrag dahingehend geäussert, dass er den Sinn und die Ursache der Erlösung nicht erkenne. Darauf hin habe ich gestützt auf Elemente aus dem katholischen Unterricht eine mögliche Lösung dargeboten
mir geht es so wie ekkard
und bei deinen "Elementen aus dem katholischen Unterricht" frage ich mich halt schon, wie weit sie dem allgemeinen katholischen verständnis entsprechen
eher wenig, so mein eindruck
Zitat:Ich gehe davon aus, dass Ekkard die Schriften bis ins letzte Detail bekannt sind und Dir vielleicht auch - und wenn daraus für die Erlösung kein Grund zu erkennen ist, muss ein anderer Weg beschritten werden
ich ziehe folgenden weg vor:
das ist alles humbug, um den menschen von vornherein ins unrecht zu setzen und somit klein zu halten
für mich gibt es keinen grund, erlöst werden zu müssen
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05-01-2022, 23:31 von Ekkard.
Bearbeitungsgrund: Orthographie
)
(05-01-2022, 19:45)Farius schrieb: nochmals von vorne: Meister Ekkard hat sich im Beitrag dahingehend geäussert, dass er den Sinn und die Ursache der Erlösung nicht erkenne. Darauf hin habe ich gestützt auf Elemente aus dem katholischen Unterricht eine mögliche Lösung dargeboten ..., die mir aber auch nicht einleuchtet. Ich kann es mir nur so erklären, dass Jesu "Erlösungstat" eine nachgeschobene Erklärung im Sinne der Gottesknechtslieder des Propheten Jesaja ist. Die kleine Gemeinde (eigentlich: jüdische Sekte) um Rabbi Jehoschua (lat. Jesus) war nach dem Prozeß und der Hinrichtung ihres Führers seelisch "am Boden zerstört" und hat die Gottesknechtslieder studiert. Dabei haben ihre Mitglieder das Leiden als notwendiges Übel kennen gelernt, soweit sie es noch nicht gewusst haben sollten. Möglicherweise ist mit der "Sünde der Welt" die irdische, politische Ordnung gemeint. Und wie wir vom Machtmissbrauch erlöst werden sollen, ist bis heute ungeklärt.
De facto war die neue Interpretation vom Leben und notwendigem Sterben des Erlösers äußerst erfolgreich bis hin zur Aushöhlung, schließlich Abschaffung der antiken Religionen. Diesen Zerfall allerdings als "Erlösung" zu interpretieren, halte ich für einen weiteren Euphemismus.
(05-01-2022, 20:24)petronius schrieb: mir geht es so wie ekkard
...
ich ziehe folgenden weg vor:
das ist alles humbug, um den menschen von vornherein ins unrecht zu setzen und somit klein zu halten Bei mir hat sich auch noch nichts getan über das hinaus, was ich oben interpretativ hinein geheimnist habe (aus einem Vortrag in unserer hiesigen evangelischen Gemeinde).
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06-01-2022, 04:38 von Helmuth.)
(05-01-2022, 19:04)Farius schrieb: Natürlich hat Jesus auch gelehrt. Er zog von Dorf zu Dorf und man brachte ihm alle Kranken. Aber erst sprach er zu ihnen. Er hätte gerne gehabt, dass sie ihn verstanden, dass sie begriffen hätten, dass er der Sohn Gottes und der Messias ist.
Danach hat er alle Kranken geheilt, um dem, was er vorher gepredigt hatte, Glaubwürdigkeit zu geben.
So wenig wie das Denken der damaligen Menschen geschult war, hätte der beste Lehrer nichts genutzt. Auch die Apostel konnten sich ein Reich Gottes nicht vorstellen.
Somit ist Deine Kritik an Jesus als Lehrer was den Erfolg betrifft, sicher richtig - denn man begriff ihn nicht - und zudem kamen vermutlich noch die Pharisäer und haben dem Volk dann wieder das Gegenteil erzählt.
Das kann ich bis hierher alles unterschreiben. Das Unverständnis seiner eigenen Apostel kritisierte er dazu nicht bloß einmal. Aber er wusste auch, dass der Intellekt allein nicht ausschlaggebend ist, sondern das Herz. Nur einer der 12 fiel vom Glauben völlig ab und so konnte der Satan erneut in ihn fahren, von dem alle Feinde Jesu beherrscht werden.
De anderen 11 waren zeitweise naiv und begriffsstützig aber nicht verstockt. So war der Satan bei ihnen nicht länger erfolgreich. Nach Jesu Auferstehung wurden sie mit Kraft von oben ausgestattet, die sie Schritt für Schritt dazu befahigte die Lehre Jesu mehr und mehr zu verinnerlichen und naßgeblich weiterzugeben. Darauf reagierte der Heilige Geist wieder so, indem er ihren Dienst begleitet und und mit entsprecheden Zeichen bestätigt hatte.
D.h. auch die Apostel erhielten neben der Gabe zu lehren eine für den Dienst enstprechende Vollmacht Kranke zu heilen, Dämonen auszutreiben, ja sogar Tote aufzuwecken. Paulus wurde einmal gesteingt und man schleifte ihn aus der Stadt in der Annahme, er wäre tot. Doch er stand auf und setzte seine Mission fort, als wäre nicht gewesen.
All das war Bestandteil der Lehre Jesu, dass sie seine Lehre in der Kraft und Vollmacht des HG weitergeben und dazu die Werke fortsetzen werden, mit denen Jesus heislwirkend begonnen hatte:
Joh 14,12 (ELB-CSV)
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird größere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.
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(06-01-2022, 04:32)Helmuth schrieb: Nur einer der 12 fiel vom Glauben völlig ab und so konnte der Satan erneut in ihn fahren, von dem alle Feinde Jesu beherrscht werden
tja - und erst dadurch wurde die "erlösungstat" jesu qua kreuzestod möglich
du verdankst deine "erlösung" also ausgerechnet dem, den du hier als "vom Glauben völlig abgefallen" denunzierst...
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(05-01-2022, 20:24)petronius schrieb: Zitat:Ich gehe davon aus, dass Ekkard die Schriften bis ins letzte Detail bekannt sind und Dir vielleicht auch - und wenn daraus für die Erlösung kein Grund zu erkennen ist, muss ein anderer Weg beschritten werden
das ist alles humbug, um den menschen von vornherein ins unrecht zu setzen und somit klein zu halten
für mich gibt es keinen grund, erlöst werden zu müssen
Jesus Christus hat die Erlösung doch vor 2000 Jahren vollzogen, nochmals wäre Humbug.
Worin liegt denn für Dich die Bedeutung von Jesus?
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07-01-2022, 09:45 von Helmuth.)
(07-01-2022, 08:33)Farius schrieb: Worin liegt denn für Dich die Bedeutung von Jesus?
Bleiben wir bei seiner Lehre. Über seine Bedeutung habe ich übrigens einen Thread ins Leben gerufen. Frage: Bist du Spice aus dem Form Magdalenas? Oder irre ich mich?
Das Problem, auf das wir hier stoßen ist, dass die Evangelien nicht als gültige historische Dokumente anerkannt werden. Allerdings es gibt keine anderen, sodass es gar nicht wirklich zur Disposition steht.
Und wenn jemand nun ein Argument für oder gegen seine Lehre vorträgt, so hat er gar keine andere Option außer die, auf die Evangelien oder die Lehre der Apostel zurückzugreifen. Aber diese Unlogik ist denjenigen, die sich gegen seine Lehre Stellen nicht wirklich klar.
Denn damit anerkennt man zumindst (unbewusst), dass Jesus diese Lehre so wie geschrieben auch vertreten hatte. Man muss sie nicht teilen, aber wenn sie nicht einmal historisch zuverlässig wäre, gäbe es für mich keinen Anlass das überhaupt zu diskutieren. So diskutiere ich auch keine Lehre von Julius Cäsar, weil es rein historisch dazu nichts gibt.
Warum brennen aber die Diskussionen um Jesus Christus in aller Welt?
Vielleicht gerade deshalb, weil sich seine Lehre auch an der von ihm gelehrten Wirkung an jedem einzelnen zeigt. Ob er das nun anerkennt oder nicht, es ist so, dass man das auch deutlich sehen kann. Überdies ist auch zur Erfüllung gekommen, dass seine Lehre auf dem ganzen Erdkreis gepredigt werden wird. Wer könnte das alles negieren?
Mt 24,14 (ELB-CSV)
Und dieses Evangelium des Reiches wird auf dem ganzen Erdkreis gepredigt werden, allen Nationen zum Zeugnis, und dann wird das Ende kommen.
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(07-01-2022, 08:33)Farius schrieb: Jesus Christus hat die Erlösung doch vor 2000 Jahren vollzogen, nochmals wäre Humbug
na, dann ist das ja schon erledigt und braucht mich heute erst recht nicht mehr zu kümmern
Zitat:Worin liegt denn für Dich die Bedeutung von Jesus?
naja, es ist eine mythische figur in einer der weltreligionen, ergo gegenstand der gründungslegenden
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07-01-2022, 14:44 von Ulan.)
(07-01-2022, 09:43)Helmuth schrieb: Das Problem, auf das wir hier stoßen ist, dass die Evangelien nicht als gültige historische Dokumente anerkannt werden. Allerdings es gibt keine anderen, sodass es gar nicht wirklich zur Disposition steht.
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Zwar fehlt externe Evidenz, aber wir haben interne Evidenz, die uns die wahre Natur der Texte erschliesst. Und wer die Briefe des Paulus aufmerksam liest, die vor den Evangelien verfasst wurden, dem wird endgueltig klar, welchen tatsaechlichen Wert diese sogenannten Jesusworte haben.
(07-01-2022, 09:43)Helmuth schrieb: Und wenn jemand nun ein Argument für oder gegen seine Lehre vorträgt, so hat er gar keine andere Option außer die, auf die Evangelien oder die Lehre der Apostel zurückzugreifen. Aber diese Unlogik ist denjenigen, die sich gegen seine Lehre Stellen nicht wirklich klar.
Unlogisch ist es, die interne Evidenz zu ignorieren, wie Du das tust. Aber klar, wer sich eine Lehre Jesu basteln will, nimmt diese Text als Grundlage. Wer den Subtext liest, kommt dann auch zu besseren Ergebnissen als jemand, der die Texte naiv liest.
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(07-01-2022, 09:43)Helmuth schrieb: Das Problem, auf das wir hier stoßen ist, dass die Evangelien nicht als gültige historische Dokumente anerkannt werden. Allerdings es gibt keine anderen, sodass es gar nicht wirklich zur Disposition steht
richtig. es gibt keinen historischen beleg der existenz eines jesus wie in den evangelien usw. beschrieben. eine ernsthafte diskussion dieser "lehren" als tatsache steht daher nicht zur disposition
aber natürlich kann man darüber diskutieren, was und warum die selbsternannten nachfolger jener sagengestalt so mehr oder weniger verbissen als deren "lehre" durchsetzen wollen
Zitat:Und wenn jemand nun ein Argument für oder gegen seine Lehre vorträgt, so hat er gar keine andere Option außer die, auf die Evangelien oder die Lehre der Apostel zurückzugreifen. Aber diese Unlogik ist denjenigen, die sich gegen seine Lehre Stellen nicht wirklich klar
ich sehe hier keine unlogik
na klar muß man auf das zurückgreifen, in dem diese "lehre" beschrieben ist. unabhängig vom tatsächlichen autor dieser texte. mit der existenz eines historischen jesus hat sie ja auch nichts zu tun bzw. hängt nicht davon ab - sie beruft sich auf den kerygmatischen jesus
und nur weil ich mich einer dogmatik nicht unterwerfe, stelle ich mich ja noch nicht gegen sie - aber ohne permanentes feindbild gehts bei euch selbsternannten edelchristen halt nicht, hab ich recht?
Zitat:Denn damit anerkennt man zumindst (unbewusst), dass Jesus diese Lehre so wie geschrieben auch vertreten hatte
nö. also nicht irgendein historischer jesus. der kerygmatische selbstverständlich, das ist ja grad die rahmenhandlung. nur: bei "so wie geschrieben" fängt der ärger ja schon an, denn zig christensekten vertreten halt auch zig auffassungen, was in das "so wie geschrieben" hineininterpretiert werden soll oder muß
Zitat:Man muss sie nicht teilen, aber wenn sie nicht einmal historisch zuverlässig wäre, gäbe es für mich keinen Anlass das überhaupt zu diskutieren
ob und was du diskutieren willst (viel ist es ja nicht) ist allein dein problem. aber: was verstehst du unter "historisch zuverlässig"?
auch grimms märchen sind "historisch zuverlässig", als zeitdokument der damals gepflegten kultur der volksmärchen
Zitat:Warum brennen aber die Diskussionen um Jesus Christus in aller Welt?
weil christen wie du die welt nicht damit in ruhe lassen, daß ihr euch anmaßt, die alleingültige und seligmachende "wahrheit" zu verkünden und (früher mal auch gern mit der waffe und eben dem scheiterhaufen) durchzusetzen
Zitat:Vielleicht gerade deshalb, weil sich seine Lehre auch an der von ihm gelehrten Wirkung an jedem einzelnen zeigt. Ob er das nun anerkennt oder nicht, es ist so, dass man das auch deutlich sehen kann
da hast du schon recht. wenn auch anders, als du meinst
Zitat:Überdies ist auch zur Erfüllung gekommen, dass seine Lehre auf dem ganzen Erdkreis gepredigt werden wird. Wer könnte das alles negieren?
so what?
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(06-01-2022, 18:24)petronius schrieb: (06-01-2022, 04:32)Helmuth schrieb: Nur einer der 12 fiel vom Glauben völlig ab und so konnte der Satan erneut in ihn fahren, von dem alle Feinde Jesu beherrscht werden
tja - und erst dadurch wurde die "erlösungstat" jesu qua kreuzestod möglich
du verdankst deine "erlösung" also ausgerechnet dem, den du hier als "vom Glauben völlig abgefallen" denunzierst...
... hierzu kann man Mephisto zitieren, der in Goethes FAUST sagt:
[ Ich bin] ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft. ...
(Und obwohl Mephisto sich seiner Rolle voll und ganz bewusst ist, geht er seiner Arbeit immer mit ganzer Kraft nach.)
So bezog sich z.B. Hitler in seinen Reden und Schriften auffallend häufig auf einen allmächtigen Gott, der das deutsche Volk zur Weltherrschaft und ihn zum Führer im Kampf ausersehen habe. Der katholische Theologe Rainer Bucher hält dies nicht für bloße Taktik, um die Massen hinter sich zu scharen. Er entdeckt darin eine geschichtstheologische Legitimation, die auf die Zeitgenossen Hitlers äußerst attraktiv wirkte.
Die Münchener studentische Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Scholl wollte den verblendeten Zeitgenossen die Augen öffnen:
>> Jedes Wort, das aus Hitlers Munde kommt, ist Lüge. Wenn er Frieden sagt, meint er Krieg, und wenn er in frevelhaftester Weise den Namen des Allmächtigen nennt, meint er die Macht des Bösen, den gefallenen Engel, den Satan. <<
„Hitler hat, wenn nicht alle Indizien täuschen, an das, was er zu diesem Bereich geschrieben und gesagt hat, wirklich geglaubt. Eines der Indizien ist dafür zum Beispiel die fast unheimliche Konstanz seiner entsprechenden Rede von Gott. Sie zieht sich in nur kleinen Varianten ... von den frühen Reden der so genannten Kampfzeit über „Mein Kampf“ bis zu seinen letzten Äußerungen im Januar/Februar 45.“
Als ich einst mit einem Theologen über M. Luthers Hetzschrift gegen die Juden sprach, meinte dieser, dass, wenn sich Gott nur einwandfreie Personen für seine Zwecke aussuchen sollte - er überhaupt keinen Menschen finden würde. o.r
Gruß von Reklov
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(05-01-2022, 19:04)Farius schrieb: (03-01-2022, 19:35)Apollonios schrieb: Er war nämlich durchaus Lehrer, die Lehrtätigkeit spielte in seinem Auftreten und Wirken eine zentrale Rolle (Markus 4,1: "Wieder einmal begann er am See zu lehren", Lukas 4,15: "Er lehrte in ihren Synagogen", Lukas 13,10: "Am Sabbat lehrte er in einer der Synagogen", Matthäus 4,23: "Jesus durchwanderte ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen"). Vgl. die knappe Zusammenfassung in Wikipedia: "Jesu Predigt- und Argumentationsstil ist rabbinisch [...]. Seine ersten Jünger nannten ihn "Rabbi" (Mk 9,5; 11,21; 14,45; Joh 1,38.49; Joh 3,2; 4,31 u. a.) oder „Rabbuni“ („mein Meister“: Mk 10,51; Joh 20,16). Diese aramäische Anrede entsprach dem griechischen διδάσκαλος für „Lehrer“." Da er also als Lehrer auftrat, kann er als solcher kritisiert werden. Der Einwand, er sei "nicht als Lehrer inkarniert worden", zieht nicht. Meine Kritik bezieht sich auf das, was von der Lehrtätigkeit Christi überliefert ist und heute noch für Christen - unabhängig von der Konfession - maßgeblich ist. Daher besteht diese Kritik unabhängig von den unterschiedlichen Antworten auf die Frage, inwieweit die Überlieferung authentisch oder fiktional ist. Wenn die Jesusdarstellungen der Synoptiker fiktional sind, dann gilt die Kritik den Inhalten dieser Fiktion, die in der Lebenswirklichkeit sehr real ist, weil sie ja bei den Christen als historische Realität und Voraussetzung der Erlösung gilt.
Natürlich hat Jesus auch gelehrt. Er zog von Dorf zu Dorf und man brachte ihm alle Kranken. Aber erst sprach er zu ihnen. Er hätte gerne gehabt, dass sie ihn verstanden, dass sie begriffen hätten, dass er der Sohn Gottes und der Messias ist.
Danach hat er alle Kranken geheilt, um dem, was er vorher gepredigt hatte, Glaubwürdigkeit zu geben.
So wenig wie das Denken der damaligen Menschen geschult war, hätte der beste Lehrer nichts genutzt. Auch die Apostel konnten sich ein Reich Gottes nicht vorstellen.
Somit ist Deine Kritik an Jesus als Lehrer was den Erfolg betrifft, sicher richtig - denn man begriff ihn nicht - und zudem kamen vermutlich noch die Pharisäer und haben dem Volk dann wieder das Gegenteil erzählt.
Wie oben bereits belegt und ausführlich diskutiert wurde, hat Jesus (gemeint: der kerygmatische) nach eigener unmissverständlicher Aussage gerade nicht gewollt, dass die breite Masse der ihm Zuhörenden - also alle außer der kleinen Elite seiner getreuen Anhänger - ihn verstehen (siehe Markus 4,10-12 u.a.). Die Kranken, normale Dorfbewohner, gehörten natürlich zu dieser Masse, so wie ihre gesunden Mitbürger. Wenn du nun schreibst "Er hätte gerne gehabt, dass sie ihn verstanden, dass sie begriffen hätten, dass er der Sohn Gottes und der Messias ist", widersprichst du seiner eigenen Aussage über den strikt esoterischen Charakter seiner Botschaft, den er im Kontext des Gleichnisses vom Sämann betont. Außerdem widersprichst du einer weiteren Aussage, Matthäus 16,20: "Dann gebot er seinen Jüngern streng, sie sollten es niemand sagen, dass er der Messias sei." Zwar ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass du diese neutestamentlichen Aussagen offenbar nicht für authentische Äußerungen von Jesus hältst. Damit reihst du dich aber unter diejenigen Christen ein, die sich aus den überlieferten Texten, die sie nur teilweise akzeptieren (nämlich nur insoweit sie ihnen in den Kram passen), ein eigenes Privatevangelium zurechtbasteln. Damit geht der Anspruch auf irgendeinen Zusammenhang mit dem historischen Jesus vollends verloren: Die Überlieferung der Synoptiker, die der historischen Gestalt schon fern ist, wird nochmals umgestaltet und verfremdet, diesmal unter dem Gesichtspunkt, was ein moderner Mensch mag und was nicht.
"Danach hat er alle Kranken geheilt, um dem, was er vorher gepredigt hatte, Glaubwürdigkeit zu geben": Wenn man annimmt, wie du es tust, dass er tatsächlich heilen konnte auf die in der Überlieferung beschriebene Art, und dass er es tat, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen, dann haben wir folgenden Tatbestand: Er benutzte die Heilungen und sonstigen Wunder als Machtdemonstration, um sich dadurch Autorität zu verschaffen auch hinsichtlich seiner Behauptungen über Themen, die mit Krankenheilung nichts zu tun haben. Das aber ist unredlich, denn der Besitz von Macht - in diesem Fall magische Macht wie bei einem Schamanen - besagt überhaupt nichts hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der Behauptungen der betreffenden Person über Themen wie Apokalypse und das Jüngste Gericht.
"So wenig wie das Denken der damaligen Menschen geschult war, hätte der beste Lehrer nichts genutzt": Diese Feststellung stimmt voll mit dem überein, was der kerygmatische Jesus über sein Publikum denkt, das er verachtet. Die Grundidee ist: Wer die in Gleichnissen verschlüsselte und verborgene Lehre nicht versteht oder nicht annehmen will, ist entweder zu dumm oder verstockt und somit an seinem Scheitern ausschließlich selbst schuld. Dass der Fehlschlag der Kommunikation irgend etwas mit mangelnden didaktischen Fähigkeiten oder mangelndem guten Willen oder sonstigen Fehlern des Lehrers zu tun haben könnte, das schließt du von vornherein quasi axiomatisch aus. Mit anderen Worten: Der Lehrer hat per Definition immer recht und macht immer alles richtig. Als Sohn Gottes muss er ja per Definition vollkommen und somit der perfekte Lehrer sein. Nur schade, dass die Hörer/Schüler so blöd sind. Einem unbefangenen Blick stellt sich der Sachverhalt anders dar: "Aber der Kaiser hat ja gar nichts an", sagt das Kind im Märchen. Du hast offenbar nie versucht, die Evangelien aus der Perspektive eines solchen Kindes zu lesen. Dabei empfiehlt der kerygmatische Jesus, zu "werden wie die Kinder" (Matthäus 18,3). Diesen Rat habe ich bei der Bibellektüre befolgt (ganz separat von der wissenschaftlichen Herangehensweise, die auf einem anderen Blatt steht) und bin zu den hier dargelegten Ergebnissen gekommen. - Dass das Denken mancher Zeitgenossen nicht geschult war, jedenfalls nicht philosophisch geschult, ist klar - anderenfalls hätte die Idee einer leiblichen Auferstehung der Toten wegen ihrer offenkundigen Absurdität nicht entstehen können oder zumindest keine Verbreitung finden können. Aber das darf man nicht verallgemeinern. Unter den "damaligen Menschen", den Zeitgenossen Jesu, gab es sehr wohl viele, die zu klarem Denken befähigt waren.
"Somit ist Deine Kritik an Jesus als Lehrer was den Erfolg betrifft, sicher richtig - denn man begriff ihn nicht": Hier hast du mich gründlich missverstanden. Ich kritisiere keineswegs, dass der kerygmatische Jesus relativ erfolglos blieb, weil die Hörer unfähig waren, ihn zu begreifen. Ich kritisiere ihn als Lehrer, weil er erstens sein Publikum verachtete und zweitens die didaktische Qualität seiner Darbietung der Lehre miserabel war und seine Argumentation fehlerhaft, und zwar unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Lehre. Nebenbei: Man kann den Inhalt einer Aussage sehr wohl korrekt begreifen und gerade deswegen ihr nicht zustimmen; auch wenn der Urheber Jesus heißt.
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